Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Wirtschaft/Finanzen und Beteiligungen
Gz: WFB
GRDrs 761/2007
Stuttgart,
09/13/2007



Städtische Kleinsiedlungen Steinhaldenfeld, Neuwirtshaus, Wolfbusch/Seelach und Hoffeld



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen
Gemeinderat
Vorberatung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
28.09.2007
04.10.2007



Beschlußantrag:

Den nachfolgenden befristeten Angeboten (wahlweise Erwerb oder Verlängerung) an die Erbbauberechtigten der vier Kleinsiedlungen wird zu folgenden Konditionen zugestimmt:

1. Grundlage der Kaufpreisberechnung bilden die neu ermittelten Zonenwerte des Stadtmessungsamts (s. Anlage 1)

2. Erwerb des Erbbaugrundstücks zu folgenden Konditionen:
2.1. Kaufpreis:
2.1.1. Reduzierung des jeweiligen Zonenwerts aus Ziffer 1 auf Grund der Benutzungsbeschränkung nachstehend Ziffer 2.2 um ca. 30 % 2.1.2. Anrechnung des Erbbaurechts auf den Bodenwert, was eine weitere Reduzierung des Kaufpreises um 28% bedeutet;
2.2. Verpflichtung zur Eigennutzung auf 15 Jahre (Benutzungsbeschränkung) ab Kauf

3. Verlängerung der am 31.12.2040 auslaufenden Erbbaurechte zu folgenden Bedingungen:
3.1. Verlängerung um 25 Jahre bis 31.12.2065
3.2. Erhöhung des Erbbauzinses auf 0,4 % aus dem unverbilligten zonalen Bodenwert aus Ziffer 1
3.3. Entschädigung des Zeitwerts des jeweiligen Gebäudes bei Zeitablauf

4. Die Angebote aus Ziffer 2 und 3 sind bis zum 31.12.2012 (5 Jahre) befristet. Danach ist nur noch ein Kauf zu dem in Ziffer 2.1.1. genannten Bodenwert möglich.

5. Bei vermieteten Siedlerstellen (Gebäude ebenfalls im Eigentum der Stadt) erfolgt ein Verkauf an Mieter nur im Ganzen (Grundstück und Gebäude). Neue Erbbaurechte werden nicht mehr bestellt.


Begründung:


Die Erbbaurechte in den vier Kleinsiedlungen Stuttgarts (Steinhaldenfeld, Neuwirtshaus, Hoffeld und Wolfbusch) wurden in den Jahren 1935 - 1937 begründet. Eine erste Verlängerung bis 31.12.2040 erfolgte in den Jahren 1979 - 1981 unter Anpassung der Erbbauzinsen (s. GRDrs 259/1979 vom 12.07.1979).

Der Erbbauzins wurde zum Zeitpunkt der ersten Verlängerung festgelegt auf 4 % aus einem Bodenwert von 25 DM/m² für die Bauplatzfläche und 0,18 DM/m² für die Mehrfläche. Heute entspricht er ca. 4 % aus einem Bodenwert von 20 €/m² bzw. 0,14 €/m².
Bei einem Erwerb des Erbbaugrundstücks werden die vom Gemeinderat beschlossenen Bodenwerte (s. GRDrs 327/2003 vom 11.04.2003) zugrunde gelegt.

In letzter Zeit gibt es vermehrt Probleme mit den Banken, denen die geringe Restlaufzeit der Erbaurechte von derzeit 33 Jahren für eine Finanzierung (Kauf oder Modernisierung/Umbau) nicht ausreicht. Die vier Siedlervorstände sind mit diesem Problem an die Landeshauptstadt herangetreten.

Die Verwaltung hat daraufhin Überlegungen über die weitere Vorgehensweise angestellt. Als Grundlage für die daraus resultierenden Vorschläge hat das Stadtmessungsamt die Bodenwerte der Kleinsiedlungen aktualisiert. Hierzu wurden je Siedlung vorläufige Wertzonen unter Beteiligung der Siedlervorstände gebildet, die Lage, Topographie, Immissionen etc. berücksichtigen (s. Anlage 3).

Teilweise ist noch eine Feinabstimmung mit dem Stadtmessungsamt erforderlich, sodass sich geringfügige Anpassungen ergeben können. Innerhalb der Wertzonen können die Werte je nach Lage nochmals differieren.

Bei der Bewertung der Flächen wurden die Grundstücke entsprechend der seitherigen Handhabung aufgeteilt in „Baufläche“ (0 - 450 m²), „Mehrfläche“ (451 m² - 800 m²) und Fläche über 800 m².

Die Benutzungsbeschränkung wegen Eigennutzung auf 15 Jahre rechtfertigt einen Abschlag in Höhe von 30 % vom Zonenwert.

Für die Aufgabe des Erbbaurechts beim Kauf des Erbbaugrundstücks ist ein zusätzlicher Abschlag in Höhe von 28 % möglich.

Wahlweise stehen den Erbbauberechtigten nunmehr folgende Möglichkeiten zur Verfügung:


- Erwerb des Erbbaugrundstücks:

Ein Erwerb des Erbbaugrundstücks ist nur zur Eigennutzung möglich. Die Zeit der Eigennutzung wird beschränkt auf 15 Jahre. Als Eigennutzung gilt auch die Nutzung durch Verwandte bis zum 2. Grad der Seitenlinie. Kaufen können daher auch Kinder, Enkel und Geschwister.

Diese Benutzungsbeschränkung wird durch die Eintragung einer Dienstbarkeit im Grundbuch dinglich gesichert.

Der Kaufpreis basiert auf den vorstehend genannten Zonenwerten unter Berücksichtigung der Benutzungsbeschränkung und des Erbbaurechts.

Somit ergibt sich folgende Kaufpreisberechnung am Beispiel eines Erbbaugrundstücks mit 600 m² Größe in Steinhaldenfeld:

Zone
    Zonenwert €/m²
    (abzüglich ca.30 % wg. Verf.beschr)

    bis 450 m² Mehrfl.
    Gesamtpreis in €
    bei 600 m²,
    unverbilligt
    ( - ca. 30%)
    Kaufpreis unter Berücksichtigung des Erbbaurechts in €
    ( - 28%)
A
390
(270)
78
(54)
187.200
(129.600)
93.312


Kaufpreisberechnung:

Unverbilligter Kaufpreis:
450 m² x Zonenwert 390 €/m² + 150 m² x Zonenwert 78 €/m² = 187.200 €

Kaufpreis unter Berücksichtigung der 15 jährigen Benutzungsbeschränkung (um ca. 30 % reduzierter Zonenwert):
450 m² x 270 €/m² + 150m² x 54 €/m² = 129.600 €

Vorgeschlagener Kaufpreis unter zusätzlicher Berücksichtigung des Erbbaurechts:
129.600 € - 28% = 93.312 €

Um einen Kaufanreiz für die Siedler zu schaffen, wird der zusätzliche Abschlag von 28 % für das Erbbaurecht nur beim Kauf innerhalb eines befristeten Zeitraums von 5 Jahren gewährt, beginnend am 01.01.2008, Laufzeit bis 31.12.2012. Danach ist nur noch ein Kauf zum Wert unter Berücksichtigung der Benutzungsbeschränkung möglich. Der Abschlag für das Erbbaurecht entfällt. Die Zonenwerte werden erstmals nach Ablauf der 5 Jahre überprüft, danach alle weiteren 5 Jahre.

Erfolgt nach dem Erwerb keine Eigennutzung, oder wird das Gebäude vor Ablauf der 15 Jahre fremd vermietet oder wieder verkauft, ist die Landeshauptstadt berechtigt, eine Nachforderung in Höhe des Differenzbetrags zum unverbilligten aktuellen Grundstückspreis zu verlangen. Im obigen Beispiel wären dies 93.888 € (= unverbilligter Kaufpreis 187.200 € abzüglich bezahltem verbilligten Kaufpreis 93.312 €). Nach 8 Jahren Eigennutzung staffelt sich der Nachforderungsbetrag nach abgewohnten Jahren. Nach der Rückzahlung kann über das Gebäude samt Grundstück frei verfügt werden.

Der Nachzahlungsbetrag (= Differenzbetrag zwischen unverbilligtem Wert und tatsächlichem Kaufpreis) wird mittels Eintragung einer nachrangigen Grundschuld im Grundbuch gesichert werden.


- Sonderfall vermietete Siedlerstellen:

In verschiedenen Fällen ist die Landeshauptstadt auch Eigentümerin der Gebäude (durch Zeitablauf oder vorzeitige Übernahme eines Erbbaurechts). Diese wurden vermietet. Mieter, die ihre angemietete Siedlerstelle kaufen möchten, können diese ebenfalls nur zur Eigennutzung erwerben.

Sie bezahlen für das Grundstück den aufgrund der Verfügungsbeschränkung um ca.30 % reduzierten zonalen Bodenwert. Eine weitere Vergünstigung unterbleibt, da kein Erbbaurecht mehr existiert.

Gebäude und Grundstück (Mehrflächen) können nur im Ganzen erworben werden. Neue Erbbaurechte werden nicht mehr bestellt.


- Verlängerung des Erbbaurechts:

Die Verlängerung bis 31.12.2065 ist ebenfalls innerhalb des befristeten Zeitraums von 5 Jahren, beginnend am 01.01.2008, Laufzeit bis 31.12.2012, möglich. Hierfür muss ein neuer Erbbaurechtsvertrag mit der Stadt abgeschlossen werden, der den seitherigen ersetzt.

Der jährliche Erbbauzins beträgt dann 0,4 % aus dem unverbilligten Zonenwert, was in etwa eine Verdopplung des seitherigen Erbbauzinses bedeutet. (Jährlicher Erbbauzins im Beispiel oben: unverbilligter Kaufpreis 187.200 € x 0,4 % = 748,80 €/Jahr).

Die Vergünstigung ist durch die zu übernehmenden Verfügungsbeschränkungen gerechtfertigt:
· Nur Eigennutzung zulässig
· Kein freier Verkauf, keine Vermietung außer an Verwandte bis zum 2. Grad der Seitenlinie
· Freier Verkauf nur an vom Amt für Liegenschaften und Wohnen benannte Interessenten zum vom Stadtmessungsamt ermittelten Verkehrswert (Bewertungskosten werden dem Erwerber in Rechnung gestellt) Kriterien bei der Auswahl der Käufer sind:
o Familien mit möglichst zwei Kindern unter 14 Jahren, die o Einkommensgrenze nach § 9 Abs. 2 WoFG bis + 60 % muss bei der Vergabe gut erhaltener Häuser eingehalten sein. Bei der Vergabe von Häusern mit sehr hohem Sanierungsbedarf erfolgt keine Einkommensprüfung.

Sollten dem Amt für Liegenschaften und Wohnen keine geeigneten Bewerber vorliegen oder haben bis zu 8 vorgeschlagene Familien einen Erwerb abgelehnt, darf der Erbbauberechtigte das Erbbaurecht an eine Person seiner Wahl verkaufen. Die Zustimmung wird dann erteilt unter der Voraussetzung, dass der Verkauf zum vom Stadtmessungsamt ermittelten Verkehrswert erfolgt.

· Zustimmung der Landeshauptstadt zu jeder Veräußerung, Nutzungsüberlassung, Belastung sowie anderweitigen Verwendung
· Belastung mit Grundpfandrechten nur bis 70% des Gesamtwerts möglich und nur wenn der Grundschuldbetrag für das Erbbaurecht verwendet wird oder zur Existenzsicherung dient

Der erhöhte Erbbauzins ist für alle, die innerhalb der Angebotsfrist einen Erbbaurechtsverlängerungsvertrag abgeschlossen haben, erstmals zum 01.01.2013 (nach Ablauf der Angebotsfrist) fällig, unabhängig vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses.

Der Erbbauzins erhöht sich automatisch, sobald seit Vertragsabschluss bzw. seit der letzten Erhöhung 5 Jahre vergangen sind und der Verbraucherpreisindex für Baden-Württemberg sich um mehr als 10 % verändert hat. Er wird mittels Eintragung einer
Reallast im Erbbaugrundbuch dinglich gesichert.

Mit Ablauf des 31.12.2012 besteht keine Möglichkeit mehr zur Erbbaurechtsverlängerung. Die Erbbaugrundstücke können nur noch mit der Verpflichtung zur Eigennutzung auf 15 Jahre erworben werden. Der Kaufpreisberechnung liegt dann der wegen der Verpflichtung zur Eigennutzung um ca. 30 % reduzierte zonale Bodenwert zugrunde.


- Sonderregelung für Wolfbusch/Seelach:

Im Siedlungsgebiet Wolfbusch/Seelachwald ist für die sehr großen Grundstücke Dischinger Weg/Waldhornweg eine Nachverdichtung geplant.

Die Erbbauberechtigten der betroffenen Straße erhalten die vorgenannten Angebote nur für eine Teilfläche ihres seitherigen Erbbaugrundstücks. Die Teilfläche ist vom Stadtmessungsamt zu bestimmen. Die Restfläche entlang des Waldhornwegs, die einer

Bebauung zugeführt wird, kann vom Erbbauberechtigten bis zur Bebauung weiterhin gepachtet werden. Andernfalls wird sie von der Stadt als Gartenland an Dritte verpachtet.


- Privatsiedlung Hoffeld:

Entsprechende Angebote gelten ebenfalls für die sog. „Privatsiedlung Hoffeld“ in der Sprollstraße in Degerloch (6 Erbbaurechte, Laufzeit bis 31.12.2049).


- Beibehalten des bestehenden Erbbaurechtsvertrags:

Grundsätzlich kann jeder Erbbauberechtigte seinen bestehenden Erbbaurechtsvertrag behalten. Er muss weder sein Erbbaurecht verlängern noch das Grundstück erwerben. Das Erbbaurecht läuft dann am 31.12.2040 aus. Der Erbbauberechtigte erhält bei Zeitablauf eine Entschädigung in Höhe des Zeitwerts des Gebäudes.

Mit den Siedlervorständen und den Siedlern wurden, um Unruhe und Spekulationen zu vermeiden, bereits im Vorfeld die Vorschläge diskutiert und Anregungen aufgenommen. Die Resonanz war in allen 4 Siedlungsgebieten durchweg positiv. Die Vorschläge der Verwaltung werden von den Vorständen der Siedlergemeinschaften nach Rückkoppelung mit ihren Mitgliedern grundsätzlich befürwortet.

Finanzielle Auswirkungen




Beteiligte Stellen






Michael Föll
Erster Bürgermeister

Anlagen



Anlage 1: Zonenwerttabelle von 62
Anlage 2: Kaufpreisberechnungen je Siedlungsgebiet und Zone
Anlage 3: Zonenpläne


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Vorlage7612007.pdf