Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
62/2005
GZ:
OB
Sitzungstermin: 03.02.2005
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Dr. Schuster
Berichterstattung:der Vorsitzende
Protokollführung: Frau Huber-Erdtmann kr
Betreff: VfB Welt Multi Event Center
- Sachstandsbericht
- Erschließungs- und städtebaulicher Vertrag
- Einvernehmen der Gemeinde nach § 36 BauGB

Vorgang: Ausschuss für Umwelt und Technik vom 01.02.2005, nichtöffentlich, Nr. 50

Ergebnis: Verweisung ohne Votum an die nachfolgenden Gremien

Verwaltungsausschuss vom 02.02.2005, nichtöffentlich, Nr. 32

Ergebnis: Verweisung ohne Votum in die Vollversammlung des Gemeinderats


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Herrn Oberbürgermeisters vom 24.01.2005, GRDrs 65/2005, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Vom Bericht über den Stand des Projekts VfB Welt Multi Event Center wird zustimmend Kenntnis genommen.

2. Dem Abschluss des Erschließungs- und städtebaulichen Vertrags auf der Grundlage des beiliegenden Entwurfs (Anlage 1) mit der Häussler GmbH & Co. KG Zehnte Bau- und Boden-Gesellschaft, Stuttgart, für das Vorhaben VfB Welt Multi Event Center wird zugestimmt.
3. Das Einvernehmen der Stadt zum Bauantrag für den Neubau VfB Welt Multi Event Center / Maxi Sport Hotel ist gemäß § 36 BauGB zu erteilen.


OB Dr. Schuster berichtet, dass die Planungen für das VfB Welt Multi Event Center aus Sicht der Verwaltung im Zeitrahmen liegen. Das Baurechtsamt gehe davon aus, die Baugenehmigung am 16. Februar erteilen zu können. Damit habe die Verwaltung alles getan, damit der knappe Zeitplan eingehalten werden kann. Es sei selbstverständlich - und das sage er auch im Einvernehmen mit Herrn Häussler -, dass das Event Center nur gebaut wird, wenn die Mieter feststehen, da es sonst an der Refinanzierung fehlen würde. Bis zum geplanten Baubeginn Ende Februar müssten die entsprechenden Mietverträge vorgelegt werden. Erst dann würden auch die gesamten Verträge, vor allem der Erbbaurechtsvertrag, unterschrieben.

Wie der Vorlage zu entnehmen ist, sei man sich inhaltlich einig. Zu den Stellplätzen sei im Verwaltungsausschuss ausführlich berichtet worden. Bezüglich der Unterschreitung der Energieeinsparverordnung (EnEV) müsse man bedenken, dass es sich hier nicht um ein normales Bürohaus handle, sondern um ein Sondergebäude, das von der energietechnischen Seite her nicht so leicht zu berechnen sei. Ziel sei aber nach wie vor, wie im Gemeinderat beschlossen einen Energieverbrauch zu realisieren, der um 20 % unter der EnEV liegt. Die Vertragsstrafe werde fällig, wenn die Einsparung weniger als 17,1 % beträgt.

Seine Fraktion, so StR Uhl (CDU), habe bereits im November 2004 signalisiert, dass sie dieses Projekt unterstütze und mittrage, da der Investor Häussler in Stuttgart gezeigt habe, dass er solche Projekte schultern und termingerecht fertig stellen kann. Im Verwaltungsausschuss sei erläutert worden, wie die Stellplatzfrage gelöst werden soll. Seine Fraktion habe dabei kritisiert, dass in Verbindung mit den geplanten Logen zu wenig hochwertige Parkplätze geschaffen werden.

Entscheidend sei, dass das Projekt termingerecht zur WM 2006 fertig wird. Es sei beunruhigend, dass über die im November als fast unterschriftsreif angekündigten Mietverträge nun doch noch länger verhandelt werden müsse. Dennoch sei man guter Hoffnung, dass es tatsächlich bis zum 28. Februar gelingt, die Verträge unter Dach und Fach zu bringen.

Weiter lege seine Fraktion nachdrücklich Wert darauf, dass der Baubeginn des Projektes präzise formuliert wird und dass die Fertigstellung des VfB Welt Multi Event Centers zur WM 2006 festgeschrieben wird. Eine Baustelle, die dann um die Welt ginge, wäre sicher das Schlechteste, was der Stadt in diesem Zusammenhang passieren könne - Vertragsstrafen würden dann wenig nützen, denn der Imageschaden wäre enorm.

StR Prof. Dr. Kußmaul (SPD) begrüßt besonders die Konzeption der Baustellenlogistik, die auch im Hinblick auf die Umgestaltung des Güterbahnhofareals zukunftsfähig sei. Zum Parken wolle er sich weitere Ausführungen ersparen. Die im Verwaltungsausschuss dargestellte Lösung halte er für hinnehmbar.

Beim Energieverbrauch werde seine Fraktion darauf bestehen, dass an einer Einsparung von 20 % unter der EnEV festgehalten wird. Die Begründung von EBM Föll, es handle sich hier ja im Grunde genommen um kein städtisches Grundstück, sondern um eines der Objektgesellschaft, sei nicht befriedigend, denn die Objektgesellschaft gehöre auch der Stadt. Insofern sollten die festgelegten Kriterien gelten.

Nachdenklich stimme, dass das Nutzungs- und Betriebskonzept nach fast drei Monaten immer noch nicht steht. Man könne Herrn Häussler nur eine glückliche Hand wünschen, dieses bis Ende Februar hinzubekommen. Der Zeitplan sei sehr knapp, es gebe keinerlei Pufferzeit; damit gehe man große Risiken ein. Während der WM dürfe dort aber keine Baustelle bestehen. Er hoffe, dass es bei künftigen Projekten wieder möglich werde, wirklich fundierte Konzeptionen in ausreichender Zeit miteinander über die Bühne zu bringen.

StR Wölfle (90/GRÜNE) lobt die Verwaltung, der es gelungen sei, dieses komplexe Vorhaben mit den unterschiedlichsten Vertragsnotwendigkeiten so auf die Reihe zu bringen, dass man der Stadt Stuttgart nicht den Vorwurf machen könne, sie sei nicht auf der Höhe der Zeit und verhindere aufgrund schwerfälliger Amtsabläufe die Realisierung dieses ehrgeizigen Projektes. Das Projekt würde allerdings zurückhaltender beurteilt werden, hätte Herr Häussler sich in Stuttgart nicht dieses Ansehen als verlässlicher Investor erworben, denn wirklich Greifbares habe man nicht. Eigentlich hätte bereits im November mitgeteilt werden sollen, von wem und wie dieses Haus betrieben wird - allerdings sei dies das Risiko des Investors. Wenn die Mietverträge jedoch bis Ende Februar nicht vorliegen, müsse umgeplant werden, was er ausgesprochen bedauern würde.

Die Diskussion im Verwaltungsausschuss über die Parkplätze habe ihn verwundert, denn seine Fraktion sei der Meinung, dass es am Cannstatter Wasen genug Parkplätze - auch attraktive - gibt, von denen aus man sowohl das Event-Center als auch die Neue Arena und die Schleyer-Halle erreichen könne. Seine Fraktion werde sich dafür einsetzen, dass die öffentliche Anbindung - auch des Mercedes-Museums - noch verbessert wird. Allerdings werde man hierfür einen längeren Atem brauchen.

Das "Pokern" um die Unterschreitung der Energieeinsparverordnung um bestimmte Prozentsätze könne er nicht nachvollziehen, auch nicht von Seiten des Investors. Er schätze dessen Fähigkeiten so ein, dass er es schafft, die EnEV um 20 % zu unterschreiten, wie das auf städtischen Grundstücken als Regel vorgegeben sei. Die eigenen Berechnungen des Investors seien bereits optimistischer als das, was die Verwaltung laut Vorlage von ihm fordere. Die Strafsumme sei angesichts der Größenordnung des Objekts nicht sehr hoch. Nun liege mittlerweile ein Schreiben des Investors per E-Mail vor (der Niederschrift angeheftet), in dem er eine Unterschreitung von 19 % anbietet. Der Gemeinderat sollte sich daher nicht darauf einlassen, wegen des einen Prozents eine Ausnahme zuzulassen. Das würde rasch dazu führen, dass sich auch andere Investoren auf städtischem Grund darauf berufen würden. Seine Fraktion beantrage daher, in dem der Vorlage angehängten Vertrag auf S. 11 unter Teil II § 1 im zweiten Satz des zweiten Absatzes den Passus "um mehr als 2,9 %" ersatzlos zu streichen. Damit würde die übliche Regelung gelten.

StR J. Zeeb (FW) äußert sich ebenfalls erstaunt über die ausführliche Erörterung der Stellplatzfrage im Verwaltungsausschuss, da es am Cannstatter Wasen wohl die meisten Stellplätze im Stadtgebiet Stuttgart gebe. Es sei richtig gewesen, dass man nun die Zuordnung der Stellplätze zu den einzelnen Bauvorhaben geklärt hat. Damit sei das Thema aber erledigt.

Beim Thema Energieverbrauch stimme er seinem Vorredner zu. Wenn die Stadt hier Abweichungen zuließe, mache sie sich unglaubwürdig. Mit den heutigen technischen Möglichkeiten müsste seiner Meinung nach die 20%ige Unterschreitung machbar sein.

All diese Punkte seien aber dem dritten Punkt untergeordnet, nämlich der mündlichen Zusage des Herrn Oberbürgermeisters, dass die Stadt Stuttgart diese Vertragswerke erst unterzeichnet, wenn die Mietverträge vorliegen. Es sei eine schlechte Startvoraussetzung für ein derartiges Projekt, wenn die für November gemachten Zusagen jetzt immer noch nicht umgesetzt sind. Es wäre gut, wenn die Projektprognosen künftig präziser gemacht würden, da sonst der bis jetzt noch bei allen vorhandene Vertrauensvorschuss bald aufgebraucht wäre. Wenn diese Punkte jetzt noch klargestellt würden, werde seine Fraktion der Vorlage zustimmen.

Der Gemeinderat, so StR Dr. Werwigk (FDP), habe im November dem Projekt nach eingehender Diskussion, aber auch nach Abwägung und Betrachtung der terminlichen und wirtschaftlichen Risiken zugestimmt. Er sei in der Schnelligkeit, mit der die Entscheidung herbeigeführt wurde, über seinen Schatten gesprungen und habe auch der Häussler-Gruppe manche Zugeständnisse gemacht.

Über die Parkplätze sei schon genug gesagt worden. Nach Ansicht seiner Fraktion sei aber die allgemeine Verkehrssituation am Wasen überhaupt nicht mehr beachtet worden. Es sei angedeutet worden, dass das öffentliche Verkehrsnetz und die Straßenführung noch überprüft und verbessert werden müssten. Seine Fraktion erwarte, dass das auch geschieht.

Dass die Zusage von 20 % Energieeinsparung plötzlich abgeschwächt werden soll, sei kein guter Stil. Seine Fraktion erwarte von der Häussler-Gruppe, dass sie zu dem seinerzeit gegebenen Wort steht.

Im Prinzip könne man aber über alles erst entscheiden, wenn die Nutzung feststeht und die Mietverträge unter Dach und Fach sind.

StR Lieberwirth (REP) betont, dass seine Gruppierung bereits im November das Projekt abgelehnt hatte, weil hierfür kein Wettbewerb stattgefunden habe. Da die Vermietung mit einem erheblichen Fragezeichen versehen werden müsse, stelle sich erneut die Frage nach der rechtzeitigen Fertigstellung. Nach wie vor sei geplant, dass dieses Gebäude zur Fußball-WM nur im Rohbau stehen wird, was kein gutes Erscheinungsbild abgebe. Daran würden auch Vertragsstrafen nichts ändern. Bei der Frage der Stellplätze dürfe man sich nicht davon leiten lassen, wie die Einnahmen maximiert werden können, sondern die Zahl der Stellplätze und Parkplätze müsse sich nach dem Verkehrsaufkommen richten. Der Freikauf von Stellplätzen verschärfe das Parkproblem nur. Seine Gruppierung werde daher auch diese Vorlage ablehnen.

Zu den Äußerungen der Gemeinderatsmitglieder nimmt EBM Föll Stellung:

- Stellplätze: Bevor das VfB-Event-Center auf die Tagesordnung gekommen sei, habe es Planungen für 125 Stellplätze gegeben, die hinter der Neuen Arena entstehen sollten. Die aktuelle Planung sehe dort im Garagengeschoss 101 Stellplätze vor. Die Vermarktung der Neuen Arena hänge seiner Meinung nach nicht an der Differenz von 24 Stellplätzen. Die Logen würden sich dennoch sehr gut vermarkten lassen, zumal der Haupteingang für die Hanns-Martin-Schleyer-Halle und die Neue Arena ja über die Brücke Tal-/Mercedesstraße auf einer Ebene von + 6 Meter laufe und die Stellplätze auf dem Cannstatter Wasen eigentlich die komfortabelsten und nächstgelegenen Stellplätze seien.

- Mietverträge: Hierzu habe OB Dr. Schuster das Notwendige ausgeführt. Die Stadt sei in doppelter Hinsicht abgesichert, weil sie für den Fall, dass der Baubeginn nicht zum 31.03. stattfindet, ein Rücktrittsrecht habe, ohne dass irgendwelche Schadensersatzansprüche entstehen. Weiter gebe es eine Vertragsstrafenregelung bezüglich der Fertigstellung. Er gehe davon aus, dass das Risiko, zur Fußball-WM noch eine Baustelle zu haben, beherrschbar ist.

- Unterschreitung der Energie-Einsparverordnung: In den Gesprächen, in denen man mehrfach und sehr nachdrücklich und intensiv miteinander um dieses Thema gerungen habe, sei die Position der Häussler-Gruppe eine andere gewesen als in dem von StR Wölfle zitierten Schreiben. Wenn sich die Häussler-Gruppe jetzt aber in der Lage sehe, 19 % Unterschreitung anzubieten, dann gebe es eigentlich auch aus Sicht der Verwaltung keinen Grund mehr, eine abweichende Regelung vorzunehmen, denn dieses fehlende eine Prozent werde doch hinzubekommen sein - und wenn nicht, wäre die Vertragsstrafe dann in einem finanziellen Bereich, der sicherlich das Gesamtprojekt nicht unwirtschaftlich mache.

- Allgemeine Verkehrssituation: Unabhängig von diesen Planungen bestehe ja die Absicht, im Bereich der Talstraße/Gaisburger Brücke eine Wechselspursystematik hinzubekommen, die man bereits getestet habe und die, insbesondere was den Verkehrsabfluss nach VfB-Spielen angehe, eine außerordentlich große Wirkung habe. Wenn man von Spielen im Stadion absehe, könne man mit Fug und Recht sagen, dass die Straßenverkehrsinfrastruktur dieses Gebiets ebenso wie die Zahl der vorhandenen Stellplätze ausreiche. Man werde aber für die Situation, dass bis zu 56.000 Menschen im Stadion sind, keine Straßenverkehrsinfrastruktur schaffen können, die einen reibungslosen Zu- und Abfluss gewährleistet, weil sie dann solche Dimensionen haben müsste, dass sie gänzlich unwirtschaftlich wäre. Im Übrigen habe man auch das Interesse, dass eine möglichst große Anzahl an Besucherinnen und Besuchern mit dem öffentlichen Nahverkehr zu den Veranstaltungen kommt.

Es sei dem Gemeinderat bekannt, dass es Untersuchungen gibt, wie der öffentliche Nahverkehr verbessert werden kann. Beim Lesen der Presseberichterstattung der vergangenen Tage habe er allerdings den Eindruck gewonnen, dass manche offensichtlich die vorhandene ÖPNV-Anbindung überhaupt nicht kennen. Zwar sei die Wegeverbindung von der S-Bahn-Station - die sogar den Namen "Gottlieb-Daimler-Stadion" trage - bislang nicht sonderlich attraktiv, sie soll aber rechtzeitig vor der Fußball-WM noch deutlich verbessert werden, sowohl Richtung Stadion als auch zum Werk Untertürkheim/Cannstatter Tor. Der ÖPNV werde aber weiterhin ein wichtiges Thema sein. Der Gemeinderat werde sich auch in nächster Zeit mit den Studien befassen, die die SSB zu dieser Thematik entwickelt hat.

OB Dr. Schuster ergänzt hierzu, dass für den ÖPNV nicht nur hinsichtlich der Fußball-WM, sondern auch auf Dauer wesentliche Verbesserungen erreicht wurden und noch werden. Zum einen sei die S-Bahn-Station ausgebaut worden, die Wege zur S-Bahn würden noch verbessert. Bei der Stadtbahn werde die Haltestelle an der Hanns-Martin-Schleyer-Halle so ausgebaut, dass dort auch 80-m-Züge halten können, also die doppelte Kapazität im Vergleich zu jetzt. Dazu gebe es die Möglichkeit von Shuttle-Busverbindungen, sodass der Spitzenbedarf besser bedient werde könne. Die Verbesserungen würden auf jeden Fall noch rechtzeitig vor der Fußball-WM 2006 umgesetzt.

Zum Thema Energieeinsparen danke er StR Wölfle für seinen Hinweis auf das Schreiben der Häussler-Gruppe von diesem Vormittag; ihm selbst sei diese E-Mail noch nicht bekannt gewesen. Die Verwaltung schließe sich dem Antrag von StR Wölfle an, auf der Einhaltung einer 20%igen Unterschreitung der EnEV zu bestehen, denn wenn bereits 19 % angeboten würden, sei es nicht notwendig, eine Abweichung vom üblichen Standard zuzulassen.


Mit dieser Maßgabe stellt OB Dr. Schuster die GRDrs 62/2005 zur Abstimmung und hält fest:

Der Gemeinderat beschließt bei 2 Nein-Stimmen mehrheitlich wie beantragt.