Beantwortung und Stellungnahme zu Anfrage und Antrag
206/2014

Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart, 09/12/2014
Der Oberbürgermeister
GZ: OB 7831-10.00



Beantwortung und Stellungnahme zu Anfrage und Antrag
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
    SÖS und LINKE Fraktionsgemeinschaft
Datum
    07/21/2014
Betreff
    Rostwasser in den "Blauen Rohren"
Anlagen
    Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:

Vorbemerkung

Das Amt für Umweltschutz nimmt durch eigene Beschäftigte in eigener Verantwortung für das Eisenbahn-Bundesamt ausschließlich die wasserfachtechnische Überwachung der Baumaßnahmen zur Umsetzung der Planfeststellungsbeschlüsse für das Verkehrsprojekt S21 in den Abschnitten 1.1, 1.2, 1.5 und 1.6a aufgrund einer Vereinbarung mit dem Eisenbahn-Bundesamt wahr. Eine eigene Zuständigkeit hat die Stadt für die Überwachung der Baumaßnahmen, mit Ausnahme des Arbeitsschutzes bei bestimmten Bauzuständen, nicht.

Entgegen einer weit verbreiteten Annahme ist Eisen gemäß nachfolgend genannter einschlägiger Vorschriften kein Schadstoff. So sind in der Verwaltungsvorschrift wassergefährdende Stoffe (VwVwS), Anhang 1, Eisen und zugehörige Oxide explizit als nicht wassergefährdende Stoffe aufgelistet. Zudem ist weder in der für die Einleitung von Stoffen in Oberflächengewässer maßgeblichen Oberflächengewässerverordnung (OGewV) noch in der für das Einleiten in das Grundwasser maßgeblichen Grundwasserverordnung (GrwV) Eisen als Schadstoff aufgeführt. Demnach ist auch im Planfeststellungsbeschluss (Auszug aus dem Planfeststellungsbeschluss vom 28.01.2005, Seite 56 - 57, Ziffer 7.1.8.1 ff, Anlage 1) kein Grenzwert für die Einleitung von Eisen festgelegt.

Insofern ist die von den Ingenieuren 22 in der Öffentlichkeit kommunizierte Auffassung, es wären bis zu 17-fache Grenzwertüberschreitungen bei der Einleitung von Eisen aufgetreten, irreführend.


Ungeachtet dessen kommen im beaufschlagten Grundwasserleiter (Quartär / Gipskeuper) natürlicherweise Gehalte an gelöstem Eisen von bis zu ca. 2,7 mg/l vor. Im Mineralwasser Typ Cannstatt treten Gehalte von bis zu 4 mg/l auf, was auch in den eisenhaltigen Ablagerungen in den Badebecken des Mineralbads Berg optisch sichtbar ist.

Bei den bisher aus dem Infiltrationswassernetz entnommenen Stichproben wurden in analytischen Untersuchungen maximale Gehalte von 0,64 mg/l an gelöstem Eisen ermittelt. Alle Befunde liegen innerhalb der geogenen Bandbreite des Grundwassers und sind damit unauffällig. Für die Einleitung von Überschusswasser in den Neckar gilt ferner, dass die Wasserführung des Neckars selbst im Niedrigwasserfall
(ca. 10 Kubikmeter pro Sekunde = 10.000 Liter pro Sekunde) die maximale Einleitrate (ca. 150 Liter pro Sekunde) um ein Vielfaches übersteigt. Selbst wenn man diesen Verdünnungseffekt außer Betracht lässt, gibt es angesichts der festgestellten Gehalte an gelöstem Eisen keinerlei Anlass zur Besorgnis bei Einleitungen in den Neckar.


Zu Ziffer 1:

Die Aussage vom 14.05.2014 war zutreffend. Sie wurde durch stichprobenartige Labor-Untersuchungen verifiziert und hat sich bestätigt. Auf die Antwort zu Ziffer 2 wird hingewiesen.

Zu Ziffer 2:

Am 28.04.2014 gingen beim Amt für Umweltschutz erstmals Hinweise auf rostbeaufschlagtes Wasser im Rohrleitungssystem des Grundwassermanagements ein. Daraufhin ist das Amt für Umweltschutz umgehend aktiv geworden. Um die Wasserqualität zu kontrollieren, wurde dem Eisenbahn-Bundesamt empfohlen, die Entnahme von Sichtproben sowie im Nachgang dazu stichprobenartige Analysen zu veranlassen. Dies hat das Eisenbahn-Bundesamt als zuständige Überwachungsbehörde der Vorhabenträgerin abverlangt.

In der Stichprobe vom 14.05.2014 wurden am IBR34 folgende Werte festgestellt:

Eisen gelöst: < 0,01 mg/l, abfiltrierbare Stoffe: 22 mg/l.

In den Stichproben vom 22.05.2014 wurden an den Brunnen folgende Gehalte festgestellt:

IBR5: Eisen gelöst: < 0,01 mg/l, abfiltrierbare Stoffe: 10 mg/l;
IBR10: Eisen gelöst: < 0,01 mg/l, abfiltrierbare Stoffe: < 10 mg/l;
IBR34: Eisen gelöst: < 0,42 mg/l, abfiltrierbare Stoffe: < 10 mg/l.

Nach Vorlage dieser Befunde ist das Amt für Umweltschutz zum Ergebnis gelangt, dass die Aussage vom 14.05.2014 – ein Anfangsverdacht ist ausgeräumt – auch analytisch hinreichend abgesichert ist.



Nach den Beschädigungen der Infiltrationswasserleitung im Zu- bzw. Ablauf der Infiltrationsbrunnen IBR1 und IBR5 durch den Unfall am 24.06.2014 wurden auf Veranlassung des Amts für Umweltschutz in den Zuläufen der vorgenannten Brunnen neuerlich Proben durch zertifizierte Probennehmer entnommen und hierbei folgende Gehalte festgestellt:
Die nach dem Unfall genommenen Stichproben waren somit sowohl hinsichtlich gelöstem Eisen als auch den abfiltrierbaren Stoffen unauffällig.

Da dies im Widerspruch zu den bei dem Unfall beobachteten Rostwasseraustritten steht, hat das Amt für Umweltschutz im Hinblick auf die Einhaltung des Einleitgrenzwerts für abfiltrierbare Stoffe dem Eisenbahn-Bundesamt zunächst für 2 Monate die Durchführung eines wöchentlichen Monitorings an allen zum Zeitpunkt der jeweiligen Probenahme in Betrieb befindlichen Infiltrationsbrunnen (Durchflussrate > 0 l/s) empfohlen. Analysiert werden sollten die Parameter „Eisen gelöst“, „Eisen gesamt“, „abfiltrierbare Stoffe“ und „absetzbare Stoffe“. Die Parameter „Eisen gelöst“ und
„Eisen gesamt“ sollten dabei Anhaltspunkte zur Ursache möglicher Rostentstehung in dem Rohrleitungssystem des Grundwassermanagements liefern. Die Parameter „abfiltrierbare Stoffe“ und „absetzbare Stoffe“ zielten hingegen auf eine Kontrolle ab, ob die Einleitgrenzwerte des Planfeststellungsbeschlusses eingehalten sind.

Das Eisenbahn-Bundesamt ist der Empfehlung des Amts für Umweltschutz für die Parameter „abfiltrierbare Stoffe“ und „absetzbare Stoffe“ gefolgt – nur für diese sind im Planfeststellungsbeschluss verbindliche Einleitgrenzwerte enthalten – und hat am 07.08.2014 per Bescheid ein diesbezügliches Monitoring angeordnet. Die bisherigen Monitoring-Beprobungen erfolgten am 15.08., 22.08., 01.09. und 08.09.2014. Die zugehörigen Analysenergebnisse zeigen keine Auffälligkeiten, die Einleitgrenzwerte sind durchweg eingehalten.

Insofern gibt es keinen Anlass, die bisherigen Einschätzungen zu korrigieren.

Zu Ziffer 3:

Das Amt für Umweltschutz wird nur aufgrund der Vereinbarung mit dem Eisenbahn-Bundesamt als Verwaltungshelfer für das Eisenbahn-Bundesamt tätig. Es übermittelt vertragsgemäß seine wasserfachtechnischen Erkenntnisse dem Eisenbahn-Bundesamt.

Die öffentliche Bekanntgabe von Daten ist Angelegenheit der Vorhabenträgerin. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Veröffentlichung besteht auch für das Eisenbahn-Bundesamt als Überwachungsbehörde nicht.

Zu Ziffer 4:

Siehe Vorbemerkungen und Antwort zu Ziffer 1.



Zu Ziffer 5:

Nach den Befunden des Monitorings besteht hierzu kein Anlass. Ungeachtet dessen wird das Amt für Umweltschutz im Rahmen der wasserwirtschaftlichen Bauüberwachung die Einhaltung der Nebenbestimmungen weiterhin sorgfältig kontrollieren.

Zu Ziffer 6:

Die der zentralen Wasseraufbereitungsanlage abverlangte Reinigungsleistung wird im Planfeststellungsbeschluss durch die Einleitgrenzwerte (Schadstoffe, chemische und physikalische Eigenschaften) vorgegeben. Ein Teil dieser Einleitgrenzwerte ist deckungsgleich mit den Parametern der Trinkwasserverordnung. Für diese Parameter liegt der Einleitgrenzwert teilweise unterhalb (z.B. Blei) des Trinkwassergrenzwerts, teilweise sind die Werte identisch (z.B. Benzol). Bei den am vorgegebenen Kontrollpunkt (Ablauf der Wasseraufbereitungsanlage) durchgeführten Messungen ergaben sich bislang keine Überschreitungen der Einleitgrenzwerte. Insofern ist die Aussage im Hinblick auf das Parameterspektrum der Einleitgrenzwerte im genannten Info-Blatt nicht zu beanstanden.

Zu Ziffer 7:

Das Amt für Umweltschutz hat bisher keine dahingehenden Erkenntnisse, dass über Versickerungsbrunnen im Bereich der Innenstadt wiederholt rosthaltiges Wasser in den Untergrund eingeleitet wurde.

Der vom Eisenbahn-Bundesamt ausgefertigte, bestandskräftige Planfeststellungsbeschluss vom 28.01.2005 (Planfeststellungsabschnitt 1.1) enthält die mittelbare Verpflichtung und die Erlaubnis zur Versickerung des zuvor entnommenen „Bauwassers“ sowie die Erlaubnis zur Einleitung von „Überschusswasser“ in den Neckar. Die etwaige Rücknahme der Erlaubnisse liegt in der ausschließlichen Zuständigkeit des
Eisenbahn-Bundesamts.

Das Regierungspräsidium wird daher nicht aufgefordert, die Einleitungen zu untersagen.

Zu Ziffer 8:

Das Eisenbahn-Bundesamt sieht kein Erfordernis zum Austausch der Rohre.

Zu Ziffer 9:

Derzeit gibt es aus wasserfachtechnischer Sicht weder Anlass noch Grund, das Auswechseln der Rohre beim Eisenbahn-Bundesamt anzuregen.







Fritz Kuhn
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Anlage 1, Auszug aus dem Planfeststellungsbeschluss vom 28.01.2005 - Kopie.pdf