Beantwortung und Stellungnahme zu Anfrage und Antrag
228/2016

Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart, 09/15/2016
Der Oberbürgermeister
GZ: OB 7831 - 10.00



Beantwortung und Stellungnahme zu Anfrage und Antrag
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
    Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS
Datum
    07/08/2016
Betreff
    Hochwasserrisiken durch den Bau des Stuttgart 21-Tiefbahnhofs?
Anlagen
    Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:

Zu den gestellten Fragen kann wie folgt berichtet werden:

Zu Frage 1

Es wurde die Vollfüllung des vorhandenen Nesenbachs und damit die Leistungsfähigkeit für den Freispiegelabfluss als Basis herangezogen. Für den anstehenden Rechteckquerschnitt 6000/3600 im Bereich der Schillerstraße ergibt sich ein Sollabfluss von ca. 100 m³/s. Der Ansatz für den Düker erfüllt somit die Anforderungen.

Zu Frage 2 a

Der Nesenbachkanal wurde 1874 gebaut und dient seit dieser Zeit als Abwasserkanal, der häusliches und gewerbliches Schmutzwasser, sowie Regenwasser der Straßen und von versiegelten Flächen ableitet.
Die Bemessung und Auslegung von Entwässerungssystemen werden aktuell in der EN 752 und der DWA A 118 grundsätzlich geregelt. Für die Mindestleistungsfähigkeit bestehender Systeme gelten darüber hinaus ergänzende Empfehlungen der DWA. In diesen Regelwerken wird die Mindestleistungsfähigkeit von Abwassersystemen geregelt, z.B. wie häufig es zum Überstau oder zu einer Überflutung kommen kann. Eine entsprechende Auslegung des Entwässerungssystems auf eine 3 bis 5 jährliche Überstaufreiheit hat sich unter wirtschaftlichen Kriterien in der Entwässerungspraxis als angemessen erwiesen.

Im Jahr 2015 wurde der Nesenbachkanal mit einer hydrodynamischen Kanalnetzberechnung überprüft und die Überstaufreiheit nachgewiesen. Das Ergebnis zeigt auch für den Prognosefall, dass der Nesenbachkanal überstaufrei ein Regenereignis, welches 1x in 5 Jahren vorkommt, ableiten kann. Er kann am Ende seines Einzugsgebietes dem Regenüberlaufbecken Schwanenplatz eine Menge von 133 m³/s zuführen, ohne dass es zu einem Überstau kommt.

Zu Frage 2 b

Die Gründe hierfür sind die zunehmende Flächenversiegelung und der Klimawandel.

Zu Frage 3 und 3 a

Die Angaben aus dem Buch „Der Nesenbach“ von Ulrich Gohl sind für uns nur teilweise nachvollziehbar. Die Leistungsfähigkeit des Hauptsammlers Nesenbach ist aufgrund seines Querschnittes im Oberen Schlossgarten vor der Schillerstraße etwa 100 m³/s. Im Bereich der Paulinenstraße führt der Kanal heute bei einem 5-jährigen Regenereignis 44 m³/s, was bei einer Leistungsfähigkeit von 82 m³/s an dieser Stelle völlig ausreicht.

Zu Frage 4 und 4 a

Die Planung des Dükers wurde auf Grundlage der Ergebnisse hydraulischer Berechnungen sowie physikalischer Modellversuche am Karlsruher Institut für Technologie (KIT, Institut für Wasser und Gewässerentwicklung, Bereich Wasserwirtschaft und Kulturtechnik) erstellt. Die Abflussleistung des bestehenden Hauptsammlers Nesenbach von ca. 100 m³/s wurde den Untersuchungen zugrunde gelegt. Beim verkürzten Düker HS Nesenbach hat das KIT die Leistungsfähigkeit ebenfalls bestätigt.

Die Leistungsfähigkeit der Düker ist aus unserer Sicht damit ausreichend nachgewiesen.

Zu Frage 4 b

Siehe Antwort zu Frage 4 und 4 a.

Zu Frage 5

Der Nesenbach dient als Mischwasser-Hauptsammler und beginnt in Stuttgart-Vaihingen in den Honigwiesen. Der Kanal verläuft über Kaltental, Stuttgart-Süd, -Mitte bis zum RÜB Schwanenplatz an der König-Karls-Brücke. Der Querschnitt des Hauptsammlers nimmt von Beginn an in Vaihingen (Kreisprofil mit 800 mm Durchmesser) stetig zu und hat am RÜB Schwanenplatz einen Rechteckquerschnitt von 7600 x 4100 mm. Entsprechend dem Querschnitt des Hauptsammlers nehmen auch die abzuleitenden Wassermengen zu. Der über 100 Jahre alte Hauptsammler erfüllt die nach den Regeln der Technik geforderte hydraulische Leistungsfähigkeit der Überstaufreiheit bei den o.g. Regenereignissen. Zunehmende Starkregenereignisse führen aufgrund des Klimawandels dazu, dass ein zunehmender Teil der Niederschlagsmengen erst gar nicht in die Kanalisation gelangen, sondern dann zumeist oberirdisch vorübergehend zürückgehalten werden, bevor sie abfließen.

Zu Frage 6

Der Tiefpunkt liegt bei 241,20 müNN.

Zu Frage 6 a

Die Frage ist bezüglich der Lage oder des Bereichs nicht eindeutig gestellt. Der tiefste Punkt der im Bereich Planetarium anzuordnenden Flutmulde soll bei etwa 241,00 müNN liegen. Beidseitig davon steigt das Gelände an, im Schlossgarten zum Bonatzbau hin auf Werte gemäß Planfeststellung zwischen 243 und 247 müNN.

Zu Frage 6 b

Siehe 6 c.

Zu Frage 6 c

Als Zielwert für den maximal möglichen Aufstau von Oberflächenwasser im Bereich der Schillerstraße wurde eine Wasserspiegellage von 242,20 müNN gewählt. Bis zu diesem Wert können die Eingänge der Klettpassage und des Bahnhofs mit mobilen Hochwasserschutzmaßnahmen gesichert werden.

Zur Abschätzung des Überflutungsfalls wurde ein Starkregenereignis mit einer Wiederkehrzeit von 100 Jahren sowie einer Regendauer von 30 Minuten zugrunde gelegt. Anhand der Regenspende von 323 l/(s*ha) für dieses Ereignis ergibt sich ein Oberflächenabfluss von ca. 22 m³/s. Als zusätzliche Sicherheit wurde dieser Wert um knapp 14 % auf 25 m³/s erhöht.

Am Institut für Wasser und Gewässerentwicklung am KIT wurde 2012 rechnerisch nachgewiesen, dass die geforderte oberflächliche Abflussleistung von 25 m³/s mit der geplanten Geländemodellierung im Bereich der Flutmulde gewährleistet ist.

Ein erhöhtes Risiko ist daher nicht gegeben.

Zu Frage 7 und 7 a

Das Entwässerungssystem einer Stadt wird aus technischen und wirtschaftlichen Gründen für einen bestimmten Bemessungsregen und damit für eine bestimmte Abflusskapazität dimensioniert. In der Vergangenheit wurden Kanäle so dimensioniert, dass ein Regen der Dauer von 10 Minuten und einer statistischen Wiederkehrzeit von 1x in zwei Jahren ohne Überlastung abgeführt werden kann. Dieser Regen hat in Stuttgart eine Regenspende von 235 l/(s*ha), welches einem Niederschlag von 14,1 mm entspricht.

Zu Frage 7 b

Die unter Antwort 7 und 7 a genannten Wassermengen können in den Kanälen, bzw. im Düker abgeleitet werden.

Zu Frage 7 c

In GEOLiNE.pro können die Starkregengefahrenkarten eingesehen werden, die Geländesenken und Überflutungswege beinhalten.


Zu Frage 7 d

Bei Starkregenereignissen werden in kurzer Zeit sehr hohe Niederschlagswassermengen auftreten, von denen ein zunehmender Teil nicht in die Kanalisation gelangt, sondern dann zumeist oberirdisch abfließt. Des weiteren siehe Antwort zu 6 c.

Zu Frage 7 e

Es wird sich nicht verhindern lassen, dass Fremdkörper mitgeführt werden. Im Gutachten des KIT wird darauf hingewiesen, dass der Bereich der Flutmulde von jeglichen Hindernissen – auch Bepflanzung – freizuhalten ist.

Zu Frage 8

Die Alarm- und Einsatzpläne werden unabhängig von Stuttgart 21 laufend aktualisiert.

Zu Frage 8 a

Die Wetterdaten werden vom Deutschen Wetterdienst (DWD) ständig aktualisiert.

Zu Frage 8 b

Siehe Verwaltungsvorschrift „Dienstanweisung über die Grundsätze der Gefahrenabwehr in außergewöhnlichen Ereignissen und Katastrophen“ aus dem Jahr 2005.

Zu Frage 8 c

Mobile Hochwasser-Schutzeinrichtungen werden an Gewässern vorgehalten.

Zu Frage 8 d

Der Alarm- und Einsatzplan zu örtlichem Hochwasser nach Starkregen ist entsprechend den kurzen Vorwarnzeiten strukturiert.

Zu Frage 8 e

Bei extremen Regenereignissen wird ein zunehmender Teil des Regenwassers nicht in die Kanalisation gelangen, sondern dann zumeist oberirdisch abfließen. In Tiefpunkten sind durch geeignete Maßnahmen der Eigentümer die entsprechenden Objekte zu schützen.

Zu Frage 8 f

Die Lagerung der Dammbalken liegt in der Verantwortung der Gebäudeeigentümer.

Zu Frage 8 g

Grundsätzlich können Dammbalken in Führungsschienen verankert werden.


Zu Frage 9 a

Pegel werden an Gewässern vorgehalten. Die öffentliche Kanalisation wird nach den anerkannten Regeln der Technik bemessen. Eine Höhenstandsmessung findet nicht
Anwendung.

Zu Frage 9 b

Siehe Antwort zu Frage 9 a

Zu Frage 9 c

Die Rückstauebene ist grundsätzlich die Straßenoberkante.

Zu Frage 9 d

Rückstauereignisse werden nicht dokumentiert.

Zu Frage 9 e

Starkregenereignisse sind lokal begrenzte Wettersituationen, die mit sintflutartigen Sturzregen verbunden sein können. Hiervon war der Hauptsammler Nesenbach nicht immer betroffen. Für den 14.08.2015 existiert ein Gutachten des DWD (RADOLAN), nach dem am Hauptbahnhof Stuttgart ein 7-jähriges Regenereignis festgestellt wurde. Es kam zum Rückstau.

Zu Frage 9 f

Im HS Nesenbach werden keine Pegelhöhen gemessen. Siehe Antwort zu Frage 9 a.

Zu Frage 9 g

Die Wetterdaten können vom Deutschen Wetterdienst (DWD) z. B. unter folgendem Link abgerufen werden: http://www.dwd.de/DE/klimaumwelt/cdc/cdc_node.html;jsessionid=BA46D7BA75A3655444F92EF4FDA2BAD3.live11042

Zu Frage 10

Es sind keine historischen Überflutungshöhen bekannt.

Zu Frage 11

Überschwemmungsgebiete werden an oberirdischen Gewässern ausgewiesen.

Zu Frage 11 a

Der Schlossgarten liegt nicht an einem entsprechenden Gewässer.



Zu Frage 11 b

Siehe 11 a.

Zu Frage 12 und 12 a

Von solchen Untersuchungen ist nichts bekannt.

Zu Frage 12 b

Siehe Antwort zu Frage 12 a.

Zu Frage12 c

Dem TBA / SES ist von solchen Untersuchungen nichts bekannt.

Zu Frage 12 d

Siehe Antwort zu Frage 12 c.











Fritz Kuhn

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