Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
853/2006 Ergänzungsdrucksache
GZ:
OB
Sitzungstermin: 21.12.2006
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Dr. Schuster
Berichterstattung:der Vorsitzende
Protokollführung: Frau Huber-Erdtmann sp
Betreff: Projekt Zukunft Killesberg - Gebiete S und Forum K
Schrittweise Entwicklung der Flächen zu einem Kreativforum mit "Fashion-Mall", Gründerzentrum für Mode und Design, Atelierwohnungen sowie Wohnen am Park und Stadtteilzentrum

Vorgang: GRDrs 853/2006:

Ausschuss für Umwelt und Technik vom 21.11.2006, öffentlich, Nr. 590

Ergebnis: Einbringung

Ausschuss für Umwelt und Technik vom 05.12.2006, öffentlich, Nr. 631

Ergebnis: Beratung

Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen vom 15.12.2006, öffentlich, Nr. 187

Ergebnis: Verweisung ohne Votum an die nachfolgenden Gremien

Ausschuss für Umwelt und Technik vom 19.12.2006, öffentlich, Nr. 675

Ergebnis: Beratung


Beratungsunterlage ist die dieser Niederschrift angeheftete Vorlage des Herrn Oberbürgermeisters vom 19.12.2006, GRDrs 853/2006 Ergänzungsdrucksache.


Das Projekt "Zukunft Killesberg", so OB Dr. Schuster, sei in den letzten Wochen richtigerweise umfassend diskutiert worden, da es hier um ein Gebiet gehe, das eine besondere Qualität für ganz Stuttgart habe. Die Chance, die sich aus der Verlagerung der Messe ergebe, müsse genützt werden.

Er danke allen, die sehr intensiv den Prozess der ersten Weichenstellung begleitet haben, vor allem der Arbeitsgruppe des Gemeinderats, die auf Initiative von StR Hill eingerichtet wurde mit dem Ziel, allen Fraktionen die Möglichkeit zu geben, sich aktiv und konstruktiv einzubringen. Er freue sich, dass es gelungen ist, nun die ersten Weichen stellen zu können. Das Thema Killesberg werde den Gemeinderat noch die nächsten Jahre begleiten und viel Zeit, Energie und nicht zuletzt auch Kreativität erfordern, um die besondere Qualität des Killesbergs wieder erlebbar zu machen.

Die Vorlage sei entsprechend den gemeinsam erarbeiteten Vorschlägen weiterentwickelt worden. Sie bilde damit eine gute Basis für die weitere Planung. Er hoffe, dass der Wettbewerb mit den Architekten Lösungen hervorbringt, die auch die Architektenschaft zufrieden stellen.

StR Hill (CDU) legt Wert auf die Feststellung, dass nicht ein bloßer Kompromiss erreicht worden ist, sondern dass die jeweiligen Argumente sehr sachbezogen diskutiert wurden und auch eigene Positionen korrigiert worden sind. Es sei wichtig, in der Frage der Nachnutzung des Messegeländes eine breite Basis zu finden, die das Grundkonzept mitträgt. Sowohl für die Bürger als auch für den Investor sei ein Zeichen gesetzt worden, dass der Gemeinderat davon überzeugt ist, mit der jetzt vorliegenden Konzeption etwas gefunden zu haben, das einen Mehrwert für den Killesberg und für die Stadt Stuttgart bringt.

Im Vorfeld habe es sehr viel Aufregung und sehr viele kritische Stimmen gegeben. Einiges sei berechtigt gewesen, anderes nicht. Jetzt gehe es darum, auf dem einzuschlagenden Weg nicht nur diejenigen mitzunehmen, die bisher schon konstruktiv mitgearbeitet haben, sondern auch den Kritikern die Möglichkeit zu geben, sich einzubringen. Die Stadtverwaltung sollte daher im kommenden Jahr zügig aktiv werden und eine Art "Ideen-Shop" einrichten, wo die Bürger Vorschläge zur Gestaltung des Raumprogramms für das Stadtteilzentrum und das Kreativforum machen können.

Er wolle noch einige Punkte ansprechen, die seiner Fraktion wichtig gewesen sind: Die Baufelder 1 bis 5 sollen in der Form und mit den Inhalten genutzt werden, wie sie von OB Dr. Schuster vorgeschlagen wurden. Durch die Fashion Mall würden innovative Arbeitsplätze nach Stuttgart kommen, und es könne hochwertigste Architektur gewährleistet werden. Mit der Tatsache, dass es sich zwar um eine gewerbliche Nutzung handelt, diese aber niederfrequent ist, werde man dem Anliegen der Bürger gerecht.

Welche Flächen letztlich zu Wohnzwecken bebaut werden, stehe noch nicht fest. Man erwarte von den Architekten innovative Vorschläge. Wenn es gelingt, die gewünschte Menge an Wohnraum auch auf andere Weise zu erreichen, müsste das Baufeld 4 nicht genutzt werden. Damit wäre den Vorstellungen aller entsprochen.

Für das Projekt spreche auch, dass es tatsächlich umsetzbar ist, weil es einen Investor gibt, mit dem alle fünf Baufelder aufeinander abgestimmt bespielt werden können. Durch den Ideen- und Architektenwettbewerb werde eine Planung aus einem Wurf gewährleistet.

Er hoffe, dass der Beschluss dieser Vorlage eine Basis bildet, der auch diejenigen zustimmen können, die dem Projekt bislang kritisch gegenüber gestanden haben, und dass alle erkennen, welche Chancen darin für den Killesberg und die Zukunft der Stadt Stuttgart liegen.

Auch seine Fraktion, so StR Kanzleiter (SPD), werde der veränderten Vorlage einmütig zustimmen. Seit klar gewesen ist, dass die Messe auf die Filder umzieht, habe sich die SPD intensiv mit der Frage befasst, was danach kommt, denn der Killesberg sei ein Ort, der eine hohe Bedeutung für die Identität Stuttgarts habe. Dort befänden sich die einmalige Parklandschaft, die sich Stuttgart als Teil des Grünen U geschaffen hat, aber auch die Kunstakademie und die Weißenhofsiedlung.

Seine Fraktion habe in die Diskussion eingebracht, dass am Killesberg in der Kontinuität des bisher Gewachsenen weitergearbeitet werden soll, und sie habe vorgeschlagen, den Killesberg zu einem Ort des Wissens und der Kultur zu entwickeln. Dies habe auch in dem von Prof. Dr. N. N. (Name wurde aus Datenschutzgründen gelöscht) gewonnenen Wettbewerb und letztlich in der Formulierung dessen, was im Forum K vorgesehen war, seinen Niederschlag gefunden.

Er bedaure es, dass eine öffentliche Debatte über die Inhalte des Forums K, an der sich auch der Oberbürgermeister beteiligt hätte, unterblieben ist. Stattdessen sei nach Investoren gesucht worden, die auch gefunden wurden. Diese Vorgehensweise sei das Recht des Oberbürgermeisters; dennoch hätte es seine Fraktion für gut gehalten, wenn gerade zum Forum K eine öffentliche Debatte stattgefunden hätte, die vielleicht auch weitere Ideen hervorgebracht und dann möglicherweise weitere Investoren animiert hätte. Die Mehrheit im Gemeinderat habe jedoch diese Vorgehensweise zugelassen und auch unterstützt.

Die SPD respektiere diese Mehrheitsverhältnisse und habe sich deshalb darauf konzentriert, die weitere Entwicklung zu beeinflussen. Ihre Ziele habe sie in einem Antrag benannt. In der jetzt zu beschließenden geänderten Vorlage seien wesentliche Punkte, die sie formuliert habe, positiv beantwortet worden: Das Grüne U werde verwirklicht, ebenso der See vor der Roten Wand, das Parkhaus Rote Wand werde abgerissen. Noch seien viele Details zu klären. Die Zone 4, die im Entwurf Pesch für den Park vorgesehen war, sei jetzt zwar in die weitere Entwicklung für das Wohnen einbezogen, aber die SPD gehe davon aus, dass es in einem Wettbewerb doch noch gelingt, sie weitgehend von einer Bebauung freizuhalten und dem Park zuzuschlagen.

Die für das Stadtteilzentrum vorgesehenen unterschiedlichen Nutzungen müssten im Rahmen der Bürgerbeteiligung durch das, was der Stadtbezirk tatsächlich braucht, ergänzt werden. Inwieweit seine Fraktion sich letztlich durchsetzen kann, hänge wesentlich auch von den weiteren Wettbewerben ab. Sie werde hier intensiv mitarbeiten; die Vorlage biete den notwendigen Spielraum.

StR Dr. Kienzle (90/GRÜNE) unterstreicht, dass man sich gar nicht genug "aufregen" könne, wenn es um den Killesberg geht. Deshalb hätten sich die Menschen auch in den unterschiedlichsten Gremien mit dem Projekt auseinandergesetzt, und die Aufregung habe letztlich dazu geführt, dass die ursprüngliche Vorlage von Seiten des Gemeinderates noch einmal überarbeitet werden musste. Wenn dieser Prozess vorher stattgefunden hätte, wäre die Aufregung weniger groß gewesen. Es sei gut, dass der Gemeinderat in der Lage gewesen ist, sachlich zu arbeiten und sich mit den Vorgaben des Oberbürgermeisters so auseinanderzusetzen, dass ein achtbares Ergebnis zustande gekommen ist.

Die Fraktion der Grünen sei mit ganz bestimmten Forderungen in die Diskussion gegangen. Ihr sei es wichtig, das Grüne U auf jeden Fall zu erhalten und das schlecht nutzbare Parkhaus abzureißen, das dem Grünen U im Wege stehe. Das sei gelungen. Weiter wolle seine Fraktion, dass hinter der Fashion Mall eine qualitativ hochwertige landschaftlich gestaltete Zone entsteht. Es werde nun ein landschaftsarchitektonischer Wettbewerb stattfinden. Eine Bauruine werde dadurch verhindert, dass der Investor eine 60%ige Vermietung nachweisen muss, ehe der Vertrag mit ihm unterschrieben wird. Sollte die Fashion Mall später einmal in Schwierigkeiten kommen, werde verhindert, dass in dem Gebäude eine beliebige andere Nutzung untergebracht wird, da eine Änderung mit dem Gemeinderat abgesprochen werden muss. Es sei notwendig, dass dem Park in der Zone 4 wieder etwas zurückgegeben wird. Leider sei dieser Aspekt nicht in der von seiner Fraktion gewünschten Schärfe festgeschrieben worden, aber es soll im Wettbewerb darüber befunden werden, ob die Zone 4 weitgehend unbebaut bleibt.

In der Gesamtbetrachtung gehe seine Fraktion davon aus, dass es am Killesberg gelingen wird, nach dem Abzug der Messe die Situation zu verbessern. Statt des großen Parkplatzes werde man die Fashion Mall bekommen, von der seine Fraktion hoffe, dass sie der Investor qualitativ hochwertig baut. Von Vorteil werde auch sein, dass die Messehallen durch Wohnungsbau und ein Existenzgründerzentrum ersetzt werden und dass die Bewohner durch ein Verkehrskonzept geschützt werden sollen.

Eine weitere Verzögerung würde vermutlich keine sinnvollen Alternativen mehr erbringen. Es sei davon auszugehen, dass der Investor, die Stadt und vor allem die eingebundenen Architekten die Chance nutzen und dass der Killesberg eine "neu gefasste Perle" wird. Aus diesem Grund werde die Fraktion der Grünen der geänderten Vorlage gerne zustimmen.

StR J. Zeeb (FW) betont, dass von den beteiligten Fraktionen in mühevoller Arbeit, aber konstruktiv ein "Paket Killesberg" geschnürt worden ist, in dem sich in vielen Punkten sowohl die engagierten Bürger des Killesbergs als auch die Architekten aus dem Städtebauausschuss wiederfinden können.

Die Freien Wähler hätten nicht die Absicht, dieses mühsam geschnürte Paket wieder aufzumachen, denn viele ihrer Vorstellungen und Vorschläge seien in die Vorlage eingeflossen. Zu einigen Punkten vertrete er jedoch eine andere Haltung als seine Vorredner. So sei noch nicht klar, ob es wirklich sinnvoll ist, vor der Roten Wand einen See anzulegen. Die Entscheidung, ob ein solcher See wirtschaftlich betrieben werden kann und ob er in das Landschaftsbild passt, sollte den Landschaftsarchitekten überlassen werden.

Er begrüße es, dass in Bezug auf das Baufeld 4 eine offene Formulierung gewählt wurde. Auch hier habe er die Hoffnung, dass die Architekten so planen, dass der Park etwas zurückgewinnen kann. Der Übergang von einer Wohnbebauung zu einem Park sei eine großartige Aufgabe für jeden Landschaftsarchitekten.

Bedenken habe seine Fraktion hinsichtlich der Südseite der Fashion Mall. Er hoffe, dass dort keine Hinterhofsituation mit Müllcontainern und Tiefgaragenzufahrt oder Ähnlichem entsteht, und bitte die Verwaltung, auch hier auf eine ansprechende grüne Gestaltung zu achten.

Die Freien Wähler seien von Anfang an der Meinung gewesen, dass man gut funktionierende Parkhäuser nicht ohne Not abreißen sollte. Sie hätten es begrüßt, wenn mit einer Entscheidung abgewartet worden wäre, bis die Bebauung so weit fortgeschritten ist, dass der Bedarf geklärt ist. Es sei falsch, auf ein theoretisches Gutachten hin diese Parkhäuser vorschnell abzureißen. Das Grüne U wäre auch eine zeitlang noch mit den Parkhäusern möglich gewesen.

Seine Fraktion werde der Gesamtvorlage dennoch zustimmen, denn diese Punkte seien Detailthemen. Entscheidend sei, dass das Konzept Fürst für die wichtigen Gebiete 1 und 2 aufgeht. Die Freien Wähler würden nochmals an die Verwaltung appellieren, die offenen Fragen und Forderungen konsequent anzugehen und in die anstehenden Verträge aufzunehmen.

Da die Neue Messe im kommenden Jahr fertiggestellt ist, ist es nach Ansicht von StR Dr. Werwigk (FDP) höchste Zeit, dass der Gemeinderat Beschlüsse fasst, wie das alte Messegelände angemessen nachgenutzt werden kann. Er danke OB Dr. Schuster und seinem Wirtschaftsförderer, dass sie sich mit zwei großen Komplexen konstruktiv auseinandergesetzt und für diese Bereiche Investoren mit gutem Hintergrund gefunden haben. Die FDP versteht die Aufregung hierüber nicht, denn sie habe sich immer gut und zeitnah informiert gefühlt, zumal ja erst über etwas informiert werden könne, wenn man einen Investor hat.

Er bedaure es, dass der Gemeinderat bei der ausführlichen Diskussion im Ausschuss für Umwelt und Technik, an der auch Herr Fürst teilgenommen hatte, ein wenig gutes Bild abgegeben und über Einzelheiten gestritten hat. Er danke StR Hill für seinen Vorschlag, gemeinsam nach einer Lösung zu suchen. Diese sei ja auch gefunden worden; sie werde von der FDP nachdrücklich unterstützt. Immer wieder sei bekundet worden, dass man in der Stadt ein angemessenes Verhältnis von Wohnen und Arbeiten an einem Ort erreichen wolle, und genau das sei am Killesberg geplant. Da passe eine Fashion Mall hin und ebenso ein Augustinum, weil damit auch neue Arbeitsplätze verbunden seien.

Wie die Freien Wähler habe auch seine Fraktion für den Erhalt des Parkhauses plädiert, und zwar allein aus Sparsamkeitsgründen. Ein funktionierendes Parkhaus, das zudem noch grün eingewachsen ist und das man von der Straße aus kaum sieht, sollte man nicht ohne Not abreißen. Eine Mehrheit im Gemeinderat, aber auch die Bürger auf dem Killesberg hätten das aber anders gesehen. Die Meinung der Bürger habe seine Fraktion veranlasst, dem Abriss zuzustimmen. Sie erwarte jedoch, dass zuvor ein Verkehrs- und Parkierungskonzept klarlegt, wie Ersatzparkplätze geschaffen werden können. Auf keinen Fall sollten später bei jeder kleinen Veranstaltung die Anwohnerstraßen zugeparkt werden.

Die Betonung der Wohnbebauung in den Feldern 3 und 4 werde auch von der FDP begrüßt. Sie wünsche dort aber keine geschlossene Bebauung, sondern eine parkorientierte, architektonisch moderne Bauweise, die das Grün aufgreift und gutes Wohnen ermöglicht. Man habe hier große Erwartungen an die Architekten und sehe den hoffentlich bald vorliegenden Entwürfen gespannt entgegen. Der Vorlage stimme seine Fraktion einhellig zu.

Mit der Verlegung der Messe vom Killesberg auf die Filder sieht StR Dr. Schlierer (REP) die große Chance eröffnet, Natur und Bürgern wieder zurückzugeben, was im Rahmen einer jahrzehntelangen Fehlentwicklung Schritt um Schritt zugebaut und zum Teil auch regelrecht verschandelt wurde. Unter Berücksichtigung wesentlicher Elemente des einstmaligen Entwurfs von Mattern hätten Sichtbezüge hergestellt werden können, die diesem Gebiet eine wirkliche Chance als "Naherholungsperle" eröffnen würden.

Einen Naherholungsbereich in unmittelbarer Nähe zum Stadtkessel auf dem Höhenrand zu haben, sei eine ganz seltene Gelegenheit, und diese Chance werde nun endgültig vertan, denn ungeachtet der Wettbewerbsergebnisse gehe es letztendlich darum, möglichst viel aus der Veräußerung des ehemaligen Messegeländes zu erlösen. Gesucht sei der Investor, der am meisten zahlt. Er verstehe nicht, wie man als Stadtrat Angst davor haben könne, sich bei der Diskussion einer derart wichtigen Entscheidung vor einem Investor blamieren zu können. Für den Gemeinderat müsse entscheidend sein, wie sich die Planung langfristig für die gesamte Stadt auswirkt.

Er habe Verständnis dafür, dass der finanzielle Beitrag für die Fildermesse in Höhe von 51 Mio. € erlöst werden muss. Das könne aber nicht bedeuten, dass diesem Ziel alles untergeordnet wird. Im Übrigen sei man derzeit unter Berücksichtigung der Zahlen, die im Zusammenhang mit dem Augustinum beschlossen wurden, und der Tabelle in der Machbarkeitsstudie bei einem Erlös von über 62 Mio. € angelangt. Das scheine immer noch nicht zu reichen.

In den Diskussionen der letzten Wochen sei das Argument gekommen, die Bürger sollten doch zufrieden sein, wenn das Grüne U in irgendeiner Weise noch realisiert wird. Er sehe auch dies keineswegs gesichert. Die Grünbrücke, die eigentlich zur Feuerbacher Heide benötigt werde, sei durch andere Entscheidungen infrage gestellt. Selbst wenn das Parkhaus Rote Wand abgebrochen wird, sei nicht sichergestellt, dass es eine Fortsetzung des Grünen U auf dem Höhenrand gibt.

Er wolle nichts gegen das Konzept des Investors sagen; es wäre aber in Stuttgart an anderer Stelle besser aufgehoben. Das Argument, es würden 250 Arbeitsplätze geschaffen, würde dort ebenso gelten.

Das Baufeld 4 werde als großartige Chance angesehen. Finanziell betrachtet müsste man es nicht bebauen. Er könne nicht erkennen, warum das Gelände, auf dem jetzt noch die Halle 10 steht, unbedingt wieder zugebaut werden muss. Dieses Gelände sei dem Park seinerzeit für den Messeausbau weggenommen worden; jetzt könne man es dem Park zurückgeben. Er habe den Eindruck, dass mit dieser Bebauung Ersatz für das Wohnfeld 2 geschaffen werden soll, nachdem dort eine andere Nutzung festgelegt wurde.

Selbst wenn gegenüber dem ursprünglichen Entwurf N. N. (Name wurde aus Datenschutzgründen gelöscht) an der einen oder anderen Stelle etwas besser geworden ist, so komme es insgesamt zu keiner Nachbesserung, sondern im Grunde zu einer weitere "Verschlimmbesserung". Es möge sein, dass mit der erklärten Absicht, auf das Parkhaus zu verzichten und eventuell einen See anzulegen, eine größere Zustimmungsfähigkeit erreicht worden ist. Die jetzige Haltung von SPD und Grünen sei ihm nach ihren früheren Äußerungen nicht nachvollziehbar. Der Schutz vor einer unerwünschten Nachnutzung, falls die Fashion Mall keinen Erfolg hat, sei nicht das Entscheidende. Die Frage sei doch, ob es sinnvoll ist, in diesem Bereich überhaupt eine Bebauung vorzusehen. Da auch P 8 dem Park zugunsten der Messe weggenommen wurde, könnte man dieses Gebiet der Natur zurückgeben.

Im Entwurf N. N. (Name wurde aus Datenschutzgründen gelöscht) sei im Baufeld S, dem Stadtteilzentrum, eine Nutzung vorgesehen im Blick darauf, dass es sich hier um eine für das Gemeinwohl letzten Endes sinnvolle und auch unverzichtbare Einrichtung handelt. Es sei nicht überzeugend, die Verlagerung auf die andere Seite damit zu begründen, dass es dann viel günstiger liegen würde.

Das Entscheidende sei die zentrale Frage - und sie bewege die Bürger auf dem Killesberg zu Recht -, ob die Nachnutzung mit einer Modefachmesse dort oben tatsächlich eine sinnvolle städteplanerische Entwicklung darstellt oder nicht. Er halte dies für einen gewaltigen Fehler. Seine Gruppierung werde deshalb auch der veränderten Vorlage nicht zustimmen.

Die Art und Weise, wie hier vorgegangen wurde, ist für StRin Küstler (DIE LINKE.PDS) ein Beispiel dafür, wie wenig die Bürger einbezogen worden sind. Zwar räume die Mehrheit ein - und so sehe sie es auch -, dass mit der neuen Vorlage eine große Verbesserung bewirkt worden ist; sie sei aber nicht wirklich befriedigend. Nach wie vor sei die Planung von der Vorgabe bestimmt, dass die Fashion Mall gebaut werden muss und der Investor derjenige ist, mit dem zusammen oder unter dessen Oberhoheit vielleicht sogar die gesamte weitere Entwicklung dieses Gebietes und die Wettbewerbe stattfinden werden. Sie habe Zweifel daran, dass die Planung mit einer Fashion Mall der Bedeutung des Ortes entspricht. Richtig wäre es, die Zone 4 dem Park zurückzugeben. Bei der aktuellen Planung bilde die Fashion Mall einen Riegel im Übergang vom Grünen U, und auch der Übergang zur Brenzkirche sei nicht gut gestaltet.

Generell kritisiere sie aber, dass die Bürgerbeteiligung, die auch im weiteren Fortgang der Planung vorgesehen ist, sich gar nicht mehr frei entfalten könne, sondern auf der Grundlage der geplanten Fashion Mall stattfindet.

Sie werde sich der Stimme enthalten, weil zwar Verbesserungen zu erkennen seien, aber ein wirklicher Durchbruch zu einer angemesseneren Planung nicht stattgefunden hat.

StR Rockenbauch (SÖS) erklärt, er werde diese Vorlage selbstverständlich ablehnen, da eine zukunftsfähige Stadtentwicklung keine Aufgabe eines Oberbürgermeisters, eines Ausschusses oder eines Gemeinderates sei, sondern vor allem eine Sache der Bürger. Das große Bürgerinteresse im Städtebauausschuss sei beeindruckend gewesen. Wenn dann anschließend ein kleiner Unterausschuss unter Ausschluss der Öffentlichkeit tagt - nicht einmal die Einzelstadträte hätten teilnehmen können - und dort die Veränderungen erörtert, sei das nicht demokratisch und werde nicht dem Anspruch gerecht, gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern eine zukunftsfähige Stadt zu entwickeln.

Genauso bedauerlich sei es, dass OB Dr. Schuster die Einladung der Architekturfakultät sowie der Fachschaft zu einer Diskussion darüber, ob es sinnvoll ist, einen Investor bestimmen zu lassen, abgelehnt hatte mit dem Hinweis, er habe ja Architekturwettbewerbe vorgeschlagen, zu denen jeder qualifizierte Architekt eingeladen sei.

Die Vorlage werde er auch aus einem ganz anderen Grund ablehnen: Das Potenzial am Killesberg rühre von der Fehlentscheidung her, die Neue Messe auf den Fildern zu bauen, wofür ein Stück wertvollster Landschaftsraum geopfert wurde. Zum Ausgleich versuche man nun, für den Killesberg Städtebauwettbewerbe zu veranstalten mit möglichst viel Grün. Dass davon nicht mehr viel übrig bleibt, wenn es um das Geld geht, sei klar, denn mit dem Gebiet, das man eigentlich einer zukunftsfähigen Stadtentwicklung zuführen will, müssten möglichst hohe Grundstückserlöse erzielt werden. Das habe zur Folge, dass überraschend Vorschläge für ein Augustinum oder für eine Fashion Mall eingebracht werden und Teile der Planung aus der Hand gegeben werden. Architektur sei mehr als Fassaden; es gehe vielmehr um den Inhalt, der dort stattfinden soll. Es sei nie ernsthaft mit den Bürgern verhandelt worden, ob sie die Planungen an dieser Stelle so wollen.

Nachhaltige Stadtentwicklung brauche Zeit, und deshalb sollte der Gemeinderat die Grundstückserlöse nicht durch Verkäufe an Investoren erzielen. Es gebe z. B. in diesem Jahr Mehreinnahmen, aus denen man den Beitrag für die Neue Messe leicht finanzieren könnte, sodass man nicht 51 Mio. € durch den Grundstückverkauf einnehmen müsste. Er beantrage daher, diese 51 Mio. € nicht aus den Grundstückserlösen am Killesberg, sondern durch einen Nachtragshaushalt zu finanzieren.

Zur Forderung seines Vorredners nach mehr Bürgerbeteiligung betont StR Dr. Kienzle, dass in seiner Partei das Thema ausführlich in der Mitgliederversammlung besprochen wurde. Weiter sei es im beratenden Städtebauausschuss und in den Bezirksbeiräten öffentlich behandelt worden. StR Rockenbauch habe offensichtlich einen anderen Begriff von repräsentativer Demokratie, obwohl auch er dem Gemeinderat aufgrund eines Wählervotums angehöre.

Dass am Killesberg wertvoller Landschaftsraum geraubt werde, sei falsch. Nach dem, was in der Vorlage beschlossen werden soll, werde letztlich mehr grüne Fläche übrig bleiben, es werde mehr Wohnfläche und weniger Parkraum geben. Das halte er für eine richtige Entwicklung. Der Antrag, das Geld für die Fildermesse aus einem Nachtragshaushalt zu nehmen, lasse ökonomisches Denken vermissen.

StRin Küstler bittet, einmal ernsthaft darüber zu sprechen, ob man nicht bestimmte Dinge aus einem Nachtragshaushalt finanzieren sollte, da die Stadt Stuttgart unerwartete Mehreinnahmen und Zuweisungen des Bundes erhalte.

StR Rockenbauch ist über das Städtebauverständnis der Grünen erstaunt, denn es werde in der Vorlage z. B. nirgendwo erwähnt, wie man mit der Energie umgehen will und wie die Bürger dort wirklich beteiligt werden. Die Vorlage sage deutlich, dass auf dem Gelände die "creativ class" in einem Szeneviertel angesiedelt werden soll. Es gehe eben nicht um ein durchmischtes Quartier, das alle Gruppen - auch die sozial Schwachen - einbezieht und ihnen eine Chance gibt, im Grünen zu wohnen. Auf die Idee, als Ausgleich für den wertvollen Ackerboden, der für die Neue Messe auf den Fildern geopfert wurde, ein Stück auf dem Killesberg zu renaturieren, hätten auch die Grünen kommen können.


Abschießend stellt OB Dr. Schuster zur Abstimmung und hält fest:

1. Antrag von StR Rockenbauch (SÖS), den Beitrag von 51 Mio. € für die Fildermesse durch einen Nachtragshaushalt zu finanzieren:

bei 1 Ja-Stimme und 1 Enthaltung mehrheitlich abgelehnt

2. Beschlussantrag der GRDrs 853/2006 Ergänzungsdrucksache:

bei 3 Nein-Stimmen und 1 Enthaltung mehrheitlich beschlossen