Landeshauptstadt Stuttgart
Oberbürgermeister
Gz:
GRDrs 362/2005
Stuttgart,
06/14/2005



Flutkatastrophe in Südasien



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Vorberatung
Beschlussfassung
nichtöffentlich
öffentlich
22.06.2005
23.06.2005



Beschlußantrag:

1. Die Landeshauptstadt beteiligt sich mit dem Bau eines gewerblichen Ausbildungszentrums / Handwerkszentrums inhaltlich und finanziell an einem Projekt des Kinderberg International e.V. für Sri Lanka.

2. Hierfür stellt die Landeshauptstadt eine Summe von 50.000 Euro zur Verfügung.

3. Die Mittel werden im Verwaltungshaushalt 2005 bei Finanzposition 1.0001.7180.000, Bürgermeisteramt, Zuschüsse an sonstigen Bereich, gedeckt. Bei dieser Finanzposition wird eine überplanmäßige Ausgabe von 50.000 EUR bewilligt. Die Mehrausgaben werden durch Sperrung in dieser Höhe bei Finanzposition 1.9140.8500.000, Deckungsreserve ausgeglichen.


Begründung:


1. Ausgangslage:

Die durch das Seebeben am 26. Dezember 2004 ausgelöste Flutwelle im Indischen Ozean hat Sri Lanka schwer getroffen. Rund 90.000 Gebäude wurden völlig, annähernd 30.000 Gebäude teilweise zerstört. Etwa 40.000 Personen wurden getötet, 20.000 verletzt, über 800.000 Personen wurden obdachlos.

Die Landeshauptstadt hat bereits unmittelbar nach der Katastrophe unter großem Engagement der Bevölkerung verschiedene Hilfsorganisationen bei ihrer akuten Nothilfe unterstützt. Vor kurzem erst ist auch die Firma Porsche dankenswerterweise mit einer Spende von 1 Mio. Euro in die Verantwortung gegangen.

Die Linie der Stadt war vor Anfang an: keine unkoordinierten, spontanen Aktionen, sondern nachhaltige Unterstützung des Wiederaufbaus. Keine eigenen Aktivitäten der Stadt, sondern Unterstützung von kompetenten Fachleuten.


2. Projektvorschlag:

Der Kinderberg International e.V. (KBI) mit Sitz in Stuttgart ist eine international tätige Hilfsorganisation, die vor 13 Jahren gegründet wurde und seitdem in Kriegs- und Krisengebieten humanitäre Projekte realisiert, deren Zielgruppe vornehmlich Kinder und Jugendliche sind. Die Projekte des Vereines zeichnen sich dadurch aus, dass sie neben sozial-caritativen Maßnahmen wie z.B. die Sicherstellung existentieller Grundbedürfnisse (Lebensmittel, ärztliche Primärversorgung) für Arme und Kranke auch mittel- und langfristige Projekte zur Verbesserung des Bildungswesens durchführen.

Der Verein hat nach einer mehrmonatigen Planungs- und Evaluierungsphase, bei der mehrere Fachkräfte in Stuttgart und in Sri Lanka mitgewirkt haben, ein gemeindeorientiertes, integratives Flutopferprojekt konzipiert, welches sich zum obersten Ziel die nachhaltige Verbesserung des Bildungswesens in einem von der Flut am stärksten betroffenen Distrikten Sri Lanka’s gesetzt hat. Im Rahmen dieses Projektes sollen in der Stadt Kalmunai, Distrikt Ampara, an der Ostküste Sri Lankas errichtet werden:

ٱ ein Therapie- und Bildungszentrum
ٱ eine Kinderbetreuungsstation
ٱ ein landwirtschaftlicher Lehrgarten, sowie
ٱ ein gewerbliches Ausbildungszentrum / Handwerkszentrum.


Der Distrikt Ampara hat die höchste Anzahl an Binnenflüchtlingen, Flutopferwaisen, etc. (550.000 Einwohner, 10.436 Todesopfer durch die Flutkatastrophe, 90.206 Binnenflüchtlinge und Obdachlose, 84 Flüchtlingslager, 821 Vermisste nach der Flutkatastrophe) jedoch eine geringe Präsenz internationaler Hilfsorganisationen. Er zählte im Bürgerkrieg zu den stark umkämpften Gebieten mit einer hohen Zahl an Kriegsopfern, ist ein von der Regierung deklariertes Siedlungsgebiet für Kriegsflüchtlinge und wird von der Zentralregierung verwaltet. Trotz mehrheitlich ansässiger Tamilen zählt es nicht zum Hoheitsgebiet der Rebellen (Tamil Tigers), sondern ist multiethnisch (Tamilen, Singalesen, Christen und Muslime), hat keinen oder nur wenig Tourismus, besteht im wesentlichen aus einer armen, bildungsfernen Nachkriegsbevölkerung, die hauptsächlich von Fischfang und Reis lebt und keine weiteren wirtschaftlichen Perspektiven hat.

Der Projektstandort Ampara wurde unter der Berücksichtigung des Kriteriums, dass er unter der Verwaltung einer international anerkannten Regierung steht, ausgesucht. Ein Vertrag für die Realisierung des KBI-Projektes wurde am 24. Februar 2005 zwischen dem Distriktvorsteher / Ampara und Kinderberg International e.V. unterzeichnet.

Der Rems-Murr-Kreis wurde ebenfalls bereits von diesem Konzept überzeugt und hat mit dem Kinderberg einen Kooperationsvertrag zum Bau und Betrieb eines Therapie- und Bildungszentrums in Kalmunai unterschrieben.


3. Zur Beteiligung der Landeshauptstadt:

Der Kinderberg International e.V. ist nun an uns herangetreten mit der Bitte, in Kalmunai ein gewerbliches Ausbildungszentrum / Handwerkszentrum zu errichten. In diesem Zentrum sollen ausgesuchte Zielgruppen (Jugendliche und Großfamilienernährer, die aus Flutopferfamilien stammen) in ortsüblichen, zukunftsträchtigen Berufen aus- und weitergebildet werden. Das Ziel der Schule ist es, durch Einkommen schaffende und Einkommen sichernde Maßnahmen die Existenzgrundlage der Hinterbliebenen und Überlebenden langfristig sicherzustellen. Das Projekt unterstützt den Sri Lankischen Staat in seinen Bemühungen, der gesamten Sri Lankischen Bevölkerung einen Zugang zu Bildung und beruflicher Qualifikation zu ermöglichen.

Hierzu wird ein Gebäude mit unterschiedlichen Werkstätten (Metall-, Holzverarbeitung, Elektrik, etc.) errichtet und ein landwirtschaftlicher Lehrgarten angelegt. Die Curricula werden in Zusammenarbeit mit den örtlichen Behörden und in Abstimmung mit dem Bildungsministerium Sri Lankas erstellt. Es handelt sich um eine berufliche Zusatzqualifizierung, die in unterschiedlichen Kursen von 15 – 350 Std. / Kurs einer bildungsfernen Zielgruppe angeboten wird, die aus verschiedenen sozialen Gründen keine Möglichkeit hat am staatlichen Bildungs- und Berufsbildungssystem teilzunehmen.

Ursprünglich war geplant, gemeinsam mit dem Umweltministerium Baden-Württemberg und dem Kinderberg International e.V. ein ökologisches Dorf im Süden Sri Lankas zu errichten; die Landeshauptstadt wäre im Rahmen dieses Projektes für die Einrichtung eins Bildungszentrums verantwortlich gewesen. Bei der weiteren Konkretisierung des Projekts wurde jedoch deutlich, dass dieses Engagement erst nach Ablauf der ersten beiden Projektphasen sinnvoll wäre. In den ersten Projektphasen wird der Bebauungsplan erstellt und ein ökologisches Dorf errichtet. Erst danach könnte der Kinderberg International e.V. ein Bildungszentrum errichten und dieses wie auch die Bewohner des ökologischen Dorfes betreuen. Dies wäre erst in ca. 1 ½ Jahren der Fall. Vor diesem Hintergrund teile ich die Haltung des Kinderbergs, dass wir uns gemeinsam auf das bereits angelaufene Projekt in Kalmunai konzentrieren.


Das Projekt ist langfristig angelegt und dient nachhaltig dem Wiederaufbau und der Verbesserung der Lebensbedingungen. Hier kann sich die Landeshauptstadt sinnvoll einbringen.



Finanzielle Auswirkungen




Beteiligte Stellen

Referat WFB




Dr. Wolfgang Schuster

Anlagen