Stellungnahme zum Antrag
1342/2021

Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart, 08/25/2022
Der Oberbürgermeister
GZ: OB 0505-04



Stellungnahme zum Antrag
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
    Bündnis 90/DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion
Datum
    11/17/2021
Betreff
    Klima schützen mit Genuss
Anlagen
    Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:


1. Ernährung im Kontext Klimaschutz

Der Ernährungssektor ist insgesamt von großer Bedeutung für den Klimaschutz. Je nach Berechnungsmethode entfallen 15 bis 25 Prozent der weltweiten Emissionen auf die Ernährung.
Die kommunale CO2-Bilanz wird nach dem BISKO-Standard erstellt. Dort wird die Ernährung nur in Randbereichen erfasst, beispielsweise durch die verbrauchte Energie bei der Zubereitung der Speisen. Nicht erfasst werden jedoch die Emissionen für den Anbau, die Verarbeitung und den Transport von Lebensmitteln, die außerhalb Stuttgarts produziert werden. Auf diese Bereiche hat die Verwaltung der Landeshauptstadt Stuttgart auch nur einen indirekten Einfluss.

Aufgrund der enormen Bedeutung des Ernährungsbereichs ist es dennoch sinnvoll, den Einflussbereich der Stadt bestmöglich zu nutzen. Daher ist sind beispielsweise auch im Klimafahrplan 2035 (Studie „Net-zero Stuttgart“) zwei Maßnahmen mit Bezug zum Ernährungsbereich enthalten: Diese Maßnahmen sollen nun weiter ausgearbeitet und in Umsetzungskonzepte überführt werden.





2. Aktivitäten der Stadtverwaltung

Aufbauend auf der GRDrs. 975/2019 hat die Stadtverwaltung im Bereich der Ernährung vielfältige Anstrengungen unternommen. Die aktuellen Maßnahmen adressieren vor allem eine nachhaltige Ernährung. Im Sinne einer Senkung der Treibhausgasemissionen besteht noch weiteres Handlungspotenzial. Eine Gesamtstrategie hierzu kann durch die neu geschaffene Personalstelle zur klimafreundlichen Ernährung erstellt werden.

a. Essensversorgung in den städtischen Ganztagesschulen
An derzeit 86 Schulen (Primar- und Sekundarstufen / Schülerhäuser, Ganztagsschulen, Gemeinschaftsschulen) ist die Stadt Stuttgart als Schulträger verantwortlich für die Organisation der Mittagessensversorgung.
An 68 dieser Schulen lag der Bioanteil 2021 bei 25 %. In der aktuellen Ausschreibungsrunde der Mittagessensversorgung wird erstmals ein Bioanteil von 50 % gefordert. Die Umsetzung erfolgt zum Schuljahr 2022/23 an 22 Schulstandorten.
Insbesondere regionale Produkte können vergaberechtlich in der Ausschreibung nicht gefordert werden. Regionalität und Saisonalität sind aber dennoch Bestandteil der Ausschreibung, wenngleich lediglich als „Kann“- und nicht als „Muss“-Kriterium. Der Bieterkreis im Bereich der Schulverpflegung ist recht klein (vier bis sechs Caterer). Der größte Teil der Bieter hat seinen Sitz und seine Manufaktur in Baden-Württemberg, bezieht insbesondere Obst, Gemüse und Fleischwaren aus der Region um den Produktionsstandort und setzt auf ein möglichst saisonales Angebot.
Sollte der Punkt CO2-Bilanz/CO2-Reduzierung jedoch künftig in die Ausschreibungen aufgenommen und dort als Wertungskriterium festgelegt werden, so wären Schulungen seitens der Stadt Stuttgart für die Caterer zunächst mit der Vergabestelle abzustimmen.
In Schulen mit fertigen Mensaküchen befinden sich grundsätzlich Küchen-, Tiefkühl- und Kühlgeräte bzw. Tiefkühl- und Kühlzellen mit guter bzw. hoher Energieeffizienz. An Interimsstandorten wird nicht gekocht oder aufbereitet; hier erfolgt die Essensversorgung im System Warmanlieferung.

b. Essensversorgung in den städtischen Kindertageseinrichtungen
Das Jugendamt setzt bereits seit 2009 die Standards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) um und hält das Angebot von Fleisch ohnehin auf niedrigem Niveau. Bis 2020 lautete die DGE-Empfehlung maximal 2 x pro Woche Fleisch und 1 x pro Woche Seefisch anzubieten. Seit Anfang 2021 lautet die Empfehlung der DGE wöchentlich nur noch 1 x pro Woche Fleisch und 1 x pro Woche Seefisch anzubieten, dies wurde ebenfalls umgesetzt. Auf den Einsatz von Rindfleisch wird weitgehend verzichtet.
Leider ist es nach wie vor nicht möglich, z. B. Bio-Fleisch in ausreichender Menge für die Versorgung von 7.500 Kindern täglich zu bekommen. Dennoch ist es dem Jugendamt gelungen, 2021 den Bio-Anteil auf 49 % zu steigern.
Die angebotenen Speisen kommen überwiegend von Herstellern und Lieferanten aus der Region, das Speisenangebot ist, speziell beim Rohkost-Obst und Gemüse, auf die jeweilige Saison abgestimmt.
Seit Sommer 2021 können die Einrichtungsleitungen die Bestellmenge einzelner Komponenten reduzieren. So können sie beispielsweise bei 40 Kindern nur 30 x Fisch, 40 x Kartoffeln und 30 x Brokkoli bestellen. Die Bestellung erfolgt noch in Papierform, eine elektronische Bestellmöglichkeit ist für 2022 terminiert.
Bei der Beschaffung der Kühlgeräte und Öfen für die Aufbereitungsküchen der Kitas wird auf Energieeffizienz geachtet, Altgeräte werden sukzessive gegen neue ausgetauscht.

c. Essensversorgung in den städtischen Betriebsrestaurants
Zum DHH 2020/21 wurde eine Stelle zur Erstellung und Vereinheitlichung eines Kantinenkonzepts und für den Ausbau des Einkaufs regionaler Produkte und Bioerzeugnisse bei 10-5.2 geschaffen.
Es gibt eine positive Weiterentwicklung: Der Anteil biologisch erzeugter Lebensmittel ist 2021 auf rund 10,5 % gestiegen. Im Vorjahr lag dieser bei 7 %. Der Anteil regional erzeugter Lebensmittel blieb auch 2021 auf dem Wert von 2020 (45 %). Zurzeit sind Ausschreibungen in Vorbereitung, um beide Werte weiter zu erhöhen.
Des Weiteren arbeiteten die Küchenleiter an der Optimierung des Speisenangebots auch in Bezug auf attraktive vegetarische und vegane Angebote. Ab dem ersten Quartal 2022 soll dies verstärkt den Kunden kommuniziert werden. Die Änderungen werden laufend in das Warenwirtschaftsprogramm eingepflegt, so dass eine kontinuierliche Dokumentation und Weiterentwicklung gesichert ist.
Im Bereich der Betriebsrestaurants wurden in den vergangenen Jahren alle Neuanschaffungen auf maximale Energieersparnis ausgerichtet. Im Betriebsrestaurant Schwabenzentrum wurde die gesamte Produktionsküche erneuert und eine Energieoptimierungssteuerung eingebaut. Die Küchen- und Speisesaalbeleuchtungen in den Betriebsrestaurants wurden bereits auf EDV-gesteuerte LED-Beleuchtung umgestellt. In der weiteren Planung ist der Ersatz der Tiefkühlzellen, ebenfalls vor dem Hintergrund einer weiteren Energieeinsparung.

3. Aktuelle Ausschreibungen

a. Ausschreibungen des Schulverwaltungsamtes
Jährlich im Herbst/Winter erfolgt die Veröffentlichung der Ausschreibung für die Mittagessensversorgung an Schulen zum darauffolgenden Schuljahr. Die Ausschreibung erfolgt mit Los-Aufteilung (ein Los = eine Schule); jedes Los wird einzeln bezuschlagt.
Aufgrund der hohen Vergabesummen handelt es sich um EU-weite Ausschreibungen.
Die Regel-Vertragslaufzeit beträgt 4 Jahre. An Schulen im räumlichen Interim (noch keine fertige Mensa, Interimsessensräume o. ä.) liegt die Laufzeit in der Regel bei 1 Jahr bis 3 Jahren, teilweise mit der Option um Verlängerung um ein weiteres Jahr. Die Höchstlaufzeit von 4 Jahren darf jedoch auch hier nicht überschritten werden.
Aufgrund der unterschiedlichen Laufzeiten variiert die Anzahl der Schulen, die jährlich ausgeschrieben werden müssen. In der Regel handelt es sich jährlich um etwa 15 bis 25 Schulen.

b. Ausschreibungen des Jugendamtes
Im Gegensatz zu den Schulen schreibt das Jugendamt keine Catering-Leistungen, sondern nur die Beschaffung von Lebensmitteln aus. Die Ausschreibungen erfolgen je nach gesetzlichem Schwellenwert, teilweise europaweit.

Ausschreibungen des Jugendamts (jeweils Aufwand 2019):
GegenstandLieferantAusschreibung von - bisBetrag €
Obst und -GemüseRebhornAusgeschr. 2019 läuft bis 2024
354.352
GetränkeBayhaAusgeschr. 2019 läuft bis 2024
336.622
Geputzter SalatStaigerAusgeschr. 2019 läuft bis 2024
164.746
PizzaLorenzoAusgeschr. 2019 läuft bis 2024
104.377
SpeiseeisGelato C.Ausgeschr. 2019 läuft bis 2024
27.946
Tiefkühlmenüs, KleinkinderHofmannAusgeschr. 2019 läuft bis 2024
21.204
Osterhasen, Weihnachtsm.LochnerAusgeschr. 2019 läuft bis 2024
17.680
Das Klinikum Stuttgart produziert Essen nach der Cook & Chill-Methode für das Jugendamt (vgl. GRDrs 688/2007). Im Jahr 2019 wurden Mahlzeiten im Wert von 2.654.434 EUR an das Jugendamt geliefert. Die für die Produktion erforderlichen Lebensmittel werden vom Klinikum mit eigenen Ausschreibungen beschafft.

c. Ausschreibungen des Haupt- und Personalamtes
Innerhalb der letzten zwei Jahre wurden 12 Ausschreibungen vom Schulverwaltungsamt und von den Betriebskantinen über das DLZ des Haupt- und Personalamtes abgewickelt. Hierbei wurden 2 Verfahren mittels einer Verhandlungsvergabe, 4 innerhalb einer nationalen öffentlichen Ausschreibung und 6 Verfahren mit einem offenem Verfahren EU-weit ausgeschrieben.

Ausschreibungen des Haupt- und Personalamtes (2020):
Lebensmittel-bedarf der Einrichtungen des ELW
(2020)
Bei der Beschaffung handelt es sich um eine EU-weite Ausschreibung mit einer Laufzeit von maximal vier Jahren. Die Lebensmittel des Eigenbetriebs wurden in 10 Losen ausgeschrieben.
Im Sinne der CO2-Reduzierung wurden für die Lose Frischfleisch und Wurstwaren möglichst kurze Transportwege und Waren aus Deutschland gefordert.
Der Zuschlag ging an zwei Unternehmen aus Süddeutschland, welche mit ihrer Unternehmensphilosophie auf kurze Transportwege und regionale Beschaffung setzen.
Es wurden ausschließlich Kaffeeprodukte aus fairem Handel beschafft.

4. Vergabe unter Berücksichtigung von Klimaschutz-Kriterien

Die Verwaltung prüft, wie weitere Klimaschutz-Kriterien in die Vergabeverfahren der Stadt Stuttgart für Catering-Leistungen integriert werden können. Eine Anlehnung an bestehende Konzepte wie das der Stadt Tübingen ist dabei hilfreich. Die Verwaltung bemüht sich hier um einen interkommunalen Erfahrungsaustausch, in dem noch offene Fragen zur Umsetzung in der Praxis geklärt werden können.

Die im Antrag genannte ods GmbH hat sich zusätzlich mit einem Antrag um Fördermittel aus dem Stuttgarter Klima-Innovationsfonds beworben. Ziel des eingereichten Projektes ist es, sechs Vergabeverfahren öffentlicher Träger in Stuttgart zu begleiten und so den CO2-Fußabdruck der beschafften Speisen und Lebensmittel zu reduzieren. Der Innovationsrat hat den Antrag positiv geprüft und ihn zur Förderung vorschlagen und die Förderung wurde von der LHS inzwischen auch genehmigt und beschieden.

Die Referate AKR, SOS, JB und SWU haben mitgezeichnet.





Dr. Frank Nopper


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