Landeshauptstadt Stuttgart
Der Oberbürgermeister
Gz: OB
GRDrs 984/2000
Stuttgart,
11/21/2000



Neustrukturierung der Integrationspolitik in Stuttgart



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Verwaltungsausschuß
Internationaler Ausschuss
Verwaltungsausschuß
Gemeinderat
Verwaltungsausschuß
Gemeinderat
Einbringung
Vorberatung
Vorberatung
Beschlußfassung
Vorberatung
Beschlußfassung
nichtöffentlich
öffentlich
öffentlich
öffentlich
öffentlich
öffentlich
22.11.2000
06.12.2000
13.12.2000
14.12.2000
17.01.2001
18.01.2001



Beschlußantrag:

1. Der Gemeinderat nimmt von der Neustrukturierung der Integrationspolitik in Stuttgart (Bearbeitung bei der Stabsstelle des Oberbürgermeisters – “Abteilung Integrationspolitik”) zustimmend Kenntnis.

2. Die Verwaltung wird beauftragt, bis Frühjahr 2001 ihre Vorstellungen zur Integrationspolitik und zur Arbeit des Internationalen Ausschusses zu konkretisieren.


Begründung:


1. Ausgangslage

Die Integration der auf Dauer in Stuttgart lebenden ausländischen Bevölkerung stellt sowohl im Hinblick auf ihre demographische Entwicklung als auch vor dem Hintergrund der internationalen Beziehungen der Großstädte eine existentiell wichtige Frage für die Zukunftsfähigkeit unserer Stadt dar.

In Stuttgart leben Menschen aus 160 Nationen und mit 100 verschiedenen Sprachen. Ein Viertel der Einwohner hat keinen deutschen Paß, bei den Jugendlichen ist dies schon ein Drittel und die Prognose zeigt deutlich nach oben. Vor einem solchen Hintergrund sind Toleranz, Solidarität, Partizipation und Eigenverantwortung wichtige Grundprinzipien des Zusammenlebens. Von diesen vier Säulen ist unsere Stadtgesellschaft in Zukunft wesentlich geprägt.

Wir sind eine der exportstärksten Regionen in Europa und schon von daher notwendig weltoffen. Bei uns ist Ausländerfreundlichkeit kein Modewort, sondern gelebte Wirklichkeit.

Wir profitieren von einem fruchtbaren Spannungsfeld von sozialer Integration und kultureller Vielfalt. Vielfalt nicht im Sinne eines unverbundenen Nebeneinanders von abgegrenzten Parallelgesellschaften, sondern Pluralität im gemeinsamen Lebensraum Stuttgart. Das geistige und kulturelle Klima in unserer Stadt wird durch die ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger stets aufs Neue bereichert und erweitert.

Heinrich Mann hat es einmal so formuliert: “Demokratie ist im Grunde die Anerkennung, daß wir sozial genommen alle füreinander verantwortlich sind.” Diese gegenseitige Verantwortung ist grenzüberschreitend und national ungebunden. Eine solidarische Stadt braucht die Menschen, die sich persönlich einbringen, unabhängig von der Farbe ihres Passes, ihrer Religion oder ihrer Nationalität.


2. Was können wir tun?

Wir können als Stadt diese neue Gemeinschaft nicht von oben her verordnen. Als Kommune können wir aber den Rahmen dafür schaffen. Wir können Lebensperspektiven eröffnen, Schutz und Sicherheit bieten, Engagement fördern. So verfolgen wir in Stuttgart seit langem das Ziel, bürgerschaftliche Initiativen zu unterstützen, ehrenamtlichen Einsatz zu motivieren und der Selbsthilfe eine stabile Arbeitsgrundlage zu schaffen. Es geht um mehr Eigenverantwortung und Eigeninitiative jedes Einzelnen und zugleich um mehr Gemeinsinn.

Dies gilt selbstverständlich genauso für die ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger in der Landeshauptstadt. Gemeinsam wollen wir weiter daran arbeiten, daß ein neues Gemeinwesen entsteht, wo nicht mehr nach Herkunft, Gott und Muttersprache gefragt wird, damit alle Einwohner dieser Stadt zu Stuttgartern werden.

Daraus folgt: Auch künftig werden die einzelnen Fachbereiche der Verwaltung für die fachlichen Belange und Anliegen aller Stuttgarterinnen und Stuttgarter, mit oder ohne deutschen Paß, arbeiten.

Hier wird die soziale Integration der ausländischen Jugendlichen ebenso gefördert wie die berufliche Integration, die sich von einer qualifizierten Berufsausbildung für die Jugendlichen bis hin zur Arbeitsförderung für Erwachsene erstreckt. Es geht aber auch um die politische Integration. Der Internationale Ausschuß soll der Motor dieser Zusammenarbeit und damit für den Gesamtgesellschaftlichen Dialog in Stuttgart sein. Hier werden wir künftig gemeinsam weiterführende konzeptionelle Vorschläge erarbeiten.

Darüber hinaus ist es aber entscheidend, daß es auch künftig eine Stelle gibt, die diese Bemühungen zentral fördert und vernetzt. Eine Stelle, die auch die externe Netzwerke für diese Gemeinschaftsaufgabe gewinnt und einbindet. Wir brauchen das Know-how von Experten außerhalb der Stadtverwaltung, z.B. bei komplexen Themen wie dem Dialog mit dem Islam, der durch die Ereignisse in den vergangenen Wochen ins Stocken gekommen ist.

Für die Förderung des interkulturellen Dialogs bringen wir günstige Voraussetzungen mit: Wir haben das Institut für Auslandsbeziehungen, vielfältige ausländische Institute und kulturelle Vereine, vor allem aber auch binationale Organisationen wie das Deutsch-Türkische Forum oder das Deutsch-Amerikanische Zentrum in unserer Stadt.


3. Das weitere Vorgehen

Aufgrund der Bedeutung der Integrationspolitik soll sie künftig in meinem Geschäftsbereich ansiedelt werden. Dazu plane ich, mit Wirkung vom 1. Januar 2001 die Arbeit meiner Stabsstelle wie folgt zu organisieren:

· Abteilung “Grundsatzfragen / Strategie” (mit der Vorbereitung von Terminen und Reden sowie Öffentlichkeitsarbeit)
· Abteilung “Bürgerschaftliches Engagement” (mit dem Netzwerk “frEE Stuttgart”, dem Initiativkreis Stuttgarter Stiftungen, der Akademie des Ehrenamts sowie der Gemeinschaftsinitiative “Sicheres und Sauberes Stuttgart”)
· Abteilung “Integrationspolitik” (mit der Zuständigkeit für den Internationalen Ausschuß).

Vorsitzender des Internationalen Ausschusses ist kraft Amtes der Oberbürgermeister, ständiger stellvertretender Vorsitzender ist Herr Bürgermeister Dr. Blessing.

Die Abteilung “Integrationspolitik” hatte bislang zwei Sachbearbeiter, Herrn Babel und Frau Lavadinho, sowie eine qualifizierte Sekretärin. Herr Babel wird bekanntlich auf eigenen Wunsch Aufgaben im Sozialamt der Landeshauptstadt übernehmen. Wir wollen die Stelle mit einem/r Mitarbeiter/in besetzen, der/die möglichst der türkischen Sprache mächtig ist und die deutsche wie auch die türkische Kultur kennt.

Weitere konkrete Maßnahmen zur Förderung des interkulturellen Dialogs werden derzeit in der Abteilung “Integrationspolitik” entwickelt. Ich werde damit im Frühjahr des kommenden Jahres erneut auf den Internationalen Ausschuß und den Gemeinderat zukommen. Auf dieser Grundlage erst ist eine qualifizierte Entscheidung darüber möglich, ob ggf. zusätzliche Ressourcen oder weitere substantielle Organisationsänderungen notwendig werden.

Finanzielle Auswirkungen
Beteiligte Stellen






Dr. Wolfgang Schuster