Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
1359/2007
GZ:
OB
Sitzungstermin: 20.12.2007
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Dr. Schuster
Berichterstattung:der Vorsitzende
Herr Dr. Porsch (Rechtsanwälte Dolde & Partner)
Protokollführung: Frau Böhringer
Betreff: Stuttgart 21
- Bürgerbegehren -

Beratungsunterlage ist die dieser Niederschrift angeheftete Vorlage des Herrn Oberbürgermeisters vom 12.12.2007, GRDrs 1359/2007.


OB Dr. Schuster ruft den ersten Tagesordnungspunkt "Stuttgart 21 - Bürgerbegehren" auf und führt aus im Sinne der Vorlage. Um die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens eindeutig zu klären, habe die Stadt unabhängig voneinander mehrere Juristen mit dieser Frage betraut.

Die Ausführungen von Herrn Dr. Porsch über das Ergebnis der Untersuchungen sowie die Stellungnahmen der Mitglieder des Gemeinderats sind nachstehend im leicht gekürzten und überarbeiteten Wortlaut wiedergegeben.

Herr Dr. Porsch: (Rechtsanwälte Dolde & Partner)

"Grüß Gott, meine Damen und Herren. Im Auftrag der Landeshauptstadt Stuttgart haben wir die Zulässigkeit dieses Bürgerbegehrens untersucht. Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass dieses Bürgerbegehren nicht mit den Rechtsvorschriften der Gemeindeordnung vereinbar und deshalb rechtswidrig ist. Dem Gemeinderat steht bei seiner Entscheidung, ob ein solches Bürgerbegehren zugelassen wird oder nicht, kein Ermessen zu; es handelt sich um eine sogenannte reine Rechtsentscheidung. Da dieses Bürgerbegehren mit diesem Inhalt rechtswidrig ist, hat der Gemeinderat keine Entscheidungsmöglichkeit, er muss das Bürgerbegehren ablehnen.

Kurz zur Begründung dieses Ergebnisses. Das Bürgerbegehren ist einheitlich gestellt. Es gab keine Möglichkeit, einzelne dieser fünf Teilfragen herauszunehmen und gesondert zu beantworten. Es ist ein einheitliches Begehren, was einheitlich gestellt wurde, und kann nach den Vorschriften der Gemeindeordnung auch nur einheitlich mit Ja oder Nein beantwortet werden.

Wir haben die fünf Teilfragen untersucht. Unser Gutachten liegt in Lang- und Kurzfassung vor. Es war für jedermann im Internet abrufbar. Das Bürgerbegehen ist in fünf Teilfragen aufgeteilt.

Die erste Teilfrage ist: 'Sind Sie dafür, dass die Stadt Stuttgart aus dem Projekt aussteigt?'. Diese Teilfrage betrifft das 'Ob' der weiteren Beteiligung der Landeshauptstadt Stuttgart am Projekt Stuttgart 21. Über diese Teilfrage wurde bereits 1995 und 2001 in Gemeinderatsbeschlüssen entschieden. Damit ist die 6-Wochen-Frist, die die Gemeindeordnung für ein Bürgerbegehren vorsieht, welches sich gegen einen Gemeinderatsbeschluss richtet, abgelaufen. In der Diskussion ist häufig die Frage aufgeworfen worden, ob der Beschluss vom 04.10.2007 ein sogenannter weichenstellender Grundsatzbeschluss war, der die Frist erneut zum Laufen bringt. Das ist nach der Rechtsprechung des VGH klar zu verneinen. Der Beschluss vom 04.10.2007 vollzieht nur das, was die Stadt Stuttgart schon längst beschlossen hatte. Es geht nur noch um die Kostenbeteiligung, und damit ist er auch kein weichenstellender Grundsatzbeschluss mehr.

Die nächste Teilfrage nach der Ergänzungsvereinbarung ist aus zwei Gründen unzulässig. Zum einen hat sie sich durch Vollzug erledigt. Zum anderen ist nach der Gemeindeordnung (§ 21 Abs. 2 Nr. 4 GemO), nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs keine Beteiligung, kein Bürgerentscheid in grundsätzlichen finanziellen Fragen der Gemeinde möglich. Diese Entscheidung ist nach unseren demokratischen Spielregeln dem Gemeinderat vorbehalten.

Das gleiche Schicksal trifft die nächste Teilfrage nach der Änderung der Kaufverträge. Auch diese Frage ist aus zwei Gründen unzulässig. Die Kaufverträge sind zum Ersten geändert, und zum Zweiten hätte auch diese Frage nur finanzielle Folgen und kann damit nicht zulässiger Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein.

Die nächste Teilfrage nach dem Verbot, weitere Verträge im Zusammenhang mit dem Projekt Stuttgart 21 abzuschließen, ist zu unbestimmt. Man weiß nicht so recht, wie weit das gehen soll, wenn das Projekt vielleicht doch kommt. Die Bahn kann es allein bauen, sie hat das Baurecht durch vollziehbare Planfeststellungsbeschlüsse. Dann stellt sich die Frage, ob wirklich gemeint ist, dass die Landeshauptstadt Stuttgart keine Verträge mehr abschließen kann - sei es in der Verkehrsführung, Baulogistik und Sonstiges. Diese Frage ist zu unbestimmt.

Schließlich die Frage nach der Mitteilung an die Vertragspartner; diese Frage erledigt sich durch die Unzulässigkeit der vier anderen Teilfragen.

Insgesamt ist das Bürgerbegehren damit in allen seinen fünf Teilfragen unzulässig.

Lassen Sie mich noch ein Wort zu dem vorgelegten Gutachten sagen. Ich will es nicht einmal Gegengutachten nennen, denn unsere Ergebnisse werden in diesem Gutachten, welches die Kanzlei Zuck im Auftrag der GRÜNEN vorgestellt hat, nicht infrage gestellt. Die Kanzlei hat nicht begutachtet und kam nicht zu dem Ergebnis, dass dieses Bürgerbegehren, so wie es hier steht und liegt, heute als zulässig betrachtet werden muss; sie haben lediglich gefragt, ob am 04.10.2007 ein Bürgerbegehren zulässig gewesen wäre. Das ist eine andere Frage, die sich heute nicht mehr stellt.

Und noch ein Satz vielleicht zu der generellen Frage: 'Sind unsere Ergebnisse richtig?'. Bis heute ist noch kein Verwaltungsjurist aufgestanden - gefragt oder ungefragt - und hat gesagt, dieses Bürgerbegehren ist rechtmäßig und deshalb zuzulassen. Deshalb ist unser Ergebnis im Prinzip bisher unangefochten. Mit Ausnahme vielleicht von einem Oberbürgermeister aus Tübingen sind alle der Auffassung, dass dieses Bürgerbegehren unzulässig und rechtswidrig ist und deshalb der Gemeinderat nach unserer Auffassung kein Ermessen hat, er muss es ablehnen. Danke."

StR Uhl (CDU):

"Herr Oberbürgermeister, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ich bin mir jetzt im Klaren, dass der Applaus relativ gering ausfallen wird, nach dem, was ich jetzt sagen werde. Lassen Sie mich mit einem Zitat beginnen: 'Trotz der hohen Investitionen, die die Bahn im Raum Stuttgart getätigt hatte, machte sich hier die Unzulänglichkeit aller Bahnanlagen immer stärker bemerkbar, wobei der entscheidende Engpass der Stuttgarter Hauptbahnhof war. Die Bahnverwaltung stand vor der Wahl, entweder die Kapazitäten dieser Bahnhofsanlage durch vollständige Umgestaltung zu erhöhen oder die bestehenden Anlagen so zu entlasten, dass kein Umbau notwendig wäre.' Als diese Sätze gesprochen wurden, das ist genau 100 Jahre her, wurde der damalige Hauptbahnhof von der Bolz-/Schlossstraße auf den heutigen Standort unten am Hauptbahnhof verlegt. Es kam zu tumultartigen Szenen im Parlament. Abgeordnete und Gemeinderäte wurden tätlich gegeneinander, die Gegner standen sich unversöhnlich gegenüber - dieses im Jahre 1904 - 1905. Und letztendlich im Jahre 1920 wurde der heutige Hauptbahnhof in Betrieb genommen.

Meine Damen und Herren, die Geschichte wiederholt sich. Auch heute stehen sich die Lager unversöhnlich gegenüber, obwohl sich dieser Gemeinderat in fast 170 Sitzungen mit dem Projekt Stuttgart 21 beschäftigt hat. Dieser Gemeinderat hat immer wieder und heftig um die besten Lösungen gerungen und ist letztendlich zu den Entscheidungen gekommen, wie sie heute vorliegen. Deswegen sagen wir von der CDU-Fraktion, wir haben die besten Lösungen gefunden. Wir haben keinen Ermessensspielraum, was das Bürgerbegehren betrifft. Niemand in diesem Raum und niemand in dieser Stadt kann einen Stadtrat allen Ernstes auffordern, einen rechtswidrigen Beschluss zu fassen. Dieses wird die CDU auch nicht tun. Es ist auch keine Frage von 60.000 oder 30.000 Unterschriften. Einen Beschluss, der rechtswidrig ist, den kann von uns niemand erwarten.

Und, meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch etwas sagen in dieser aufgeheizten Stimmung. Jedem einzelnen von uns wurden in den letzten Tagen viele Briefe und Mails zugesandt. Es waren Mails, Briefe und Postkarten dabei, mit denen wir uns sehr ernsthaft beschäftigt haben. Es wurden sehr sachlich Sorgen und Nöte vorgetragen, die wir ernst nehmen und mit denen wir uns in den nächsten Monaten und Jahren auch befassen werden - diese Zusicherung können Sie von der CDU-Fraktion erhalten. Wenn jedoch in einigen Briefen steht: Die Mineralquellen werden versiegen, man müsse in Stuttgart inzwischen, wie in irgendwelchen Bananenrepubliken, Wahlbeobachter schicken, um ordnungsgemäße Verfahren durchzuführen, wenn von Kungeleien und Abkassieren gesprochen wird, dann kann ich Ihnen nur sagen, haben Sie jede demokratische Legitimation verloren, ernsthaft über dieses Thema zu diskutieren. Wir laden jeden ein, der in der Sache diskutieren möchte, der mit uns zusammen die besten Lösungen herbeiführen möchte, wir laden Sie ein, treten Sie mit uns in die Diskussion. Ich bin sicher, wir haben eine Lösung gefunden, die auch für die nächste Generation von großer Tragweite sein wird. Und deswegen wird die CDU-Gemeinderatsfraktion einem rechtswidrigen Beschluss nicht zustimmen."

StR Kanzleiter (SPD):

"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren, das Projekt Stuttgart 21 wird seit 15 Jahren in Stuttgart in diesem Gemeinderat und in der Öffentlichkeit diskutiert. Alle diejenigen Bürgerinnen und Bürger, die sich mit dem Thema beschäftigen wollten, konnten sich in der Vergangenheit damit auseinandersetzen.

Wir haben heute ein Ergebnis vorliegen, das das Ergebnis eines Entwicklungsprozesses ist. Ich möchte Folgendes dazu sagen: Der Gemeinderat ist heute mit der Frage konfrontiert, ob wir einem Antrag auf einen Bürgerentscheid zustimmen, ja oder nein. Es ist ausgeführt worden, dass der Gemeinderat im Rahmen der Gesetze, im Rahmen unserer Rechtsordnung zu handeln hat. Diese Rechtsordnung wird bestimmt durch den Gesetzgeber, das ist der Landtag von Baden-Württemberg, der hat die Gemeindeordnung beschlossen, diese ist für uns der Maßstab unseres Handelns.

Das vorliegende Rechtsgutachten - und das ist eindeutig - des Büros Dolde & Partner und die ergänzenden Gutachten von Prof. Knemeyer der Uni Würzburg, des Büros Oppenländer sowie unseres Rechtsamtes, sie kommen alle übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass der hier vorgelegte Bürgerentscheid unzulässig ist.

Meine Damen und Herren, der Gemeinderat der Stadt Stuttgart hat keinen echten Entscheidungsspielraum. Dieses müssen wir zur Kenntnis nehmen, ob es uns gefällt oder nicht. Und wenn wir heute trotz der erkennbar eindeutigen Rechtslage dem Bürgerentscheid zustimmen würden, müsste der Oberbürgermeister oder spätestens das Regierungspräsidium diesen Beschluss aufheben, müsste ihm widersprechen, weil er eben nicht mit der Rechtslage im Einklang steht. Als Gemeinderat sind wir an die Rechtslage gebunden, und dieses ist Voraussetzung, wenn wir in unserem Gemeinwesen friedlich miteinander zusammenleben wollen.

Ich möchte aber auch Folgendes noch sagen: Die SPD-Fraktion sieht keinen Grund für einen erneuten Grundsatzbeschluss, für eine erneute Grundsatzdiskussion, wie sie von den GRÜNEN gefordert wird. Seit 1995 steht fest, wie das verkehrliche Konzept für die Neuorganisation des Schienenverkehrs in Stuttgart und darüber hinaus bis nach Ulm gestaltet werden soll. Ich habe es eingangs gesagt, dieses ist das Ergebnis eines langen Diskussions- und Untersuchungsprozesses. Und ich sage hier auch ganz klar, die SPD-Fraktion sieht zu dem jetzt vorliegenden Konzept keine inhaltliche Alternative, die realistisch wäre, die besser wäre, die uns zu etwas anderem veranlassen könnte.

Meine Damen und Herren, wir haben Verträge geschlossen, und diese Verträge sind zu verwirklichen, sie sind nicht zu brechen. Alle seit 1995 geschlossenen Verträge dienten der Verwirklichung des Projekts Stuttgart 21. Auch der am 04.10. gefasste Beschluss war kein immer wieder neu zu fassender Grundsatzbeschluss, sondern es war ein Fortführungsbeschluss unserer grundsätzlichen Festlegung seit 1995. Wir müssen sehen, dass Fakten geschaffen worden sind in der Zwischenzeit. Es ist geplant, es ist viel Geld investiert worden und die Finanzierung des Projektes Stuttgart 21 steht.

Die Initiatoren des Bürgerbegehrens wussten all das, was ich hier ausgeführt habe. Sie wussten es, denn ein Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21, wie es hier gefordert wurde, ist nicht mehr möglich. Und dieses wurde durch die rechtlichen Gutachten auch bestätigt. Es ist nicht möglich, ohne die Zustimmung der Partner Bund und Bahn und ohne große wirtschaftliche Schäden. Meine Damen und Herren, schlimm ist, dass den Menschen etwas anderes vorgegaukelt wurde. Es wurde Ihnen vorgemacht, dass hier eine Entscheidungsmöglichkeit bestehen würde. Deshalb habe ich auch für die Wut und für die Enttäuschung vieler Bürgerinnen und Bürger durchaus Verständnis.

Aber, lassen Sie mich das auch in aller Klarheit sagen, die Verantwortung dafür, für die Irreführung in der Öffentlichkeit, trägt nicht der Stuttgarter Gemeinderat, sondern es sind die Initiatoren dieses Bürgerentscheides, die den Menschen etwas anderes gesagt haben, als sie selber wussten. Und die sollten sich bei diesen Menschen, die in die Irre geführt worden sind, entschuldigen.

Herr Oberbürgermeister Schuster, jetzt natürlich darf man nicht verschweigen, dass auch Sie ein ordentliches Maß an Verantwortung für die Situation haben. Durch Ihre Abmachung im OB-Wahlkampf 2004 mit dem Kandidaten der GRÜNEN, Herrn Palmer, unter bestimmten Bedingungen einen Bürgerentscheid, oder eine Entscheidung durch die Bürger, herbeizuführen, wurde ein Eindruck erweckt, den Sie möglicherweise nicht erwecken wollten. Es wurde der Eindruck erweckt, als ob über dieses Projekt Stuttgart 21 noch einmal insgesamt befunden werden könnte. Wir haben als SPD bereits damals darauf hingewiesen, dass wir einen Bürgerentscheid nicht mehr für rechtlich möglich halten. Es wurde nun in den Rechtsgutachten bestätigt, dass auch bereits zum damaligen Zeitpunkt eine Grundsatzentscheidung über das Projekt Stuttgart 21 nicht mehr möglich gewesen wäre. Mir ist sehr wohl bewusst, dass es um die 'erheblichen Mehrkosten' gegangen ist. Aber das haben die Bürgerinnen und Bürger nicht zur Kenntnis genommen, denn sie wollten, soweit sie da mit engagiert waren, über das Projekt insgesamt befinden.

Herr Oberbürgermeister, ich bin Ihnen dankbar, dass Sie in der Zwischenzeit klargestellt haben, dass es keine Möglichkeit mehr gibt, über einen Bürgerentscheid oder auch sonst aus diesem Projekt auszusteigen, ohne dass wir Verträge verletzen würden. Und deshalb, glaube ich, ist es auch richtig gewesen, dies nochmals in unserem Antrag, den wir diesem Hause vorgelegt haben, zu fragen. Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie gestern und auch heute nochmals klargemacht haben, dass es keinen rechtlichen Spielraum gibt, unabhängig vom laufenden Bürgerbegehren einen zulässigen echten Bürgerentscheid über die Beteiligung der Stadt Stuttgart am Projekt Stuttgart 21 durchzuführen.

Diese Klarstellung war notwendig und sie ist angekommen. Anders könnte es aussehen, wenn es um Vorhaben des Städtebaus geht. Das muss auch zur Kenntnis genommen werden, etwa um das Vorhaben: 'Wollen wir ein großes Ladenzentrum auf dem Gelände A1 oder an anderer Stelle?'. Dieses sind Fragen, die im Kern kommunale Fragen sind und mit denen wir uns auseinandersetzen werden und auseinandersetzen müssen. Es ist deshalb notwendig - und das ist ein Appell an uns alle und an Sie, Herr Oberbürgermeister, an die ganze Mannschaft des Rathauses -, dass wir die Bürgerschaft echt mitnehmen bei den Fragen, die noch gestaltbar sind. Es geht darum, dass wir eine offene Diskussion führen zu den noch offenen Fragen. Und dazu sind wir bereit. Das ist nicht in erster Linie eine Frage des Bürgerentscheides, sondern das ist eine inhaltliche Frage der Bürgerbeteiligung.

Meine Damen und Herren, nach all dem, was wir wissen, nach all dem, was wir zur Kenntnis genommen haben, kann eine Fraktion politisch nur ernst genommen werden, wenn sie diesen jetzt vorgelegten Bürgerentscheid ablehnt, weil es keine andere Möglichkeit gibt. Die SPD-Fraktion wird dies tun."

StR Wölfle (90/GRÜNE):

"Sehr geehrte Damen und Herren, ich habe eigentlich befürchtet, dass diese heutige Sitzung keine Überraschung bringen würde. Aber auf Herrn Kanzleiter ist einfach Verlass. Er übertrifft den Oberbürgermeister ja geradezu noch und fordert auf, nur die Fraktionen ernst zu nehmen, die den Bürgerentscheid verweigern. Der Einzige, der alles richtig gemacht hat, ist die SPD unter der bewährten Führung von Herrn Kanzleiter. Ich entschuldige mich hiermit, einer derjenigen gewesen zu sein, die Sie alle in die Irre geführt haben.

Ich habe es jetzt auch verstanden, Herr Kanzleiter, Sie sind der Initiator des nächsten Bürgerbegehrens, Sie werden ernsthaft zur Debatte stellen und zur Abstimmung stellen, 'Liebe Bürger, wollt ihr ein Schwimmbad hinter dem Hauptbahnhof?'. Auf dem Niveau hat sich Ihre Ausführung gerade bewegt. Und auch Sie müssen wie der Oberbürgermeister leider zur Kenntnis nehmen - der Herr Oberbürgermeister hat gesagt: 'Es ist wie es ist', dass es Ihnen in 15 Jahren nicht gelungen ist, die Stuttgarter Bevölkerung und die Stuttgarter Bürger in ihrer Mehrheit von Ihrem Projekt zu überzeugen.

Herr Uhl hat Ausführungen vorgelesen, als es um die Verlagerung des Bahnhofes vor 100 Jahren ging. Ich bin mir sicher, es dauert keine 100 Jahre, bis die Leute, die nach Stuttgart wollen, sich fragen: Warum um Himmels willen haben die ihre schöne Stadt unter die Erde verlegt? Warum zeigen sie ihre Stadt nicht? Warum geht es 60 km durch den Tunnel?

Einen Satz möchte ich dazu noch sagen, weil es jetzt manchmal infrage gestellt wird: Ich bin trotz allem und auch der Haltung der Mehrheit des Gemeinderates gegenüber froh und wünsche es eigentlich allen Bürgern auf dieser Erde, dass sie gleich viel demokratische Rechte haben wie wir hier. Ich sage das sehr bewusst, auch wenn Ihnen und mir heute die Entscheidung des Gemeinderates nicht gefällt. In den wenigsten Ländern unserer Erde hat man so viel demokratische Rechte wie bei uns.

Also sehr geehrte Stuttgarter Bürgerinnen und Bürger, stellvertretend für die 61.000 seien Sie herzlich willkommen und gegrüßt zur bedeutendsten Gemeinderatssitzung der vergangenen Jahrzehnte. Ich begrüße auch besonders die Handwerker, die sich für Stuttgart 21 aussprechen. Ich verspreche Ihnen, auch nach unserem Modell und unseren Plänen gibt es genug Aufträge. 61.000, die nicht mehr, aber auch nicht weniger als ihr demokratisches Recht einfordern, über das größte Bauprojekt in der Geschichte der Stadt Stuttgart mitentscheiden zu dürfen. Für oder gegen Stuttgart 21 ist gar nicht mehr die Frage. Sie wollen mitbestimmen, und zwar direkt. Und das ist Ihr gutes Recht.

Als wir GRÜNEN vor zehn Jahren einen Bürgerentscheid gegen Stuttgart 21 beantragten - damals ging es um die Änderung der Hauptsatzung -, lehnte die Mehrheit im Gemeinderat dies ab. Heute sagt diese Mehrheit, viel zu spät, viel zu spät, ihr hättet früher kommen müssen, die Verträge sind längst geschlossen.

Noch etwas, falls jemand von Ihnen gezwungen wurde, hierher zu kommen, bitte sagen Sie es dem Herrn Zeeb, Rolf Zeeb von der FDP. Der wusste nämlich gestern zum Besten zu geben, dass zahllose Unterschriften mit Drohungen quasi erpresst wurden.

Und jetzt zu der Möglichkeit, die Herr Kanzleiter nicht sieht, wie wir doch zu einem Bürgerentscheid kämen. Heute vor 78 Tagen, am 04.10.2007, hatten wir hier in diesem Saal beantragt, über die Zustimmung zu Stuttgart 21 einem Bürgerentscheid zuzustimmen. Sie, Herr Oberbürgermeister, haben mit der Mehrheit des Gemeinderates die Abstimmung darüber erst gar nicht zugelassen. Sie haben stattdessen das sogenannte 'Memorandum for Understanding' zur Abstimmung gestellt. Heute vor genau 5 Monaten und einem Tag sind Sie trunken vor Begeisterung aus Berlin zurückgekommen. 15 Jahre war Stuttgart 21 ein Plan, unterlegt mit Absichtserklärungen, mehr nicht. 15 Jahre stand das Projekt unter dem Finanzierungsvorbehalt. Anders gesagt - das Geld fehlte. Erst als die Zukunft des Ministerpräsidenten auf dem Spiel stand, kam wieder Bewegung in die Sache - und wir wurden "zur Ader gelassen", als Steuerzahler. Erst mit der Einigung über die Eckpunkte der Finanzierung ist Stuttgart 21 in die Nähe der Realisierung gekommen, und genau deshalb war der 04.10. und die Zustimmung zum Memorandum die Grundsatzentscheidung - oder wie Sie selbst gesagt haben - die zentrale Weichenstellung. Selbst Ihre Gutachter winden sich bei diesem Punkt. Herr Oettinger sagte zum gleichen Thema: 'Von heute an ist Stuttgart 21 unumkehrbar'. Also ohne diese Zustimmung für dieses Memorandum, sehr wohl umkehrbar. Ich habe Ihnen gestern schon gesagt, Herr Oberbürgermeister, dass der Gemeinderat nicht der Ort der juristischen Auseinandersetzung ist. Das wird die Arbeit der Gerichte ergeben. Ein Weg, auf den Sie uns zwingen.

Heute geht es um die politische Bewertung und Entscheidung. Am 04.10. haben Sie sich geweigert, einen Bürgerentscheid zu ermöglichen. Dies wäre rechtlich möglich gewesen. Das wird sogar aus Ihrem Gutachten deutlich. Wir haben zusammen mit vielen anderen begonnen, Unterschriften zu sammeln, an dieser Stelle herzlichen Dank an alle. Die Wucht des Engagements hat uns begeistert und Sie schockiert. Quer durch alle gesellschaftlichen Kreise, vor allem auch in den Kreisen oder durch die Kreise, die Ihr sonstiges Tun relativ positiv sehen. Und jetzt versuchen Sie uns zu diskreditieren und uns den 'Schwarzen Peter' zuzuschieben. Heute lassen Sie in Ihrem Amtsblatt schreiben: 'Aber die Verantwortung für das Scheitern des Bürgerbegehrens tragen die, die den Text zum Bürgerbegehren entworfen haben'. Sie haben am 04.10. mit der Mehrheit des Gemeinderates einen rechtlich unstrittigen Bürgerentscheid verhindert - und flugs am Tag darauf einen Vertrag mit Land und Region unterschrieben und Fakten geschaffen. Dies konnten Ihre Gutachter ja nicht einmal 'verschleiern'. Eiskalt zum Fototermin geladen, flugs die Unterschrift geleistet und heute erklären: 'Fakten sind geschaffen'. Ich selbst hatte am 04.10., als ich hier stand und Sie gebeten habe, den Vertrag nicht zu unterschreiben, nicht die Fantasie, dass Sie da schon die Presse eingeladen hatten. Für mich persönlich der größte Vertrauensbruch, den Sie begangen haben.

Seit die Zahl der Unterschriften bekannt ist, entwickeln Sie ein wahres Feuerwerk an Aktivitäten. Der sehr geschätzte Herr Rommel lässt sagen: 'Solange er denken kann, sei er für Stuttgart 21' - das gestehe ich ihm zu. Herr Rommel war immer ein liberaler Geist, deswegen gesteht er mir zu - und sicher vielen anderen auch -, dass wir auch schon lange denken, aber eben zu einem anderen Ergebnis kommen. Herr Wiedeking bekommt eine ganzseitige Anzeige, auch einer, der täglich wahrscheinlich mit dem Zug fährt. Wir reden für die, die täglich die Bahn nutzen und deswegen wissen, dass sie nicht in den Keller wollen.

Es ist längst nicht alles verhandelt, geschweige denn genehmigt. Die kurz nach der Unterzeichnung des Memorandums bzw. der Verträge bekannt gewordene fehlende Zustimmung des Eisenbahnbundesamtes zum S-Bahn-Bahnhof Flughafen ist nur ein Beweis. Zu den Krokodilstränen der SPD habe ich mich schon geäußert. Immerhin hat sie gemerkt, dass es nicht geht, mehr Mitbestimmung, mehr Demokratie zu fordern, nur - Bitte um Verständnis - hier bitte nicht. Aber, liebe Kollegen von der SPD, es ist zu wenig, sich hinter juristischen Sachzwängen oder dem Oberbürgermeister 'wegzuducken'. Es ist möglich und auch wirkungsvoll, einen Bürgerentscheid durchzuführen, kein Vertrag kann nicht wieder aufgelöst werden - erst recht nicht einer, der noch gar nicht ausverhandelt ist.

Sie wissen, Herr Oberbürgermeister, dass dieses Argument stimmt, sonst hätten Sie nicht gestern wieder zu einem Termin geladen - der Konzernbevollmächtigte, Herr Klingelberg, von der DB war mit anwesend. Jetzt wissen Sie und ich, dass die Entscheidungskompetenz von Herrn Klingelberg über die eines Lokführers hinausgeht. Und falls es zu einem Eintrag in die Geschichtsbücher reicht, dann vielleicht damit, dass Sie, Herr Oberbürgermeister, es waren, der die Stadt am meisten unterhöhlt hat und Sie vielleicht den Spitznamen 'Baggerführer Willibald' oder 'Maulwurf Wolfgang' erworben haben. Aber sicherlich kommen Sie damit in die Geschichtsbücher, dass Sie unterhöhlen - und zwar die größte demokratische Meinungs- und Willensäußerung der Stuttgarter.

Das Votum der Bürgerinnen nehme er ernst, unabhängig wie die Bürger fehlgeleitet worden seien - steht auch im Amtsblatt. Nehmen Sie das Votum ernst, unterstützen Sie unseren Antrag auf Durchführung eines Bürgerentscheids, unseren nächsten Tagesordnungspunkt - nach wie vor rechtlich möglich. Unterstützen Sie unseren Antrag, der da heißt, einen Bürgerentscheid durchzuführen mit dem Votum: 'Der Bürgermeister nimmt mit den Partnern des Projektes Stuttgart 21 sofortige Verhandlungen auf mit dem Ziel, das Projekt Stuttgart 21 zu beenden'. Vielen Dank."

StR J. Zeeb (FW):

"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren. Wir stimmen heute über die Zulässigkeit und die Rechtmäßigkeit eines Bürgerentscheids zu einem sehr komplexen Thema ab, das oftmals nicht für alle, die sich dazu äußern, in seiner Tragweite mit vielen Zukunftsperspektiven für Stuttgart, die Region und das Land Baden-Württemberg, erkennbar ist. Die Fraktion der Freien Wähler wird sich im Sinne der Gemeindeordnung verhalten, das ist eigentlich logisch und normal. Wir werden rechtmäßig handeln, die Stuttgarter Bürger nicht zum Vertragsbruch aufrufen und keinen unzulässigen und rechtswidrigen Beschluss fassen. Wir unterstützen auch keine Initiativen, die sich als Stuttgarter 'Gutmenschen' verkaufen, falsch und einseitig informieren und den schweigenden Teil der Bevölkerung und die Andersdenkenden teilweise diffamieren, beleidigen und mit Telefon-, E-Mail- und Faxterror belästigen. Das Jahrhundertprojekt Stuttgart 21 läuft. Und wir sind der Meinung, es darf auf keinen Fall mehr gestoppt werden. Ich bitte einfach zu bedenken, dass es über 10 Jahre hinweg in 212 Bezirksbeiratssitzungen und in 173 Gemeinderatssitzungen mit allen Alternativen öffentlich diskutiert und in vielen höchstrichterlichen Entscheidungen als rechtmäßig befunden wurde. Zwei Kommunalwahlen gingen über dieses Projekt hinweg und dabei wurden Kandidaten aller Parteien, die eine positive Einstellung zu diesem Thema hatten, demokratisch gewählt. Und ich denke, das ist eine große Legitimation. Jetzt dieses Thema fragwürdig durch das von den GRÜNEN inszenierte Bürgerbegehren urplötzlich als Retourkutsche für eine verlorene Oberbürgermeisterwahl oder nur populistisch für anstehende weitere Wahlen erneut emotional hochzukochen, ist schlechter Stil. Die Freien Wähler müssen nicht parteipolitisch auf die nächste Wahl schielen, sondern stehen hinter diesem Projekt als einmalige Chance für Stuttgart. Und dies von Anfang an, ohne unsere Meinung nach den Fähnchen der Bürger zu halten.

Ein Projekt dieser Größenordnung braucht selbstverständlich eine kritische Begleitung und eine stetige Hinterfragung der großen wie auch der kleinen Problempunkte, das werden wir leisten. Und darüber hinaus werden wir mit allen unseren Möglichkeiten dazu beitragen, dass alle interessierten Stuttgarter Bürger über das Gesamtprojekt Bescheid wissen, und nicht nur über ideologisch gefärbte und einseitig präsentierte Einzelthemen. Wir werden den kritischen Diskurs suchen und annehmen - in jeder Kneipe, im Freundeskreis, in Vereinen und Verbänden. Und zwar mit allen, die zuhören und offen diskutieren wollen. Trillerpfeifen, Beleidigungen und Watte in den Ohren, um keine anderen Meinungen und Ansichten tolerieren und demokratische Entscheidungen respektieren zu müssen, das ist nicht unser Stil.

Und ich denke dabei vor allem an die letzte Gemeinderatssitzung am 04.10. zu diesem Thema, bei der die Zuhörer auf der Tribüne nach den Beschlüssen zu Stuttgart 21 flugs den Saal verließen. Wohl wissend, dass derselbe Gemeinderat anschließend bei der Einbringung des Haushaltes 2008/2009 Investitionen gerade für sie, für die Stuttgarter Bürger, in dreistelliger Millionenhöhe beschloss. Offensichtlich interessierte dies von diesen Zuhörern niemanden mehr.

Wir unterstützen die Verwaltung bei der Aufklärungsarbeit, die zugegebenermaßen sehr spät kommt. Und deshalb suchen wir den Kontakt mit allen Stuttgarter Bürgern, die aufgeschlossen, weltoffen und bereit sind, für spätere Generationen etwas Neues zu schaffen und nicht im Jetzt verharren, nur weil dies einige kleinräumlich denkende,
ideologisch und wahltaktisch handelnde Initiativen lauthals fordern.

Stuttgarts starke Position als europäische Wirtschaftsmetropole beruht nicht auf Zaudern und Zögern und nicht am Festhalten an Altem und Gewohntem, sondern auf der Umsetzung von Visionen der von Ihnen gewählten Politiker, auf der Tatkraft ihrer Wirtschaft und auf dem Vertrauen der Bürger in die Kraft ihrer Stadt. Wäre dies nicht so, so gäbe es heute noch kein leistungsfähiges Stadtbahnnetz, teilweise sogar unterirdisch, keine neue Landesmesse und nicht den berechtigten Anspruch, Sport- und Kulturhauptstadt Europas zu sein.

Doch zurück zur heutigen Entscheidung. Das von den Stuttgart-21-Gegnern vorgelegte Gutachten erhebt Vorwürfe gegen den Oberbürgermeister, den Gemeinderat und die Verwaltung, die rechtlich nicht haltbar sind. Es stellt auch die beiden Gutachten der Stadt und deren Aussagen nicht infrage. Und es gab im Oktober 2007 keinen Grundsatzbeschluss und auch heute ist dies nicht nötig, da dieser in den Verträgen von 1995 und 2001 schon mit breiten Mehrheiten erfolgte. Und überdies stellen die vorgetragenen Alternativen, z. B. mit einem modernisierten Kopfbahnhof, für keinen, für wirklich keinen der effektiv Beteiligten eine genehmigungsfähige und sinnvolle Alternative dar. Beim heutigen Beschluss handelt es sich also schlicht um eine Frage der Rechtmäßigkeit und nicht um eine Gewissensfrage. Und ich zitiere zu diesem Thema gern die Stuttgarter Nachrichten vom 14.12.: 'Die Freiheit des Bürgers, bei kommunalen Entscheidungen in direkter Demokratie mitbestimmen zu können, ist ein hohes Rechtsgut. Ein Demokrat wird aber akzeptieren, dass es hohe Hürden für diese Form der Mitsprache gibt. Und die wurden im Fall Stuttgart 21 nicht überwunden. Die Verantwortung für das Scheitern des Bürgerbegehrens tragen in erster Linie seine Initiatoren. Sie haben grundlegende rechtliche Voraussetzungen fahrlässig übersehen oder bewusst missachtet. Noch fragwürdiger aber war es, beim Bürger den Eindruck zu erwecken, Stuttgart 21 wäre ein Jahr vor dem geplanten Baubeginn noch zu stoppen - denn das ist falsch'. (Zitat Ende) Und so sieht es auch meine Fraktion. Wir Freien Wähler im Kreisverband und in der Region werden über den Sachverstand der Bürger diese mitnehmen, dass sie auch ohne Bürgerbegehren mit dem Herzen das Projekt Stuttgart 21 unterstützen werden. Wohl wissend, wie Porschechef Wendelin Wiedeking sagte, dass uns um diese Zukunftsachse die ganze Welt beneiden wird. Vielen Dank."

StR R. Zeeb (FDP):

"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, meine sehr geehrten Damen und Herren, seit Juli 2007 wissen wir, was lange währt wird endlich gut. Freie Fahrt wird in einigen Jahren auch in Stuttgart nicht nur für die Hochgeschwindigkeitszüge, sondern für viel mehr Züge möglich sein. Sie fahren nicht, wie von manchen erwünscht, an Stuttgart vorbei. Die FDP im Rathaus, wie auch der Stuttgarter Kreisverband der FDP und die FDP in der Region, unterstützt seit über 15 Jahren eindeutig und ohne Wenn und Aber die Neubaustrecke mit einem Durchgangsbahnhof in Stuttgart und mit vielfach besseren Anschlüssen und schnelleren Verbindungen, auch an den Flughafen und die Neue Messe. Auch von den Gegnern eines Durchgangsbahnhofes kann nicht bestritten werden, meine Damen und Herren, dass bei der Bahn sich die Zeiten vom Dampfzug, der Drehweiche für die Lokomotive, die großen Zeitabstände von Lokalzug, Eilzug bis zum Schnellzug sehr verändert haben. Keiner will von den Gegnern mehr heute die stinkende Lokomotive. Im Übrigen erinnere auch ich daran, dass Anfang des vergangenen Jahrhunderts der Stuttgarter Bahnhof, und sicherlich wissen es einige von Ihnen aus biologischen Gründen wahrscheinlich noch nicht, dass der Stuttgarter Bahnhof am Schlossplatz war und dass die Verlegung zum heutigen Standort für diese Zeit mindestens ein so großes Projekt war wie Stuttgart 21.

Meine Damen und Herren, wenn ich nicht irre, dann wollen die GRÜNEN hier im Gemeinderat keine zweite Startbahn - wir auch unbedingt nicht -, keinen Autoverkehr - sie fahren aber auch selbst. Sie wollen keine unterirdische Stadtbahn, weil sie denken, dann gibt es bei den Geschäften einige Parkplätze, um die Waren beim Einkaufen zu verstauen. Sie verteufeln den Atomstrom, ohne ausreichend Alternativen zu wissen. Und so weiter und so weiter. Und das ist eine Philosophie, die ich eigentlich auch nachvollziehen könnte, wenn ich Grüner wäre. Sie sind fast überall dagegen und oft fehlen die bezahlbaren und durchsetzbaren Alternativen.

Der Oberbürgermeister hat 2004 eine Mine losgetreten, die die Kollegen von den GRÜNEN weidlich ausnutzen. Aber, und das gehört auch dazu, heute mit Aussagen, die oft der Wahrheit zuwider sind. Übrigens, wie die Gutachter auch heute wieder feststellen, sind Beschlüsse der Mehrheit des Gemeinderats bindend und nicht nur die Aussagen des Oberbürgermeisters, das hätte Herr Palmer damals auch wissen müssen.

Nun zur heutigen Abstimmung über die Zulassung eines unter der Führung der GRÜNEN beantragten Bürgerentscheids. Der Bürgerentscheid ist, so wie er formuliert wurde - und das haben nicht wir gemacht, sondern das haben andere gemacht -, rechtswidrig. Und die FDP in diesem Hause wird einen Teufel tun, wissentlich gegen Gesetze zu verstoßen. Deshalb können Sie von uns keine Ablehnung erreichen.

Da Sie gestern leider nicht alle dabei sein konnten im Verwaltungsausschuss, es war ja eine begrenzte Zahl nur da, möchte ich heute ein paar Äußerungen von gestern wiederholen über die unseriöse Werbung von Unterschriften durch die Vasallen der GRÜNEN. Herr Kollege Wölfle, nicht dass Sie meinen, das wäre nicht so, ich kann Ihnen Namen, Ross und Reiter nennen, und das sind ehrwürdige Bürger Stuttgarts, die Ihnen meine Aussagen bestätigen können. So habe ich mir glaubhaft berichten lassen, meine Damen und Herren, dass in mehreren Altersheimen oder Veranstaltungen mit älteren Bürgern beim Essen die Liste für ein Bürgerbegehren zu Stuttgart 21 umhergereicht wurde mit dem Hinweis, wollt ihr, dass Altersheime oder Kindergärten gebaut werden oder lieber das teure Milliardengrab des Bahnhofes. Die Unterschriften waren so kein Problem mehr, das ist auch verständlich. Und das ist Betrug, was man da gemacht hat.

Liebe Bürgerinnen und Bürger, jetzt ein Wort an Sie: Glaubt man den Märchen und Unwahrheiten der Gegner eines Jahrhundertprojektes, das viele Grünflächen, Wohnungen, Arbeitsplätze im Herzen unserer pulsierenden Stadt bringt, oder glaubt man ihnen nicht. Beschäftigt Euch mit den vielen Vorteilen durch Neubaustrecken und dem neuen Durchgangsbahnhof, welcher heute mit den modernsten Bautechniken umweltschonend erstellt wird. Wenn Sie versäumt haben, in all den Jahren sich über die Vorteile für ein Mehr an Grün in Stuttgart zu informieren, Sie hatten Gelegenheit im Bahnhofsturm und auf vielen Veranstaltungen. Sie können das alles nachholen. Im Internet gibt es viele Informationen. Geben Sie bitte, das ist mein Appell an Sie, dem Fortschritt eine Chance und beenden Sie den Widerstand. Wir von den Freien Demokraten stehen wie ein Fels hinter dem Projekt, das, so sagte ich es im Juli 2007, für die Stadt bei dem großen Engagement von Brüssel, Bund, Land und der Bahn ein richtiges Schnäppchen ist für uns Stuttgarter, und welches wir in diesem Jahrhundert nicht mehr bekommen. Mit all diesen Ausführungen ist begründet, warum unsere Fraktion gar nicht anders kann und will, nämlich einen Bürgerentscheid abzulehnen. Dankeschön!"

StR Dr. Schlierer (REP):

"Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren, erlauben Sie mir eine Vorbemerkung. Zur Demokratie gehören sicher zwei Dinge: Das eine, zuzuhören, auch wenn es unbequem ist, aber zum anderen auch, es zu unterlassen, Andersdenkende in einer Art und Weise herabzusetzen, wie es meine Vorredner gemacht haben.

Wir stehen heute hier im Gemeinderat vor der Entscheidung, ob wir einen Bürgerentscheid nach durchgeführtem Bürgerbegehren zulassen wollen oder nicht. Und diese Entscheidung wird von zwei grundsätzlichen Bereichen letzten Endes abhängen: einmal der Frage: 'Ist das rechtlich zulässig?' und der zweiten Frage: 'Will man politisch einen Bürgerentscheid oder nicht?'. Nun wird man sich als Mitglied des Gemeinderates nicht einfach über diese Rechtsfragen hinwegsetzen können, sondern man muss sich damit auseinandersetzen. Und deswegen möchte ich für uns Republikaner auch an dieser Stelle eines deutlich sagen: Die Einwände gegen die Zulässigkeit eines Bürgerentscheids sind sicherlich ernst zu nehmen. Aber sich heute hier hinzustellen und zu sagen, da gibt es ein Gutachten, und in dem Gutachten steht drin, das ist nicht zulässig, das ist zu kurz gedacht.

Man mag jetzt einzelne Argumente in dieser gutachtlichen Stellungnahme, auf die sich ja unsere Drucksache bezieht, prüfen. Ich will das nicht in aller Gänze tun, weil das sicherlich hier kein juristisches Seminar sein soll. Aber vier Punkte will ich herausgreifen. Es überzeugt nicht, wenn in diesem Gutachten darauf abgestellt wird, dass inzwischen keine veränderte Sachlage vorliege und deswegen schon gar nicht im Rahmen eines Bürgerentscheids befunden werden könne. Falsch! Wir haben eine Veränderung, wir haben die entscheidende Veränderung dadurch, dass nämlich hinsichtlich des Finanzierungsvorbehaltes jetzt Fakten geschaffen worden sind. Jetzt ist klar, wie finanziert werden soll, jetzt werden finanzielle Risiken deutlich. Erst jetzt im Jahr 2007 ist auch für uns hier im Gemeinderat klar geworden, um welche Dimension es geht. Da geht es um eine zusätzliche Risikoabsicherung, und da geht es um einen Zinsverzicht. Und das sind insgesamt weit über 300 Millionen Euro. Das ist kein Nasenwasser, sondern das ist eine Dimension, die in der Tat eine neue, sehr veränderte Sachlage herbeiführt. Deswegen kann ich nicht nachvollziehen, wie die Gutachter zu der Äußerung kommen, das seien alles gewissermaßen nur Peanuts, und im Übrigen sei es ja auch deswegen so relativ, weil man mit irgendwelchen spekulativen Steuererwartungen gegenrechnen könne.

Punkt 2: Es wird in diesem Gutachten damit argumentiert, es sei unzulässig, einen solchen Bürgerentscheid durchzuführen, weil er von vornherein eine rechtswidrige Absicht verfolge im Sinne eines Vertragsbruchs. Also da kann ich nur sagen, auf so eine Argumentation wäre ich nun, auch wenn ich Befürworter derjenigen wäre oder ein Gegner jetzt des Bürgerentscheids oder Befürworter von Stuttgart 21, nicht gekommen. Es steht ja in diesem Bürgerentscheidsbegehren drin, dass man mit dem Ziel eines Aufhebungsvertrages hier agieren will. Und Aufhebungsverträge sind jeden Tag in dem Rechtsleben unseres Staates an der Tagesordnung. Und wieso das jetzt nun auf einmal wider die Gemeindeordnung sprechen soll, ist nicht nachvollziehbar.

Ein dritter Punkt: Der Streit um die Frage: 'Liegt denn nun im Jahr 2007 noch eine Grundsatzentscheidung vor?', ist schon letzten Endes 1995 bzw. 2001 entschieden worden. Es ist ja vorhin immer wieder auch betont worden, dass wir am Ende oder vorläufigen Ende eines längeren Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozesses stehen. Und in der Tat war es so, dass 1995 und auch 2001 die entscheidende Frage, nämlich wie das Ganze denn finanziert werden soll, noch in den Sternen stand. Jetzt zu behaupten, wir hätten 1995 als Gemeinderat schon letzte Fakten geschaffen, geht schlicht am Thema vorbei. Ich habe den Eindruck, dass die Gutachter sich nicht ausreichend um die Entstehungsgeschichte dieses Meinungsbildungsprozesses gekümmert haben.

Nun wird, meine Damen und Herren, die letzte Entscheidung des Punktes 4 sicherlich hinsichtlich der rechtlichen Begutachtung nicht bei uns liegen, sondern das werden Gerichte zu entscheiden haben. Ich will heute nur eines festhalten: Keiner heute in diesem Gemeinderat kann sich hinter dem Argument verstecken, es sei rechtlich schon alles klar. Das ist eine sehr vordergründige Haltung, mit der sich einige verstecken wollen. Ich werde das auch noch ganz konkret ansprechen. Wenn man es wirklich auf die Rechtsfrage abhebt, müsste man abwarten, was denn noch in der Beurteilung rauskommt. Jedenfalls gibt es für uns heute als Mitglieder des Gemeinderates sehr wohl eine Entscheidungsalternative. Wir können dafür und wir können dagegen sein, aber wir können nicht sagen, weil er rechtlich nicht zulässig ist, ist hier alles eh schon entschieden.

Meine Damen und Herren, noch eine Bemerkung. Ich frage mich natürlich auch, warum jetzt in den letzten Tagen die Diskussion sich ausschließlich um die Frage der rechtlichen Zulässigkeit dreht. Also ich sage Ihnen ganz offen, ich werde den Verdacht nicht los, dass manche froh sind, sich jetzt auf diese Rechtsfragen stützen zu können, weil sie die eigentliche inhaltliche Auseinandersetzung scheuen.

Und damit sind wir dann bei der zweiten Entscheidungsebene der Frage, wie ich das politisch eigentlich bewerten will. Ich will jetzt nichts zu der Frage selber sagen, 'was ist die bessere Bahnhofslösung?'. Es geht jetzt auch nicht nur um die Frage, wollen wir eine Megabaustelle oder nicht, sondern, meine Damen und Herren, hier geht es um etwas ganz Wichtiges, nämlich um das Demokratieverständnis. Davon ausgehend, meine Damen und Herren, dass Demokratie bedeutet, dass Mehrheiten entscheiden, jawohl, frage ich dann in der nächsten Stufe, und welche oder wessen Mehrheiten denn? Das Problem, vor dem wir hier heute stehen, meine Damen und Herren, ist eines, das seit Jahrzehnten diese Republik beschäftigt und wahrscheinlich immer brennender wird, nämlich die Frage: Muss sich eine Mehrheit des Volkes, das ja nach Artikel 20 der Souverän ist, von einigen auserwählten Volksvertretern ständig sagen lassen, womit sie oder wie sie glücklich werden soll?

Selbstverständlich haben wir eine repräsentative Demokratie und selbstverständlich hat sich das System im Grunde bewährt. Aber das heißt nicht, dass es damit perfekt wäre. Und ich frage mich manchmal schon, ob diese Haltung wirklich angemessen ist, so nach dem Motto, wir Räte oder wir Abgeordneten wissen besser, was für die Menschen gut ist. Ich habe das oft genug erlebt, und ich habe inzwischen das Gefühl, dass es manche gibt, die zwar gerne von Demokratie reden, aber immer froh sind, wenn dann im Rahmen der repräsentativen Demokratie bestimmte Interessen durchgesetzt werden, auch dann, wenn es gegen die klar erkennbare Mehrheit unserer Bevölkerung ist.

Das, meine Damen und Herren, kommt an als Arroganz der Macht. Und aus der Arroganz der Macht kommt in der Folge Politikverdrossenheit, über die pünktlich nach jeder Wahl in Deutschland groß geredet wird. Jetzt sollten wir darüber reden.

Da bin ich dann beim nächsten Punkt. Was hier sicherlich auch eine Rolle spielen muss im Zusammenhang mit den Auswirkungen so eines Verhaltens, ist die Frage, was denn damals im Jahr 2004 bei uns passiert ist. Damals, Herr Oberbürgermeister, haben Sie nach juristischer Prüfung einen Bürgerentscheid für möglich gehalten. Das können Sie nachlesen. Am 13.10.2004 ist in beiden Stuttgarter Zeitungen dazu umfassend berichtet worden. Damals haben Sie gesagt, Herr Oberbürgermeister - oder werden Sie wörtlich auch zitiert -, dass Sie einen Bürgerentscheid als möglich erachten. Und zwar unter bestimmten Bedingungen, nämlich unter der Bedingung, dass das zu erheblichen finanziellen Mehrbelastungen für die Stadt führen wird. Ich frage mich jetzt nur Folgendes: Also entweder Sie haben es damals nicht juristisch prüfen lassen und haben das nur behauptet zwischen dem ersten und zweiten Wahlgang, weil Sie unbedingt die Stimmen der GRÜNEN brauchten, oder aber Sie haben es damals schon besser gewusst, dann haben Sie den Leuten was vorgemacht. Und dann ist das nichts anderes als Wählertäuschung. Jedenfalls haben Sie damals, Herr Oberbürgermeister, in der Bevölkerung in einem Wahlkampf den Eindruck erweckt, und zwar bei vielen Bürgern, dass es sehr wohl noch möglich sein wird, im Rahmen eines Bürgerentscheids tatsächlich zu entscheiden. Heute stellen Sie sich hin und sagen, April, April, die Uhr ist schon 2001 abgelaufen, denn damals ist das ja schon verfristet. Ich sage Ihnen, Sie haben mit dieser Vorgehensweise der Demokratie einen Bärendienst erwiesen und einen maßgeblichen Beitrag zur Politikverdrossenheit in diesem Lande geleistet.

Und nun die Frage, was können wir jetzt im Gemeinderat tun? Von Herrn Kanzleiter wurde damit argumentiert, es sei den Leuten etwas vorgegaukelt worden. Ich glaube, Herr Kanzleiter leidet etwas unter Gedächtnisverlust. Die SPD war es, die im Januar 2005 - auch das kann man nachlesen - klar und deutlich für entsprechend mehr Mitsprache der Bürger bei Großbauvorhaben eingetreten ist. Sie hat auch damals maßgeblich zur Hoffnung beigetragen - im Zusammenhang mit der Frage der Quorenerleichterung und ähnlichen Dingen, die im Zusammenhang mit der Novellierung der Gemeindeordnung auf der Tagesordnung standen -, einen entsprechenden Bürgerentscheid über Stuttgart 21 eventuell möglich zu machen. Wenn ich dann heute in einem Antrag lese, man nehme die Befürchtungen und Ängste der Bevölkerung ernst, wissen Sie was, das ist das Pfeifen im Walde. Da haben einige Angst vor dem Votum der Bürger. Das ist das Problem. Und da kommt es natürlich manchen zu recht, wenn sie damit argumentieren können: Ja, wir haben ja gar keinen Entscheidungsspielraum mehr, wir haben einen rechtlich vorprogrammierten Entscheidungszwang. Ich glaube, gerade an dieser Stelle wird deutlich, dass eine geradlinige Haltung anders aussieht. Man kann sowohl mit guten Argumenten - ich räume das den Befürwortern von Stuttgart 21 ein -, für das Projekt sein, aber man kann mit noch besseren Argumenten dagegen sein.

Und jetzt muss man als Mitglied des Gemeinderats eine Abwägung treffen. Wir müssen den Bürgerentscheid heute nicht ablehnen. Weil wir keine Angst vor dem Volk haben, übrigens auch keine Furcht vor irgendeiner Propagandaoffensive mit Steuergeldern, deswegen sagen wir, lassen wir doch diesen Bürgerentscheid zu, lassen wir die Bürger entscheiden. Und ich sage an die Adresse jener, die sich ihrer Sache im Zusammenhang mit Stuttgart 21 so sicher sind: Hier braucht man nicht darüber zu diskutieren, wie man die Bürger mitnimmt. Das einfachste Mittel, die Bürger mitzunehmen, ist, sie entscheiden zu lassen. Und das Argument, wir hätten jetzt schon 170 Sitzungen hinter uns und jetzt muss ein Schlusspunkt gesetzt werden, da kann ich nur sagen: Natürlich ist es ein langwieriger, vielleicht manchmal auch quälender Entscheidungsprozess gewesen, aber es war eben immer ein Prozess mit unklarem Ausgang. Da darf ich auch stets und muss eigentlich auch zu jedem Zeitpunkt hinterfragen, ob meine Annahmen, ob meine Zielsetzungen noch richtig sind oder nicht. Und deswegen, meine Damen und Herren, sagen wir: Appell an alle, lassen Sie diesen Bürgerentscheid zu, lassen Sie das Volk entscheiden, dann nehmen Sie die Bürger mit. Und dann haben Sie wirkliche Demokratie bei uns hier in der Stadt praktiziert."

StRin Küstler (DIE LINKE.):

"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte, ich will mich zuerst an die Zuhörer und Zuhörerinnen wenden und sagen, noch nie ist mir eine Rede so schwer gefallen wie jetzt. Sie jubeln einem Menschen zu, der sich in diesem Rathaus auch rassistisch und feindlich äußert. Auch wenn es um eine Sache geht, muss man sorgfältig nachdenken und sorgfältig argumentieren. Und es gab schon Zeiten, wo Menschen es auch geschafft haben, andere zu begeistern, weil sie angeblich Interessen des Volkes
- wie sie es nennen - vertreten haben und dann die ganze Gesellschaft, ganz Europa ins Unglück geführt haben.

Deswegen werde ich nur kurz und sachlich ein paar Dinge sagen. Als erstes möchte ich darauf eingehen, was Herr Zeeb von der FDP gesagt hat. Niemand von uns will, dass Züge an Stuttgart vorbeifahren, im Gegenteil. Es ist klar, dass es beim Projekt Stuttgart 21 nicht darum geht, dass wir eine Verkehrsanbindung europaweit brauchen, von Paris bis Budapest. Es geht um die Frage, wie wird der Knotenpunkt in Stuttgart ge-staltet. Wird er durch das Tieferlegen des Bahnhofs gestaltet oder gibt es andere Möglichkeiten. Die Kritik richtet sich dagegen, dass die alternativen Möglichkeiten weder öffentlich richtig dargestellt wurden von der Stadtseite, noch dass sie richtig gewürdigt wurden in den bisherigen Auseinandersetzungen. Und das halte ich nicht für eine richtige Vorgehensweise. Insofern ist die Aussage auch falsch, wir würden dem Fortschritt keine Chance geben. Im Gegenteil, die Alternativvorschläge ermöglichen ebenso eine gute Verkehrsanbindung. Sie ermöglichen auch, dass der Nahverkehr, der Regionalverkehr weiterentwickelt werden kann, wie es für unsere Region notwendig ist.

In vielen Gesprächen habe ich festgestellt, dass nicht nur bei den Gegnern des Projekts Stuttgart 21 die Kritik an der Ablehnung des Bürgerentscheides groß ist. Auch bei vielen Leuten, die dem Projekt eher positiv gegenüberstehen, herrscht Kritik und Unverständnis darüber, dass keine Rücksicht auf das Votum genommen wird, das bisher durch über 60.000 gültige Unterschriften hier im Rathaus eingegangen ist. Alle diese Leute sehen es als ein demokratisches Anliegen an, dass über ein so gewaltiges und so umstrittenes Projekt die Bürgerschaft abstimmt. Viele finden es direkt unanständig, dass jetzt mit hohem Aufwand von Geld und Prominenz Werbung pro Stuttgart 21 gemacht wird, dass aber den Gegnern nicht die gleichen Mittel zur Verfügung stehen, um ihre Gegenargumente und Alternativvorschläge in der gleichen Breite darstellen zu können. Es wäre auch fair, und das hätte ich eigentlich erwartet, wenn auch das Gegengutachten hier vorgestellt und zur Diskussion gebracht worden wäre. Dann hätte auch jedes einzelne Mitglied des Gemeinderates seine Argumente vorbringen und man hätte diese gegeneinander abwägen können.

Meiner Meinung nach zeigt das Gutachten von Dolde & Partner große Schwachstellen, es steht auf wackligen Füßen. Auch gestern im Verwaltungsausschuss ist sehr deutlich geworden, es gab einen Beschluss 2001, in dem alle weiteren Schritte unter einen Vorbehalt gestellt worden sind - unter den Finanzierungsvorbehalt. Und insofern denke ich, dass es rechtlich durchaus umstritten ist, ob nicht am 04.10. ein Grundsatzbeschluss in dieser Form gefasst worden ist, dass versucht worden ist, diese ganzen Vorbehalte auszuräumen. Und ich finde es außerordentlich unfair, dass dann am 05.10. die Unterschrift darunter gesetzt wurde, nachdem klar war, wie die Unterschriftensammlung für das Bürgerbegehren verlaufen ist.

Ich will nochmals sagen, es ist auch deutlich geworden - der Herr Oberbürgermeister selber hat die Frage an Herrn Porsch von Dolde & Partner gestellt - was wäre gewesen, wenn sie nicht am 05.10. unterschrieben hätten. Der Gutachter hat auf diese Frage deutlich gezögert, er hat relativ lange gebraucht, um dann zu sagen, sinngemäß, er könne sich nicht über Spekulationen äußern. Das heißt, er hat selber gespürt, dass er hier an einer Stelle ist, an der es kritisch aussieht. Und meiner Meinung nach ist es tatsächlich so, dass 2001 beschlossen worden ist, dass alle Verträge unter dem Vorbehalt stehen. Und dieser Vorbehalt ist ernst zu nehmen bis zu dem Tag 04.10.

Ich möchte dann noch kurz etwas zu den ständig wiederholten Argumenten sagen, es handle sich bei Stuttgart 21 nicht um ein Bauprojekt der Stadt, sondern der Bahn und des Bundes. Tatsächlich stimmt, dass der Bauherr und die Bauherrin die Bundesbahn und die Bundesregierung sind. Aber, ohne Mitwirkung der Stadt kann der Stuttgarter Hauptbahnhof nicht verändert werden und kann nicht ein Flügel abgerissen werden. Ohne Mitwirkung der Stadt kann auch nicht auf Stuttgarter Gemarkung ein Tunnel gebaut werden. Insofern stimmt es zwar, dass der Bauherr die Bahn ist. Es stimmt aber auch, dass ohne Mitwirkung von Stuttgart nichts geht und wir deswegen entsprechend auch in der Verantwortung sind, was hier passiert.

Zu dem Bürgerentscheid, Herr Oberbürgermeister, haben Sie gestern erneut argumentiert, Sie hätten zwar ein Versprechen gegeben, aber unter bestimmten Vorbehalten. Ich finde es nicht gut, wenn ich in Zukunft bei jedem Politiker überlegen muss, welche Fußnoten hat sein Versprechen, und steht in dieser Fußnote vielleicht schon von vornherein in versteckter Form das Ausstiegsszenario. Das halte ich für die Entwicklung unserer demokratischen Politik nicht für gut.

Ich appelliere deswegen an Sie, lassen Sie den Bürgerentscheid zu. Stimmen Sie dem Antrag, den die GRÜNEN gestellt haben, zu und ermöglichen Sie, dass die Bürgerschaft entscheidet. Sie tragen damit dazu bei, dass eine Frage, die über lange Zeit die Einwohnerrinnen und Einwohner von Stuttgart in Streit bringt und spaltet, demokratisch entschieden wird. Denn dann, wenn der Bürgerentscheid stattfindet, können hinterher alle sagen, es wurde demokratisch entschieden, und damit kann dann auch jeder zufrieden sein. In diesem Sinne bitte ich, dass alle zustimmen bei der Frage, gibt es einen Bürgerentscheid oder nicht."

StR Rockenbauch (SÖS):

"Meine lieben Zuhörerinnen und Zuhörer, herzlich willkommen - und das klingt jetzt vielleicht ein bisschen komisch - zu Gast bei Hofe. Das verwundert vielleicht, aber wir haben es ja auch von StR Uhl gehört, Bahnhöfe zu verlegen, jetzt unter die Erde zu verlegen, das war immer schon Aufgabe des Königs - herzlich willkommen hier. Es klingt so ein bisschen wie ein Märchen. Märchen finde ich eigentlich gut, weil sie immer einen wahren Kern haben. Und deswegen beginne ich heute wie viele Märchen enden, '… und wenn sie nicht gestorben sind'. Bei so einem Großprojekt wie Stuttgart 21 muss ich schon mal einhaken. Man muss es vielleicht nicht ganz so krass sehen, aber sicher ist, dass die Damen und Herren, die 1995 dieses Projekt verabschiedet haben, und die, die es heute tun werden, 2020 sicher nicht mehr in Amt und Würden sind, um Rechenschaft und Verantwortung für diese Fehlentscheidung, die sie hier heute treffen, übernehmen zu können.

Es war vor langer Zeit, so gegen Ende des letzten Jahrtausends, da hat sich ein Häuflein fleißiger Schneider zu unserem Teufel und unserem 'Urkaiser' Rommel geschlichen, um ein neues Großprojekt zu weben, mit dem sich jene bis nach ihrem Tod noch schmücken wollten. Die tapferen Schneiderlein hatten so tolle Worte, Pläne, Computeranimationen, dass schon bald jeder Eingeweihte von einem Jahrhundertprojekt sprach. Und so kam es, dass - ohne auch nur einen Spatenstich zu tun, aber mit verdammt viel Verwaltungsvorlagen - bald jeder am Hofe sich kräftig auf die Schulter klopfte angesichts der versprochenen blühenden Landschaften, die da kommen sollten.

Meine Damen und Herren, Sie kennen diese Geschichte - und wie im Märchen ist es auch bei uns. Es braucht die Stimme des Volkes, die sagt, hier stimmt was nicht, das hier ist alles ein Luftschloss. 1995 waren es schon 15.000, die mit einem Bürgerantrag gegen Stuttgart 21 gestimmt haben. Das Volk sieht, die hohen Herren und Damen haben uns versprochen, dass wir einen unterirdischen Bahnhof bekommen. Was wir erhalten, ist ein gigantischer Betonwalfisch, der mit seinen Lichtwarzen 13 m über den Park ragen wird. Und dieser Walfisch, der oben rausragt, der badet dann unten wahrscheinlich im Gegensatz zu uns im Mineralwasser. Sie haben uns eine lebendige Stadt versprochen, und schon heute sehen wir, was hinter dem Bahnhof für ein Betongebirge mitten im Tal entsteht - ein Pfropf, der unseren Talkessel, unsere Frischluft verstopft. Man hat uns dort Arbeitsplätze versprochen. Wir wissen, dass der Einzelhandel stirbt, dass Dienstleistungsfilialen zumachen und sich alles hinter dem Bahnhof konzentriert - das sind keine neuen Arbeitsplätze. Man hat uns aber auch ein paar Arbeitsplätze versprochen, wenn dann da gebaut wird. Wir wissen, aus welchen Ländern die armen Schlucker kommen, die hier um ihren Lohn geprellt werden, wie es bei der Messe war etc. Was wir statt der Arbeitsplätze erhalten werden, ist viel Lärm, Dreck und eine mordsmäßige Energieverschwendung. Sie haben uns auch Wohnungen versprochen. Aber wir fragen uns, wer soll diese Wohnungen bezahlen? Wer kann es sich leisten, dort zu wohnen?

Dieser Gemeinderat und unser Oberbürgermeister haben von Anfang an versucht, uns Angst zu machen, indem sie behaupteten, wir würden ohne Stuttgart 21 von Europa abgehängt. Sie haben gesagt, dass wir von Stuttgart 21 träumen sollen. Aber wir träumen von den besten Schulen, den besten Kindergärten, den besten Krankenhäusern im Land. Von einer Stadt, die nicht im Verkehr erstickt, von sauberer Luft, von sauberem Wasser, mit dem keiner Profite macht, von bezahlbarer regenerativer Energie für alle und von einem sozialen und kulturellen Leben, das die Stadt beschenkt, statt wie jetzt beim Theaterhaus einfach Zuschüsse zu kürzen. Mit so einer Stadt ist uns nicht angst, wenn Stuttgart 21 nicht kommt. Wir, die Bürger, haben kein Interesse an einem 'höher, schneller, weiter' und an einem Stuttgart 21. Wir haben auch keine Angst, weil wir die bessere Alternative haben. Weniger Baukosten, weniger Energieverbrauch, weniger Eingriff in Umwelt und Natur, kein Risiko für das Mineralwasser und vor allem ein Bahnhof, der sich für die Fläche eignet, für die vielen Pendler, für den Regionalverkehr und nicht für die Jetset-Elite in ICEs.

Meine Damen und Herren, alle diese Argumente haben jetzt zwölf Jahre lang nicht geholfen, weil es nicht mehr um Argumente geht. Es ist wie bei dem Kaiser und seinen neuen Kleidern. Die Mehrheit dieses Gemeinderats und unser OB wissen, wie nackt sie sind, sonst hätten sie nicht eine millionenschwere erneute Werbekampagne beschlossen und rechtliche Gutachten bestellt, die uns hier belehren, was wir demokratisch zu tun haben und was nicht. Dieser Gemeinderat will nicht aus Stuttgart 21 aussteigen, und das ist der eigentliche Skandal. Und ich sage das jetzt an meine Kolleginnen und Kollegen: Wenn Sie Angst haben auszusteigen oder vor großen mächtigen Interessen, die dieses Projekt in unserer Stadt wollen, dann überlassen Sie es doch einfach den Bürgern. Wir Bürger machen diese Arbeit gerne, und deswegen haben 70.000 unterschrieben. Würden wir diese 70.000 mal 60 nehmen, so eine ganz normale Kommunalwahl, dann wären das 4,2 Mio. Stimmen. Das ist mehr als die CDU bei der letzten Gemeinderatswahl hatte. So mächtig ist dieses Bürgerbegehren, die Stimme des Volkes. Und das lass ich mir auch nicht von einem Ex-OB kaputtreden, der meint, es ist wahnsinnig schwer, dass man seine Unterschrift verweigert, das erfordert viel Charakterstärke. Ich meine, es ist typisch für jemanden, der sein Leben lang Autogramme gibt, statt selber Unterschriften zu sammeln. Es ist auch ein guter Tipp an viele hier im Gemeinderat, stellen Sie sich unten hin und werben Sie für Stuttgart 21 - Sie werden merken, wie Ihnen die Bürger begegnen.

Es ist aber noch ein anderer Aspekt. Hier wurde von "Schergen" oder so geredet, die nur Politik, Wahlkampf machen wollen. Wir mussten uns am Infostand anhören: 'Die da oben tun eh nur, was sie wollen. Am besten steckt man die alle in einen Sack' und Ähnliches, das sind noch die freundlichsten Kommentare. Wenn wir so jemanden zu einer Unterschrift, zu seinem demokratischen Recht überreden, mit ihm diskutieren und wieder einbinden in einen demokratischen Akt, dann ist das die beste basisdemokratische Arbeit, die wir hier machen können. Diese 70.000 Unterschriften, das ist lebendige Demokratie. Und das alles sind Sie als gewählte Vertreter jetzt bereit zu zerstören? Und ich erinnere nur: Wir sitzen hier mit einer Wahlbeteiligung von nicht einmal fünfzig Prozent. Dass wir aber trotzdem wissen, wie es hier ausgehen wird, ist ein Zeichen, unter welchem enormen Druck die Stadträte hier stehen. Aber es ist nicht nur dieser enorme Druck, den sie vielleicht von außen bekommen, sondern es ist auch im Kern ein sonderbares Verständnis von Demokratie. Aus den Gewählten sind oftmals Erwählte geworden. Ich erinnere mich, 1997 zur Bürgerbeteiligung, an der ich teilgenommen habe, als die Kritik kam, dass das doch nur eine Alibiveranstaltung sei - wir wollten mitbestimmen und nicht nur einfach Ja und Amen sagen -, da kam ein Kommentar aus diesem Rathaus: 'Ja, zu was bin ich denn gewählt, wenn die Wähler entscheiden wollen?'

Das ist die Kernfrage. Und deswegen will ich mich hier gar nicht so auf dieses juristische Niveau herablassen. Wir wissen, dass Anwälte Gutachten so ausstellen, wie sie bestellt sind. Und wir wissen auch, dass diese Stadt bestimmt einiges Geld ausgegeben hat, juristisch gut beraten zu sein. Das sieht man auch daran, wie pünktlich unser OB mit seiner Unterzeichnung der Verträge war, mit dem Vollzug des Beschlusses im Gemeinderat vom 04.10.2007, obwohl er wusste, dass das Bürgerbegehren kommt, wie er da Fakten geschaffen hat, um ein Bürgerbegehren ins Leere laufen zu lassen. Sie müssen aber auch wissen, es war ein Gemeinschaftsantrag mit den GRÜNEN, dass wir beantragt hatten, direkt nach der Sommerpause eine Grundsatzentscheidung über Stuttgart 21 zu machen. Der OB hat seinen Spielraum ausgenutzt und hat es zwei Wochen später gemacht, gekoppelt dann aber genau an die Beschlüsse, die ihn bevollmächtigt haben, die Verträge zu unterzeichnen. Es ist also nicht nur der OB, sondern es ist der Gemeinderat, der hier diesem Votum zugestimmt hat und dafür gesorgt hat. Ich erinnere mich an ein Gelöbnis, das wir alle abgegeben haben. Ich lese es vor: 'Ich gelobe Treue der Verfassung, Gehorsam dem Gesetz und gewissenhafte Erfüllung meiner Pflichten. Insbesondere gelobe ich, die Rechte der Stadt gewissenhaft zu wahren und ihr Wohl und das ihrer Einwohner nach Kräften zu fördern.'

Herr Kanzleiter, die Richtschnur dafür ist nicht nur die Gemeindeordnung, in ihr hätten wir keine Spielräume. Für mich gibt es etwas, das darüber steht, das ist das Grundgesetz, Artikel 20: 'Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.' Wenn man das als Richtschnur nimmt, wird es klar, dass es nicht sein kann, dass eine Aktiengesellschaft wie die Bahn AG durch nichts daran gehindert werden kann, Stuttgart grundsätzlich umzupflügen. Das ist keine Demokratie. Wir müssen uns fragen, warum eine Gemeindeordnung so leicht auszuhebeln ist, indem man nur Verträge machen muss, wenn ein Bürgerentscheid zu fürchten ist. Ich zitiere da jetzt einen anderen OB, der gesagt hat, 'Wenn das so ist, dass eine Gemeindeordnung einfach so aushebelbar ist, indem man einen Vertrag schließt, dann eignet sich diese Gemeindeordnung zur Demokratie wie ein Igel zum A...putzen'. Ich weiß ja nicht, ob man das im Büro Dolde auch tut.

Ich habe die Gemeindeordnung gelesen und einiges Interessantes gefunden: 'Ein Bürgerbegehren gegen einen Gemeinderatsbeschluss hat keine aufschiebende Wirkung'. Das mag stimmen, so weit so gut. Es wird jedoch empfohlen, vom Vollzug eines Beschlusses, gegen den sich ein zulässiges Bürgerbegehren richtet, bis zum Entscheid abzusehen. Auch ein Beschluss, gegen den mit einem Bürgerbegehren zu rechnen ist, sollte nicht vor Ablauf der Frist vollzogen werden. Und jetzt kommt der entscheidende Satz: 'Ein fristgerechtes Bürgerbegehren ist auch gegen den Vollzug eines Beschlusses zulässig'.

Wir wissen, dass es heute nicht zum Bürgerentscheid kommen wird. Wir wissen genau, wir müssen die Demokratie auch in Stuttgart erkämpfen. Ich berufe mich auf den selben Artikel. Es steht nämlich auch noch im Grundgesetz Artikel 20 Absatz 4: 'Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist'.

Es hilft also nicht nur, dass wir heute genau hingucken müssen, wer uns einfach ins Leere laufen lässt, wir müssen uns das genau merken für die nächste Kommunalwahl. Nicht nur das hilft, weil hier wenige sitzen, die zu viel entscheiden, von dem sie keine Ahnung haben. Dieses strukturelle Problem wird sich auch durch eine Wahl nicht ändern. Deswegen brauchen wir eine basisdemokratische Bewegung, die das kommunalpolitische Geschehen in Stuttgart grundsätzlich begleitet und wachsam ist und auch Stuttgart 21 in den Zusammenhang einordnet. Und da muss man auch an solche Projekte denken, wie die zweite Startbahn am Flughafen, wie die Messe. Wir müssen sehen, dass Stuttgart hier nicht weiterhin der gnadenlosen Profitgier der großen Kapitalinteressen vorgeworfen wird. Wenn dieser Gemeinderat uns nicht davor schützt, dann sollten wir in einer emanzipatorischen basisdemokratischen Bewegung das selber tun.

Dass wir über die Alternativen weiterhin informieren werden und es unserem OB schwer machen werden, seine Werbekampagne zu vollziehen, ist klar. Ich denke auch mit Freuden an unsere Studentendemos zurück. So ein bisschen ziviler Ungehorsam schadet dieser Stadt nicht, solange er friedlich ist. Ich gebe noch einen Tipp: Der Landtag ist nicht weit, es gibt auch noch dort einige, die Millionen für dieses Projekt ausgeben. Lassen Sie uns gemeinsam kämpfen für mehr Demokratie und weniger Betonköpfe, sonst heißt es: 'Und wenn sie nicht gestorben sind, so buddeln sie heute noch an ihrem Milliardenloch'. Meine Damen und Herren, ich würde dem Bürgerentscheid zustimmen, und ich biete dem Gemeinderat noch einen Weg an, wenn er solche Angst vor dem Volk hat: Beschließen Sie selber einfach so, wie es die Bürger im Bürgerbegehren beantragt haben, dann müssen Sie gar keinen Bürgerentscheid machen. Beschließen Sie, hier auszusteigen, und Sie sind alle Probleme vom Volk los."

OB Dr. Schuster stellt die GRDrs 1359/2007 zur Abstimmung und stellt fest:

Der Gemeinderat beschließt bei 45 Ja- und 15 Neinstimmen mehrheitlich
wie beantragt.
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Protokoll13592007.pdf