Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
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VerhandlungDrucksache:
664/2001
GZ:
OB
Sitzungstermin: 07/12/2001
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Dr. Schuster
Berichterstattung:der Vorsitzende
Protokollführung: Frau Haasis wu
Betreff: Vereinbarung zur weiteren Zusammenarbeit zur Realisierung der Projekte Stuttgart 21 und der Neubaustrecke Wendlingen - Ulm
Vorgang: Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen vom 06.07.2001,
nichtöffentlich, Nr. 109

Ausschuss für Umwelt und Technik vom 10.07.2001,
nichtöffentlich, Nr. 398


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Herrn Oberbürgermeisters vom 02.07.2001, GRDrs 664/2001, mit Ergänzung vom 11.07.2001, mit folgendem

Beschlussantrag:
Dieser Niederschrift angeheftet sind die Ergänzung zur GRDrs 664/2001 vom 11.07.2001 sowie eine Synopse zur Vertragssituation vom 12.07.2001.

Pläne zu der im Betreff genannten Angelegenheit sind im Sitzungssaal ausgehängt.

OB Dr. Schuster berichtet im Sinne der GRDrs 664/2001.

Zur Frage der Altlasten verweist OB Dr. Schuster auf die im Ausschuss für Umwelt und Technik gemachten Ausführungen. Das von der Bahn erstellte Gutachten habe nicht ausreichend verifiziert werden können, weshalb vorgeschlagen werde, in den abzuschließenden Kaufvertrag detaillierte Regelungen aufzunehmen mit dem Ziel, bis zur Bauentscheidung in rund drei Jahren ein besseres Bild über die Altlasten zu haben. In dieser Zeit könne zudem ein entsprechender Sanierungsplan aufgestellt werden. Im Übrigen gelte die Rahmenvereinbarung fort. Auch wenn der Bund an der jetzt abzuschließenden Vereinbarung nicht beteiligt sei, werde er selbstverständlich nicht aus der Verantwortung entlassen.

OB Dr. Schuster erläutert die Ergänzung des Beschlussantrags zu Ziff. 2.7 der Vereinbarung. Sie stelle eine Kompromisslösung dar. Wenn Stuttgart 21 nicht komme, müssten die städtebauliche Frage neu diskutiert, planungsrechtliche Abwägungen nach dem Bundesbaugesetz vorgenommen und einiges am Bebauungsplan verändert werden, vor allem, was die Dichte angehe, da das Gebiet dann nicht Teil der Innenstadt werde, sondern Innenstadtrandlage bleibe. Mit der Ziff. 2 dieser Ergänzung zeige die Stadt ein seiner Ansicht nach faires Entgegenkommen, ohne dass sie sich der notwendigen städtebaulichen Überprüfung begebe.

StR Föll (CDU) dankt OB Dr. Schuster und Ministerpräsident Teufel dafür, dass sie nicht aufgegeben, sondern die Verhandlungen mit Bund und Bahn trotz "mühseliger Zeiten" weitergeführt haben. Nach Abschluss der Planfeststellung, Vorlage der Ergebnisse der Submission und einer aktuellen Wirtschaftlichkeitsberechnung hoffe er auf den positiven Baubeschluss für Stuttgart 21 in den Jahren 2004/2005. Die vorgelegte Vereinbarung sei hierfür die Voraussetzung. Aus Sicht der CDU-Gemeinderatsfraktion sei diese Vereinbarung ausgewogen; sie entspreche der Interessenlage der Stadt Stuttgart.

StR Prof. Dr. Kußmaul (SPD) hebt das vorbildliche Verhalten der Landeshauptstadt Stuttgart in den vergangenen Jahren hervor. Bund und Bahn seien von 1994 bis 1998 allzu sorglos und auch finanziell fahrlässig mit dem Projekt umgegangen. Das vorliegende Verhandlungsergebnis bezeichnet StR Prof. Dr. Kußmaul als in Ordnung, auch wenn man es im Detail sicherlich hinterfragen könne und es von dem Wunsch geprägt sei, partnerschaftlich mit der Bahn voranzukommen.

StR Dr. Kienzle (90/GRÜNE) bedankt sich für die vorgelegte Synopse. Sie mache deutlich, dass sich die Position der Stadt verschlechtert habe; auch halte er die Risiken für unabsehbar. Die Gemeinderatsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN lehne deshalb den Beschlussantrag der GRDrs 664/2001 vom 02.07.2001 ab. Der Ergänzung zur GRDrs 664/2001 vom 11.07.2001 (Ziffn. 1 und 2) stimme sie zu.

StR J. Zeeb (FW) erklärt, mit dieser Vereinbarung demonstriere der Stuttgarter Gemeinderat, dass er ein verlässlicher Partner sei, der seine Aufgaben erfülle. Dies erwarte die Stadt natürlich auch von ihrem Vertragspartner. Es sei richtig, die Planungshoheit für den Bebauungsplan nicht ohne Gegenleistung aus der Hand zu geben. Seine Fraktion stimme der Vereinbarung in der überarbeiteten Fassung zu.

Nach Ansicht der FDP/DVP-Gemeinderatsfraktion ist es - so StR R. Zeeb (FDP/DVP) - nicht richtig, nur die Baufelder 1, 2, 3 und 14 freizugeben. Man sollte dem Partner zeigen, dass die Stadt bereit sei, mit allen Möglichkeiten zur Verwirklichung von Stuttgart 21 beizutragen. Seine Fraktion lehne daher die Ergänzung des Beschlussantrags - Ziffn. 1 und 2 - ab. Dem Beschlussantrag der GRDRs 664/2001 vom 02.07.2001 stimme sie zu.

StR Lieberwirth (REP) führt aus, die REPUBLIKANER lehnten die jetzt vorgeschlagene Vereinbarung - ebenso wie zuvor den Rahmenvertrag - ab. Die von der Stadt zu erbringenden Vorleistungen seien zu hoch angesichts der Risiken und der bestehenden Mängel im Kindertagesstättenbereich, in den Krankenhäusern und beim Sozialwohnungsbau.

StR Deuschle (PDS) legt seine Vorbehalte gegenüber der Vereinbarung dar. Auch wenn er die Neubaustrecke Wendlingen - Ulm befürworte, könne er dem Beschlussantrag auf Grund des Junktims mit Stuttgart 21 nicht zustimmen. Die Position der Stadt habe sich mit dieser Vereinbarung verschlechtert, und sie werde einen Großteil der Kosten tragen müssen.

Eingehend auf das Thema "Internationale Bauausstellung" verweist StR Prof. Dr. Kußmaul auf das 75jährige Jubiläum der Weißenhofsiedlung. OB Dr. Schuster kündigt entsprechende Vorschläge an. Zwar seien die Pläne für eine "Internationalen Bauausstellung" zurückgestellt, aber das Thema "Zukunft der Stadt" werde in diesem Kontext weiter vorangebracht.

StR Dr. Kienzle stellt den Verzicht auf Planungsleistungen heraus. OB Dr. Schuster bestätigt, es sei richtig, dass es einen gegenseitigen Verzicht auf Planungsleistungen gebe, falls die Bahn in vier Jahren erkläre, sie könne das Projekt nicht schultern, weil die Wirtschaftlichkeit für sie nicht mehr darstellbar sei. Nicht vergessen werden dürfe, dass die Bahn für die Planfeststellung von Stuttgart 21 und vor allem für die Neubaustrecke nach Ulm insgesamt 400 Mio. DM aufwende. Nachdem die Stadt nicht bereit sei, dort Anteile zu übernehmen, sage die Bahn ihrerseits, sie wolle bei einer Rückabwicklung die Aufwendungen der Stadt ebenfalls nicht mittragen. Allerdings würden dann auch die Kaufverträge hinfällig und das Geld fließe inklusive einer Verzinsung wieder zurück an die Stadt.

Den von StR R. Zeeb geäußerten Bedenken gegen eine eingeschränkte Baufreigabe pflichtet OB Dr. Schuster bei. Die Stadt befinde sich hier in einem Dilemma. Der Berechnung, im Interesse der Wirtschaftlichkeitsberechnung der Bahn die Grundstücke frühzeitig zu verkaufen, stehe die städtebauliche Entwicklung gegenüber. Nach der Diskussion im Verwaltungsausschuss sei deshalb diese Ergänzung vorgelegt worden, wohl wissend, dass es keine Ideallösung gebe.

Die Frage von StR Lieberwirth, warum die Stadt rückwirkend Zinsen zu bezahlen habe, beantwortet OB Dr. Schuster mit dem Hinweis auf die bereits in den Ausschüssen im Einzelnen dargestellte Regelung, es bei den in der Wirtschaftlichkeitsberechnung bislang eingestellten Daten zu belassen. Zum Aspekt der Wirtschaftlichkeit führt OB Dr. Schuster aus, gesamtwirtschaftlich betrachtet und nicht nur bezogen auf das Grundstücksgeschäft bringe das Projekt über die Umwegrentabilität zusätzliche Impulse für Wirtschaft, Arbeitsplätze und Steuern und sei daher zu rechtfertigen. Im Übrigen sei eine langfristige Grundstücksbevorratung eine klassische öffentliche Aufgabe. Die Stadt wolle die Grundstücke nicht horten, sondern entsprechend den von der Stadt identifizierten Bedürfnissen nach und nach an den Markt geben. Es eröffne sich damit die Möglichkeit, Investoren zu suchen, die den Stadtteil nach den Vorstellungen der Stadt bauten und eine langfristige Stadtentwicklungsperspektive eröffneten.

OB Dr. Schuster hält abschließend fest: