Landeshauptstadt Stuttgart
Oberbürgermeister
Gz:
GRDrs 1145/2001
Stuttgart,
11/14/2001



"Sprachförderung in Stuttgart"
Das Stuttgarter Modell




Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Internationaler Ausschuss
Verwaltungsausschuß
Gemeinderat
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
öffentlich
öffentlich
öffentlich
22.11.2001
28.11.2001
29.11.2001



Beschlußantrag:




Begründung:


1. Anliegen:

Im Interesses einer nachhaltigen Förderung des Miteinanders der Nationen in Stuttgart sollen die bisherigen erfolgreichen Angebote an Integrations- und Sprachkursen auch unter veränderten bundesrechtlichen Rahmenbedingungen aufrechterhalten werden. Hierzu wird dem Gemeinderat eine Konzeption “Sprachförderung in Stuttgart – Das Stuttgarter Modell” vorgelegt.

Zur Finanzierung der Integrations- und Sprachkurse werden nach der vorliegenden Konzeption für die kommenden beiden Haushaltsjahre 127.823 ■ in 2002 bzw. 173.839 ■ in 2003 notwendig werden. Sinnvoll wären darüber hinaus zusätzliche Projektmittel in Höhe von 15.339 ■ für die Unterstützung von Stadtteilinitiativen zur Sprachförderung bereitgestellt. Der Gesamtaufwand für die beiden Haushaltsjahre 2002/3 läge damit bei 317.000 ■.


2. Die Ausgangsbedingungen:

Die Zuwanderungskommission der Bundesregierung sowie das vorgelegte Einwanderungskonzept des Bundesministeriums des Inneren gehen ebenso wie die Konzepte verschiedener Parteien von der Notwendigkeit aus, in Zukunft Sprach- und Integrationskurse als wichtiges Element der Integration in den Kommunen einzurichten. Parallel zur aktuellen Diskussion plant die Bundesregierung ab Januar 2003 eine Neustrukturierung der Sprachförderung für Zuwanderinnen und Zuwanderer.

Bislang wurden über die Bundesprogramme für Personen aus Anwerbeländern und für EU-Staatsangehörige, unabhängig von ihrer Aufenthaltsdauer und ihrem Alter, niederschwellige Teilzeitkurse von bis zu 240 Unterrichtsstunden über den Mainzer Sprachverband finanziert. Ferner wurde die Gruppe der Aussiedlerinnen und Aussiedler, Kontingentflüchtlinge und Asylberechtigte in Vollzeitkursen mit 800 Unterrichtsstunden über Bundesmittel gefördert.

Das neue Sprachförderkonzept der Bundesregierung wird zukünftig nur noch den Förderschwerpunkt auf

Dieses vorgelegte Sprachförderkonzept des Bundes wird derzeit überarbeitet, um die unterschiedlichen politischen Vorschläge sowie die Ergebnisse der Zuwanderungskommission einzuarbeiten. Die wesentlichen genannten Eckpunkte der Sprachförderung werden jedoch unverändert bleiben.

Die Folge hiervon ist, dass eine Vielzahl von zugewanderten Personen, die sich länger als drei Jahre in der Bundesrepublik bleibeberechtigt aufhalten oder bereits länger in der Bundesrepublik leben, keine vom Bund geförderten Sprachkurse besuchen können. Dies betrifft insbesondere zugewanderte Frauen, die bei Einreise in die Bundesrepublik zunächst häufig eine Familienphase durchlaufen, und Personen, die aufgrund verschiedener Faktoren zunächst eine aufenthaltsrechtlich befristete Situation aufweisen.

Bis zum Jahr 2003 sind aus der Sprachförderung ausgeschlossen:

Ab dem Jahr 2003 werden aus der Sprachförderung ausgeschlossen:

Insbesondere Frauen mit Kleinkindern sowie Personen ohne Kenntnis der lateinischen Schrift, mit geringer Schulbildung und Analphabeten, aber auch Flüchtlinge werden vor diesem Hintergrund benachteiligt. Niederschwellige Kursangebote, die von diesen Personengruppen besucht wurden, werden zukünftig nicht mehr über Bundesmittel finanziert.



3. Die Übergangsphase:
Parallel zu den bundesdeutschen Diskussionen um verpflichtende Integrations- und Sprachkurse hat die Stadt Stuttgart, Abteilung “Integrationspolitik” mit dem Land Baden-Württemberg und in Kooperation mit den Trägern der freien Wohlfahrtspflege und der vhs Stuttgart ein 4-monatiges Modellprojekt “Integrationskurse für bleibeberechtigte AusländerInnen” durchgeführt. Innerhalb von 3 Monaten konnten 265 Personen in 15 wohnortnahen Integrationskursen Grundkenntnisse der deutschen Sprache und Kenntnisse zur Alltagsbewältigung erwerben.

Die Ergebnisse belegen, dass ein strukturiertes und alltagsorientiertes Sprach- und Integrationskursangebot ein wichtiges Element für die Integration ist, insbesondere dann, wenn die Integrationskurse stadtteilbezogen sind und Aspekte der Alltagsbewältigung beinhalten. Die Anbindung der Integrationskurse an die Träger der freien Wohlfahrtspflege, die spezifische Angebote für MigrantInnen vorhalten, hat sich bewährt. Dabei konnte auf interkulturell kompetente MitarbeiterInnen sowie auf bestehende Infrastrukturen der Beratungsdienste zurückgegriffen werden.

Ferner zeigen die Ergebnisse des Modellprojekts deutlich auf, dass nach den ersten Aufenthaltsjahren ein hoher Bedarf an Sprachkursen besteht und deshalb ein gesamtstädtisches Sprachkonzept für die Umsetzung flächendeckender Sprach- und Integrationskurse zukünftig notwendig ist (GRDrs. 981/2001).



4. Die Situation in Stuttgart:
Aufgrund der skizzierten bundesdeutschen aber auch der baden-württembergischen Überlegungen zur Integration und Sprachförderung für zugewanderte Personen ist es für Stuttgart notwendig, ein einheitliches und flächendeckendes Sprachkonzept zu entwickeln und umzusetzen. Grundlage dieses Gesamtsprachkonzepts bilden
Das Gesamtsprachkonzept ist wesentlicher Teil des neuen Integrationskonzeptes der Stadt Stuttgart, das vom Gemeinderat in Auftrag gegeben wurde und in der Sitzung des Internationalen Ausschusses am 17.10. 2001 eingebracht wurde.


Ziel
des Gesamtsprachkonzepts soll die stadtteilbezogene und trägerübergreifende Vernetzung aller Sprachkursanbieter sein, damit in Stuttgart flächendeckende Angebote an Sprach- und Integrationskursen ermöglicht werden. Hierzu müssen trägerübergreifende Qualitätsmerkmale für Integrationskurse entwickelt werden. Mit dem Gesamtsprachkonzept kann zukünftig für die Landeshauptstadt Stuttgart eine einheitliche Sprachkursregelung festgelegt werden, die Transparenz ermöglicht und die wiederkehrende Anträge auf Einzelprojektfinanzierung für Sprachkurse vermeidet. Sprachförderprojekte, die ehrenamtlich in den Stadtteilen stattfinden, sollen durch das Gesamtsprachkonzept weiterhin unterstützt werden können.

Das Stuttgarter Sprachmodell wird bundesweit eine Vorreiterrolle übernehmen und mit Mitteln des Bundes und des Landes sowie kommunalen Mitteln ein adäquates Angebot an Sprach- und Integrationskursen für zugewanderte Personen ermöglichen, die sich länger als drei Jahre in der Bundesrepublik aufhalten und von Bundesförderungen ausgeschlossen sind. Ferner kann über Landesmittel neu zugewanderten Personen in Baden-Württemberg in den ersten drei Aufenthaltsjahren ein Integrationskurs ermöglicht werden. Somit wird in Stuttgart zumindest ein Mindeststandard an niederschwelligen Kursen aufrechterhalten.


Zielgruppe
des Stuttgarter Sprachkonzepts sind Personen, die sich länger als drei Jahre in der Landeshauptstadt Stuttgart aufhalten und aufgrund der Richtlinien der Bundesregierung zukünftig, aber auch aktuell keine Finanzierung von Sprachkursen zu erwarten haben.

Im Mittelpunkt stehen niederschwellige Angebote, die in Abgrenzung zu Angeboten der Bildungsträger zum Erwerb der deutschen Sprache, aber auch der Orientierung und des Erwerbs von Fähigkeiten und Fertigkeiten im Alltagsleben angesehen werden müssen. Die Sprach- und Integrationskurse erfordern ebenso wie geschultes Personal auch sozialpädagogische Beratung und Begleitung mit interkulturellen Kompetenzen. Diese Kriterien sind ein wesentliches Merkmal für das Stuttgarter Modell.

Unter Federführung der Stabsstelle des Oberbürgermeisters, Stabsabteilung für Integrationspolitik (S-IP), wird ein Fachkreis “Sprachförderung” initiiert, um die Vernetzung der Anbieter von Sprachkursen zu fördern und für Stuttgart Qualitätsmerkmale zu Sprach- und Integrationskonzepten zu entwickeln. Ferner werden die Sprachkursanbieter in Federführung von S-IP ihre Angebote stadtteilbezogen und zielgruppenspezifisch für das Stadtgebiet Stuttgart strukturieren. Die Abteilung “Integrationspolitik” wird für die Koordination des Trägerkreises “Sprache” verantwortlich sein.


Finanzierung

Das Stuttgarter Modell wird 2 Bausteine beinhalten, die aus Bundes-, Landes- und kommunalen Mitteln finanziert werden. Mit diesem Prinzip wird es möglich, alle Finanzierungspartner zu berücksichtigen und den Standard an Angeboten und Stundenzahlen der niederschwelligen Kurse aufrechtzuerhalten.

Der Finanzierung liegen die Zahlen des Jahres 2000 zugrunde. Grundlage ist der momentane Diskussionsstand der Bundesregierung zur Sprachförderung von neu zugewanderten Personen nichtdeutscher Herkunft. Sollten sich ab 2003 andere Bedingungen ergeben, wird das Stuttgarter Modell flexibilisiert und dem Gemeinderat erneut vorgelegt.

Nach dem Stuttgart Modell haben Erwachsene, die in den ersten drei Einreisejahren nicht über Bundesmittel gefördert werden und/oder sich länger als drei Jahre in der Bundesrepublik aufhalten die Möglichkeit, 2 Phasen der Sprach- und Integrationskurse zu durchlaufen.


Baustein 1:


Baustein 2:

Das Finanzierungsmodell in der Übersicht


2002
2003
    Integrationskurse
    Baustein 1
    Land:
    Eigenmittel:
    Kommune:
143.161
71.581
71.581
143.161
71.581
71.581
    Sprachkurse
    Baustein 2
    Bund:
    Eigenmittel:
    Kommune:
230.081
20.452
56.242
127.823
76.694
102.258
    Kommunaler Anteil insgesamt:
127.823
173.839

Sinnvoll erscheint es außerdem, zusätzlich Projektmittel in Höhe von 15.339 ■ für die Sprachförderung bereitzustellen, damit auch Stadtteilinitiativen zukünftig auf feste Projektmittel zurückgreifen können.

Für den Doppelhaushalt 2002/2003 werden für die Umsetzung des Gesamtsprachkonzepts somit 317.000 ■ als notwendig erachtet. Die Mittel werden entsprechend dem vorliegenden Konzept von S-IP verwaltet.


Anlage
Stuttgarter Modell 2002/2003 im Überblick

    Baustein 1 2002/2003
    Baustein 2 bis 31.12.2002
    Baustein 2 ab 01.01.2003
    Integrationskurse
    Sprachkurse
    150 Stunden

    (100 Stunden Sprache/50 Stunden sozial-gesellschaftlicher Unterricht)

    Bis zu 240 Stunden
    Ziel:
    Erstorientierung
    Ziel:
    Erweiterte Kenntnisse der deutschen Sprache und soz. Kulturelle Kenntnisse
    Zielgruppe:

    Alle neu zugewanderten Personen Stuttgarts, die nicht über andere Bundesmittel finanziert werden

    Zielgruppe:

    Alle zugewanderten Personen Stuttgarts, die von Bundesförderung ausgeschlossen sind. Als Aufbau nach den Integrationskursen

    Finanzierung orientiert an Ergebnisse Integrationskurse 2001:

    50 % Land Baden-Württemberg

    25 % Eigenmittel

    25 % Kommune



    Gesamtkosten: 286.323 ■
    Bund: 143.161 ■
    Eigenmittel: 71.581 ■
    Kommunaler
    Anteil: 71.581 ■

    Finanzierung:

    Wie bisher: Anwerbeländer über Bundesmittel, sonstige Personen über kommunale Mittel



    Gesamtkosten: 306.775 ■
    Bund: 230.081 ■
    Eigenmittel: 20.452 ■
    Kommunaler
    Anteil: 56.242 ■

    Finanzierung:

    Personen nach 3. Einreisejahr = Bund

    (Übergangsregelung über Mainzer Sprachverband),Kommune, Eigenmittel



    Gesamtkosten: 306.775 ■
    Bund: 127.823 ■
    Eigenmittel: 76.694 ■
    Kommunaler
    Anteil: 102.258 ■


Aussiedler, Kontigentflüchtlinge und Asylberechtigte werden in Vollzeitkursen mit Bundesmittel (BMA und BMFSFJ) gefördert. Diese Finanzmittel sind daher in der o.g. Finanzierung des Stuttgarter Modells nicht aufgeführt.

Finanzielle Auswirkungen
Beteiligte Stellen








Anlagen