Stellungnahme zum Antrag
223/2014
Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart,
05/21/2015
Der Oberbürgermeister
GZ:
OB 7837-00
Stellungnahme zum Antrag
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
SPD-Gemeinderatsfraktion
Datum
08/14/2014
Betreff
Ein digitaler Masterplan für Stuttgart:
Stuttgart als modernen Wirtschaftsstandort mit einer leistungsfähigen digitalen Infrastruktur stärken!
Anlagen
Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:
Vorbemerkung
Die Landeshauptstadt Stuttgart sieht in der Versorgung des Gewerbes und der Industrie mit leistungsfähigen und zukunftsträchtigen Breitbandanschlüssen einen wichtigen Auftrag im Sinne der Wirtschaftsförderung. Die Bedeutung einer leistungsfähigen Kommunikationsinfrastruktur für die Wirtschaft ist sehr hoch. Ohne breitbandige Anbindung an das Internet können zahlreiche Unternehmen ihre Dienstleistungen nicht oder nur unzureichend erbringen. Ein gut ausgebautes Breitbandnetz ist somit ein Wirtschaftsfaktor für den Standort Stuttgart.
In Stuttgart basieren die Breitbandanbindungen mit 50 – 100 Mbit/s im Wesentlichen auf den Einrichtungen der KabelBW und der Deutschen Telekom. Beide Unternehmen haben ihre Verteilerschränke mit einem Glasfasernetz an zentrale Knoten angebunden und versorgen von dort (letzte Meile) die Haushalte und Unternehmen über Koaxialkabel (KabelBW) oder herkömmliche Kupferkabel unterschiedlicher Qualität (Telekom).
Höhere Bandbreiten (1 Gbit/s und mehr) erfordern eine Lichtwellenleiterinfrastruktur (LWL) bis an die Gebäude, also eine Überbrückung der „letzten Meile“ mit Glasfaserkabel (Fibre to the building – Fttb). Nahezu alle in Stuttgart aktive Telefoncarrier (neben den o.g. auch z.B. Versatel, Colt, Globalways, BT u.a.) bieten diese Dienstleistung an – die jedoch nicht billig ist. Meist ist in erheblichem Umfang Tiefbau erforderlich, um die erforderlichen Trassen vom nächstgelegenen LWL-Verteiler des jeweiligen Carriers bis an die Gebäude der Nutzer herzustellen und darin die Kabel zu verlegen.
Neben der reinen Vernetzung von Gebäuden untereinander macht der zunehmende Wunsch nach Cloud Technologien eine symmetrische Anbindung ans Internet notwendig, so dass der Upstream (Datentransport ins Internet) ebenfalls mit hohen Übertragungsraten durchgeführt werden kann. Eine LWL-Instrastruktur ist für Cloud Dienste eine unabdingbare Voraussetzung.
Eine „Untersuchung des Bedarfs von Glasfaseranschlüssen der Wirtschaft im Land Baden-Württemberg - Auswertung einer Unternehmensbefragung in Baden-Württemberg 2013-2014“ von indicatus Dr. Iris Gebauer, Stuttgart, hat ergeben, dass auch in Stuttgart Unternehmen über eine derzeit unzureichende Breitbandanbindung verfügen. Der Studie zufolge haben insgesamt 57,7 % der untersuchten Unternehmen in Baden-Württemberg aktuell eine für ihre Zwecke unzureichende Internetverbindung.
Zu den gestellten Fragen:
Das Tiefbauamt verfügt über ein Bestandsplanwerk, welches fortlaufend aktualisiert die Leitungs
wege
der städtischen Verkehrstechnik (Lichtsignalanlagen, Induktionsschleifen, Verkehrsrechner) sowie der Telekommunikationsunternehmen dokumentiert. Soweit Grabenschnitte vorhanden sind, kann gegebenenfalls auch Auskunft über die Anzahl der Rohre sowie deren Belegung gegeben werden. Nennenswerte Strecken von freien Leerrohrtrassen aus dem Bereich Lichtsignaltechnik und Verkehrsleittechnik stehen derzeit sowie auch mittelfristig nicht zur Mitnutzung zur Verfügung. In Einzelfällen wurden auf Anfrage und nach Prüfung der Verfügbarkeit lokal, zum Beispiel im Bereich von Straßenkreuzungen, freie Leerrohrkapazitäten Dritten zur Miete überlassen. Derzeit werden 27 solcher Leerrohrabschnitte privat genutzt.
Nach § 77 b Absatz 1 des Telekommunikationsgesetzes (TKG) sind Unternehmen und juristische Personen des öffentlichen Rechts, die über Einrichtungen verfügen, die zum Auf- und Ausbau von Netzen der nächsten Generation genutzt werden können, verpflichtet, Betreibern öffentlicher Telekommunikationsnetze auf schriftliche Anfrage ein Angebot zur Mitnutzung dieser Einrichtungen gegen ein angemessenes Entgelt zu unterbreiten. Diese Vorschrift gewährt jedoch dem Betreiber öffentlicher Kommunikationsnetze keinen Rechtsanspruch auf Mitnutzung vorhandener Einrichtungen, sie gewährt lediglich einen Anspruch darauf, dass Unternehmen und juristische Personen des öffentlichen Rechts ihm auf schriftliche Anfrage ein Angebot zur Mitnutzung dieser Einrichtungen gegen ein angemessenes Entgelt zu unterbreiten haben.
Über die Größe und die Lage der jeweiligen LWL-Knoten der privaten Anbieter liegen keine Informationen vor. Um einen verlässlichen Digitalen Masterplan für die Landeshauptstadt aufzustellen, der sowohl zeitliche wie finanzielle Rahmenbedingungen als auch Verantwortlichkeiten regelt, bedarf es vorab einer Datenrecherche und Faktenerhebung.
Die Wirtschaftsförderung der Landeshauptstadt hat Ende 2014 eine Ausschreibung für eine Grundlagenstudie zur Breitbandversorgung und eine sogenannte Back-Bone-Planung zur zukünftigen Verbesserung der Versorgung in Stuttgart vorbereitet. Zwischenzeitlich haben die Wirtschaftsförderung Region Stuttgart und der Verband Region Stuttgart Gespräche mit der Landeshauptstadt, den Landkreisen und dem Ministerium für Ländlicher Raum Baden-Württemberg (MLR) wegen der regionsweiten Breitbandversorgung geführt mit den folgenden Ergebnissen:
Im Zuge der Breitbandinitiative Baden-Württemberg II ist es unter Berücksichtigung der aktuellen rechtlichen Vorgaben und technischen Entwicklungen das Ziel, die Rahmenbedingungen zur Verbesserung der Breitbandinfrastruktur in der Region Stuttgart zu verbessern. Gemäß der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz zur Breitbandförderung vom 22.05.2012 (VwV-Breitbandförderung) sowie der zu dieser gehörenden Leitfäden und ihrer Nachfolgeregelungen und der in § 1 dieser Verwaltungsvorschrift geltenden rechtlichen Grundlagen sollen die Planungsleistungen für die Grobplanung des Back-Bone-Netzes regionsweit gemeinsam und nach einheitlichen Kriterien europaweit ausgeschrieben werden.
Das Projekt soll mit Landesmitteln aus dem Programm zur Breitbandförderung im Rahmen der Breitbandinitiative Baden-Württemberg II gemäß der in § 1 VwV-Breitbandförderung bzw. ihrer jeweiligen Nachfolgeregelung gefördert werden.
Die Landeshauptstadt hat zwischenzeitlich die Region verbindlich mit der Durchführung und Abwicklung einer gemeinsamen, europaweiten Bündelausschreibung zur Vergabe von Planungsleistungen für die Grobplanung des Back-Bone-Netzes gemäß den Vorgaben der VwV-Breitbandförderung beauftragt. Die Landeshauptstadt beauftragt die Region zudem mit der Begleitung der jeweiligen Förderantragsverfahren nach der VwV-Breitbandförderung.
Die Ergebnisse dieser Planung mit Handlungsempfehlungen und den damit verbundenen Kosten für die Stadt werden voraussichtlich 2016 im Gemeinderat vorgestellt.
Unabhängig davon unterstützt wie bisher die Wirtschaftsförderung der Landeshauptstadt Unternehmen beim Zugang zur Glasfaser- und Breitbandversorgung in der Form, dass sie die privaten Anbieter im Einzelfall nach Verbindungsmöglichkeiten und den damit verbundenen Kosten abfragt. In den zurückliegenden Jahren hatten sich deswegen verschiedene Unternehmen an die Wirtschaftsförderung Stuttgart mit der Bitte um Unterstützung gewandt.
Die Stadtwerke Stuttgart wurden angefragt, ob sie Interesse haben, als neuer Glasfaseranbieter in Stuttgart aufzutreten. Die Stadtwerke sind momentan in der Prüfung, ob der Ausbau eines Glasfaserbreitbandes ein profitables Geschäftsfeld für die Stadtwerke sein kann, wobei dies generell als ein sehr interessantes Gebiet gesehen wird. In allen momentan laufenden Projekten, in denen Nahwärmenetze umgesetzt werden (u.a. im NeckarPark), prüfen die Stadtwerke, ob Glasfaserkabel gleich direkt verlegt werden. Hierzu ist aber bisher noch keine Entscheidung gefallen. Die Stadtwerke versichern, dass in allen Projekten der Stadtwerke Leerrohre verlegt werden, die eine nachträgliche Einbringung ohne größere bauliche Eingriffe erlauben. Aus rechtlicher Sicht hat die neu-gegründete Netzgesellschaft das Konzessionsrecht auch für bestehende Leerrohrnetze erworben. Ob die Stadtwerke neben der Installation und dem Aufbau eines „Dark-Fiber“ Breitbandnetzes den Betrieb von Glasfasernetzen umsetzen werden und in wie weit dies rechtlich zulässig ist, ist noch nicht geklärt. Beispiele, in denen die Stadtwerke bzw. die regionalen Energieversorger als Glasfaseranbieter auftreten, sind die Städte München und Köln. Der Rhein-Neckar-Kreis gründet derzeit einen Zweckverband.
Fritz Kuhn
zum Seitenanfang