Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
149
2 und 3
VerhandlungDrucksache:
420/2006 u. 421/2006
GZ:
WFB 9318 WFB 9020-00
Sitzungstermin: 13.07.2006
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Dr. Schuster
Berichterstattung:der Vorsitzende, EBM Föll
Protokollführung: Frau Huber-Erdtmann
Betreff: Abschluss der Jahresrechnung 2005 (TOP 2)
Zwischenbericht zur Finanzlage 2006 (TOP 3)

Vorgang: für TOP 2: Verwaltungsausschuss vom 12.07.2006, nicht öffentlich, Nr. 245

Ergebnis: einmütige Zustimmung

für TOP 3: Verwaltungsausschuss vom 12.07.2006, nicht öffentlich, Nr. 246

Ergebnis: Kenntnisnahme ohne Einwendungen


Beratungsunterlagen sind die Vorlagen des Referats Wirtschaft, Finanzen und Beteiligungen vom 30.06.2006, GRDrs 421/2006 (TOP 3, Mitteilungsvorlage) und vom 23.06.2006, GRDrs 420/2006 (TOP 2), mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Dem Vermögenshaushalt 2005 werden vom Verwaltungshaushalt zugeführt

a) die allgemeine Zuführung des Verwaltungshaushalts an den Vermögenshaushalt aus Mitteln der AFipo. 1.9190.8600.000 von 152.820.969,16 EUR,

b) die Zuführungen zu Sonderrücklagen aus Mitteln der AFipo. 1.9190.8610.000 von 1.755.792,16 EUR (davon entfallen auf Zuführungen zur Erddeponierücklage 410.131,82 EUR und zur Pensionsrücklage 321.368,00 EUR sowie auf den Überschuss des Stiftungs- und des Fondshaushalts im Verwaltungshaushalt [UAe 8900 und 8910] 1.024.292,34 EUR).


2. Dem Verwaltungshaushalt 2005 werden vom Vermögenshaushalt zugeführt

3. Im Haushaltsjahr 2005 werden zugeführt

a) der allgemeinen Rücklage aus Mitteln der AFipo. 2.9100.9101.000-0002 - Zuführung Teilrücklage Parkmöglichkeiten -472.777,25 EUR,

b) AFipo 2.9100.9104.000-0002 - Zuführung Teilrücklage Klinikum -51.130.000,00 EUR,

c) der Sonderrücklage für Erddeponierekultivierung aus Mitteln der AFipo. 2.9100.9110.000-0004 - Zuführung Erddeponierücklage - 410.131,82 EUR,

d) der Pensionsrücklage aus Mitteln der AFipo. 2.9100.9110.000-0005
e) dem Stiftungsvermögen aus Mitteln der AFipo. 2.8900.9110.000-0002

4. Im Haushaltsjahr 2005 werden entnommen

a) der allgemeinen Rücklage

zugunsten der EFipo. 2.9100.3100.000-0001 - Entnahme Allgemeine Rücklage - 15.424.750,56 EUR,
zugunsten der EFipo. 2.9100.3101.000-0001 - Entnahme Teilrücklage Parkmöglichkeiten - 157.443,62 EUR,
zugunsten der EFipo. 2.9100.3102.000-0001 - Entnahme Teilrücklage Zukunfts-investitionsprogramm - 65.628.486,69 EUR,
zugunsten der EFipo. 2.9100.3104.000-0001 - Entnahme Teilrücklage Klinikum - 10.563.000,00 EUR,
zugunsten der EFipo. 2.8910.3104.000-0001 - Entnahme Teilrücklage Fonds - 440.317,75 EUR,

b) der Pensionsrücklage zugunsten der EFipo. 2.9100.3110.000-0001 - Entnahme Pensionsrücklage - 10.444.368,00 EUR.


5. Der Übertragung von Haushaltsausgaberesten im Stadthaushalt 2005 nach Anlage 1, und zwar

    im Verwaltungshaushalt von
43.058.457,81 EUR
    im Vermögenshaushalt von
159.448.464,46 EUR
    zusammen von
202.506.922,27 EUR
6. Folgende überplanmäßige Ausgaben werden 2005 zugelassen:

Im Schulbereich für Brandschutzmaßnahmen bei AFipo.

1.2110.5010.000 - Unterhaltung von Schulgebäuden - 2.300.000 EUR.

Sonstige überplanmäßige Ausgaben bei AFipo.

1.5100.7157.000 - Verlustausgleich Klinikum - 11.705.000 EUR,
1.7920.7130.000 - Umlage Verband Region Stuttgart - 914.000 EUR
1.9000.8310.000 - Finanzausgleichsumlage - 18.800.580 EUR
2.8810.9690.000-0999 - Erschließungsbeiträge - 817.000 EUR
2.9110.9772.100-0040 - Außerordentliche Schuldentilgung - von 699.078 EUR.

Die Mehrausgaben von zusammen 35.235.658 EUR werden wie folgt gedeckt bei EFipo.

1.9000.0030.000 - Gewerbesteuer - 14.704.078 EUR;
1.9000.0410.000 - Schlüsselzuweisungen vom Land - 18.800.580 EUR,
2.6200.3400.000-0001 - Verkaufserlöse aus Grundvermögen - 817.000 EUR

und bei AFipo. 1.9140.8500.000 - Deckungsreserve - 914.000 EUR.



OB Dr. Schuster hält das Einverständnis des Gemeinderats fest, die Tagesordnungspunkte 2 und 3 gemeinsam zu beraten.

Der Vorsitzende merkt an, dass zu einer nachhaltigen Politik nicht nur die ökologische Seite gehöre, sondern auch die finanzielle. Es sei auf Dauer wenig sinnvoll, wenn stets mehr ausgegeben als eingenommen wird. Eine solche Haltung habe man vielleicht noch rechtfertigen können, als es ein hohes Wachstum in der Wirtschaft, an Arbeitsplätzen und an Bevölkerung gegeben habe, womit auch ein Wachstum der Steuereinnahmen verbunden gewesen sei. Diese Zeiten seien vorbei, denn die demographische Entwicklung führe dazu, dass immer weniger Köpfe immer mehr Lasten tragen müssen - von den Schulden, die aufgehäuft worden sind, über die Renten, die nicht finanziert sind, über die Pflege, die erwartet werde, bis dahin, dass die nächste Generation ihr Einkommen selber erwirtschaften muss, für ihre Kinder sorgen soll und für die eigene Altersvorsorge ebenfalls.

Er halte es daher für zwingend notwendig, dass man im Rahmen der jeweiligen Verantwortung zu einer soliden Finanzpolitik zurückkehrt und nicht mehr ausgibt als man einnimmt. Es sei richtig, dass die Stadt Stuttgart ihre Haushaltskonsolidierung insoweit fortsetzt, als sie einen ausgeglichenen Haushalt erreicht und somit der nächsten Generation ebenfalls Gestaltungsmöglichkeiten politischer und gesellschaftlicher Art eröffnet. Deshalb sei er froh, einen Jahresabschluss 2005 und einen Zwischenbericht vorlegen zu können, der diesen Kriterien entspricht.


Die Ausführungen von EBM Föll und den Mitgliedern des Gemeinderats sind nachfolgend im leicht gekürzten und redigierten Wortlaut wiedergegeben.

EBM Föll:

"Der Abschluss 2005 ist besser als im Haushaltsplan vorgesehen. Wenn es so gekommen wäre, wie im Haushaltsplan niedergelegt, wäre der Abschluss eine mittlere Katastrophe. Ich darf daran erinnern, dass der im Dezember 2003 verabschiedete Haushalt 2005 eine Kreditaufnahme extern und intern von über 175 Mio. € vorgesehen hatte. Nun ist der Abschluss besser als erwartet, denn wir haben eine Zuführungsrate von 152,8 Mio. € erwirtschaftet.

Dennoch mussten wir zum Ausgleich des Abschlusses 15,4 Mio. € den allgemeinen Rücklagen entnehmen. Das konnten wir, weil wir einen guten Jahresabschluss 2004 hatten. Aber diese Rücklagenentnahme von 15,4 Mio. € ist insofern etwas geschönt, als durch die Umstellung der Abrechnung der Eingliederungshilfe aufgrund der Auflösung der Landeswohlfahrtsverbände nur drei Quartale in das Jahresergebnis eingeflossen sind. Das ist ein Volumen von 22 Mio. € und im ersten Jahr ein Einmaleffekt, den es in den Folgejahren nicht mehr gibt. Daher müssten Sie eigentlich die 22 Mio. € dazuaddieren.

Wenn wir die Entwicklung der Schulden der Stadt betrachten, dann sind wir im Jahr 2005 einen Schritt vorangekommen. Ich betone das deshalb, weil mit der Entschuldung der Stadt, was den kameralen Haushalt anbelangt, auch der Zinsaufwand deutlich zurückgeht. Ich will das an zwei Zahlen veranschaulichen: Wir hatten im Haushaltsjahr 1994 einen Zinsaufwand von 85,5 Mio. € und im Haushaltsjahr 2005 von 12,6 Mio. €; das ist ein Unterschied von rund 73 Mio. €. Ohne diesen reduzierten Zinsaufwand wäre unsere Zuführungsrate nur halb so hoch. Es ist daher der richtige Kurs, dass wir die Entschuldung der Stadt fortsetzen, solange wir über einigermaßen stabile Gewerbesteuereinnahmen auf einem respektablen Niveau verfügen.

Der Zwischenbericht 2006 legt Ihnen dar, dass wir bei der Zuführungsrate von Verbesserungen in einer Größenordnung von 70 Mio. € ausgehen, sodass aus heutiger Sicht insgesamt eine Zuführung von 78 Mio. € zu erwarten ist. Dies ist vor allem auf einen leichten Anstieg bei den Gewerbesteuereinnahmen zurückzuführen. Wir gehen von einem Bruttoergebnis von 570 Mio. € aus; im Haushaltsplan waren 526 Mio. € veranschlagt.

Lassen Sie mich noch einen kurzen Ausblick auf das Jahr 2007 machen. Wir haben in erheblichem Umfang finanzielle Risiken, die ich Ihnen benennen möchte:

Wir haben zum einen auf Landesebene die Diskussion, dass auch im Jahr 2007 und den folgenden durch die Landespolitik Eingriffe in den kommunalen Finanzausgleich vorgenommen werden sollen. Es geht nun darum, das Schlimmste für die Städte und Gemeinden zu verhindern.

Wir haben im Zusammenhang mit Hartz IV bei den Kosten der Unterkunft nach SGB II erhebliche Risiken, und zwar in doppelter Hinsicht. Zum einen steigen die Fallzahlen - wie berichtet - deutlich an, und wir haben nach dem Entwurf des Bundeshaushalts 2007 für das kommende Jahr damit zu rechnen, dass der Bund nur noch die Hälfte der Kostenbeteiligung der Jahre 2005 und 2006 leistet. Im Bundeshaushalt sind für 2007 bundesweit 2 Mrd. € veranschlagt, im Jahr 2006 sind es 4 Mrd. €. Wir reden hier über finanzielle Einbußen für Stuttgart in einer Größenordnung von 10 bis 13 Mio. € pro Jahr.

Und nicht zuletzt ist auch das Klinikum Stuttgart ein finanzielles Risiko. Wir haben zusätzliche Belastungen aus den Tarifverhandlungen mit dem Marburger Bund zu erwarten, und wir haben die Gesundheitsreform, die für die Krankenhäuser die Finanzierung nicht einfacher macht. Dieses in Einklang zu bringen mit dem ohnehin ambitionierten Sanierungsplan, nämlich bis zum Jahr 2010 eine schwarze Null zu schreiben, ist eine sehr ehrgeizige, aber hoffentlich machbare Aufgabe. Dennoch ist es ein Risiko, ebenso die Umsetzung der baulichen Machbarkeitsstudie für das Klinikum. Wir haben bislang in der Finanzplanung lediglich den Neubau des Olgahospitals und der Frauenklinik am Katharinenhospital vorgesehen.

Wir sind auf solidem Weg - das kann man nach meiner Einschätzung nach diesem Abschluss und Ausblick sagen, aber es besteht zu Euphorie kein Anlass. Auch der Glaube, dass wir in Stuttgart bereits im Schlaraffenland leben, ist ein Irrglaube. Wir können diesen soliden Weg in den nächsten Jahren nur dann halten, wenn die Finanzpolitik der Stadt von Ihnen als Gemeinderat und von der Stadtverwaltung gemeinsam auf dem bisherigen Kurs gehalten wird: konsequenter Sparkurs mit strikter Ausgabendisziplin, Aufgabenkritik und Maßnahmen zur strukturellen Haushaltsentlastung. Das verschafft uns die finanziellen Spielräume für Investitionen und nicht zuletzt für Entscheidungen, wie z. B. jetzt im Jahresabschluss 2005 für die Schulen zusätzlich 2,3 Mio. € zur Verfügung zu stellen, um beim Bauunterhalt an den Schulen einen weiteren Schritt zu machen und Rückstände entsprechend aufzuarbeiten.

Ich darf Sie bitten, dem Abschluss zuzustimmen und den Finanzzwischenbericht zur Kenntnis zu nehmen."

StR Uhl (CDU):

"Die Jahresrechnung der Stadt für 2005 sieht positiv aus. Es war ein erfreuliches Jahr, wenn man sich die Entwicklung der Gewerbesteuer und der sonstigen Einnahmen der Stadt anschaut. Es ist das Verdienst dieses Gemeinderats und der Verwaltung mit dem Finanzbürgermeister an der Spitze, dass der konsequente Sparkurs fortgesetzt wurde. Zusammen mit den gestiegenen Gewerbesteuereinnahmen wurde dadurch die geplante Aufnahme von ca. 170 Millionen neuer Kredite vermieden. Damit sind wir dem Ziel, im Jahr 2010 schuldenfrei zu sein, ein gutes Stück näher gekommen.

Trotzdem besteht kein Anlass zur Euphorie. Für 2006 ist zwar mit 570 Mio. € aus der Gewerbesteuer zu rechnen, die Zuführungsrate wird sich voraussichtlich auf 70 Millionen erhöhen, aber wir müssen auch mit den von EBM Föll genannten erheblichen Risiken rechnen. Unser gemeinsames Ziel ist aber, dass der städtische Haushalt im Jahr 2010 schuldenfrei sein soll, und daran werden wir gemeinsam mit Ihnen, Herr EBM Föll, arbeiten. Eine schuldenfreie Stadt, die Spielraum gibt für Investitionen in Schulen, Kinder, Forschung, Verkehr und Kultur ist das Ziel der CDU-Fraktion. Wir stimmen dem Jahresabschluss 2005 zu und bedanken uns ausdrücklich bei Ihnen und Ihren Mitarbeitern, Herr Erster Bürgermeister."

StR Kanzleiter (SPD):

"Die SPD-Fraktion stimmt dem Abschluss der Jahresrechnung 2005 zu, und wir nehmen auch vom Bericht über die Finanzlage der Stadt im Jahre 2006 Kenntnis. Ich möchte am Anfang meiner kurzen Ausführungen den Dank an alle Beteiligten, die mit der Haushaltserstellung oder mit dem Haushaltsvollzug zu tun haben, aussprechen - das sind die Kollegen und Kolleginnen in der Finanzverwaltung, aber auch in den Ämtern der Stadt, Ich danke allen Beschäftigten, dass sie die Maßnahmen, die der Gemeinderat beschlossen hat, auch bereit waren zu tragen - wenn es auch manchmal schwer gefallen ist, denn wir stellen nach wie vor fest, dass die Personalausgaben sinken, aber die Aufgaben insgesamt steigen. Über diese Diskrepanz müssen wir nachdenken, und wir müssen uns überlegen, wie wir diesem Problem in der Zukunft Rechnung tragen. Aus unserer Sicht sind Sondersparmaßnahmen im Personalbereich angesichts der aktuellen Haushaltslage nicht mehr erforderlich; wir könnten also ohne weiteres auf Stellenwiederbesetzungssperren und Beförderungssperren verzichten, damit man sie wieder anwenden kann, wenn es uns eines Tages schlechter gehen sollte. Wir geben ja mit dem Stellenplan auch vor, was wir für notwendig halten, um die städtischen Aufgaben zu erfüllen.

Wir werden auch künftig Ausgaben tätigen müssen, um unser Vermögen zu erhalten und um unsere Stadt weiter auszubauen. Unser Vermögen zu erhalten heißt auch, die Einrichtungen der Stadt in einem Zustand zu halten, dass sie arbeitsfähig sind. Wir haben im Rahmen der Haushaltsplanberatungen das Thema Schulen vertieft behandelt und waren uns darüber einig - OB Dr. Schuster hatte uns diese Zusage gegeben -, dass wir zusätzliche Mittel für die Sanierung und für den Unterhalt unserer Schulen bereitstellen, wenn der Haushaltsabschluss es zulässt. Ich darf Ihnen, Herr Oberbürgermeister, ausdrücklich danken, dass Sie Ihre Zusage einhalten und diese 2,3 Mio. € zur Verfügung stellen. Die Mittel sollen für den Brandschutz eingesetzt werden. Wir gehen davon aus, dass die Mittel im Budget des Schulverwaltungsamtes zur Verfügung stehen und dass durch die gegenseitige Deckungsfähigkeit auch die Maßnahmen beim Unterhalt der Gebäude, die oberste Priorität genießen, dann zusätzlich durchgeführt werden können. Dies alles ist möglich, weil wir im Jahre 2005 eine erhebliche Verbesserung hatten.

Es gibt auch wieder Haushaltsreste. Das Thema muss angesprochen werden, wenngleich ich das jetzt nicht mit Vorwürfen verbinde, denn Haushaltsreste haben wir immer gehabt. Positiv ist, dass sie diesmal geringer sind als im letzten Jahr. Wir brauchen sie, um die beschlossenen Projekte umzusetzen. Allerdings zeigen Haushaltsreste meines Erachtens auch, dass wir - gerade was die Arbeitsfähigkeit der Verwaltung angeht - darüber nachdenken müssen, wie wir die beschlossenen Projekte auch wirklich 'auf Baustelle bringen'. Das ist nicht alleine eine Frage des Personals.

Das aktuelle Jahr 2006 ist aus heutiger Sicht als ein normales Jahr zu bezeichnen mit positiven Aspekten. Wir hoffen, dass sie am Ende des Jahres auch eingetreten sind. Natürlich sind Risiken, wie sie vom Ersten Bürgermeister angesprochen worden sind, nicht zu übersehen. Beim Thema Hartz IV muss ich wieder darauf hinweisen, dass bei den Unterbringungskosten das Land den Kommunen gegenüber in der Pflicht steht - und zwar massiv. Ich fürchte, dass es zu weiteren Kürzungen kommt, wenn wir uns nicht unserer Haut wehren, und ich fordere uns alle auf, uns auf unserer politischen Ebene des Landes und des Bundes darum zu kümmern. Wir brauchen eine gesunde Finanzverfassung für die Kommunen, denn hier vor Ort werden die Dinge gemacht, die die Bürgerinnen und Bürger brauchen, und das wollen wir auch in der Zukunft umsetzen."

StR Wölfle (90/GRÜNE):

"In der Stuttgarter Zeitung ist von einem jährlichen Ritual geschrieben worden - aber es ist ein erfreuliches Ritual, fast wie Weihnachten. Machen wir schnell weiter, sonst wird der Wunschkatalog, der an uns gerichtet wird, immer größer.

EBM Föll hat die Risiken benannt. Den ÖPNV-Bereich brauche ich nicht extra anzusprechen. Wir beide lernen, dass das Land noch üben muss, wie man bei sich spart und nicht stattdessen anderen in die Taschen greift. Ein Thema wurde noch nicht angesprochen, nämlich Stuttgart 21. Angesichts unserer guten Finanzlage könnte es zu Forderungen kommen, wir sollten mehr bezahlen, wenn wir Stuttgart 21 unbedingt wollen. Auch wenn OB Dr. Schuster sich dagegen verwahrt hat, so treibt uns diese Sorge doch um.

Der Sanierungsberg, den wir an unseren Schulen haben, bedarf solcher guten Jahresabschlüsse. Ich würde Ihnen einen weiteren mutigen Schritt empfehlen: Gehen Sie mit uns die Wiederbesetzungssperre an, weil das Personal bekanntermaßen an diesem guten Ergebnis mit beteiligt ist. Wir können auf die Wiederbesetzungssperre jetzt verzichten. Das wäre eine kleine Geste an das Personal."

StR J. Zeeb (FW):

"Die Freien Wähler freuen sich vor allem, dass aufgrund der Finanzlage im Jahr 2005 2,3 Mio. € Rückstellungen für Brandschutzmaßnahmen gebildet werden können, um damit das Schulbudget für Gebäudeunterhaltung zu entlasten.

Das Thema Haushaltsreste wurde im Verwaltungsausschuss heftig diskutiert, wobei unser Kämmerer dies eine Phantomdiskussion genannt hat, die niemandem nützt oder auch schadet. Wir sehen das nicht ganz so. Wir müssen weiter darauf hinarbeiten, dass die Gewerbesteuer auch künftig fließt und dass unsere ortsansässigen Firmen und Gewerbetreibenden genügend Arbeit haben. Ein Mittel dazu sind die Investitionen, die von der Stadt Stuttgart als großem Auftraggeber beschlossen werden.

Vor allem sind wir der Meinung, dass beschlossene und damit notwendige bauliche Investitionen schneller umgesetzt werden müssen. Dafür sollen wir die notwendigen Rahmenbedingungen erarbeiten. Das Personal der beteiligten Ämter darf nicht laufend nur reduziert, sondern müsste auch einmal aufgestockt werden. Ich denke hier an die beteiligten Ämter wie Hochbau- und Planungsamt, Baurechtsamt.

Wir Freien Wähler anerkennen die Finanzpolitik des Kämmerers. Auf eingeplante Kreditaufnahmen zu verzichten, ist gut. Auch wir sehen die genannten Risiken. Es ist richtig, dass man sie immer im Auge behält. Die Freien Wähler bestätigen Sie, Herr EBM Föll, in dieser Finanzpolitik und hoffen, dass 2007 kein größerer Einbruch entsteht, als bis jetzt zu erwarten ist."

StR R. Zeeb (FDP):

"Ich könnte meine Ausführungen mit den Worten 'die gleiche Vorgehensweise wie letztes Jahr' beginnen. Damals habe ich meine Glückwünsche für das durchaus gute Jahresergebnis ausgesprochen. Auch heute bleiben mir und meinen Kollegen nur Worte der Anerkennung für den guten Haushalt. Aber das ist ja auch darauf zurückzuführen, dass der Gemeinderat sich gut vor den Wagen hat spannen lassen und seit 1993 eine konsequente Haushaltskonsolidierung verfolgt, deren Ergebnis sich auch heute wieder zeigt.

In Bezug auf die Haushaltsreste ist klar, dass wir das Geld jetzt nicht ausgeben können, sondern die Ziele weiter verfolgen müssen. Man sollte aber bei kleinen notwendigen Wünschen - beispielsweise bei Beträgen für Kinderspielplätze in Höhe von 3.000 bis 5.000 € - etwas großzügiger sein.

Man sollte das Geld da investieren, wo es gebraucht wird, wie bei den schon angesprochenen Sanierungen im Schulbereich. Ich erwarte natürlich auch, dass die Haushaltsbeschlüsse in den zwei Jahren gut umgesetzt werden. Von Geldnot können wir nicht reden, denn wir können davon ausgehen, dass die gute Entwicklung anhält. Ich hoffe, dass der Kämmerer keinen Nachtragshaushalt zum Sparen vorlegen muss und dass wir keine unüberlegten Baubeschlüsse für Projekte machen, die noch nicht reif sind. Unser Dank gilt der Verwaltung für ihre gute Arbeit; wir freuen uns darüber."

StR Dr. Schlierer (REP):

"Das Ergebnis des Jahresabschlusses 2005 ist sicher erfreulich. Zwar ist die Pro-Kopf-Verschuldung trotz gestiegener Einwohnerzahl leicht angestiegen, aber sehr erfreulich ist natürlich, dass außerordentliche Kredittilgungen vorgenommen werden konnten und auf Kreditaufnahmen z. T. verzichtet wurde. Man muss sich in diesem Zusammenhang allerdings wieder klar machen, dass wir immer noch 937 Mio. € Schulden haben und dass auch bei einer Reduzierung der Kreditaufnahme durch Entnahme von 66 Mio. € aus der Allgemeinen Rücklage im Jahr 2006 noch eine innere Darlehensaufnahme in Höhe von 148 Mio. € vorgesehen ist. Bis zur Null-Verschuldung ist also noch ein weiter Weg.

Nach ersten Schätzungen werden wir im Jahr 2006 eine Verbesserung beim Gewerbesteueraufkommen haben. Allerdings können wir nicht von einem dauerhaften Konjunkturaufschwung ausgehen, da es sich auch um vorgezogene Ausgaben im Jahr 2006 im Blick auf die Mehrwertsteuererhöhung 2007 handeln kann. Es ist also fraglich, ob das ein fortzuschreibender Effekt für das nächste Jahr wird.

Dazu müssen wir das Ganze ja vor dem Hintergrund der desolaten Finanzen des Landes sehen. Ich sage das deshalb, weil in der letzten Zeit im Zusammenhang mit der so genannten Null-Verschuldungsdebatte - unter der sehr Verschiedenes zu verstehen ist - immer wieder der Eindruck erweckt wurde, dass sich jetzt Bund, Länder und Gemeinden zumindest versuchsweise einer künftigen und weiteren Netto-Neuverschuldung entziehen wollen. Allerdings haben sich bis heute die Regierungsfraktionen im Landtag nicht dazu durchringen können, ein entsprechendes Verfassungsgebot zu verankern, damit der notwendige Druck entsteht, sich diesem Ziel auch tatsächlich zu nähern. Da die Netto-Neuverschuldung des Landes weiter steigen wird, werden wir uns darauf einstellen müssen, dass die Leistungen an die Kommunen eher reduziert werden. Ich bin mir sicher, dass das eine der entscheidenden Positionen sein wird, wo das Land auch künftig Spareffekte erzielen wird.

Wir werden noch ein weiteres Risiko ins Auge fassen müssen. Im Bereich der Krankenhäuser sehe ich neben den schon genannten Kostenerhöhungen Risiken im Blick auf die Umsetzung des Klinikums-Neubaus. Es bleibt zu hoffen, dass die ungünstige Entwicklung bei den Landesfinanzen keine neuen Handlungszwänge für die Stadt erzeugt.

Wir sind deshalb der Ansicht, dass es richtig und wichtig ist, den Sparkurs fortzusetzen, die bisherigen Positionen nicht aufzuweichen, sondern klar zu machen, dass - gerade im Blick auf die Risiken der letzten Jahre - alles getan werden muss, um jetzt, wo es noch möglich ist, die Schulden weitestgehend zu reduzieren. Deshalb werden wir den Vorlagen zustimmen."

StRin Küstler (DIE LINKE.PDS):

"Dieser Jahresabschluss ist nicht nur besser, wie es EBM Föll gesagt hat, sondern sehr viel besser. Das ist erfreulich. Es ist richtig, die Zuführungsrate zu erhöhen. Ich freue mich allerdings auch sehr über die 2,3 Mio. € für die Schulen. Ebenso erfreulich sind die Aussichten im Zwischenbericht. Aber auch hier findet das Ritual statt, dass die Zukunftsprognose düster gemalt wird, um politische Zwecke durchzusetzen.

Ich bin der Meinung, dass wir nicht jedes Mal in dieser Höhe Haushaltsreste haben dürfen, denn das bedeutet nichts anderes, als dass Beschlüsse des Gemeinderats nicht umgesetzt worden sind. Teilweise ist es unvermeidlich, aber teilweise müsste man darüber reden. Eigentlich müsste EBM Föll es uns rechtzeitig sagen, wenn bestimmte Vorhaben nicht durchgeführt werden können und es statt zur Ausführung zu Haushaltsresten kommt. Ich erinnere an die Diskussion in den Haushaltsplanberatungen über den Lärmschutz an Bahnanlagen in den Neckarvororten, wo Gelder nicht ausgegeben worden sind und dann auch im Weiteren nicht genehmigt wurden mit der Folge, dass der Lärmschutz dort nicht die ursprünglich beschlossene Qualität hat. Das ist für mich ein Beispiel, dass man rechtzeitig über solche Planungen reden muss, damit nicht Haushaltsreste entstehen, wo Handlungsbedarf wäre.

Da der Zwischenbericht zur Finanzlage eine Mitteilungsvorlage ist, kann ich ihn nur zur Kenntnis nehmen. Ich tue dies aber ausdrücklich mit Kritik. Ich stimme EBM Föll zu, dass wir sparen müssen, um die Schulden zu verringern. Allerdings sollten die Gelder, die wir vom Bund jetzt für den Sozialbereich mehr bekommen, auch im Sozialbereich ausgeben werden. Das Sparen war in den verschiedenen Ressorts für meine Begriffe etwas unterschiedlich verteilt. Bei Events waren wir großzügig, während im Sozialbereich z. T. um Tausender gerungen und gestritten wurde. Hier könnte man jetzt deutlich nachhelfen. Die Schulsozialarbeit, die Sucht- und Drogenhilfe, die Schuldnerberatung, die Situation der Flüchtlinge und viele weitere Punkte bräuchten eine Nachbesserung, so wie jetzt bei der Renovierung der Schulen nachgebessert wird. Ich stimme beiden Vorlagen zu, nehme aber die Mitteilungsvorlage mit Kritik zur Kenntnis.

StR Rockenbauch (SÖS):

"Für Euphorie ist der Fußball zuständig, für das Jammern die Politik. Aber das ist kein Naturgesetz, sondern das ist Strategie. Die Jammerkulisse braucht man immer dann, wenn man vor allem im sozialen Bereich den Rotstift ansetzen will. Ich freue mich, dass dieser Haushalt positiver als erwartet ausfällt, denn das straft das systematische Jammern Lügen. Spätestens jetzt ist nicht mehr plausibel, dass man z. B. beim Museumspädagogischen Dienst die Beiträge erhöht, aber eigentlich genug Geld hätte, darauf zu verzichten.

Auch dass man den Beschäftigten Mehrarbeit zumutet, war mit der Haushaltslage begründet. Jetzt läuft wieder alles besser. Das kann meiner Meinung nach so nicht weitergehen. Wenn man Schulden abbauen will, gibt es genug Projekte in anderen Bereichen, auf die wir getrost verzichten können. Ein Posten wäre z. B. ein Haushaltsrest von 250.000 € bei Stuttgart 21. Bei den Haushaltsplanberatungen habe ich weitere Vorschläge in Milliardenhöhe gemacht, die wir gerne zum Investieren benützen könnten - aber bitte nicht mehr diese Jammerkulisse für den Rotstift im sozialen Bereich!"

EBM Föll äußert sich zu einigen der angesprochenen Themen:

- Das obligatorische Thema Haushaltsreste sei in der Tat ein Phantom. Die Finanzverwaltung hätte überhaupt kein Problem damit, null Euro Haushaltsreste auszuweisen. Dann würde die Vorlage aber mit ziemlicher Sicherheit keine Zustimmung mehr finden, weil dann bestimmte Projekte nicht mehr finanziert würden, oft auch Projekte, die bereits begonnen wurden und bei denen der Abfluss der Mittel und ihre kassenmäßige Veranschlagung nicht 1 : 1 deckungsgleich sind. Natürlich könnte man bei künftigen Haushaltsplanberatungen die kassenmäßige Mittelveranschlagung zeitlich nach hinten schieben; dann würden sich auch automatisch die Haushaltsreste reduzieren. Wenn ein Projekt aber schneller laufen würde, müssten überplanmäßige Ausgaben beschlossen werden, und das sei für die Steuerung eines Haushalts wenig erfreulich.

Grund für die Haushaltsreste sei in der Regel nicht fehlendes Personal. Die knapp 160 Mio. € an Haushaltsresten seien ca. 30 % des Vermögenshaushaltsvolumens; es seien also vier Monate eines Vermögenshaushalts, die die Finanzmittel früher veranschlagt worden sind, als sie tatsächlich benötigt werden. Das sei nicht so viel, wie immer dargestellt wird.

Von den 160 Mio. € seien 22 Mio. € für Grunderwerb eingeplant, z. B. auch Zahlungen für die Schule für Informationstechnologie in der Breitwiesenstraße. Die entsprechenden Verträge seien abgeschlossen worden, aber die Zahlungsfälligkeiten hätten sich nach hinten verschoben. Auch für das Bürgerhaus Möhringen stünden 4 Mio. € als Haushaltsreste drin. Ohne diese Mittel könne man aber mit dem Bürgerhaus Möhringen nicht anfangen.

Er bitte daher, bei den Haushaltsresten "die Kirche im Dorf zu lassen" und das Thema nicht überzustrapazieren, zumal diese Haushaltsreste als überschüssige Liquidität angelegt würden, sodass Zinserträge erzielt werden. Ein Schaden entstehe der Landeshauptstadt Stuttgart dadurch nicht.

Im Bereich des Verwaltungshaushalts, wo man ja explizit vermeiden wolle, dass das "Dezemberfieber" ausbricht und es stattdessen möglich sein soll, dass Schulen und Stadtbezirke auch ansparen können, würden die Haushaltsreste lediglich 2 % des Verwaltungshaushaltsvolumens betragen.

- Schuldenentwicklung: Wenn man alles zusammenrechne, habe die Stadt in der Tat 937,5 Mio. € Schulden. Dabei müsse man aber sehen, dass davon alleine 161 Mio. € eine stille Einlage bei der LBBW sind, für die die Stadt höhere Erträge bekomme, als sie Darlehenszinsen zahlt, d. h. diese Schulden würden sich selbst refinanzieren, ja es werde sogar noch eine zusätzliche Einnahme für den Haushalt erwirtschaftet. Dieser Betrag sei garantiert und nicht von irgendwelchen Entwicklungen an den Kapitalmärkten abhängig.

Weiter seien in den Schulden auch die 216 Mio. € an inneren Darlehen enthalten, die die Stadt sich also selber als Kredit gebe, sowie 295 Mio. € Schulden, die Gebührenhaushalten zuzurechnen sind, nämlich den Gebührenhaushalten von Stadtentwässerung und Abfallwirtschaft. Da Zins und Tilgung in die Gebührenkalkulation einfließen, müsse dieser Betrag nicht im Haushalt erwirtschaftet werden. Natürlich sollte man diese Schulden im Auge behalten, denn wenn sie drastisch steigen, würden sich die Gebühren entsprechen erhöhen.

Entscheidend als Steuerungsgröße seien die so genannten kameralen Schulden, d. h. dort, wo Zins und Tilgung im Stadthaushalt erwirtschaftet werden muss. Hier sei man einen Schritt weitergekommen. Die Zahlen habe er ja genannt. Es sei daher richtig, den bisherigen Kurs fortzusetzen.

- Gegenüber StRin Küstler und StR Rockenbauch wolle er anmerken, dass ihre Äußerungen nichts mit der Realität der Zahlen zu tun hätten, denn noch nie habe man im Stadthaushalt so viel Geld im sozialen Bereich ausgegeben. Die Entlastungen durch den Bund aufgrund dessen Beteiligung an den Kosten der Unterkunft bei Hartz IV habe man im vollen Umfang - und noch darüber hinaus - in den Ausbau der Kinderbetreuung in den Jahren 2006/2007 und den fortfolgenden Jahren gesteckt. Es sei also einfach falsch, dass zu Lasten des sozialen Bereichs gespart würde. Man müsse allerdings auch hier - wie überall - Prioritäten setzen.

An den von StR Rockenbauch angedeuteten Einsparungsvorschlägen in den Bereichen außerhalb des sozialen Bereiches sei er sehr interessiert. Die Verwaltung würde sich gerne qualifiziert damit auseinandersetzen.

Abschließend stellt OB Dr. Schuster fest:

TOP 2: Der Gemeinderat beschließt die GRDrs 420/2006 einstimmig wie beantragt.

TOP 3: Der Gemeinderat hat von der Mitteilungsvorlage GRDrs 421/2006 Kenntnis genommen.