Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Umwelt/Sicherheit und Ordnung
Gz: USO 1102-00
GRDrs 380/2001
ersetzt 178/2001
Stuttgart,
04/12/2001



Videoüberwachung im öffentlichen Raum;
Neufassung der Beschlussvorlage GRDrs. 178/2001

Beschaffung der Erstausstattung und Übernahme der laufenden Unterhaltungs- und Modernisierungskosten für die Kameras




Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Verwaltungsausschuß
Gemeinderat
Vorberatung
Beschlußfassung
nichtöffentlich
öffentlich
25.04.2001
26.04.2001



Beschlußantrag:


1.
      Der Beteiligung der Landeshauptstadt Stuttgart als Modellstadt, gemeinsam mit der Landespolizeidirektion Stuttgart II, an einem landesweiten Projekt zur Kameraüberwachung im öffentlichen Raum wird zugestimmt.
2.
      Der Anbringung von fünf Kameras im Bereich Rotebühlplatz wird zugestimmt.
      Die Kameras werden wie folgt angebracht:

      1 Kamera oberirdisch am Abgang vom Calwer Platz zur Rotebühl-Passage

      1 Kamera oberirdisch am Rotebühlplatz, im Bereich des Verbindungsweges zur Sophienstraße auf Höhe der Gebäude Rotebühlplatz 15-19

      2 Kameras an der Decke in der Rotebühl-Passage

      1 Kamera in der Unterführung des Rotebühlplatzes, Aufgang zur Königstraße und Marienstraße
3.
      Die Kosten für die Anschaffung der Kameras sowie die Kosten der Übertragungstechnik von insgesamt 376.000 DM sind im Haushaltsjahr 2001 im Vermögenshaushalt bei der AHSt. 2.1000.9510.000, VKZ 0200, Polizei, Videoüberwachung, zu decken.
4.
      Bei der o. g. AHSt. wird im Haushaltsjahr 2001 eine außerplanmäßige Ausgabe von 376.000 DM zugelassen. Die außerplanmäßige Ausgabe wird im Haushaltsjahr 2001 durch Sperrung von 376.000 DM bei AHSt 1.9000.0410.000, Schlüsselzuweisungen vom Land, gedeckt.
5.
      Die Kosten für die Beschaffung und die Anbringung der Hinweisschilder von 10.000 DM sind im Haushaltsjahr 2001 im Vermögenshaushalt bei der AHSt. 2.6300.9511.000, VKZ 0970 Gemeindestraßen, Allg. Verkehrseinrichtungen – PS-Nr. Z/66.0970.6300.6611.0042 – zu decken.
6.
      Die Verwaltung wird beauftragt, dem Gemeinderat ein Jahr nach der Inbetriebnahme der Videokameras über die Ergebnisse der Videoüberwachung zu berichten.
7.
      Der Anbringung von Kameras im Bereich der Oberen Königstraße (Ausweitung des Überwachungsbereichs) wird zugestimmt, soweit die Ergebnisse der Überwachung am Rotebühlplatz durch die Stadtverwaltung, den Gemeinderat und die Landespolizeidirektion Stuttgart II positiv bewertet werden.



Kurzfassung der Begründung:
Ausführliche Begründung siehe Anlage 1

Die Änderung des Polizeigesetzes durch den Landtag von Baden-Württemberg ermöglicht die Überwachung von Kriminalitätsbrennpunkten mit Videokameras. Die polizeiliche Erfahrung zeigt, dass die Videoüberwachung ein Mittel zur wirksamen Kriminalitätsbekämpfung und effektiven Kriminalprävention ist. Die Verwaltung schlägt deshalb nach Abstimmung mit der Landespolizeidirektion Stuttgart II zunächst die Videoüberwachung am Rotebühlplatz vor.

Der Rotebühlplatz – unterirdisches Verkehrsbauwerk - erstreckt sich von der Unterführung König-/Marienstraße, Verteilerebene bis zum Rotebühlplatz einschließlich der dortigen Verteilerebene und der unterirdischen Haltestellenbereiche.

Die erste oberirdische Kamera wird im Bereich des Rotebühlplatzes, im Bereich des Verbindungsweges zur Sophienstraße auf Höhe der Gebäude Rotebühlplatz 15-19, installiert. Die zweite oberirdische Kamera wird am Abgang Calwer Platz zur Verteilerebene Rotebühlplatz angebracht.

Unterirdisch werden zwei Kameras an der Decke auf der Verteilerebene befestigt, so dass der gesamte Bereich der Passage einschließlich der Abgänge zu den Gleisanlagen erfasst werden kann. Eine dritte unterirdische Kamera wird in der Verteilerebene des Rotebühlplatzes zur König-/Marienstraße angebracht.

Die Eigentümer der betroffenen Bereiche wurden, soweit es sich nicht um städtische Flächen handelt, unterrichtet und haben keine Einwände gegen das Anbringen der Kameras. In die Überwachung wird die Unterführung Büchsenstraße nicht miteinbezogen. Für die Überwachung der unmittelbaren Haltestellenbereiche, insbesondere im Hinblick auf die Beförderungssicherheit, sind die jeweiligen Verkehrsträger selbst verantwortlich.

Diese Maßnahme dient, eingebettet in eine Gesamtkonzeption, der Unterstützung der bisherigen Anstrengungen von Stadtverwaltung und Landespolizeidirektion Stuttgart II zur Verbesserung der Sicherheitslage in diesem Bereich. Der Platz wurde nach Auswertung der polizeilichen Kriminalstatistik und den Erfahrungen der örtlichen Polizeidienststellen sowie unter Beteiligung der Stadtverwaltung ausgewählt. Die gesetzlichen Voraussetzungen als Kriminalitätsbrennpunkt liegen vor.

Ein Jahr nach Beginn der Überwachung erfolgt eine Auswertung der bis dahin bekannten Ergebnisse. Soweit sich daraus positive Entwicklungen im Bereich des Rotebühlplatzes ergeben, ist beabsichtigt, ggf. Kameras an anderen Kriminalitätsbrennpunkten anzubringen. Nach der bisherigen Sachlage wäre dies insbesondere die Obere Königstraße, die aus polizeitaktischer Sicht wegen der räumlichen Nähe zum Rotebühlplatz und der “Anziehungskraft” der Königstraße als belebte Geschäftstraße für Straftäter in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Rotebühlplatz gesehen werden muss.

Die Anbindung der Kameras ist im Führungs- und Lagezentrum der Landespolizeidirektion Stuttgart II vorgesehen, da nur so unmittelbar auf Erkenntnisse aus der laufenden Überwachung reagiert und Einsatzkräfte gezielt gesteuert werden können.

Die Stadtverwaltung schafft die Kameras und die notwendige Übertragungstechnik an und stellt sie der Landespolizeidirektion Stuttgart II zur Verfügung. Gleichzeitig kommt die Stadt für die laufenden Übertragungskosten auf. Das Land Baden-Württemberg trägt die laufenden Personalkosten der bei der Überwachung eingesetzten Beamten sowie die Anschaffungs- und Unterhaltungskosten für die Monitore und die Aufzeichnungsgeräte. Daneben trägt das Land auch notwendige Umbaukosten für die Räumlichkeiten, in denen die Überwachungsmonitore untergebracht werden.

Die grundsätzlichen Belange des Datenschutzes wurden bereits im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens berücksichtigt. Die Zentrale Datenschutzstelle der Stadtverwaltung wurde über das Projekt informiert. Eine weitergehende Beteiligung ist nicht erforderlich, da die Daten unmittelbar bei der Landespolizeidirektion Stuttgart II auflaufen und die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen von der Landespolizeidirektion Stuttgart II zu gewährleisten ist. Das Projekt wurde deshalb mit dem Datenschutzbeauftragten der Landespolizeidirektion Stuttgart II abgestimmt, der als behördlicher Datenschutzbeauftragter zur Vorabkontrolle im Sinne des Landesdatenschutzgesetzes berechtigt ist. Das Projekt muss aus diesem Grund dem Landesdatenschutzbeauftragten nicht vorab zur Prüfung vorgelegt werden.

Finanzielle Auswirkungen
Die Gesamtkosten für die Anschaffung der Videokameras und der dazu gehörigen Ausrüstung für die Überwachung im Bereich Rotebühlplatz belaufen sich nach derzeitigen Berechnungen auf ca. 376.000 DM.

Für die Unterhaltung und Wartung der Geräte in diesem Bereich sind ca. 24.000 DM jährlich erforderlich. Nach dem Angebot der NWS errechnet sich dieser Betrag als Pauschale aus den Anschaffungskosten der Sachmittel, multipliziert mit 12%. Die Kosten für die Unterhaltung und Wartung der Kameras werden durch AHSt. 1.1000.6210.000, Polizei, Verkehrsüberwachungsanlagen übernommen.

Die erforderlichen Schilder, mit denen auf die überwachten Bereiche hingewiesen wird, kosten einschließlich Montage ca. 10.000 DM.


Beteiligte Stellen

Referat R
Referat F
Referat St
Referat T
Referat WK

Die Landespolizeidirektion Stuttgart II hat mitgezeichnet.

Zentrale Datenschutzstelle 14-D zur Kenntnis.





Jürgen Beck
Bürgermeister


Anlagen


Anlage 1 zur GRDrs 380/2001


Ausführliche Begründung:

1.
      Die Innenminister des Bundes und der Länder haben bei ihrer Frühjahrskonferenz 2000 übereinstimmend die “Kameraüberwachung im öffentlichen Raum” als wichtiges Mittel zur Verbrechensbekämpfung und Kriminalprävention beschlossen. Die Beratungen gingen auf eine Initiative des Landes Baden-Württemberg zurück.

      Der Landtag hat das Polizeigesetz geändert. Damit ist zukünftig die offene Videoüberwachung an Kriminalitätsbrennpunkten möglich. Auf die überwachten Bereiche wird durch Hinweisschilder deutlich hingewiesen. Der Gesetzgeber ermächtigt dabei sowohl den Polizeivollzugsdienst und auch die Kommunen als Ortspolizeibehörde, die Kameras zu betreiben und Aufzeichnungen zu machen. Die Aufzeichnungen dürfen dabei höchstens 48 Stunden gespeichert werden, soweit die gewonnenen Daten nicht insbesondere zur Strafverfolgung benötigt werden.

      Die Landespolizeidirektion Stuttgart II hat deshalb bei der Stadtverwaltung angefragt, ob sich die Stadt gemeinsam mit der Landespolizeidirektion Stuttgart II an einem entsprechenden Projekt beteiligt. Zur Prüfung, Vorbereitung und Umsetzung wurde eine gemeinsame Projektgruppe gebildet. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart wurde bereits früh in den Entscheidungsprozeß eingebunden. Die Verwendung der erhobenen Daten im Strafverfahren wurde abgestimmt.

      In Mannheim liegt bereits ein Gemeinderatsbeschluss zur Einführung der Kameraüberwachung vor. Auch Heilbronn steht einer Projektteilnahme positiv gegenüber.
2.
      Kriminalitätsbrennpunkt im Sinne des geänderten Polizeigesetzes sind Örtlichkeiten, an denen die Kriminalität sich deutlich von anderen Orten abhebt. Dies sind Orte, an denen sich erfahrungsgemäß Straftäter verbergen, Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben, sich ohne erforderliche Aufenthaltserlaubnis treffen oder der Prostitution nachgehen. Gleichzeitig muss die Videoüberwachung zur Abwehr von Gefahren oder zur Beseitigung von Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung an diesen Orten erforderlich sein. Dies kann nur bejaht werden, wenn auf Grund konkreter Anhaltspunkte der bisherigen tatsächlichen Geschehnisse an diesen Orten die Erwartung gerechtfertigt ist, dass dort in Zukunft ohne zusätzliche Maßnahmen der Polizei weitere Straftaten begangen werden.
3.
      Erfahrungen mit der Kameraüberwachung in Großbritannien, aber auch in deutschen Städten haben gezeigt, dass die Kriminalität in den überwachten Bereichen erheblich zurückgeht. Selbst die zu befürchtenden Verdrängungseffekte sind nach diesen Erfahrungen weitgehend ausgeblieben. Es kam sogar zu positiven Entwicklungen über den überwachten Bereich hinaus, soweit die Kameraüberwachung von polizeitaktischen Maßnahmen begleitet wurde.
4.
      Die Kameraüberwachung ist auch in Stuttgart eine wichtige und wesentliche Ergänzung der bisherigen kriminalpräventiven Maßnahmen der Stadtverwaltung und der Landespolizeidirektion Stuttgart II. Die Überwachung ist nur als gemeinsames Projekt sinnvoll, da die Stadtverwaltung nur dadurch Einfluss auf die überwachten Bereiche nehmen kann. Das Polizeigesetz geht von einer engen Verzahnung der polizeibehördlichen Aufgaben mit dem Polizeivollzugsdienst aus, so dass nur durch ein gemeinsames Projekt eine effektive Aufgabenerledigung möglich ist. Dies zeigt auch die Gesetzesänderung.

      Die Anbindung der Kameras erfolgt bei der Landespolizeidirektion Stuttgart II, da nur sie die erforderlichen Einsatzmittel hat, unmittelbar auf Erkenntnisse aus der Bildbeobachtung zu reagieren und Beamte lagebedingt einzusetzen. Die Landespolizeidirektion Stuttgart II kann die Aufzeichnungen auch kurzfristig als Beweismittel in Strafverfahren einsetzen. Die gewonnenen Erkenntnisse haben jedoch nicht nur unter Sicherheitsaspekten Bedeutung für die Stadtverwaltung. Dadurch ist es vielmehr möglich, mittel- und langfristig weitere kriminalpräventive Konzepte zu entwickeln und die Erkenntnisse bei Baumaßnahmen zu berücksichtigen.
5.
      Die Überwachung und Aufzeichnung ist rund um die Uhr vorgesehen, beschränkt sich in der Regel jedoch auf Übersichtsaufnahmen, die eine Identifizierung von Personen nicht ermöglichen. Von der Zoommöglichkeit wird grundsätzlich von den beobachtenden Beamten Gebrauch gemacht, wenn sich Anhaltspunkte für eine Straftat, eine erhebliche Ordnungswidrigkeit oder polizeilich relevante Ordnungsstörungen ergeben. Zudem erfolgt die Überwachung offen, das heißt die Kameras sind offen angebracht, auf die überwachten Bereiche wird durch Schilder ausdrücklich hingewiesen und die Anbringung der Kameras wird durch eine aktive Öffentlichkeitsarbeit begleitet. Der Gewinn an Sicherheit überwiegt demnach den Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Bürgers.
6.
      Die Projektgruppe von Stadtverwaltung und Landespolizeidirektion Stuttgart II hat für das Stadtgebiet auf der Basis der polizeilichen Kriminalstatistik, konkretisiert durch die Erfahrungen der zuständigen Polizeidienststellen, eine Auswertung durchgeführt. In die Auswertung einbezogen wurden die Daten der Kriminalstatistik von 1998 bis 2000. Es wurden darüber hinaus nur Straftaten aus den Bereichen Straßen-, Gewalt-, Sexual- und Drogenkriminalität berücksichtigt, da gerade diese Straftaten das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung nachhaltig beeinträchtigen.

      Auf der Grundlage des Ergebnisses der Arbeitsgruppe, das als Gesamtkonzept die Obere und die Untere Königstraße sowie den Rotebühlplatz vorsieht, ergeben sich folgende Lösungsvarianten bzw. –schritte:

      Ø Als “große” Lösung sollten wegen ihres “kriminalgeographischen” Zusammenhangs die Obere und die Untere Königstraße sowie der Rotebühlplatz als zentraler Verkehrsknotenpunkt parallel mit Kameras ausgestattet werden. Bei dieser Lösung wäre es möglich, Verdrängungseffekte weitgehend auszuschließen, da die nicht überwachten Bereiche für mögliche Straftäter oder Ordnungsstörer weitaus weniger attraktiv wären.

      Ø Als “mittlere” Lösung wurde die parallele Überwachung der Oberen Königstraße und des Rotebühlplatzes vorgeschlagen. Beide Bereiche stehen in einem unmittelbaren Zusammenhang und können allein aus kriminaltaktischen Erwägungen nicht isoliert betrachtet werden. Auch ist anzumerken, dass es gerade Geschäftsleute aus diesen Bereichen waren, die eine Kameraüberwachung gefordert haben.

      Ø Als “kleine” Lösung werden zunächst als Einstieg am Rotebühlplatz Kameras installiert, um Erfahrungen mit der Kameraüberwachung in ober- und unterirdischen Bereichen zu sammeln. Der Versuch wird ausgewertet und evaluiert. Sofern die Ergebnisse durch die Stadtverwaltung Stuttgart, den Gemeinderat und die Landespolizeidirektion Stuttgart II positiv bewertet werden, wird die Kameraüberwachung mit der “mittleren” Lösung fortgeführt. Der Beschluss, bei einer positiven Bewertung die Kameraüberwachung an einem zweiten Platz fortzuführen, ist für die Landespolizeidirektion Stuttgart II zwingende Voraussetzung für einen Einstieg in die Videoüberwachung, damit das Planungsrisiko im Hinblick auf die finanziellen und materiellen Aufwendungen für die Landespolizeidirektion Stuttgart II kalkulierbar bleibt.

      Ø Keine Lösung ist es, die Überwachung auf den unterirdischen Bereich zu beschränken. Die unterirdische Passage ist für eine wirksame Überwachung zu kleinräumig und deshalb für einen präventiven oder repressiven (abschreckenden) Einsatz der Überwachungstechnik für sich allein ungeeignet. Ob der unterirdische Bereich für sich allein schon die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Kriminalitätsbrennpunkt erfüllt, ist fraglich, da Straftaten in der Regel einen dynamischen Prozess darstellen, der nicht punktuell festgemacht werden kann. Vielmehr ist davon auszugehen, dass Voraussetzung für einen Kriminalitätsbrennpunkt ist, dass für den überwachten Bereich ein aussagekräftiges polizeiliches Lagebild erstellt werden kann. Dies setzt aber eine gewisse Größe des Bereichs voraus, da ansonsten keine genauen, überprüfbaren Aussagen getroffen werden können. Dies betrifft auch die Auswertung nach einem Jahr.
7.
      Um erste Erfahrungen mit der Videoüberwachung zu sammeln, schlägt die Verwaltung vor, zunächst mit der “kleinen Lösung” zu beginnen. In Abstimmung mit der Landespolizeidirektion Stuttgart II wertet die Stadtverwaltung ein Jahr nach Beginn der Maßnahme die bis dahin am Rotebühlplatz erzielten Ergebnisse aus. Der Erfahrungsbericht wird dem Gemeinderat vorgelegt. Soweit sich daraus positive Auswirkungen, beispielsweise auf die Sicherheitslage und das subjektive Sicherheitsempfinden der Bevölkerung, im Bereich des Rotebühlplatzes ergeben, erfolgt eine Ausweitung der Überwachung auf die Obere Königstraße (ca. 362.000 DM)
8.
      Bei der Finanzierung sieht das Land Baden-Württemberg eine gemeinsame Finanzierung zwischen den Gemeinden als Ortspolizeibehörden und der Polizei vor. Die Stadtverwaltung beschafft in diesem Rahmen die Sachausstattung, das sind die Kameras und die erforderliche Übertragungstechnik (Empfangsteile für Lichtwellenleiter, Multiplex-Bildübertragungsgeräte, Datenübertragungssysteme). Die Kosten dafür entsprechen den technischen Anforderungen, die sich aus den taktisch erforderlichen Ansprüchen für den Einsatz ergeben. Montage einschließlich der Verlegung der Daten- und Stromleitungen, Anpassungen und Spezialsoftware verteuern die Installation. Bei dem zunächst vorgesehenen Standort entfallen die Übertragungskosten, da die Datenübermittlung durch das städtische Leitungsnetz möglich ist. An anderen möglichen Standorten sind die Kosten für die Leitungskapazitäten teilweise erheblich, sofern sie von fremden Netzbetreibern zur Datenübertragung angemietet werden müssen.

      Im Gegenzug übernimmt die Landespolizeidirektion Stuttgart II als Landesbehörde die laufenden Personalkosten, die Kosten für die Anschaffung und die Unterhaltung der Monitore und Aufzeichnungsgeräte sowie die notwendigen Umbaukosten in ihren Diensträumen. Bei den Baumaßnahmen ist aus wirtschaftlichen Gründen bereits der mögliche Bedarf für weitere Überwachungsbereiche zu berücksichtigen. Dies gilt auch für die technische Vorrüstung des Führungs- und Lagezentrums.
9.
      Datenschutz- und Datensicherheitsbestimmungen

      Die datenschutzrechtlichen Vorgaben ergeben sich aus dem Polizeigesetz Baden-Württemberg sowie dem Landesdatenschutzgesetz.

      Die Datensicherheit für die Kamera und die Leitungswege bis zum Übergabepunkt zur Landespolizeidirektion Stuttgart II ist durch die Stadt bzw. die NWS zu gewährleisten. Durch den gewählten Übertragungsweg über ein Multiplexsystem oder über Lichtwellenleiter (Glasfaserkabel) ist die Übertragung äußerst sicher, da ein “Anzapfen” der Leitung nur mit hohem technischem und zeitlichem Aufwand möglich ist und über ein Alarmsystem an den Leitungsbetreiber weitergemeldet wird. Auch die “Fehlleitung” der Informationen wird vom Netzbetreiber ausgeschlossen.

      Für die Datensicherheit beim Betrieb und bei der Auswertung beim Führungs- und Lagezentrum (FLZ) der Landespolizeidirektion Stuttgart II trägt die Landespolizeidirektion Stuttgart II die datenschutzrechtliche Verantwortung. Beim FLZ handelt es sich um einen Sicherheitsbereich der Polizei. Der Zugang zur eigentlichen Einsatzzentrale sowie zum Technikraum ist nur über eine Schleuse möglich, die durch eine Panzertür gesichert und durch Video überwacht wird. Somit ist ein unbefugtes Erlangen von Daten, sei es durch technische Angriffe oder anderweitige Maßnahmen, im Gebäude nahezu ausgeschlossen.

      Für die gesamte Videoüberwachung wird von der Landespolizeidirektion Stuttgart II eine Dienstanweisung mit angehängtem Datenschutz- sowie Datensicherheitskonzept erstellt. Die als Videosachbearbeiter eingesetzten Beamten und Beamtinnen der Landespolizeidirektion Stuttgart II unterliegen einer besonderen Sicherheitsstufe, die mit entsprechenden Geheimhaltungspflichten verbunden ist. Alle von ihnen vorgenommenen Systemeingriffe werden automatisch protokolliert. Alle Handlungen und Eingriffe des Videosachbearbeiters sind demnach lückenlos nachvollziehbar. Sie werden in einem die Videoüberwachung begleitenden Berichtswesen dokumentiert.

      Der Schutz der Privatsphäre wird durch technische Sicherungen an den Kameras (Hardware) sowie einer entsprechenden Steuerungssoftware, die eine Kamerabedienung über den öffentlichen Bereich hinaus verhindert, gewahrt.

      Die Aufzeichnung der Daten (Videobilder) erfolgt auf digitalen Speichermedien. Der Inhalt wird automatisch nach Ablauf von 48 Stunden überschrieben. Die Daten sind nach diesem Vorgang unwiederbringlich gelöscht. Bei konkreten Anhaltspunkten für eine Straftat werden die vorhandenen Daten, soweit dies für das Verfahren erforderlich ist, auf Videokassetten archiviert. Dieser Eingriff wird durch die Software automatisch protokolliert und im Berichtswesen vermerkt. Sobald das Strafverfahren abgeschlossen ist oder die Daten nicht mehr benötigt werden, erfolgt die unverzügliche Löschung.
10.
      Alternative Finanzierung

      Als weitere Finanzierungsmethode wurde das Leasing geprüft.

      Dabei entstehen für den Bereich Rotebühlplatz über einen fünfjährigen Nutzungszeitraum für die Sachmittel Kosten von jährlich 43.000 DM. Dies ergibt sich aus den Beschaffungskosten der Sachmittel von 174.000,-- DM und einem jährlichen Leasingfaktor von 24,4%. Dadurch entstehen gegenüber der Anschaffung nominelle Mehrkosten von insgesamt 38200,-- DM.
Anlage 2 zur GRDrs 380/2001
Kostenberechnung Videoüberwachung
Rotebühlplatz

    Objekt
    Einzelkosten
    Farbkamera
2710,-- DM
    Objektiv
4270,-- DM
    Kameragehäuse
6664,-- DM
    Anschlusskasten
6575,-- DM
    Schwenk-/Neigekopf
2550,-- DM
    Verkabelung
390,-- DM
    Wandkonsole
448,-- DM
    Montage der Kamera
1500,-- DM
    Empfangsteile Lichtwellenleiter
2580,-- DM
    Gesamt Kameraeinheit
27687,-- DM


    Objekt
EinzelkostenAnzahlKosten StandortKosten gesamt
    Standort Rotebühlplatz
    Kameraeinheiten
27687,-- DM
5
138435,-- DM
    Deckenabhängungen
400,-- DM
4
1600,-- DM
    Kabelverlegung Lichtwellenleiter
177400,-- DM
    Stromanschluß
25000,-- DM
    Datenübertragungssystem
5000,-- DM
1
5000,-- DM
    Mulitplex-Bildübertragungsgerät
28500,-- DM
1
28500,-- DM
    Gesamt Rotebühlplatz
375935,-- DM
Anlage 3 zur GRDrs 380/2001


Kostenaufstellung “Videoüberwachung im öffentlichen Raum”
mit zweiter Umsetzungsstufe

Kosten, die von der Stadt zu tragen sind:
Kosten, die vom Land (Landespolizeidirektion Stuttgart II) zu tragen sind:
    Einmalige Kosten für Anschaffung und Montage:
    Einmalige Kosten für Anschaffung und Montage:
    Standort Rotebühlplatz:
    (erste Umsetzungsstufe):
375935,--DM
    Anschaffungskosten für die technische Ausstattung des Führungs- und Lagezentrums (Monitore, Aufzeichnungsgeräte usw.)
260000,--DM
    Standort Obere Königstraße
    (zweite Umsetzungsstufe):
361222,--DM
    Umbaumaßnahmen:
190000,--DM
    Anschaffung und Anbringen
    von Hinweisschildern:
20000,--DM
    Insgesamt:
757157,--DM
    Insgesamt:
450000,--DM
    Laufende Kosten:
    Laufende Kosten:
    Dazu kommen für beide Standorte gemeinsam jährliche Kosten für Unterhaltung und Wartung von 42200,--DM.
    Wartung und Unterhalt
39600,--DM

Anlage 4 zur GRDrs 380/2001
    Landespolizeidirektion Stuttgart ll
    Stuttgart, 23.11.00
    Az.: PA-0219.3-Video
    Stand: 22.11.2000
    Sb.: Brucklacher / Nürnberger


Konkreter Ablauf der Videoüberwachungsmaßnahmen im
Zuständigkeitsbereich der LPD Stuttgart II



Die Videokameras liefern rund um die Uhr “live-Bilder" ins Führungs- und Lagezentrum (FLZ). Dort erfolgt dann eine "live-Überwachung" durch die VideosachbearbeiterInnen(VSB) des FLZ.

Bei erkannten relevanten Sachverhalten (Straftaten, aber auch Gefahrenlagen) erfolgt der sofortige Einsatz von Interventionskräften per Funk. Dies sind sofort zur Verfügung stehende Polizeikräfte, z. B. Kräfte eines Polizeireviers, der Einsatzhundertschaft, der Bereitschaftspolizei oder anderer Dienststellen. Diese Information erhält der Videosachbearbeiter durch den Einsatzleitrechner mittels einer ständig aktualisierten Kräfteübersicht.

Durch die ständige Videoüberwachung wird ermöglicht, dass der VSB diese Informationen sofort den Interventionskräften zur Verfügung stellt, die getätigten Maßnahmen dokumentiert und ggfs. weitere Interventionskräfte hinzuzieht.

Insgesamt übernimmt er die taktische Einsatzleitung dieses Videoeinsatzes samt der erforderlichen Verständigungsmaßnahmen.

Zur genaueren Analyse des beobachteten Geschehens steht dem VSB ein digitaler Kurzzeitspeicher mit Echtzeitbildern (25 Bilder pro Sekunde) zur Verfügung. Dieser Kurzeitspeicher wird automatisch nach einer Stunde überschrieben. Die Daten werden in einem Langzeitspeicher gemäß der gesetzlichen Vorgaben 48 Stunden archiviert (mit 5 - 6 Bildern pro Sekunde) und anschließend ebenfalls automatisch überschrieben. Um diese Bilder (im Kurz- wie im Langzeitspeicher) als Beweismittel in ein mögliches Strafverfahren einzubringen, kann der VSB diese Daten auf handelsübliche Videokassetten überspielen und der sachbearbeitenden Polizeidienststelle zur Verfügung stellen.

Ähnlich wird bei der rückwirkenden Auswertung für nachträgliche Strafanzeigen verfahren. Durch ein internes Berichtswesen wird sichergestellt, dass sämtliche Handlungen des VSB protokolliert werden.

Anlage 7 zur GRDrs 380/2001

    Landespolizeidirektion Stuttgart II
    Stuttgart, 10.01.2001
    Az.: PA-0219.3-Video
    Sb.: Brucklacher / Nürnberger



Qualifizierung des Rotebühlplatzes als Kriminalitätsbrennpunkt


1. Definition Kriminalitätsbrennpunkt

Der neu ins Gesetz eingefügte § 21 Abs. 3 PolG BW bezieht sich bzgl. der Begriffsdefinition eines Kriminalitätsbrennpunktes auf § 26 Abs. 1 Nr. 2 PolG BW. Danach sind dies Örtlichkeiten, die sich hinsichtlich ihrer Kriminalitätsbelastung deutlich von anderen Orten abheben, d.h. Orte, an denen sich erfahrungsgemäß Straftäter verbergen, Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben.

Diese Örtlichkeiten sind nicht gleichbedeutend mit den sogenannten "Angsträumen", wie z. B. Unterführungen, die nur nach der subjektiven Einschätzung von Bürgern ein Kriminalitätsbrennpunkt sind. Es sind vielmehr Örtlichkeiten gemeint, an denen sowohl nach den objektiven (polizeiliche Kriminalstatistik) als auch nach den subjektiven (Erfahrungen der zuständigen Polizeidienststellen) Kriterien der gesetzlich geforderte Begriff “Kriminalitätsbrennpunkt" erfüllt wird.


2. Konkrete Auswahl möglicher Kriminalitätsbrennpunkte in der LH Stuttgart

Die Auswahl des Rotebühlplatzes erfolgte nach objektiv messbaren Kriterien auf Basis der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) unter Einbeziehung von subjektiven Kriterien (Einschätzungen / Erfahrungen der örtlichen Polizeidienststellen; Bedeutung der Örtlichkeit für das öffentliche Leben) in enger Abstimmung zwischen der Landespolizeidirektion Stuttgart II und der Stadtverwaltung.

Die gezielte PKS-Auswertung der Jahre 1998, 1999 und 2000 nach den Delikten Raub, Körperverletzung, Btm-Delikte, Sachbeschädigung, Sexualdelikte, Taschendiebstahl, Kfz-Aufbruch; also Delikte der Straßen-/Gewalt-/Sexual-/Btm-Kriminalität) ergab, dass der Rotebühlplatz den Vorgaben des Gesetzgebers entspricht. In die Auswertung einbezogen wurden nur "präventable Delikte", d.h. Straftaten, bei denen es zwischen dem Täter und dem Opfer bzw. einer Sache zu einer Interaktion kam. Die Handlung des Täters muss (visuell) erkennbar sein. Außerdem wurden Delikte gewählt, die in der Regel eine hohe Beunruhigung in der Bevölkerung auslösen, so dass eine entsprechende Prävention in der Bevölkerung spürbar ist.


3. Priorisierung des Rotebühlplatzes

Für den Rotebühlplatz einschließlich der oberirdischen Bereiche spricht seine Bedeutung als zentral gelegenes öffentliches Verkehrsbauwerk mit einer Einkaufspassage. Der Zustand und die Sicherheit des Rotebühlplatzes sind zudem seit Jahren Gegenstand der öffentlichen Diskussion. Der Platz bietet als Modell auch die Möglichkeit Erfahrungen bezüglich oberirdisch und unterirdisch angebrachter Videokameras zu sammeln.


4. Kriminalitätsbelastung Rotebühlplatz

1998
1999
2000
    Raubstraftaten
29
12
13
    KV-Delikte
67
43
40
    Btm-Delikte
312
184
118
    Sachbeschädigung
24
24
14
    Sexualdelikte
4
0
2
    Taschendiebstahl
13
21
20
    KfZ-Aufbruch
30
45
9