Stellungnahme zum Antrag
144/2013
Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart,
05/31/2013
Der Oberbürgermeister
GZ:
OB 0501-06
Stellungnahme zum Antrag
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
FDP-Gemeinderatsfraktion
Datum
03/21/2013
Betreff
Vorteile suchen: Telearbeit stärken
Anlagen
Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:
Ausgangslage
Vor dem Hintergrund neuer technischer Möglichkeiten, den Anforderungen einer sich wandelnden Gesellschaft und den daraus resultierenden Auswirkungen auf die Arbeitswelt, hat sich die Landeshauptstadt Stuttgart (LHS) im Rahmen verschiedener Projekte bereits ab Mitte der 1990er- Jahre mit der Flexibilisierung der Arbeitszeit und des Arbeitsortes auseinandergesetzt. Da mit der Tele- bzw. Heimarbeit
Chancen, aber auch Risiken für Arbeitgeber- und Mitarbeiterseite verbunden sind, war ein längerer Klärungs- und Regelungsprozess erforderlich. Zum 1. Februar 2004 konnte dann auf der Grundlage der mit dem Gesamtpersonalrat abgeschlossenen „Dienstvereinbarung zur Telearbeit und zur Heimarbeit bei der Landeshauptstadt Stuttgart“ (DV TA/HA) die alternierende Tele- bzw. Heimarbeit generell bei der Stadtverwaltung Stuttgart eingeführt werden.
Die mit der Einführung verbundene Projektarbeit profitierte dabei unter anderem auch vom Dialog mit örtlichen Unternehmen bis hin zum internationalen Erfahrungsaustausch im Rahmen des EU-Projekts „Equality, Life and Work“.
Aus heutiger Sicht hat sich die Telearbeit allgemein nicht so stark durchgesetzt, wie ursprünglich erwartet wurde. Die Beurteilung des Erfolgs ist jedoch auch von der jeweiligen Zielsetzung und den korrespondierenden, betriebsspezifischen Gestaltungsmöglichkeiten abhängig.
Die LHS verfolgt mit der Telearbeit primär personalwirtschaftliche Ziele, die unter folgenden Begriffen zusammengefasst werden können: Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Chancengleichheit, Diversity, Integration, Personalerhaltung und -gewinnung, Attraktivität als Arbeitgeberin.
Beantwortung der konkreten Fragestellungen:
1. Mit der Telearbeit auf der Grundlage der geltenden Dienstvereinbarung wurden bislang überwiegend gute Erfahrungen bei der LHS gemacht. Seit Inkrafttreten der DV TA/HA wurden insgesamt rd. 130 Tele-/Heimarbeitsplätze genehmigt.
Aktuell sind 93 häusliche Arbeitsplätze eingerichtet, Tendenz weiter steigend.
Als wesentliche Festlegungen der DV TA/HA sind zu beachten: Die Freiwilligkeit für beide Seiten (Mitarbeiter- und Arbeitgeberseite) sowie die ausschließlich alternierende Form, d. h. ein Teil der zu leistenden Arbeitszeit ist am Büroarbeitsplatz zu erbringen (mindestens 40%). Der Gesamtpersonalrat legte außerdem Wert darauf, dass die Aufnahme von Telearbeit nicht mit einem Zwang zum Desk-Sharing und insbesondere nicht mit räumlich wechselnden Büroarbeitsplätzen verbunden werden darf.
Telearbeit kann nur an solchen Arbeitsplätzen eingerichtet werden, bei denen die objektiven (Tätigkeiten, Kosten) und die subjektiven (personellen) Voraussetzungen für eine erfolgreiche Verlagerung des Arbeitsortes erfüllt sind. Insoweit reduziert sich die Zahl der bei der Stadt Stuttgart in Frage kommenden Telearbeitsplätze schon durch objektive Kriterien wie die Art der Tätigkeit, Häufigkeit von Kontakten, die nicht mit moderner Technik gelöst werden können, ggf. auch durch datenschutzrechtliche Beschränkungen usw. Durch technische Weiterentwicklungen und einen zunehmenden Digitalisierungsgrad der Arbeitsgrundlagen bei gleichzeitiger Kostenreduzierung im technischen Bereich steigt wiederum grundsätzlich die Anzahl der möglichen Telearbeitsplätze.
Trotz fallender Preise bei der technischen Ausstattung verbleiben Einrichtungskosten je Arbeitsplatz im Schnitt zwischen 2.000 € und 3.200 €. Der monatliche Aufwand für Telekommunikation, Wartung und Betreuung beträgt zwischen 80 € und 160 €.
Das Haupt- und Personalamt steht Ämtern/Eigenbetrieben sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei Bedarf beratend zur Seite, wenn es um grundsätzliche Fragen zur Bewerkstelligung von häuslichen Arbeitsplätzen geht. Unter Berücksichtigung der oben genannten Kriterien entscheiden jedoch die Ämter und Eigenbetriebe dezentral über deren Einrichtung.
Vor der generellen Einführung der neuen Arbeitsform wurde ein Pilotversuch über 2 Jahre mit 8 Telearbeitsplätzen durchgeführt. Bei der Auswertung wurden die eingesparten Arbeitswege überschlägig auf 23.000 Kilometer beziffert, wovon ca. 13.700 Kilometer mit dem PKW zurückgelegt worden wären. In einer früheren Studie wurde festgestellt, dass die durch Telearbeit verbesserte Flexibilität aber wiederum auch Verkehr induziert, z. B. um Kinder zu ihren Aktivitäten zu fahren oder Einkäufe zu tätigen. Die heutigen Maßnahmen zur Veränderung des Mobilitätsbewusstseins können in begrenztem Umfang durch Telearbeit unterstützt werden.
2. Wie eingangs erwähnt, wurde die Einführung der Telearbeit durch entsprechenden Erfahrungsaustausch flankiert, darunter auch mit namhaften Stuttgarter Unternehmen (z. B. IBM, Daimler AG) sowie dem Fraunhofer Institut. Über die
Jahre hat sich der weitere Erfahrungsaustausch besonders auf den öffentlichen Bereich konzentriert, bei dem festgestellt werden kann, dass die LHS durchaus im Trend liegt. Die Verwaltung wird aber weiterhin die Entwicklungen in der Wirtschaft und im öffentlichen Bereich verfolgen und ggf. Möglichkeiten zur Optimierung prüfen.
3. Angesichts der bei Ziffer 1 beschriebenen Rahmenbedingungen kann die Telearbeit ggf. in Einzelfällen einen Beitrag zur Entzerrung einer angespannten Raumsituation leisten.
Fritz Kuhn
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