Landeshauptstadt Stuttgart
Oberbürgermeister
Gz: OB
GRDrs 717/2005
Stuttgart,
10/12/2005



JobCenter Stuttgart
1. Übernahme der Rahmenvereinbarung
2. Befristete Finanzierung zusätzlicher Stellen
3. Übergangsregelung für sog. Entfristete
4. Initiative "5.000 Chancen.Aktiv für Stuttgart"
5. 1 €-Jobs bei der Landeshauptstadt




Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Vorberatung
Beschlussfassung
nichtöffentlich
öffentlich
26.10.2005
27.10.2005



Beschlußantrag:


1.1Die Landeshauptstadt Stuttgart ist bereit, auf der Grundlage der Rahmenvereinbarung vom 1. August 2005 zwischen dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, der Bundesanstalt für Arbeit, dem Deutschen Städtetag und dem Deutschen Städte- und Gemeindebund in der Trägerversammlung des JobCenters Stuttgart das entscheidende Stimmrecht wahrzunehmen und damit die Führung und Verantwortung in der Arbeitsgemeinschaft zu übernehmen.
1.2Den mit der Agentur für Arbeit Stuttgart ausgehandelten Änderungen des Kooperationsvertrages vom 1. Oktober 2004 wird zugestimmt (Anlage 1).
2.Die Vertreter der Landeshauptstadt in der Trägerversammlung des JobCenters Stuttgart werden ermächtigt, zur Schaffung zusätzlicher Stellen im JobCenter in den Jahren 2005 und 2006 der Umschichtung von bis zu jeweils 1 Mio. € aus dem Eingliederungsbudget in das Verwaltungskostenbudget zuzustimmen.
3.1Die Landeshauptstadt erstattet dem JobCenter in den Jahren 2007 und 2008 den fiktiven Aufwand für die Kosten der Unterkunft für die bei den Sozialunternehmen beschäftigten sog. Entfristeten.
3.2Der Aufwand von bis zu 340.000 € jährlich wird in den Verwaltungshaushalten 2007 und 2008 bei FiPo. 1.4820.6910000, Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II), Kosten für Wohnraum, gedeckt.
4.Vom Sachstand der Initiative “5.000 Chancen.Aktiv für Stuttgart” wird Kenntnis genommen.
5.Die 250 bei der Stadtverwaltung zu schaffenden Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung (1 €-Jobs) werden in folgenden Bereichen bereitgestellt:

- Schulverwaltungsamt 125 Arbeitsgelegenheiten

- Jugendamt, ggf. Sozialamt 40 Arbeitsgelegenheiten

- Kulturamt, insb. Büchereien 25 Arbeitsgelegenheiten

- Eigenbetrieb Leben und Wohnen 25 Arbeitsgelegenheiten

- Garten- und Friedhofsamt 25 Arbeitsgelegenheiten

- übrige Bereiche 10 Arbeitsgelegenheiten




Begründung:


Zu 1 Umsetzung der Rahmenvereinbarung

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, die Bundesanstalt für Arbeit, der Deutsche Städtetag und der Deutsche Städte- und Gemeindebund haben am 1. August 2005 eine “Rahmenvereinbarung zur Weiterentwicklung der Grundsätze der Zusammenarbeit der Träger der Grundsicherung in den Arbeitsgemeinschaften gemäß § 44b SGB II” abgeschlossen (Anlage 2). Vorrangiges Ziel dieser Rahmenvereinbarung ist die Stärkung der Handlungsfähigkeit der Arbeitsgemeinschaften. Dazu sollen die Kompetenzen der Geschäftsführungen der Arbeitsgemeinschaften erweitert und die Verantwortung für die Umsetzung der Grundsicherung für Arbeitssuchende regional verankert werden. Die Rahmenvereinbarung bietet den Kommunen die Möglichkeit an, in der Trägerversammlung der Arbeitsgemeinschaften das entscheidende Stimmrecht wahrzunehmen und damit die “Führung”, aber auch die Verantwortung in der Arbeitsgemeinschaft zu übernehmen.

Die Agentur für Arbeit Stuttgart und die Landeshauptstadt haben am 1. Oktober 2004 einen Kooperationsvertrag zur Bildung der ARGE JobCenter Stuttgart geschlossen. Die Verhandlungen über diesen Vertrag und die nun mehr als halbjährige Zusammenarbeit in der Trägerversammlung sind von gegenseitigem Respekt und dem Willen zur Zusammenarbeit geprägt. Entscheidungen in der Trägerversammlung sind bislang immer einvernehmlich getroffen worden. Dennoch sollte die Landeshauptstadt die durch die Rahmenvereinbarung geschaffenen Möglichkeiten nutzen. Mit der Agentur für Arbeit Stuttgart wurden deshalb Änderungen des Kooperationsvertrages zur Umsetzung der Rahmenvereinbarung ausgehandelt.

Die Änderungen sind in Anlage 1 erläutert. In Anlage 2 ist den jeweiligen Regelungen der Rahmenvereinbarung gegenübergestellt, bei welchen Bestimmungen des Kooperationsvertrages diese umgesetzt wurden.

Die Trägerversammlung wird noch eine Geschäftsordnung für die Geschäftsführung beschließen, in der die Entscheidungskompetenzen zwischen Geschäftsführer/in und Trägerversammlung abgegrenzt werden. Hinsichtlich Stellenplan und Personalentscheidungen bleiben die Zuständigkeiten des Gemeinderats und des Verwaltungsausschusses unberührt; die Verwaltung wird ihre Kompetenzen in Personalangelegenheiten auf die Trägerversammlung und die Geschäftsführung des JobCenters übertragen.

Das JobCenter hat seinen juristischen Sitz weiterhin bei der Agentur für Arbeit. Dies bedeutet, dass – vorbehaltlich der endgültigen Raumplanung – die Geschäftsführung, die Zentralbereiche sowie die Zweigstelle “U25” mit der Agentur für Arbeit in deren Neubau an der Rosensteinstraße umziehen werden.

Landeshauptstadt und Agentur für Arbeit Stuttgart stimmen überein, die bewährte Zusammenarbeit auf der fortgeschriebenen Vertragsgrundlage weiterzuführen und zu intensivieren, um möglichst vielen arbeitslosen Menschen in Stuttgart rasch zu einem neuen Arbeitsplatz zu verhelfen.


Zu 2 Befristete Finanzierung zusätzlicher Stellen

Ende September 2005 war das JobCenter für 20.631 Bedarfsgemeinschaften mit rd. 36.000 Leistungsempfängern zuständig. Im Juli hat die Zahl der Bedarfsgemeinschaften erstmals abgenommen (- 398), ist dann im August und September jedoch wieder gestiegen. Die Personalsituation im JobCenter ist weiterhin sehr angespannt.

Von den 298,8 Stellen des JobCenters sind Ende September 2005 290 Stellen besetzt, bei den restlichen laufen die Besetzungsverfahren. Für die Funktionsbereiche Leistungsgewährung/Eingangsbereich und Persönliche Ansprechpartner ergibt sich folgendes Bild:

FunktionsbereichBesetzte Stellen
(einschl. Anteile der Zweigstellenleitungen, aber ohne Overhead)
Bedarfsge-
meinschaften
je Stelle Ist
Bedarfsge-
meinschaften
je Stelle Soll
Rechnerische Differenz
zum Soll
Leistungsgewäh-
rung und Eingangs-
bereich
122,04
1 : 169,05
1 : 150
15,5
Persönliche Ansprechpartner unter 25-Jährige
28,0
1 : 76,6
1 : 75
0,6
Persönliche Ansprechpartner über 25-Jährige
107,0
1 : 66,9
1 : 150
12,0
Summe
28,1
abzüglich unbesetzte Stellen
./. 8,8
Verbleiben
19,3
Die Landeshauptstadt hat bereits vor längerer Zeit erklärt, dass sie zur Finanzierung zusätzlicher Stellen – sofern das Verwaltungsbudget der ARGE nicht ausreicht – einer bis längstens Ende 2006 befristeten Umschichtung von jährlich bis zu 1 Mio. € aus den Eingliederungsmitteln zustimmen wird. Hiermit können bis zu 20 Stellen finanziert werden. Die Trägerversammlung hat am 4. Oktober 2005 vorbehaltlich der Beschlussfassung im Gemeinderat beschlossen, sofort 5 Stellen außerhalb des Stellenplans für einen “Pool” von Springer/innen zu besetzen. Außerdem wird die Agentur ab Januar 2006 15 Mitarbeiter/innen aus dem SGB III-Bereich in das JobCenter umsetzen. Darüber hinaus werden die bis Ende 2005 befristeten Arbeitsverträge von innerhalb des Stellenplans beschäftigten Mitarbeiter/innen bis Ende 2006, teilweise bis in das Jahr 2007 hinein, verlängert entsprechend den der Agentur zur Verfügung stehenden Ermächtigungen.

Nach dem Kooperationsvertrag hat die Agentur für Arbeit zusätzlich geschaffene Stellen in der ARGE zu besetzen. Ihr stehen ausreichend Stellen-Ermächtigungen hierfür zur Verfügung, so dass bei der Landeshauptstadt keine Stellenschaffungen notwendig sind.

Zur Entspannung der Personalsituation wurde auf Grund der Erfahrungen im ersten halben Jahr des Bestehens des JobCenters die Abläufe zwischen dem Eingangsbereich und der Leistungsgewährung überprüft. In den kleineren Zweig- und Außenstellen (weniger als 7 Mitarbeiter) wird der Eingangsbereich abgeschafft, in den größeren auf eine qualifizierte Informationsstelle reduziert. Die so frei werdenden Personalkapazitäten stehen der Leistungsgewährung zur Verfügung.

Nähere Angaben zum JobCenter können dem Monitoringbericht 09/2005 (Anlage 3) entnommen werden.


Zu 3 Entfristete

Das Konzept der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach § 19 BSHG in der sog. Entgeltvariante war auf eine maximale Beschäftigungsdauer von 3 Jahren angelegt. In einigen Fällen zeigte sich während der Dauer der Beschäftigung, dass das Ziel der Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt nicht erreicht werden kann, eine dauerhafte Beschäftigung auf dem zweiten Arbeitsmarkt jedoch sozialpädagogisch sinnvoll und wegen des Erwerbs weitergehender sozialversicherungsrechtlicher Ansprüche auch wirtschaftlich vertretbar ist. In diesen Fällen wurde die Befristung der Beschäftigungsverhältnisse aufgehoben (sog. Entfristete). Im August 2005 waren noch rd. 100 Personen beschäftigt.

Mit der Einführung des SGB II ging die Kostenträgerschaft auch für die “Entfristeten” auf den Bund über und belastet das Eingliederungsbudget des JobCenters in erheblichem Maße. Auf Grund der Altersstruktur wird sich die Zahl der “Entfristeten” nur sehr langsam abbauen. Deshalb wird durch das JobCenter eine sozialverträgliche Reduzierung der Kosten angestrebt. Zwischen der Agentur für Arbeit Stuttgart, den betroffenen Sozialunternehmen und der Landeshauptstadt wurde folgendes Konzept für den Zeitraum bis 31. Dezember 2008 entwickelt:

· Absenkung der Vergütung auf 6,50 €/Std. bzw. 6,00 €/Std. · Finanzierung in 2006 aus dem Eingliederungsbudget des JobCenters · Erstattung der (fiktiven) Kosten der Unterkunft durch die Landeshauptstadt in den Jahren 2007 und 2008 Die Sozialunternehmen verpflichten sich, aktiv alle möglichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Zahl der Entfristeten bis Ende 2008 so weit als möglich zu reduzieren (insb. durch Verrentung). Dazu soll in die Arbeitsverträge auch eine Verpflichtung des Beschäftigten aufgenommen werden, zum frühest möglichen Zeitpunkt Rente zu beantragen. Die Sozialunternehmen werden das JobCenter halbjährlich über den Stand ihrer Bemühungen informieren.


Zu 4 Initiative “5.000 Chancen.Aktiv für Stuttgart”

Bestandteil des Konzepts ”Aktive Arbeitsmarktintegration für Stuttgart” (GRDrs 291/2005) ist die Schaffung von 5.000 kostenneutralen Arbeitsgelegenheiten mit Mehr-aufwandsentschädigung (sog. 1 €-Jobs) bei Einrichtungen, Institutionen und Unter-nehmen in Stuttgart. Landeshauptstadt und Agentur für Arbeit Stuttgart haben ein Modell entwickelt, bei dem das JobCenter einen Vertrag mit den Anbietern von 1 €-Jobs abschließt, in dem der Anbieter freiwillig auf die Erstattung der Mehraufwandsentschädigung, der ggf. erforderlichen Fahrtkosten und Kosten der Arbeitskleidung sowie der eigenen Verwaltungskosten verzichtet. Somit wird das Eingliederungsbudget des JobCenters nicht belastet. Andererseits werden die gesetzlichen Ansprüche der Leistungsempfänger nicht tangiert.

Zur Unterstützung des JobCenters wird die Arbeitsvermittlungsservice Stuttgart (SAVe) gGmbH vertraglich beauftragt, 1 €-Jobs zu aquirieren und vom JobCenter zugewiesene Alg II-Bezieher auf durch das JobCenter anerkannte Arbeitsgelegenheiten zu vermitteln. Voraussetzung für die Aquisiton ist der Abschluss der im vorigen Absatz beschriebenen Vereinbarung des Anbieters mit dem JobCenter. SAVe stellt eine Hotline für Alg II-Bezieher und die Einsatzstellen zur Verfügung. Außerdem übernimmt SAVe das Profiling von Alg II-Bezieher, bei denen sich im Vermittlungsverfahren herausstellt, dass sie für eine Vermittlung in eine Arbeitsgelegenheit nicht geeignet sind. Weiter wird SAVe Alg II-Bezieher auch während einer Beschäftigung als “1 €-Jobber” auf Arbeitsstellen im ersten Arbeitsmarkt vermitteln. Für ihre Tätigkeit erhält die SAVe eine Grundvergütung und ein leistungsabhängiges Entgelt.

Das JobCenter zeichnet die durch SAVe aquirierten Arbeitsgelegenheiten nach Prüfung der Kriterien “Zusätzlichkeit”, “im öffentlichen Interesse liegend” und “Wettbewerbsneutralität” frei und weist monatlich mindestens 260 Alg II-Bezieher zu.

Der Vertrag mit der SAVe läuft vom 1. Oktober 2005 bis zum 31. Juli 2006. Für die Zeit danach wird das JobCenter die Leistung – ohne Inanspruchnahme der zentralen Vergabestellen der Bundesagentur für Arbeit – ausschreiben.

Mit der Umsetzung der Initiative “5.000 Chancen.Aktiv für Stuttgart” wird Ende Oktober 2005 begonnen.


Zu 5 1 €-Jobs bei der Landeshauptstadt

Mit der GRDrs 291/2005 wurde auch der Schaffung von 250 1 €-Jobs bei der Stadt-verwaltung zugestimmt. Zwischenzeitlich wurden die Kriterien und die Verteilung der Arbeitsgelegenheiten innerhalb der Stadtverwaltung konkretisiert:

· 1 €-Jobs sind nur für solche Angebote / Leistungen / Maßnahmen möglich, die über den Standard hinaus gehen und die unmittelbar den Bürgerinnen und Bürger der Landeshauptstadt zugute kommen. · Durch 1 €-Jobs sollen insbesondere auch Leistungen ehrenamtlich Tätiger unterstützt werden. · In den Verwaltungsdiensten der Ämter können keine 1 €-Jobs geschaffen werden. · Schwerpunkte für die bei der Stadtverwaltung bereitzustellenden Arbeitsgelegenheiten sind deshalb die Bereiche Schulen und Kindertagesstätten (vgl. Aufstellung im Beschlussantrag Ziffer 5). · 1 €-Jobs sind kein Ersatz für vorhandene und gestrichene / noch zu streichende Stellen.
Die von den Ämtern und Eigenbetrieben benannten Einsatzmöglichkeiten werden derzeit vom städtischen Arbeitsförderer und dem JobCenter geprüft. Über den aktuellen Stand wird in der Sitzung des Verwaltungsausschusses mündlich berichtet.

Finanzielle Auswirkungen




Beteiligte Stellen






Dr. Wolfgang Schuster

Anlagen



1. Änderung des Kooperationsvertrages
2. Rahmenvereinbarung
3. Monitoringbericht des JobCenters