Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Allgemeine Verwaltung
Gz: OB
GRDrs 507/2001
Stuttgart,
05/16/2001



Neustrukturierung der individuellen Chancengleichheit von Frauen und Männern



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Verwaltungsausschuß
Gemeinderat
Verwaltungsausschuß
Gemeinderat
Vorberatung
Beschlußfassung
Vorberatung
Beschlußfassung
nichtöffentlich
öffentlich
nichtöffentlich
öffentlich
20.06.2001
21.06.2001
27.06.2001
28.06.2001



Beschlußantrag:

Der Gemeinderat nimmt von der Neustrukturierung der individuellen Chancengleichheit von Frauen und Männern zustimmend Kenntnis.


Begründung:


1. Ausgangslage und zukünftige Aufgabenwahrnehmung

Im Februar 1985 wurde vom Gemeinderat beschlossen, für die Landeshauptstadt Stuttgart eine Frauenbeauftragte zu bestellen. Die Stelle wurde zum 01.01.1986 erstmalig besetzt. Mit Wirkung vom 01.01.1993 wurde die Gleichstellungsstelle unmittelbar dem Geschäftskreis des Oberbürgermeisters zugeordnet. Die diesbezügliche Organisationsverfügung vom 16.03.1993 wurde dem Verwaltungs- ausschuss zur Kenntnisnahme vorgelegt. Aufgabe der Gleichstellungsstelle war es bisher, daran mitzuwirken, dass das verfassungsrechtliche Gebot der Gleichberechtigung von Frauen und Männern in Beruf, Familie und Gesellschaft erfüllt werden kann.

Artikel 3 Abs. 2 des Grundgesetzes wurde wie folgt neu gefaßt: “Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin”. Daraus ergibt sich die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern als verfassungsrechtlicher Auftrag. Dazu bedarf es einer neuen Strategie. Die Bundesregierung beabsichtigt deshalb, “Gender Mainstreaming als selbstverständliche Aufgabe und durchgängiges Leitprinzip aller Organisationseinheiten, auch bei der Zusammenarbeit mit anderen Dienststellen” gesetzlich zu verankern (vgl. Anlage 2 “Drucksache 14/5003 Deutscher Bundestag 14. Wahlperiode”).

Als Grundlage können hierzu die Erfahrungen eines EU-Projekts “Equality, Life & Work -Vereinbarkeit von Leben, Familie und Beruf” unter Leitung der Landeshauptstadt Stuttgart, herangezogen werden. Im europaweiten Vergleich wurden innovative Maßnahmen von Kommunen, Wirtschaftsunternehmen und Sozialpartnern zur Förderung der individuellen Chancengleichheit in ihrer praktischen Umsetzung bewertet. Unter dem Begriff Gender Mainstreaming können dabei sowohl Zielsetzung, Strategie als auch Instrumente zur erfolgreichen Umsetzung von individueller Chancengleichheit subsumiert werden. Gender Mainstreaming soll bei der Landeshauptstadt Stuttgart als Gemeinschaftsziel umgesetzt werden.

Im Rahmen der EU-Projektarbeit mit innovativen Organisationen in Skandinavien und Deutschland konnten erfolgreiche Praxisbeispiele zur Förderung der Chancengleichheit in den Bereichen Personalmanagement, Organisationsentwicklung, Kunden- und Bürgerorientierung bewertet werden. Den Schwerpunkt der Erfahrungen bildeten dabei notwendige Veränderungsprozesse der Unternehmen und Verwaltungen hinsichtlich Kommunikationsstruktur, Kulturwandel, Steuerung, Planung von Personal- und Organisationsstruktur auf der Basis von Human Resource und Diversity-Management-Konzepten.

Auf dieser Grundlage soll nun bei der Landeshauptstadt Stuttgart Chancengleichheit als Förderung der Vielfalt individueller Lebens-, Familien- und Berufsplanung neu strukturiert und durch ein entsprechendes Gender Mainstreaming Management umgesetzt werden. Mit diesem strategischen Ansatz wird gleichzeitig einer sich wandelnden Verwaltung, Wirtschaft und Gesellschaft Rechnung getragen, die zunehmend individuelle Bedürfnisse an Lebens-, Familien und Berufsgestaltung und deren Vereinbarkeit in den Mittelpunkt einer entsprechenden Verwaltungs- und Unternehmenspolitik stellen.

Zur Umsetzung des Gender Mainstreaming bedarf es einer umfassenden integrativen und kooperativen Netzwerkarbeit auf allen Handlungs- und Entscheidungsfeldern der Verwaltung unter Beteiligung der Wissenskompetenz entsprechender Institutionen sowie der Bürgerinnen und Bürger. Eine Förderung der individuellen Chancengleichheit mit der Strategie des Mainstreaming bedeutet bisher eher getrennte Wirkungsfelder (Individuum, Gesellschaft, Wirtschaft) zusammenzuführen und durch Synergieeffekte ein bestmögliches Ergebnis zu erlangen.

Bei dieser Neustrukturierung der Chancengleichheit geht es nicht um die Abschaffung institutioneller Frauenpolitik. Die Erfahrungen bisheriger Frauenförderung und Gleichstellung werden als Interessens- und Fachkompetenz (Analyse bestehender Ungleichheit zwischen Frauen und Männern, Durchführung konkreter Maßnahmen zur spezifischen Frauenförderung) in das Gesamtkonzept eines Gender Mainstreaming integriert.

In zunehmendem Maße zeigt sich, dass die bisherige Gleichstellungspolitik allein nicht mehr ausreicht, um individuelle Chancengleichheit von Frauen und Männern in allen gesellschaftlichen und politischen Bereichen durchzusetzen. Gender Mainstreaming liegt eine erweiterte Problemsicht zugrunde: Chancengleichheitspolitik wird nicht länger als reine Frauenfrage definiert, um die sich speziell Frauen aufgrund der individuellen Betroffenheit über ihre Geschlechterrolle kümmern sollten. Vor diesem Hintergrund bedeutet Gender Mainstreaming sowohl eine Neustrukturierung der Aufgabenfelder für Chancengleichheit als auch ein neues Instrument zur Steuerung eines entsprechenden Gesamtprozesses.

2. Stabsstelle für individuelle Chancengleichheit von Frauen und Männern (Stabsstelle Chancengleichheit)

Das neue Stuttgarter Modell einer “Stabsstelle Chancengleichheit” trägt dieser Erkenntnis Rechnung (vgl. Schaubild Anlage 1).

Durch konkrete, interdisziplinäre, partnerschaftliche und integrative Zusammenarbeit zwischen Stadtverwaltung, Wirtschaft und Drittem Sektor (Verbände, Kammern, Frauenorganisationen und -initiativen) können Fachkompetenzen der einzelnen Organisationen, so auch der bisherigen Frauenförderung, synergetisch, d.h. auf ihre bereichsübergreifende Wirkung hin genutzt werden.

Die Stabsstelle trägt mit dieser Strategie zu einer neuen Herangehensweise und Dynamisierung des Themas Chancengleichheit bei, die die folgenden Ziele und deren Umsetzung neu beleben soll:
Die Stabsstelle Chancengleichheit soll im Rahmen des Wirkungskreises der Landeshauptstadt Stuttgart an der Verwirklichung der individuellen Chancengleichheit von Frauen und Männern in Beruf, Familie und Gesellschaft mitwirken. Zu diesem Zweck soll sie insbesondere
Zur sachgerechten und effizienten Aufgabenerfüllung soll die Stabsstelle Chancengleichheit die bisherige Frauenförderung im Rahmen der Gender Mainstreaming Gesamtkonzeption integrieren.

Des weiteren ist es ihre Aufgabe, das Referat Allgemeine Verwaltung sowie die zuständigen Fachreferate und Ämter/Eigenbetriebe zu beraten und zu unterstützen, vor allem
Dies soll in enger Kooperation mit dem für Verwaltungs- und Personalmanagement zuständigen Referat Allgemeine Verwaltung erfolgen.

3. Weiteres Vorgehen
Aufgrund der Bedeutung der beschriebenen Aufgabenfelder soll die Stabsstelle Chancengleichheit im Geschäftskreis des Oberbürgermeisters angesiedelt und mir direkt nachgeordnet werden.
Auf der Basis dieser Vorlage wird eine neue Organisationsverfügung erarbeitet; der Entwurf wird dem Verwaltungsausschuss vorgelegt werden.

Beteiligte Stellen

Referat Allgemeine Verwaltung

Vorliegende Anträge/Anfragen

Antrag Nr. 542 der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN "Haushalt 99 - Stabsstelle für Chancengleichheit"




Dr. Wolfgang Schuster

Anlagen



1. Aufgabendarstellung
2. Drucksache 14/5003 Deutscher Bundestag 14. Wahlperiode (Auszug)