Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Kultur/Bildung und Sport
Gz: KBS
GRDrs 876/2001
Stuttgart,
09/12/2001



Umbenennung der Stadtteilbücherei Ost in “Stadtteilbücherei Ost -
Eduard Pfeiffer Bücherei"




Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Ausschuss für Kultur und Medien
Verwaltungsausschuß
Gemeinderat
Vorberatung
Vorberatung
Beschlußfassung
öffentlich
öffentlich
öffentlich
10.10.2001
10.10.2001
11.10.2001



Beschlußantrag:

Der Umbenennung der Stadtteilbücherei Ost in “Stadtteilbücherei Ost – Eduard Pfeiffer Bücherei” anlässlich des 100 jährigen Jubiläums der Stadtbücherei wird zugestimmt.


Kurzfassung der Begründung:
Ausführliche Begründung siehe Anlage 1

Im November diesen Jahres blickt die Stadtbücherei Stuttgart auf eine 100jährige Geschichte zurück. Es gibt mehrere Ursprünge der heutigen Stadtbücherei. Eine Wurzel lag in der Stiftung des Gebäudes Silberburgstrasse 191 durch den Verleger Carl Engelhorn, eine andere in der Gründung der Volksbibliothek in Ost durch Eduard Pfeiffer. Die Stadtteilbücherei Ost wird im Rahmen des Jubiläums an Eduard Pfeiffer erinnern und möchte zu seinen Ehren den Beinamen Eduard Pfeiffer Bücherei tragen. Damit greift die Stadtteilbücherei Ost eine etwas in Vergessenheit geratene Tradition wieder auf, dass die Stadtteilbüchereien die Namen bedeutender Persönlichkeiten tragen.


Beteiligte Stellen

Referat A, Referat St, Referat T

Vorliegende Anträge/Anfragen

Beschluss des Bezirksbeirats Stuttgart-Ost vom 18.07.2001







Dr. Iris Jana Magdowski


Anlagen


Anlage 1 zur DrsNr. 876/2001

Ausführliche Begründung:

Am 19. November diesen Jahres feiert die Stadtbücherei Geburtstag. Genau vor 100 Jahren stiftete der Verleger Carl Engelhorn dem 1897 gegründeten Verein “Volksbibliothek Stuttgart” ein repräsentatives Haus in der Silberburgstrasse 191. Damit begann eine neue Epoche in der Geschichte der Bücherei in Stuttgart, die eng verbunden ist mit der Entwicklung der Stadt. Aus heutiger Sicht ist das große bürgerschaftliche Engagement und die Bedeutung von Stiftungen zur Förderung der Bildung als Wurzel der Bücherei besonders aktuell.

Auch in anderen Orten – heutigen Stadtteilen – entstanden um die Zeit Volksbibliotheken. Eine besondere Bedeutung hat die Geschichte der von Eduard Pfeiffer initiierten Volksbibliothek in Ost, die von der Stadtteilbücherei Ost in einer Ausstellung und begleitenden Veranstaltungen thematisiert wird.

Die Verdienste Eduard Pfeiffers um das Stuttgarter Büchereiwesen sind der Ausgangspunkt für die Idee, die Stadtteilbücherei Ost in der Schönbühlstraße in ”Stadtteilbücherei Ost – Eduard Pfeiffer Bücherei” umzubenennen. Mit der geplanten Namensgebung soll an den Stuttgarter Ehrenbürger erinnert werden, dessen Todestag sich in diesem Jahr zum 80. Mal jährt.

Eduard Pfeiffer (1835-1921), war ein vielfach geehrter Stuttgarter Wohltäter (Geheimer Hofrat, Stuttgarter Ehrenbürger). Pfeiffer stammte aus einer wohlhabenden Stuttgarter Familie jüdischer Herkunft. Er war Wirtschafts- und Finanzfachmann, Politiker und Schriftsteller. Von 1868 bis 1876 war er Landtagsabgeordneter im württembergischen Landtag.

In zahlreichen württembergischen Unternehmen (u.a. bei der Württembergischen Vereinsbank und bei WMF) fungierte er als Aufsichtsrat. Von 1863 bis 1875 bestimmte er den Werdegang des unter seiner Regie gegründeten Stuttgarter ”Konsum- und Ersparnisvereins” (später CO-OP Schwaben”). Darüber hinaus verfasste er theoretische Arbeiten zur Konsumgenossenschaftsbewegung. Er war Mitglied in wohltätigen und sozialen Vereinen, Verbänden und Gesellschaften in und um Stuttgart und setzte Vermögen, Wissen und Tatkraft für diese Einrichtungen ein.

1866 gründete er den ”Verein für das Wohl der arbeitenden Klassen” (VWaK), dessen
Hauptanliegen in der Verbesserung der sozialen Verhältnisse der Arbeiterklasse lag.

Von 1891 – 1903 baute er die Kolonie Ostheim mit über 1000 ”gesunden und billigen” Wohnungen in einem neu geschaffenen Wohnquartier für Arbeiter, Handwerker und kleine Kaufleute (dazu Veröffentlichung ”Eigenes Heim und billige Wohnungen. Ein Beitrag zur Lösung der Wohnungsfrage mit besonderem Hinweis auf die Erstellung der Kolonie Ostheim” Stuttgart 1896).

In dieser Kolonie wurde ein Bürgerverein gegründet. 1896 schrieb Eduard Pfeiffer in ”Eigenes Heim und billige Wohnungen”: ”Die Bewohner der Kolonie haben gleich im ersten Jahre einen Bürgerverein gebildet, der in raschem Emporwachsen begriffen ist. Als eine der ersten Schöpfungen dieses Vereins war die Gründung einer Volksbibliothek zu begrüßen; hierfür waren die nötigen Räume zu beschaffen.”

Die Bibliothek (eine der frühesten Volksbüchereien in Stuttgart) zog dann in Räume in einer von Pfeiffer anonym gebauten Kinderkrippe in der Schwarenbergstraße. Im darauffolgenden Jahr regte Pfeiffer als Vorsitzender des ”Vereins für das Wohl der arbeitenden Klasse” die Übernahme der Volksbibliothek in den Verein an. Dieser Vorschlag wurde bald darauf umgesetzt, so daß im Protokoll vermerkt wurde: ”[...] Im Anschluß daran macht der Vorsitzende die Mitteilung, daß die Zahl der Besucher der Volksbibliothek in Ostheim im Jahr 1897 zusammen 2607, in den Monaten Jan. & Febr. 1898 447 betrug und daß im Jahr 1897 3207, im Jan. & Febr. 1898 664 Bände entliehen worden sind.”

Bis 1933 blieb die Volksbibliothek im Besitz des Vereins und wurde dann in die Volksbücherei Stuttgart integriert.

In die Planungen zur Umbenennung der Stadtteilbücherei Ost einbezogen sind die Eduard-Pfeiffer-Stiftung und der Bau- und Wohlfahrtsverein (vormals VWaK). Beide Einrichtungen unterstützen das Vorhaben und das Jubiläumsprogramm ideell und finanziell. Das Ehepaar Pfeiffer war kinderlos, so dass direkte Nachkommen nicht existieren.

Der Bezirksbeirat Stuttgart-Ost befürwortet die Umbenennung der Stadtteilbücherei (Beschluss vom 18.07.2001)