Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Wirtschaft/Finanzen und Beteiligungen
Gz: WFB
GRDrs 933/2009
Stuttgart,
11/02/2009



Änderung der Satzung der Landeshauptstadt Stuttgart
über die Erhebung der Vergnügungssteuer




Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Verwaltungsausschuss
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Einbringung
Vorberatung
Beschlussfassung
nicht öffentlich
öffentlich
öffentlich
09.11.2009
02.12.2009
03.12.2009



Beschlußantrag:

1. Die Satzung zur Änderung der Satzung der Landeshauptstadt Stuttgart über die Erhebung der Vergnügungssteuer wird in der Fassung der Anlage 1 beschlossen.

2. Vom zusätzlichen Personalbedarf von zwei Sachbearbeiterstellen (A 7 bzw. EG 6) wird Kenntnis genommen. Über die Stellenschaffung wird im Rahmen des Stellenplans entschieden.

3. Zur Beschaffung eines neuen EDV-Programms für die Verwaltung der Vergnügungssteuer wird in 2010/2011 ein einmaliger Aufwand in Höhe von 100.000 EUR bewilligt. Die Deckung erfolgt durch die Steuermehreinnahmen mit voraussichtlich jährlich 1.200.000 EUR.



Begründung:


Anlass der Änderung

Seit dem 1. Juli 1989 wird in Stuttgart wieder eine Vergnügungssteuer auf Spielgeräte erhoben, ab 1. Juni 1994 kam dann auch noch eine Vergnügungssteuer auf Sexdarbietungen sowie auf das Vorführen von Sex- und Porno-Filmen/-Videos hinzu. Für so genannte Gewaltspiele wurde zum 1. Januar 1992 ein höherer Steuersatz eingeführt. Die Steuersätze für Spielgeräte wurden letztmals ab 1. Januar 1993 erhöht. Mit der Euro-Einführung zum 1. Januar 2002 wurden die Steuerbeträge lediglich umgerechnet und geglättet.

Nachdem die Steuersätze nunmehr seit 16 bzw. 15 Jahren nicht erhöht wurden, ist eine moderate Anhebung der Sätze ab 2010 gerechtfertigt.

Bezüglich der Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeit muss jetzt aber auch eine Änderung der Bemessungsgrundlage vorgenommen werden, weil bei diesen Spielgeräten der bisherige so genannte Stückzahlmaßstab nicht mehr zulässig ist.

Bei der Vergnügungssteuer für Spielgeräte war traditionsgemäß und mangels Alternative immer ein Stückzahlmaßstab angewandt worden: Für jedes gehaltene Spielgerät wurde für jeden Monat ein fester Steuerbetrag erhoben. Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 4. Februar 2009 (1 BvL 8/05), jedoch festgestellt, dass der Stückzahlmaßstab für Gewinngeräte gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes verstößt und deshalb nicht mehr zulässig ist. Der Stückzahlmaßstab bewirkt bei Gewinngeräten laut Bundesverfassungsgericht eine nicht mehr zu rechtfertigende ungleiche Belastung, weil für alle Geräte derselbe Steuersatz erhoben wird, ohne Rücksicht darauf, wie viel mit dem Gerät gespielt wird. Das Bundesverfassungsgericht schreibt vor, dass bei den Gewinngeräten ein Wirklichkeitsmaßstab eingeführt werden muss. Als Wirklichkeitsmaßstab sind laut Verfassungsgericht zulässig der Spieleinsatz und das Einspielergebnis. Für Stuttgart wir die Einführung des Einspielergebnisses „Nettokasse“ vorgeschlagen.

Für Spielgeräte ohne Gewinnmöglichkeit kann es auch weiterhin beim bisherigen Stückzahlmaßstab verbleiben. Die Spielverordnung schreibt bei diesen Geräten kein Zählwerk vor.

Eine Übersicht über die derzeitigen Sätze bei der Vergnügungssteuer in den Großstädten ab 500.000 Einwohner (ohne Stadtstaaten) sowie in den Stadtkreisen in Baden-Württemberg ist als Anlage 2 beigefügt.


Erläuterung der einzelnen Änderungen

Die Bemessungsgrundlagen und die Steuersätze werden jetzt in zwei Paragrafen geregelt (bisher in § 3).

§ 3 a - Bemessungsgrundlagen

Bei den Gewinngeräten wird eine neue Bemessungsgrundlage (Wirklichkeitsmaßstab) eingeführt: „Nettokasse“. Diese errechnet sich aus der elektronisch gezählten Kasse zuzüglich Röhrenentnahme (sog. Fehlbetrag) abzüglich Röhrenauffüllungen, Falschgeld, Prüftestgeld und Fehlgeld sowie abzüglich der Umsatzsteuer. Die Vergnügungssteuer wird damit aus dem Betrag errechnet, der dem Aufsteller am Schluss vor der Vergnügungssteuer verbleibt.


§ 3 b - Steuersätze

Der Steuersatz für die Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeit wird auf 15 v.H. der Nettokasse festgesetzt. Dieser Steuersatz ist in den Stadtkreisen Heidelberg und Mannheim sowie in Aalen und Konstanz bereits eingeführt. Von der Rechtsprechung wurden Steuersätze in dieser Größenordnung nicht beanstandet.

Mit den neu eingeführten Mindestbeträgen bei den Gewinngeräten in Höhe von 135 bzw. 55 EUR, die den neuen Steuersätzen für Spielgeräte ohne Gewinnmöglichkeit entsprechen, wird ein Beitrag zur Eindämmung der Spielsucht geleistet. Das Aufstellen von Gewinnautomaten an schwächer frequentierten Standorten wird durch einen Mindestbetrag weniger lohnend gemacht. Die Mindestbeträge kommen immer dann zum Ansatz, wenn das Nettoeinspielergebnis in Spielhallen unter 900 EUR, an anderen Orten unter 367 EUR liegt. Es wird auch in der Rechtsprechung (siehe Urteil des BVerwG vom 13.04.2005 - 10 C 5.04 -, Beschluss Sächsisches OVG vom 19.12.2006 - 5 BS 242/06 -, Urteil des VG Stuttgart vom 18.02.2009 - 8 K 3386/08 - und Beschluss des BVerfG vom 03.09.2009 - 1 BvR 2384/08 -) anerkannt, dass durch eine Vergnügungssteuer in Form eines Mindestbetrags ein Lenkungszweck, nämlich Eindämmung der Spielsucht, verfolgt werden darf.

Alle übrigen Steuersätze werden um rd. 10 % erhöht.

Eine Gegenüberstellung der bisherigen und der neuen Steuersätze in Stuttgart ist als Anlage 3 beigefügt.


§ 4 - Entstehung, Steueranmeldung, Festsetzung und Fälligkeit

Hier wird die neue Erhebungsform der Vergnügungssteuer für die Gewinngeräte geregelt. Bei diesen Geräten erfolgt die Steuerberechnung künftig in Form einer Steueranmeldung durch den Steuerpflichtigen selbst. Der errechnete Steuerbetrag ist mit dem Abgabetag der Steueranmeldung (= 15. Tag des Folgemonats) zu entrichten. Bei pünktlich abgegebenen, fehlerlosen Steueranmeldungen entfällt eine Steuerfestsetzung durch einen Steuerbescheid.


§ 5 - Meldepflicht und Steueraufsicht

Bei den Anmeldungen von Gewinngeräten muss künftig auch der Gerätenamen und die Zulassungsnummer angegeben werden. Bei verspäteter Abmeldung von Gewinngeräten kann die Vergnügungssteuer bis zum Monat, in dem die Abmeldung eingeht, festgesetzt und dabei die Besteuerungsgrundlage geschätzt werden.


Finanzielle und personelle Auswirkungen

Das Aufkommen der Vergnügungssteuer beträgt bisher jährlich insgesamt rd. 3,1 Mio. EUR. Durch die Änderung der Satzung wird mit Mehr-Einnahmen von rd. 1,2 Mio. EUR jährlich gerechnet.

Mit dem Haushaltsantrag Nr. 365/2009 fordert die Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN, den Steuersatz auf 18 v.H. festzusetzen. Bei einem Steuersatz in dieser Höhe würden die Mehreinnahmen insgesamt 1,95 Mio. EUR jährlich betragen.

Mit der Einführung des Wirklichkeitsmaßstabs bei den Gewinngeräten ist eine erhebliche Mehrarbeit bei der monatlichen Steuerfestsetzung für die 271 Aufsteller mit rd. 1.750 Gewinngeräten (Stand 01.01.2009) verbunden. Da die Höhe der Steuer bei den Gewinngeräten vom Einspielergebnis abhängig ist, wird Monat für Monat bei jedem Spielgerät eine andere Steuer anfallen. Nach Auskünften anderer Städte muss bei bis zu 20 % der Aufsteller davon ausgegangen werden, dass sie die Steueranmeldungen nicht abgeben, so dass hier Steuerbescheide auf der Grundlage von Schätzungen erstellt werden müssen. Bei allen monatlich eingehenden Steueranmeldungen muss bei jedem der 1.750 Geräte anhand des vorzulegenden Zählwerksausdrucks geprüft werden, ob der richtige Wert in die Steueranmeldung übernommen wurde und ob die Steuerberechnung stimmt. Werden Fehler festgestellt, muss ebenfalls ein Bescheid erstellen werden. Nach unseren bisherigen Feststellungen bei den Spielgeräteaufstellern sowie den Feststellungen in anderen Städte mit den dortigen Steueranmeldungen, kann jedoch auf die sehr aufwändige Kontrolle der Steuerberechnungen nicht verzichtet werden, weil sonst mit ansteigenden Steuerausfällen gerechnet werden muss.

Aufgrund der Erfahrungen in vergleichbaren Großstädten, die den Wirklichkeitsmaßstab schon eingeführt haben (z.B. Dortmund – 350 Aufsteller, 3.000 Gewinngeräte: 5 Mitarbeiter, Essen – 230 Aufsteller, 1.960 Gewinngeräte: 4 Mitarbeiter, Hannover – 268 Aufsteller, 1.440 Gewinngeräte: 3 Mitarbeiter, Leipzig – 80 Aufsteller, 700 Gewinngeräte: 2 Mitarbeiter), wird zur Festsetzung der veränderten Vergnügungssteuer zu den bereits vorhandenen zwei Stellen die Schaffung von zwei weiteren Stellen (A 7/EG 6) beantragt. Die jährlichen Personalkosten für die beiden zusätzlichen Stellen betragen rd. 119.600.EUR. Über die Stellenschaffung wird im Rahmen des Stellenplans entschieden. Der personelle Bedarf muss nach der ersten Anlaufphase von ca. 6 Monaten genauer überprüft und ggf. nachjustiert werden.

Das bisherige EDV-Programm ist nicht in der Lage, eine Vergnügungssteuer mit Wirklichkeitsmaßstab zu verarbeiten und ggf. einen Bescheid zu erstellen. Durch die Beschaffung eines neuen Programms für die Vergnügungssteuer fallen einmalig Ausgaben in Höhe von rd. 100.000 EUR an. Für die Programmpflege sowie die Betreuung und Pflege der Schnittstellen fallen weitere jährliche Kosten an, die jedoch heute noch nicht näher beziffert werden können.


Die Referate AK und R haben der Vorlage zugestimmt





Michael Föll
Erster Bürgermeister

Anlagen
1 Satzung zur Änderung der Satzung der Landeshauptstadt Stuttgart über die
Erhebung der Vergnügungssteuer
2 Vergleich der Steuersätze
3 Bisherige Steuersätze und vorgeschlagene Steuersätze ab 2010




Finanzielle Auswirkungen





Beteiligte Stellen



Vorliegende Anträge/Anfragen

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Erledigte Anträge/Anfragen

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Michael Föll
Erster Bürgermeister


Anlagen

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