Protokoll:
Gemeinderat
der Landeshauptstadt Stuttgart
Niederschrift Nr.
TOP:
150
2, 3
Verhandlung
Drucksache:
573/2002, 574/2002
GZ:
9318, 9011-05
Sitzungstermin:
07/18/2002
Sitzungsart:
öffentlich
Vorsitz:
OB Dr. Schuster
Berichterstattung:
EBM Dr. Lang
Protokollführung:
Frau Haasis
pö
Betreff:
- Abschluss der Jahresrechnung 2001
- Nachtragshaushaltssatzung mit
Nachtragshaushaltsplan für die
Haushaltsjahre 2002/2003
Vorgang: Verwaltungsausschuss vom 17.07.2002,
nichtöffentlich, Nrn. 341 und 342
Ergebnis: Vorberatung
Beratungsunterlage ist die Vorlage des Finanz- und Beteiligungsreferats vom 08.07.2002, GRDRs 573/2002, mit folgendem
Beschlussantrag:
1. Dem
Vermögenshaushalt 2001
werden vom Verwaltungshaushalt
zugeführt
a) die
allgemeine Zuführung
aus Mitteln der
AHSt. 1.9190.8600.000
von
140.019.266,20 DM
.
b) die
Zuführungen für Sonderrücklagen
aus Mitteln der
AHSt. 1.9190.8610.000
von
3.906.657,26
DM (davon entfallen auf Zuführungen zur Erddeponierücklage 304.619,45
DM und zur Pensionsrücklage 2.200.000,00 DM sowie auf den Überschuss des Stiftungshaushalts im Verwaltungshaushalt [UA 8900] 1.402.037,81 DM).
2. Im Haushaltsjahr 2001 werden
zugeführt
a) der
allgemeinen Rücklage
aus Mitteln der
AHSt. 2.9100.9101.000 VKZ 0002
- Zuführung Teilrücklage Parkmöglichkeiten –
1.490.000,01 DM
zweckgebundene Einnahmen für die Schaffung von Parkmöglichkeiten.
b) der
Sonderrücklage für Erddeponierekultivierung
aus Mitteln der
AHSt. 2.9100.9110.000 VKZ 0004
- Erdeponierücklage, Zuführung -
304.619,45 DM
.
d) der
Pensionsrücklage
aus Mitteln der AHSt.
2.9100.9110.000 VKZ 0005
- Pensionsrücklage, Zuführung -
2.200.000,00 DM
.
3. Im Haushaltsjahr 2001 werden
entnommen
a) der
allgemeinen Rücklage
zugunsten der
EHSt. 2.9100.3100.000 VKZ 0001
- Kapitalvermögen, Rücklagen, Entnahme allgemeine Rücklage –
211.466.994,78 DM
(darunter 15,0 Mio. DM zur teilweisen Finanzierung Grunderwerb Stuttgart 21)
zugunsten der
EHSt. 2.9100.3101.000 VKZ 0001
- Kapitalvermögen, Rücklagen, Entnahme aus Teilrücklage Parkmöglichkeiten -
2.777.839,73 DM
zweckgebundene Einnahmen für die Schaffung von Parkmöglichkeiten
zugunsten der
EHSt. 2.9100.3102.000 VKZ 0001
- Kapitalvermögen, Rücklagen, Entnahme aus Teilrücklage Zukunftsinvestitionsprogramm -
458.292.500,00 DM
, darunter für Galerie Kleiner Schlossplatz 15,0 Mio. DM, Kapitaleinlage Neue Messe auf den Fildern 4,4 Mio. DM und zur Zwischenfinanzierung Grunderwerb Stuttgart 21 438,9 Mio. DM
zugunsten der
EHSt. 2.9100.3103.000 VKZ 0001
- Kapitalvermögen, Rücklagen, Entnahme aus Teilrücklage Grunderwerb Stuttgart 21 -
336.000.000,00 DM
zur teilweisen Fnanzierung Grunderwerb Stuttgart 21.
b) dem
Stiftungsvermögen
zugunsten der
EHSt. 2.8900.3111.000 VKZ 0001
- Zusammengefasste unselbständige Stiftungen, Entnahmen aus Stiftungsvermögen -
18.395.277,69 DM
.
4. Der Übertragung von
Haushaltsausgaberesten
im Stadthaushalt 2001 nach Anlage 2, und zwar
im Verwaltungshaushalt von
61.064.366,85 DM
im Vermögenshaushalt von
223.443.229,54 DM
zusammen von
294.507.596,39 DM
in das Jahr 2002 wird zugestimmt.
5.1 Im
Verwaltungshaushalt
2001 werden folgende überplanmäßige Ausgaben nachträglich zugelassen
5.1.1 zugunsten des Deckungsrings 1200FERNSPREC000 – Fernsprechkosten von 2.330.831 DM
5.1.2 bei AHSt. 1.6200.6415.000 - Wohnungsbauförderung, Wohnungsfürsorge, Nachzahlung von Steuern - von 1.085.000 DM
5.1.3 bei AHSt. 1.9000.8310.000 - Steuern, allgemeine Zuweisungen und Umlagen, Finanzausgleichsumlage - von 1.697.600 DM.
5.2 Die Mehrausgaben von insgesamt 4.513.431 DM werden im Verwaltungshaushalt 2001 bei EHSt. 1.9000.0410.000 - Steuern, allgemeine Zuweisungen und Umlagen, Schlüsselzuweisungen vom Land - gedeckt.
5.3 Im
Vermögenshaushalt
2001 wird bei AHSt. 2.8810.9690.000 VKZ 0999 - Unbebaute Grundstücke, Erschließungsbeiträge - nachträglich eine überplanmäßige Ausgabe von 1.639.000 DM zugelassen.
5.4 Die Mehrausgabe wird im Vermögenshaushalt 2001 durch Mehreinnahmen bei EHSt. 2.8810.3400.000-0001 - Verkaufserlöse - gedeckt.
Weitere Beratungsunterlage ist die Vorlage des Finanz- und Beteiligungsreferats vom 08.07.2002, GRDrs 574/2002 (s. Niederschrifts-Nr. 151/2002).
OB
Dr. Schuster
ruft die Tagesordnungspunkte 2 und 3 zur gemeinsamen Beratung auf.
Der Bericht von EBM
Dr. Lang
wird nachstehend im gekürzten Wortlaut wiedergegeben:
"Die Arbeitslosenzahl erreicht im Juni einen neuen Rekord: Höchster Stand seit vier Jahren! Die Steuern im Land fließen zu spärlich! Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung sieht Aufschwung nur als Strohfeuer! Der Internationale Währungsfonds senkt deutsche Wachstumsprognosen! Neue Rekordzahlen an Insolvenzen!',
das sind nur einige wenige Schlagzeilen der letzten Tage, welche die aktuelle Situation charakterisieren, in der wir Ihnen den Jahresabschluss 2001, den Nachtragshaushaltsplan 2002/2003 mit der Finanzplanung bis 2005 und die Fortschreibung der Finanzplanung für das Jahr 2006 vorlegen.
Bereits am 25. April des letzten Jahres musste ich Ihnen die Hiobsbotschaft überbringen, dass sich bei der Gewerbesteuer eine äußerst negative Entwicklung mit Nettosteuerausfällen in der Größenordnung von 200 Mio. DM abzeichnet. Im weiteren Verlauf des Jahres trat dann nochmals eine erhebliche Verschlechterung ein, sodass beim Rechnungsabschluss 2001 netto 278 Mio. DM Gewerbesteuer fehlen. Der Bruttoausfall - vor Abzug der Gewerbesteuerumlage - war 393 Mio. DM, das sind 36,6 % des Ansatzes 2001. Wir sind damit im Gesamtaufkommen wieder auf das Niveau des äußerst schlechten Jahres 1995 zurückgefallen.
Da auch einige Verbesserungen auf der Einnahmenseite, hier insbesondere bei den Zuweisungen im Finanzausgleich und beim Anteil an der Einkommensteuer, zu verzeichnen waren, haben sich die gesamten Ausfälle auf etwas mehr als 200 Mio. DM reduziert. Auf der Ausgabenseite gab es Entlastungen in Höhe von rd. 240 Mio. DM. Ein Teil der Verbesserungen – sowohl Ausgabenreduzierungen wie Einnahmenverbesserungen im Bereich des Finanzausgleichs – zeigte sich bereits im Sommer 2001, sodass kein Nachtragshaushaltsplan aufgestellt werden musste.
Letztlich konnten wir 2001 eine Zuführung des Verwaltungshaushalts an den Vermögenshaushalt von 140 Mio. DM erwirtschaften. Diese Zuführungsrate lag damit knapp über der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestzuführung von 136,5 Mio. DM. Gegenüber dem Haushaltsansatz war trotz des Einbruchs bei der Gewerbesteuer eine Verbesserung von rd. 26 Mio. DM zu verzeichnen. Vergleicht man allerdings die Zuführungsraten der letzten drei Jahre - 2000 mit 495 Mio. DM, 1999 mit 562 Mio. DM und 1998 mit 357 Mio. DM –, so muss jedermann klar werden, dass wir im Jahr 2001 einen gewaltigen Schritt rückwärts gemacht haben.
Im Hinblick auf die hohen Gewerbesteuerausfälle war auch klar, dass der Verwaltungshaushalt den Vermögenshaushalt nicht wesentlich verbessern konnte. Deshalb wurden für den Stadthaushalt erstmals seit 1995 wieder 60 Mio. DM Kredite am Kapitalmarkt aufgenommen. Bei dieser Darstellung lasse ich den Kreditbedarf im Zusammenhang mit der stillen Einlage bei der Landesbank außer Betracht; dies ist eine Sondersituation. Da wir jedoch insgesamt etwas mehr als 142 Mio. DM Kredite getilgt haben, ist auch im vergangenen Jahr eine Verringerung des Schuldenstandes im Stadthaushalt um 82,5 Mio. DM eingetreten. Zum Ausgleich des Vermögenshaushalt mussten der allgemeinen Rücklage knapp 200 Mio. DM entnommen werden, das sind knapp 30 Mio. DM mehr als veranschlagt. Der noch frei verfügbare Teil der allgemeinen Rücklage ist in voller Höhe im Doppelhaushalt 2002/2003 verplant. Zusammenfassend können wir für 2001 feststellen, dass wir mit einem blauen Auge davongekommen sind. Es war zwar noch keine Bruchlandung, wie es bei der Höhe der Gewerbesteuerausfälle eigentlich zu befürchten war, trotzdem sind wir hart auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt worden.
Wie stellt sich nun die Situation für den Doppelhaushalt dar? Leider war das Jahr 2001 kein einmaliger Ausrutscher. Wenn Sie sich die GRDrs 574/2002 aufmerksam angeschaut haben, werden Sie mir sicherlich zustimmen. Bei der Aufstellung des Doppelhaushalts 2002/2003 war bei den laufenden Erträgen berücksichtigt, dass die Landeshauptstadt beabsichtigte, sich im Jahr 2002 von einem Teil ihrer Energiebeteiligungen zu trennen. Trotzdem ergab sich für das Jahr 2002 nur noch eine minimale Zuführungsrate des Verwaltungs- an den Vermögenshaushalt von etwas mehr als 15 Mio. €.
Nachdem sich zu Beginn des Jahres 2002 herausgestellt hatte, dass es gute Gründe gibt, die Beteiligungen an EnBW und NWS in einem Zug zu verkaufen, war die Erwartung gerechtfertigt, aus der Anlage des höheren Verkaufserlöses zusätzliche Verbesserungen für den Verwaltungshaushalt zu generieren. Es bestand Übereinstimmung zwischen Gemeinderat und Verwaltung, dass die Auswirkungen der Anteilsveräußerungen in einem Nachtragshaushalt darzustellen sind. Aufgrund der Anzeichen für weitere Steuerausfälle hielt ich es für sachgerecht, so lange zuzuwarten, bis die neuen Steuerschätzungen vom Mai 2002 ausgewertet waren. Gegenüber der Beschlussfassung vom 21.03.2002 kann ich Ihnen berichten, dass sich der Mittelzufluss an die Landeshauptstadt erhöhen wird. Wir können nunmehr anstelle der avisierten 1,626 Mio. € mit 1,67 Mio. € rechnen. Dieser Mehrbetrag von immerhin 45 Mio. € kommt durch eine nochmals optimierte steuerliche Behandlung der Transaktion zustande. Ich denke, dies ist ein insgesamt sehr erfreulicher Umstand.
Obwohl derzeit nicht die günstigsten Voraussetzungen für Geldanlagen gegeben sind, verbessern sich die Zinseinnahmen der Landeshauptstadt im Finanzplanungszeitraum durch die Gesamtveräußerung der TWS-GmbH um 86,8 Mio. €. Dieser Betrag kommt zu den 105 Mio. € hinzu aus der ersten Tranche des Verkaufs, die wir bereits bei der Aufstellung des Doppelhaushalts und der Finanzplanung berücksichtigt haben, also insgesamt Erträge von knapp 200 Mio. €, die wir im Zeitraum 2002 bis 2005 aus der Energieveräußerung in unserem Doppelhaushalt und in der Finanzplanung berücksichtigen können.
Das angestrebte Ziel, mit den laufenden zusätzlichen Erträgen aus diesem Verkauf den finanziellen Bewegungsspielraum der Stadt zu vergrößern, wird trotz der beträchtlichen Mehreinnahmen aus der Transaktion nicht erreicht. Ursache dafür sind die weiteren gravierenden Steuerausfälle, die aufgrund der Mai-Steuerschätzung und unserer eigenen Überprüfung der Steuereinnahmen zu erwarten sind. Die ohnehin nicht üppigen Ansätze bei der Gewerbesteuer müssen für das Jahr 2002 um weitere 47,5 Mio. €, 2003 um 28 Mio. €, 2004 um rd. 35 Mio. €, 2005 um rd. 50 Mio. €, zurückgenommen werden. Das sind insgesamt im Finanzplanungszeitraum Wenigereinnahmen bei der Gewerbesteuer von über 160 Mio. €.
Auch der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer und die Finanzausgleichseinnahmen verringern sich, und zwar für die Jahre 2002 und 2003 um insgesamt knapp 15 Mio. €. Für die Jahre 2004 und 2005 haben wir keine Änderung in den Ansätzen der Finanzplanung vorgenommen - obwohl ich persönlich glaube, dass wir hier weitere Rückgänge erwarten müssen -, weil dafür zur Zeit noch keine regionalisierten Zahlen vorliegen und das Land seine Orientierungsdaten für die Jahre 2004 und 2005 den Kommunen noch nicht bekanntgegeben hat.
Rechnet man die geringeren Ausgaben bei der Gewerbesteuer und bei der Finanzausgleichsumlage dagegen, verschlechtert sich der Steuerhaushalt für die Jahre 2002 bis 2005 um ingesamt knapp 125 Mio. €. Das ist im Prinzip der Netto-Ausfall, wie er sich in der Finanzplanung darstellt.
Durch die hohen Steuerausfälle ergibt sich eine negative Zuführungsrate. Nach den Vorschriften des Haushaltsrechts wäre eine positive Zuführungsrate von 83 Mio. € erforderlich. Somit beträgt das Defizit im Verwaltungshaushalt 2002 mindestens 100 Mio. €. Damit ist der Haushaltsausgleich 2002 gefährdet. Ich halte deshalb weitere Verfügungsbeschränkungen bei der Mittelbewirtschaftung für unumgänglich. Dies bedeutet, dass die bereits seit Jahresbeginn bestehenden Sperren von 2 % bei den Sachausgaben auf 4 % verdoppelt werden müssen. Dadurch ist es möglich, eine weitere globale Minderausgabe von 6 Mio. € zu veranschlagen. Trotz dieser weiteren globalen Minderausgabe besteht noch eine Deckungslücke von knapp 17 Mio. € im Verwaltungshaushalt, die wir im Augenblick durch eine Zuführung aus dem Vermögenshaushalt gedeckt haben. Dies ist eine Maßnahme, die finanzwirtschaftlich zumindest bedenklich ist. Betrachtet man die Entwicklung der Verwaltungshaushalte mittelfristig, d. h. im Finanzplanungszeitraum, so beträgt die Verringerung der Zuführungsraten insgesamt 40,1 Mio. €.
Es war von vornherein klar, dass es bei der Aufstellung des Nachtragshaushalts nicht darum gehen kann, die Haushaltsplanberatungen vom Herbst 2001 mit vielen zusätzlichen Investitionswünschen fortzusetzen. Im Hinblick auf die aktuelle Finanzsituation dürfte dies auch dem Letzten einsichtig sein. Es ging in erster Linie darum, die Auswirkungen der Beteiligungsveräußerungen sowie die in diesem Zusammenhang vom Gemeinderat beschlossenen Finanzierungsvorgänge zu berücksichtigen und natürlich das, was sich im Bereich der Einnahmen auf der Steuerseite ergeben hat.
Da zwischenzeitlich mehr Klarheit über die im Zukunftsinvestitionsprogramm voraussichtlich verfügbaren Mittel besteht, es werden etwa 302,5 Mio. € sein, war es möglich, in das Zukunftsinvestitionsprogramm ein Klimaschutzkonzept mit einem Finanzrahmen von 12 Mio. € aufzunehmen. Dafür wurden die entsprechenden Haushaltsansätze geschaffen. Weiterhin wurden die bereits beschlossenen Mehrkosten für den 2. Bauabschnitt Gottlieb-Daimler-Stadion und das Theaterhaus veranschlagt. Aufgrund heranstehender Erwerbsfälle mussten auch die Grunderwerbsmittel verstärkt werden, saldiert um 10 Mio. €. Berücksichtigt man die Mehr- und Wenigerausgaben in den Vermögenshaushalten 2002 bis 2005 ergibt sich eine vergleichsweise bescheidene höhere Kreditaufnahme um knapp 20 Mio. €. Diese wäre deutlich höher ausgefallen, wenn nicht aufgrund der Rechnungsabschlüsse der Vorjahre noch eine um 28 Mio. € höhere Rücklagenentnahme möglich wäre.
Beim Haushaltsvollzug beabsichtige ich - und dies entspricht ja auch dem Willen des Gemeinderats -, auf äußere Kreditaufnahme zu verzichten und die erforderlichen Mittel im Wege innerer Darlehen aus den Beteiligungsverkäufen bereitzustellen.
Was den Halbjahresbericht zur Finanzlage 2002 angeht, darf ich auf die Ausführungen in der Vorlage Bezug nehmen. Bei den übrigen Einnahmen und größeren Ausgabeblöcken sind aus heutiger Sicht keine gravierenden Abweichungen zu erwarten.
Um den Ausblick für die Zukunft etwas zu verlängern, haben wir im Zusammenhang mit dem Nachtragshaushalt die Finanzplanung für das Jahr 2006 fortgeschrieben. Auch hieraus lässt sich leider kein positiver Trend erkennen. Die ermittelte Zuführungsrate an den Vermögenshaushalt liegt nur bei 15,5 Mio. €. Damit setzt sich die Verminderung der Zuführungsraten gegenüber den Jahren 2003 ff. kontinuierlich fort.
Was sind die Ursachen? Der Verfall der Steuereinnahmen reißt immer wieder Löcher in unseren Haushalt, denen wir machtlos gegenüberstehen. Dieser Verfall ist sowohl durch gesetzgeberische Maßnahmen als auch durch die instabile Konjunktursituation bedingt. Hinzu kommt, dass den Kommunen immer neue Aufgaben aufgebürdet werden, ohne dass ein ausreichender finanzieller Ersatz dafür eingeräumt wird. Wir haben uns die Mühe gemacht, Ihnen in der Anlage 4 <zur GRDrs 574/2002> die Auswirkungen von Gesetzen und Einzelmaßnahmen des Bundes auf unsere Finanzen detailliert aufzulisten. Sie sind, da sie mit Ausnahme der Auswirkungen der Grundsicherung bereits in den Doppelhaushalt und in die Finanzplanung eingeflossen sind, wesentliche Ursache für den schlechten Zustand des Verwaltungshaushalts. Aber auch das Land muss anerkennen, dass aufgrund der veränderten sozialen und ökonomischen Rahmenbedingungen Erziehung, Betreuung und Bildung nicht mehr in einem System von gestern bewältigt werden können. Spätestens durch die Pisa-Studie ist der Handlungsbedarf beim Ausbau und bei der Qualifizierung der Kinderbetreuung sowie der Verzahnung von vorschulischer Erziehung und Bildung unbestritten und dringend und damit auch eine Neuverteilung der finanziellen Lasten zugunsten der Kommunen. Um einen Vergleich zu bemühen: Ich komme mir manchmal wie ein Hamster im Laufrad vor. Man rennt und rennt und bemüht sich auf vielfältige Weise, die Finanzen der Stadt in Ordnung zu halten bzw. in Ordnung zu bringen, und erreicht doch nie das Ziel.
Finanziell besonders belastend und sachlich in keinster Weise begründet ist die Erhöhung der Gewerbesteuerumlage im Zusammenhang mit der Unternehmenssteuerreform. Hier wurden Mehreinnahmen bei der Gewerbesteuer unterstellt, die durch die Erhöhung der Gewerbesteuerumlage um rd. 50 % abgeschöpft werden sollten. Die Realität hat gezeigt, dass diese Gewerbesteuerprognosen grob falsch waren. Teilweise wurden dafür die notwendigen Maßnahmen nie umgesetzt. Die Gewerbesteuermehreinnahmen sind ausgeblieben, die höheren Umlagezahlen sind jedoch zu leisten. Ich halte eine Korrektur der Gewerbesteuerumlage für dringend geboten. Alle Bemühungen der kommunalen Spitzenverbände wurden bisher jedoch abschlägig beschieden. Der Streitwert im Finanzplanungszeitraum 2002 bis 2005 liegt bei 120 bis 150 Mio. €. Das ist ein Betrag, der, wenn er uns zur Verfügung stünde, die Situation insgesamt etwas erfreulicher darstellen würde.
Die Bundesregierung hat eine Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen mit den Schwerpunkten Kommunalsteuern und Verhältnis Arbeitslosenhilfe/Sozialhilfe eingesetzt. Ich möchte nicht vorschnell den Stab über eine solche Reform brechen, trotzdem kann ich nicht verhehlen, dass mir die kontroversen Standpunkte über die Zukunft der Gewerbesteuer Sorge bereiten. Diejenigen, die die Abschaffung der Gewerbesteuer und deren Ersatz durch einen Zuschlag zur Einkommensteuer verlangen, übersehen, dass dadurch ein wichtiges Bindeglied zwischen Wirtschaft und Standort zerstört wird. Zum anderen hätte ein Ausgleich durch einen Zuschlag auf die Einkommensteuer negative Auswirkungen auf die Kernstädte, da diese aufgrund ihrer Aufgabenfülle höhere Zuschläge als das Umland machen müssten. Dies würde die Stadtflucht massiv verstärken. Wir sind deshalb gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden der Auffassung, dass die Gewerbesteuer nicht abgeschafft, sondern durch eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage und die Erweiterung des Kreises der Steuerpflichtigen modernisiert werden muss.
Auch bezüglich der Überlegungen einer möglichen Neuordnung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe müssen die Kommunen aufpassen, dass sich Bund und Länder durch eine andere Aufgaben- und Mittelverteilung nicht in erster Linie selbst entlasten. Ich sehe an der Stelle erhebliche Probleme auf uns zukommen, wenn man berücksichtigt, dass die Finanzsituation des Bundes und der Länder nicht besser, sondern schlechter als die von einem Großteil der Kommunen ist.
Ich verspreche mir kurzfristig aus der konjunkturellen Entwicklung keine Verbesserungen. Anstelle von Silberstreifen am Horizont sehe ich Gewitterwolken in Form weiterer Risiken für unseren Haushalt. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben, will ich ein paar Stichworte sagen. Sorge bereiten
- die künftigen Tarifabschlüsse im Personalbereich, die für das nächste Jahr anstehen,
- die finanziellen Auswirkungen der Grundsicherung,
- die ungeklärte Situation im Abfallbereich und
- der weitere Finanzierungsbedarf des Landeswohlfahrtsverbandes.
Was ist zu tun? Für meine Begriffe wird kein anderer Weg übrig bleiben, als sich zumindest kurzfristig selbst zu helfen und durch Ausnutzung aller Sparmöglichkeiten beim Haushaltsvollzug die Haushaltslöcher wenigstens teilweise zu stopfen. Dazu ist allerdings ein gewisses Umdenken sowohl in der Verwaltung als auch beim Gemeinderat notwendig. Als erster Schritt wurde eine weitere globale Minderausgabe von 6 Mio. € im Haushalt 2002 veranschlagt, zu deren Umsetzung ab sofort nicht nur 2 %, sondern 4 % der laufenden Sachausgaben einzusparen sind. Weiterhin muss, auch wenn dies von vielen seither nicht sonderlich ernst genommen wird, eine nachhaltige Verbesserung der Finanzkraft des Doppelhaushalts und im Finanzplanungszeitraum dadurch erzielt werden, dass das vom Gemeinderat bei der Verwaltungsreform vorgegebene Finanzziel von 50 Mio. € tatkräftig und ohne Tabus angegangen und umgesetzt wird. Ziel muss dabei sei, möglichst nicht die Dienstleistungen für den Bürger zu reduzieren. Aber genauso klar ist, dass dieses Finanzziel in dieser Größenordnung nicht dadurch zu erreichen ist, indem man ein bisschen beim Porto spart. Es muss jedem klar sein, dass kein Bereich der Stadtverwaltung sich von dieser Ausgabe ausklinken kann.
Abschließend noch eine kurze persönliche Anmerkung: Nach fast 25 Jahren Dienst als Bürgermeister könnte ich es mir vergleichsweise leicht machen, mich zurücklehnen und die zuletzt angesprochene Aufgabe meinem Nachfolger/meiner Nachfolgerin überlassen. Wer mich kennt, weiß, dass dies nicht meinem Naturell entspricht. Deshalb werde ich mich engagiert, motiviert, erfolgsorientiert dieser Aufgabe stellen. Den einen mag's erfreuen, dem anderen vielleicht eher missfallen. Sei's drum, heute geht es zunächst um die Zustimmung zu den Beschlussanträgen, die Ihnen vorliegen, und darum bitte ich Sie herzlich."
StR
Föll
(CDU) dankt EBM Dr. Lang sowie seinen Mitarbeitern/-innen beim Finanz- und Beteiligungsreferat und bei der Stadtkämmerei für die geleistete Arbeit, die nicht einfach gewesen sei, zum einen wegen der zu tätigenden komplizierten Transaktionen, zum anderen, weil die Planungssicherheit nicht mehr gegeben sei. StR
Kanzleiter
spricht ebenfalls seinen herzlichen Dank für die hinter den GRDrsn 573/2002 und 574/2002 stehende Mühe aus. StR
J. Zeeb
(FW) hebt als positiv hervor, dass EBM Dr. Lang frühzeitig auf die Probleme hingewiesen hat. StR
R. Zeeb
(FDP/DVP) und StR
Lieberwirth
(REP) danken für den Jahresabschluss 2001. Eingehend auf die abschließende Anmerkung von EBM Dr. Lang bringt StR
Wölfle
(90/GRÜNE) seine Freude über dessen "Weitermachen" zum Ausdruck.
Es folgen die weiteren Stellungnahmen ebenfalls im gekürzten Wortlaut:
StR
Föll:
"Für die CDU-Fraktion kann ich die Ausführungen des Finanzbürgermeisters - mit Ausnahme der Ausführungen zur Zukunft der Gewerbesteuer - voll inhaltlich unterstreichen. In der Tat, die Stadtfinanzen sind an einem kritischen Wendepunkt, und wir werden uns darauf einstellen müssen, dass die Einnahmen dauerhaft niedriger sein werden und wir die Ausgaben dieser niedrigeren Einnahmenseite anpassen müssen, wenn wir dieses Problem nicht zulasten der zukünftigen Generation lösen wollen. Insoweit, Herr Finanzbürgermeister, sind wir sehr dankbar, dass Sie diese Konsolidierungsaufgabe erneut in Angriff nehmen, weil wir dann die Gewissheit haben, dass sie auch zu einem erfolgreichen Ergebnis geführt wird. Wir als CDU-Fraktion sind jedenfalls bereit, über das Konsolidierungsprogramm in Höhe von 50 Mio. € zu sprechen und die dafür notwendigen Entscheidungen zu treffen.
Wenn man sich die Entwicklung der Gewerbesteuer anschaut, dann ist natürlich ein Einbruch von 37 % im Jahr 2001, brutto immerhin rd. 390 Mio. DM, aber auch der Einbruch in den Jahren 2002/2003 dramatisch, und es grenzt an ein kleines Wunder, dass wir zumindest im Jahr 2001 noch einen einigermaßen ordentlichen Jahresabschluss erzielt haben. Allerdings muss man hinzufügen, dass wir die Reserven, die die Stadt hat in Form von Rücklagen, dafür verwenden. Dauerhaft lässt sich auf eine solche Weise ein Jahresergebnis nicht herstellen, und insoweit ist Konsolidierung zwangsläufig, und an dieser Notwendigkeit führt keine wie auch immer geartete Tagträumerei vorbei.
Ich will aber auch herausstreichen, dass es 2001 immerhin gelungen ist, im siebten Jahr seit 1995 die Schulden der Stadt effektiv abzubauen. Immerhin sind in diesen sieben Jahren rd. 840 Mio. DM Schulden abgebaut worden. Ich denke, damit entlasten wir die kommenden Jahre in erheblichem Maße von Zinsaufwendungen, und dies gibt uns die Chance, auch in den kommenden Jahren eine erfolgreiche Finanzpolitik zu machen. Gleichwohl, wir haben 2001 eine magere Netto-Investitionsrate von 3,5 Mio. DM erwirtschaftet, das sind 2,5 % der Zuführung. Im übrigen haben wir die Investitionen aus Rücklagen finanziert, da kann man nicht mehr von einem leistungsfähigen Haushalt sprechen. Zum Nachtragshaushalt 2002 können wir Ihnen unsere Zustimmung signalisieren, auch wenn die Finanzdaten bedenklich sind.
Dennoch sind wir sehr stolz darauf, dass es möglich sein wird, das Klimaschutzprogramm umzustellen, und dass es auch im Nachtragshaushaltsplan weitere zusätzliche Mittel zum Ausbau der Kinderbetreuung gibt, immerhin in den Jahren 2003 bis 2005 zusätzlich 9 Mio. € aus den Erträgen des Spezialfonds 1. Mit dem Nachtragshaushalt gelingt es, aus dem Sonderprogramm mit einem Volumen von 16 Mio. €, das wir in den Haushaltsberatungen verabschiedet haben, ein Sonderprogramm mit einem Volumen von 25 Mio. € zu machen. Dies wird uns ganz entscheidende Schritte beim Ausbau einer bedarfsgerechten Kinderbetreuung weiterbringen. Ich will auch ausdrücklich herausstreichen, dass wir froh sind, dass wir die Vollfinanzierung des Theaterhauses nun sicherstellen können und erwarten dürfen, dass im Jahr 2003 der Betrieb aufgenommen wird.
Insgesamt bedanken wir uns für die Arbeit. Wir stimmen dem Jahresabschluss und dem Nachtragshaushalt zu. Wir wissen, dass ab Herbst schwierige Aufgaben auf uns warten. Wir sind bereit, auch dafür die Führung in diesem Hause zu übernehmen."
StR
Kanzleiter
:
"Zum Haushaltsabschluss 2001: Ich will nicht wiederholen, was EBM Dr. Lang ausgeführt hat. Tatsache ist, dass wir den Haushalt 2001 abgeschlossen haben mit einer zusätzlichen Kredittilgung von 142,5 Mio. DM. Dieses ist, zumindest wenn man auf den ersten Blick die Sache ins Auge fasst, ein positives Bild. Allerdings wird dieses Bild stark getrübt durch die Gewerbesteuereinbrüche, die wir hinnehmen müssen und die eben nur teilweise durch Wenigerausgaben kompensiert werden können. Insoweit ist die Analyse der Situation überschaubar und sicherlich auch übereinstimmend nachzuvollziehen.
Wir brauchen Maßnahmen zur Stützung der Konjunktur, denn wir sind davon überzeugt, dass die Einbrüche bei der Gewerbesteuer im Wesentlichen konjunkturbedingt eingetreten sind. Wir begrüßen es deshalb, dass Sie im Nachtragshaushalt nicht vorgeschlagen haben, bestimmte Investitionsmaßnahmen aus dem Haushaltsprogramm herauszustreichen. Dies bedeutet immerhin noch ein Stück weit Optimismus für die Zukunft, und den sollten wir uns erhalten.
Wir brauchen aber auch eine funktionsfähige Verwaltung, die das, was wir geplant haben, umsetzen kann. Wir dürfen im Hinblick auf die Steuereinbrüche nicht in Hektik verfallen, um das Problem zu lösen, sondern wir müssen eine konstruktive Art und Weise des Vorgehens wählen. Wir haben in den vergangenen Wochen eine kontroverse Debatte geführt, und ich denke, dass es wichtig ist, das psychologische Klima sowohl in der Stadt als auch im Rathaus nicht zu vergiften und dazu beizutragen, das Vorgenommene umzusetzen. Es muss darum gehen, die Dinge mit Augenmaß anzupacken. Ich zitiere aus der Cannstatter Zeitung, nach der EBM Dr. Lang wohl sagte: 'Einen Tanker, wie die Landeshauptstadt, kann man nicht von heute auf morgen umdrehen, wenn er unter Wasser zu fahren droht. Offenkundiger Aktionismus und schnelle Sparmaßnahmen sind zu vermeiden.' Es ist also, glaube ich, eine gewisse Übereinstimmung in den letzten Wochen eingetreten.
Die Reform im Inneren der Stadt muss weitergehen. Das ist unsere tiefgreifende Überzeugung als SPD-Fraktion. Wir brauchen die Verbesserung der Arbeitsabläufe und der Arbeitsorganisation. Wir müssen die Geschäftsprozesse im Rathaus, in den Ämtern und Eigenbetrieben kritisch prüfen, und vor allem müssen wir die Beschäftigten zu Verbündeten in diesem Prozess machen. Es besteht offensichtlich ein erhebliches Defizit, was die Fragen der Motivation und der Vertrauenskultur hier im Rathaus angeht, wodurch es möglicherweise verhindert wird, effektive Ergebnisse zu erzielen.
In der aktuellen Situation akzeptieren wir die vorgeschlagene globale Minderausgabe als eine vorübergehende, schnell wirksame, in begrenztem Umfange wirksame Maßnahme. Wir halten sie aber auf Dauer gesehen nicht für den richtigen Weg. Allgemeine Rasenmähermethoden führen uns nicht weiter.
Die Bundesregierung hat sehr wohl erkannt, dass wir eine Reform der Gemeindefinanzen brauchen, und die Einsetzung der Reformkommission ist im Einvernehmen mit dem Städtetag erfolgt. Wir brauchen eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlagen der Gewerbesteuer, eine Einbeziehung aller örtlichen Wirtschaftseinheiten, eine Abschaffung der gewerbesteuerlichen Organschaft. Wenn wir diese drei Punkte erfüllt hätten, würde die Gewerbesteuer ihre volle Funktionsfähigkeit gerade auch in Stuttgart erfüllen. Das sind Korrekturen, die notwendig sind aufgrund einer uralten Gewerbesteuerpolitik, und das sind im Übrigen Vorschläge, die der Deutsche Städtetag gemacht hat. Diese Politik des Deutschen Städtetages wird von uns unterstützt.
Was wir aber auch brauchen, ist eine Verbesserung der Finanzbeziehungen zwischen Stadt und Land. Hier müsste einiges in Ordnung gebracht werden: ich erinnere an das Trauerspiel bei den Kulturfinanzen, den Hickhack um das Theaterhaus, die Situation bei der Kindergartenfinanzierung, die Schulsozialarbeit usw. – man könnte viele Beispiele aufzeigen, wo die Landesregierung eine für die Stadt Stuttgart kontraproduktive Politik betreibt. Da sind wir leider auf die eigenen Anstrengungen angewiesen, und die wollen wir natürlich auch in der Zukunft unternehmen.
Fazit: Trotz Problemen stehen wir beim Blick auf den Nachtragshaushalt 2002 und den Abschluss der Jahresrechnung 2001 im Vergleich zu anderen Städten gut da. Wir stimmen deshalb beiden Vorlagen zu."
StR
Wölfle
:
"Dieses auf dem Tisch liegende Zahlenwerk verantworten wir gemeinsam. Wir haben für die einzelnen Beschlüssen jeweils eine große Mehrheit gefunden. Die Hausaufgabe, die wir gemeinsam haben, stellt sich nach dem 22. September, indem wir unser eigenes Geschäft betrachten. Wie gut sind wir in der Aufgabenwahrnehmung, vor allen Dingen in der Aufgabenabwicklung? Wie gelingt es, die aufgelegten Zukunftsinvestitionen, Zukunftsprojekte so rationell und preisgünstig zu machen, wie wir sie veranschlagt haben? Da gibt es aus unserer Sicht noch vieles nachzuholen oder auch zu verbessern.
Wir diskutieren hier in Stuttgart nicht über das Schließen von Schwimmbädern, wie viele andere Kommunen in dieser Bundesrepublik, sondern wir beschließen morgen im Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen über die Sanierung. Das Thema Kimaschutz kommt nachher noch - ein gewaltiges Programm; da kann sich, glaube ich, kaum eine Kommune aus dem Fenster lehnen und sagen: 'Da sind wir besser.' Da sind wir in der Tat Spitze. Die Stadtteilzentren werden ausgebaut. Wir bewegen uns nach wie vor auf einem guten Niveau."
StR
J. Zeeb
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"Wir haben die Investitions- und Schuldentilgungsprogramme der Jahre 2000/2001 mitgetragen. Dazu stehen wir heute noch, denn es wäre zu damaligen Zeiten dem Bürger sehr schwer zu vermitteln gewesen, dass nach dem Verkauf der NWS-Anteile und anderer Vorteile nichts unten beim Bürger ankommt.
Wir stellen uns hinter das Sparprogramm. Nur, eine Erhöhung der Gewerbesteuer kommt für uns nicht in Frage. Die Konsolidierungsmaßnahmen müssen genau abgewogen werden. Wir dürfen wichtige Bürgeranliegen nicht stoppen. Auch begonnene, investive Maßnahmen sind für unsere Wirtschaft wichtig und dürfen nicht in Frage gestellt werden. Hier brauchen wir Sicherheit für einen längeren Zeitraum. Die Freien Wähler werden gemeinsam mit der Finanzverwaltung Sparmaßnahmen diskutieren, und wir werden vor allem unseren Beitrag dazu leisten, diese unangenehmen Botschaften dem Bürger verständlich zu machen."
StR
R. Zeeb
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"Vieles Richtige ist von meinen Vorrednern bereits gesagt worden. Bei der heutigen allgemeinen Wirtschaftslage ist es nicht verwunderlich, dass die Wirtschaft nicht die erwarteten Gewinne einfahren kann und die Zahl der Insolvenzen, insbesondere auch in unserer Region, bei vielen Klein- und Mittelbetrieben seit Monaten erschreckend zunimmt. Erst eine andere Wirtschaftspolitik auf Bundesebene, die Abschaffung vieler sozialer, nicht mehr bezahlbarer Zugaben und das Angleichen unserer Sozialhilfe auf das sonst übliche Niveau in Europa wird uns in eine andere Wirtschaftssituation bringen. Das erfordert Opfer von vielen Schichten unseres Landes.
Für Stuttgart bedeutet dies, diesem Nachtragshaushalt zuzustimmen, wenn uns auch bewusst sein muss, dass z. B. die erhofften Ziele im so notwendigen Kinderbetreuungsbereich nicht in dem erhofften Umfang umzusetzen sind. Andererseits müssen wir dafür einstehen, dass der Bürger nach wie vor betreut wird und wir beim Bürgerservice keine Kürzungen vornehmen. Als positives Beispiel ist hier der BürgerService Bauen zu nennen.
Wenn wir sparen, dann alle und nicht nur die Abteilungen und Bereiche, die von sich aus schon Kosten einsparen, wo dies möglich ist. Denn die Braven können nicht eines auf die Mütze dafür bekommen und die anderen geben Geld aus und lachen sich ins Fäustle. So ist es auch in unserem Rathaus. Ausgenommen sind auch nicht unsere Tochterunternehmen. Dazu ein kleines Beispiel: Ein Spielplatz muss zweckmäßig sein, und die Geschäftsführung der SWSG kann deshalb nicht sagen, nehmen wir halt 80.000 €, dann ist der Spielplatz am Burgholzhof nicht so sehr eingeschränkt.' Als wenn 80.000 € nichts wären! Man könnte es auch preisgünstiger machen, und die Kinder könnten trotzdem spielen.
Auch bei der Reform der Verwaltung besteht noch Nachholbedarf. Nicht alles läuft, wie versprochen und wie man es erwarten kann. Und da meine ich, die Gesamtsteuerung, von uns allen sehnlichst erhofft, scheint für dieses Haus noch um ein Jahrzehnt zu früh zu kommen und kostet deshalb unendlich Geld. Der Nutzen ist oft nicht am Horizont erkennbar. Wenn wir hier weiterkommen wollen - und es soll sich doch in barer Münze auszahlen -, muss auch der Bericht des Rechnungsprüfungsamtes zeitnah und anders als seither diskutiert werden. Konsequenzen und notwendige Veränderungen von Mängeln können nicht nach 16 Monaten besprochen werden, dies muss zeitnah erfolgen. Auch sollte sich der Gemeiderat, gleichwohl die Verwaltungsspitze, an der eigenen Nase packen und sich nicht endlose, zeitlich nicht abgestimmte Diskussionen um wenig Wichtiges liefern. Richtiger wäre, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und Freiräume zur Kostendämpfung zu schaffen.
Aber auch die FDP/DVP hat nicht das Patentrezept, ohne einen Nachtragshaushalt mit Kürzungen und Haushaltssperren auszukommen, zumal dem ständigen Schwanken der Gewerbesteuer - 160 Mio. € weniger in der mittelfristigen Finanzplanung, wir haben es gehört - durch die von uns seit Jahrzehnten geforderte Gemeindefinanzierungsreform ein Ende gesetzt werden würde. Es ist mittlerweile europaweit bekannt, dass die bei uns erhobene Gewerbesteuer ungerecht, ja sogar ungesetzlich ist, und daher muss sie - eine Urforderung der FDP/DVP - endlich abgeschafft werden. Unsere Standorte würden dadurch sehr gestärkt werden, insbesondere auch in der Region Stuttgart. Heute ist jedoch die Gesetzeslage noch nicht so, deshalb stimmen wir notgedrungen diesen beiden Vorlagen zu. "
StR
Lieberwirth
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"Der Nachtragshaushalt war ja eigentlich geplant als ein erfreuliches Ergebnis wegen der erhöhten Einnahmen aus den Beteiligungsverkäufen, die die Rücklagen gestärkt haben und die Einnahmenseite des Haushalts stärken sollten. Nun zeigt sich aber sehr deutlich, dass sich nicht nur die Einnahmenseite bei den Steuern verschlechtert hat, sondern auch die Ausgabenseite bei den Großprojekten sich zunehmend verschlechtert. Deshalb hatten wir schon Anfang Juni den schriftlichen Antrag gestellt, einen Nachtragshaushalt aufzustellen.
Was zeigt sich bei dem Nachtragshaushalt, bei den Auswirkungen?
- Die Verlustdeckung bei der SSB haben wir früher gemacht aus laufenden Einnahmen, aus Überschüssen der TWS oder der NWS. Heute finanzieren wir das aus der Substanz heraus, aus dem Vermögen. Das heißt, wir verwenden Vermögen, um laufende Ausgaben zu decken.
- Das Vermarktungsrisiko bei den Grundstückskäufen: Ein großer Teil dieser Einnahmen aus den Beteiligungsverkäufen wird verwendet für Grundstückskäufe bei Stuttgart 21. Wir haben mehrfach auf dieses Vermarktungsrisiko hingewiesen.
- Weitere Schwachstellen sind die Gewerbesteuereinnahmen, die Tarifabschlüsse und die von der Bundesregierung geplanten Belastungen für die Städte.
- Die Sparzwänge vom Land und die erhöhte Kreditaufnahme konterkarieren natürlich die Schuldentilgung, die sicher sehr erfreulich ist und auch dazu geführt hat, dass die Zinsbelastungen reduziert werden konnten. Schulden von heute sind die Steuern von morgen, das ist ein altbekanntes Sprichwort.
Die Veräußerungen aus den Beteiligungen, zusammenfassend gesagt, dienen also auch dazu, Haushaltslöcher zu stopfen. Das ist der falsche Weg, und deshalb fordern wir REPUBLIKANER, dass alle Investitionen auf den Prüfstand gestellt und Einschnitte auch bei den Investitionen und bei den Prestigeobjekten vorgenommen werden. Die Projekte, die aus dem Ruder gelaufen sind, kennen wir: das sind die Galerie, der Stadionausbau und Stuttgart 21.
EBM Dr. Lang hat gesagt, dass die Einnahmenseite sich verschlechtert hat. Man muss bei der Haushaltsaufstellung immer den schlimmsten Fall annehmen, um zu verhindern, dass die Einnahmenseite sich zunehmend verschlechtert. Ich glaube, das ist hier zu wenig gemacht worden. Sie, Herr Dr. Lang, haben zusammen mit dem Herrn Oberbürgermeister nach der Gemeindeordnung die Möglichkeit, Einspruch zu erheben gegen Forderungen aus dem Gemeinderat. Wir werden dem Nachtragshaushalt aus den eben genannten Gründen nicht zustimmmen. Dem Abschluss der Jahresrechnung 2001 stimmen wir natürlich zu."
Die von EBM Dr. Lang in seinem Bericht gemachte Aussage zu Anlage 4 der GRDrs 574/2002 "Auswirkungen von Gesetzen und Einzelmaßnahmen des Bundes auf die Finanzen der Landeshauptstadt Stuttgart" aufgreifend dankt StR
Föll
der Stadtkämmerei ausdrücklich für diese Zusammenstellung. Von StR
Kanzleiter
wird diese Anlage als polemisch empfunden. StR
Wölfle
vermisst die Gegenrechnung. EMB
Dr. Lang
nimmt zu diesen Vorwürfen Stellung und erklärt, die in der Anlage 4 gemachten Angaben beruhten auf Berechnungen des Deutschen Städtetages und könnten in den Finanzberichten der betreffenden Jahre nachgelesen werden. Zur Steuerreform bestätigt EBM Dr. Lang, sie sei - unabhängig von der Ausgestaltung im Einzelnen - quer durch alle politischen Fraktionen im Bundestag gewünscht worden. Dass jedoch etwas fasch gelaufen sei, zeige sich bei der Körperschaftssteuer.
StR
Kanzleiter
geht auf die Haushaltsreste ein. Angesichts der allgemeinen Nachfrageschwäche gerade auf dem Bausektor halte er es für sehr bedenklich, dass es die Stadtverwaltung offensichtlich nicht schaffe, das in der Planung Vorgenommene in die Realität umzusetzen. Insoweit wirke der Gemeinderat mit seiner Politik, was die konjunkturelle Entwicklung anbelange, kontraproduktiv, und dies wirke sich sicher nicht positiv auf die Gewerbesteuereinnahmen aus. StR
Lieberwirth
bittet um Auskunft, ob die Haushaltsausgabereste auf mangelhafte Planung oder nicht absehbare Vorkommnisse zurückzuführen sind. EBM
Dr. Lang
erinnert an die wiederholten Hinweise der Finanzverwaltung bei den Haushaltsplanberatungen, dass es höchst problematisch sei, Objekte ohne Planungsreife in den Haushalt einzustellen. Verständnis habe er natürlich dafür, wenn - weil politische Signale nach außen gegeben werden sollten - in bestimmten Fällen anders verfahren worden sei.
An StR
Lieberwirth
gewandt führt EBM
Dr. Lang
weiter aus, Haushaltseinnahmereste gebe es keine.
Zu der von StR Kanzleiter angeführten Kredittilgung von 142,5 Mio. DM bittet EBM Dr. Lang zu beachten, dass dieser eine Kreditaufnahme von 60 Mio. DM gegenüberstehe, so dass sich der Schuldenstand nur um 82,5 Mio. DM verringert habe.
Eingehend auf die Ausführungen von StR J. Zeeb versichert EBM Dr. Lang, das im Herbst vorzulegende Sanierungsprogramm werde keine Steuererhöhungen umfassen, weder bei der Gewerbesteuer noch bei der Grundsteuer.
OB
Dr. Schuster
stellt abschließend fest:
Der Gemeinderat
beschließt
einstimmig
wie
in der GRDrs 573/2002 (Abschluss der Jahresrechnung 2001)
beantragt.
(Beschlussfassung über die GRDrs 574/2002 s. Niederschrifts-Nr. 151/2002)