Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
873/2006
GZ:
OB
Sitzungstermin: 19.04.2007
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Dr. Schuster
Berichterstattung:der Vorsitzende
Protokollführung: Frau Huber-Erdtmann sp
Betreff: Berufsschulzentrum für Gesundheit, Pflege und Hauswirtschaft
- Einrichtungsbeschlüsse nach § 30 SchulG
- Vorprojektbeschluss
- Wirtschaftlichkeitsuntersuchung für ein PPP-Modell
- Weiterführung der Planung

Vorgang: Ausschuss für Umwelt und Technik vom 13.02.2007, nicht öffentlich, Nr. 54

Ergebnis: Einbringung

Verwaltungsausschuss vom 14.02.2007, nicht öffentlich, Nr. 58
Gemeinderat vom 15.02.2007, öffentlich, Nr. 24
Ausschuss für Umwelt und Technik vom 27.02.2007, nicht öffentlich, Nr. 76
Ausschuss für Umwelt und Technik vom 06.03.2007, nicht öffentlich, Nr. 97
Verwaltungsausschuss vom 07.03.2007, nicht öffentlich, Nr. 84
Gemeinderat vom 08.03.2007, öffentlich, Nr. 38

jeweiliges Ergebnis: Zurückstellung

Ausschuss für Umwelt und Technik vom 20.03.2007, nicht öffentlich, Nr. 120

Ergebnis: Vertagung auf die Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Technik am 27.03.2007

Verwaltungsausschuss vom 21.03.2007, nicht öffentlich, Nr. 117
Gemeinderat vom 22.03.2007, öffentlich, Nr. 49

jeweiliges Ergebnis: Zurückstellung

Ausschuss für Umwelt und Technik vom 27.03.2007, nicht öffentlich, Nr. 136

Ergebnis: mehrheitlich beschlossen mit Ergänzung um folgende Ziffer 17:

"Die Verwaltung legt rechtzeitig einen Grundsatzbeschlussantrag zur Errichtung einer dreiteilbaren Sporthalle vor. Wie im städtebaulichen Wettbewerb vorgegeben, wird dafür im Bereich C 1 eine Teilfläche ausgewiesen."

Außerdem stimmt der Ausschuss einmütig dem Antrag Nr. 157/2007 der Gemeinderatsfraktion von Bündnis 90/DIE GRÜNEN sowie dem mündlichen Antrag der CDU-Gemeinderatsfraktion einer gewerkeweisen Vergabe im Rahmen des sich abzeichnenden Verfahrens zu.

Verwaltungsausschuss vom 18.04.2007, nicht öffentlich, Nr. 157

Ergebnis: ohne Votum in den Gemeinderat verwiesen


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Herrn Oberbürgermeisters vom 01.02.2007, GRDrs 873/2006, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Der Einrichtung einer neuen beruflichen Schule für Gesundheit und Pflege sowie der Zusammenführung der Hedwig-Dohm-Schule und der Hauswirtschaftlichen Schule Stuttgart-Ost zu einer neuen Hauswirtschaftlichen Schule wird zugestimmt. Die bisherigen Bildungsgänge der Gewerblichen Schule Im Hoppenlau und der Kerschensteinerschule sowie der Hedwig-Dohm-Schule und der Hauswirtschaftlichen Schule Stuttgart-Ost werden unter oben genannter Maßgabe neu strukturiert. Diese Neustrukturierung wird wirksam mit der Inbetriebnahme der beiden neuen Schulen.

2. Im Einzelnen wird folgender schulorganisatorischer Zuordnung zugestimmt:

a. Schule für Gesundheit und Pflege bestehend aus:

- Berufsschule (Teilzeit - TZ) im Berufsfeld Gesundheit, Ausbildungsberufe Medizinische Fachangestellte, Tiermedizinische Fachangestellte, Zahnmedizinische Fachangestellte, Zahntechniker (alle bisher Hoppenlau), Pharmazeutisch-kaufmännische Angestellte (bisher Kerschensteinerschule)
- Jungarbeiter/innen und Schüler/innen ohne Ausbildungsvertrag (TZ) (bisher HW Ost)
- Berufsvorbereitungsjahr bzw. Nachfolgeschulart (Vollzeit - VZ) (bisher Hoppenlau und HW Ost)
- einjähriges Berufskolleg zur Fachhochschulreife führend – einzügig (VZ) (bisher HW Ost)
- einjähriges duales Berufskolleg Soziales (TZ) (bisher HW-Ost)
- zweijährige Berufsfachschule Gesundheit und Pflege zur Fachhochschulreife führend – zweizügig (VZ) (bisher HW Ost)
- einjährige Berufsfachschule für Sozialpflege (TZ) (bisher HW-Ost)
- Fachschule für Zahntechnik / Meister – einzügig (VZ) (bisher Hoppenlau)

b. Neue Hauswirtschaftliche Schule bestehend aus:

- Berufsschule (TZ) im Berufsfeld Ernährung und Hauswirtschaft, Ausbildungsberuf Hauswirtschafter/in (bisher HW Ost)
- Sonderberufsschule im Berufsfeld Ernährung und Hauswirtschaft (TZ) - Ausbildungsberuf Hauswirtschaftshelfer (bisher HW Ost)
- Jungarbeiter/innen und Schüler/innen ohne Ausbildungsvertrag (TZ) (bisher HW Ost)
- Berufsvorbereitungsjahr bzw. Nachfolgeschulart (VZ) (bisher HW Ost und H.-Dohm-Schule)
- einjährige Berufsfachschule Hauswirtschaft – einzügig (VZ) (bisher HW Ost)
- zweijährige Berufsfachschule für Kinderpflege – einzügig (VZ) (bisher H.-Dohm-Schule)
- zweijährige Berufsfachschule für Hauswirtschaft und Sozialpädagogik - zweizügig (VZ) (bisher H.-Dohm-Schule)
- einjähriges Berufskolleg für Ernährung und Hauswirtschaft I - zweizügig (VZ) (bisher H.-Dohm-Schule)
- zweijähriges Berufskolleg für Ernährung und Hauswirtschaft II - zweizügig (VZ) (bisher H.-Dohm-Schule)
- Ernährungswissenschaftliches Gymnasium – derzeit zweizügig und später bei entsprechender Bedarfslage ggf. dreizügig (VZ) (bisher H.-Dohm-Schule)
- Fachschule für Organisation und Führung - einzügig - (TZ) (bisher - Fachschule für Management in der Hauswirtschaft - einzügig - (TZ) (bisher H.-Dohm-Schule)

c. Gewerbliche Schule Im Hoppenlau bestehend aus:

- Berufsschule (TZ) im Berufsfeld Ernährung und Hauswirtschaft einschließlich HOGA (bisher teilweise HW Ost), im Berufsfeld Körperpflege mit Landesfachklassen für Kosmetikerinnen (bisher bereits Hoppenlau)
- Sonderberufsschule (TZ) im Berufsfeld Ernährung und Hauswirtschaft, Ausbildungsberuf Beikoch/-köchin (bisher HW Ost)
- zweijährige Berufsfachschule in Kooperation mit betriebl. Ausbildungsstätten Berufsfeld Nahrung (TZ) (bisher bereits Hoppenlau)
- Berufsvorbereitungsjahr bzw. Nachfolgeschulart (VZ) (bisher HW Ost und Hoppenlau)
- einjährige Berufsfachschule Körperpflege – einzügig (VZ) (bisher bereits Hoppenlau)
- Fachschule für Konditoren (Meisterschule) – einzügig (VZ); Fachschule für Müller (Meisterschule) – einzügig (VZ); Fachschule für Verkaufsleiter/innen im Nahrungsmittelhandwerk (VZ); Fachschule für Fleischer (Meisterschule) (VZ) (alle bisher bereits Hoppenlau)

3. Der Neueinrichtung folgender Schularten wird zugestimmt:

a. einjähriges Berufskolleg Gesundheit und Pflege I sowie einjähriges Berufskolleg Gesundheit und Pflege II an der neuen Schule für Gesundheit und Pflege – einzügig (VZ)
b. Berufsaufbauschule (für nichttechnische Berufe) an der Gewerblichen Schule Im Hoppenlau – einzügig (VZ)

4. Den Raumprogrammen für den Neubau der Schule für Gesundheit und Pflege mit einer Gesamtprogrammfläche von 6.913 m² sowie der neuen Hauswirtschaftlichen Schule mit einer Gesamtprogrammfläche von 7.158 m² wird zugestimmt. Die Verwaltung wird beauftragt zu prüfen, ob im Wege der konkreten baulichen Planungen die Realisierung von Synergien mit bis zu 440 m² Programmfläche möglich sind (vgl. Ziff. 2 der Begründung).

5. Vom Ergebnis des PPP-Eignungstests und der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung für den Neubau des Berufsschulzentrums für Gesundheit, Pflege und Hauswirtschaft wird Kenntnis genommen.

6. Aufgrund des dargestellten Ergebnisses der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung wird eine PPP-Realisierung mit Planung, Bau, Finanzierung und Betrieb nicht weiter verfolgt.

7. Für eine wirtschaftliche und zeitnahe Umsetzung des Projekts wird die Verwaltung beauftragt, einen begrenzt-offenen kombinierten Investoren-Architekten-Wettbewerb auszuloben.

8. Zur Unterstützung des Hochbauamtes und des Schulverwaltungsamtes wird einer externen Begleitung des Vorhabens zugestimmt.

9. Die Verwaltung wird ermächtigt, das Büro Nixdorf Consult mit der Durchführung des Wettbewerbs zu beauftragen.

10. Die Verwaltung wird ermächtigt, das Büro Gesellschaft für Umweltplanung (GUS), Stuttgart, mit der Konkretisierung und Ausgestaltung des funktionalen Raumprogramms als Grundlage für den Wettbewerb zu beauftragen.

11. Für die Erarbeitung des Investorenvertrags wird ein auf Bauverträge spezialisiertes Anwaltsbüro beauftragt. Die Mittel stehen bei der Finanzposition 2.2400.9400.000-0468 zur Verfügung.

12. Der Kostenaufwand beträgt für das Büro Nixdorf Consult 65.000 € (ohne MwSt.), für den Wettbewerb 300.000 € (ohne MwSt.) sowie für das Büro GUS 199.000 € (ohne MwSt.). Die Mittel stehen bei der Finanzposition 2.2400.9400.000-0468 zur Verfügung.

13. Die Verwaltung wird ermächtigt, eine Nachtragsvereinbarung mit der Deutsche Bahn AG bzw. dem zuständigen Konzernunternehmen abzuschließen mit dem Ziel, die für das Berufsschulzentrum vorgesehene Grundstücksfläche von der Rückgabe an die Deutsche Bahn AG auszuschließen für den Fall, dass das Projekt Stuttgart 21 nicht verwirklicht wird und der Rücktritt vom Grundstückskaufvertrag geltend gemacht wird.

14. Für die Aufgaben der Projektbegleitung durch das Schulverwaltungsamt wird ein zusätzlicher Personalbedarf bis 31.12.2011 im Umfang von 2 Vollzeitkräften zur Kenntnis genommen.

15. Für die verantwortliche Projektbegleitung dieses Investorenvorhabens durch das Schulverwaltungsamt ist eine zusätzliche Stelle EG 12 TVöD befristet bis zum 31.12.2011 beim Sachgebiet Schulentwicklungsplanung im Vorgriff zu schaffen. Die Verwaltung wird ermächtigt, ohne Blockierung einer Planstelle eine/n Mitarbeiter/in sofort einzustellen.

16. Über die Schaffung einer Stelle der Bes.Gr. A 12 sowie die Verlängerung des KW-Vermerks an einer Stelle der Bes.Gr. A 11 bis zum 31.12.2011 wird im Rahmen des Haushalts- und Stellenplanverfahrens 2008/2009 entschieden.


Der Antrag Nr. 154/2007 der SPD-Gemeinderatsfraktion vom 26.03.2007 sowie der Antrag Nr. 157/2007 der Gemeinderatsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN vom 27.03.2007 sind der Niederschrift angeheftet.


OB Dr. Schuster weist darauf hin, dass in der Vorberatung der GRDrs 873/2006 im Aus-schuss für Umwelt und Technik Änderungen beschlossen wurden, die die Verwaltung in die Vorlage aufnehme. Der Beschlussantrag werde zum einen um die Ziffer 17 ergänzt. Weiter werde - wie von der CDU-Gemeinderatsfraktion mündlich beantragt - in der Ausschreibung den Generalübernehmenden eine gewerkeweise Vergabe zur Auflage gemacht, und es würden die Maßnahmen zur Qualitätssicherung laut Antrag Nr. 157/2007 der Gemeinderatsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN der Vorlage zugrunde gelegt.

StR Uhl (CDU) erinnert an die Haushaltsberatungen, in denen die Grundsatzentscheidung zum Standort getroffen wurde. Jetzt müsse das Projekt möglichst schnell vorangebracht werden. Nach einer Untersuchung über ein mögliches Modell einer öffentlich-privaten Partnerschaft sei klar geworden, dass der Gemeinderat dies ablehnt. Strittig sei jetzt nur noch der Punkt, wie die von allen gewollte städtebauliche Qualität erreicht wird. Seine Fraktion halte den von der Verwaltung vorgeschlagenen kombinierten Investoren-Architektenwettbewerb für richtig. Es gebe genügend Beispiele, wo man ähnlich verfahren sei und eine sehr gute Qualität erreicht habe. Seine Fraktion stimme der Vorlage mit den von OB Dr. Schuster genannten Änderungen durch den Ausschuss für Umwelt und Technik zu.

Die Vorberatungen, so StR Kanzleiter (SPD), hätten sich gelohnt, denn die bisher beschlossenen Veränderungen der Vorlage seien bereits sehr weitreichend. Darüber hinaus wolle seine Fraktion ihren Antrag Nr. 154/2007 nochmals zur Abstimmung stellen, da man hiermit die Konsequenzen aus den bisherigen Erfahrungen ziehe. Leider habe man durch die Untersuchung der Frage, ob ein PPP-Modell richtig wäre, viel Zeit verloren, sodass das Berufsschulzentrum nun mindestens ein Jahr später in Betrieb gehen werde. Die Schule sei dringend notwendig. Da der "Schülerberg" bis 2015 anwachse und die Schule erst 2012/2013 fertiggestellt sein werde, müsse man das Tempo anziehen.

Zu beachten sei aber auch, dass das Projekt für das Gebiet C 1 ein Schlüsselprojekt darstellt, da es das erste große Vorhaben sei, das auf dem Stuttgart-21-Gelände auf Baustelle geht. Es müsse deshalb mit einer qualitativ hochwertigen Architektur Maßstäbe für die weitere Stadtentwicklung in diesem Gebiet setzen. Seine Fraktion sei daher der Meinung, dass es sinnvoll ist, den Architektenwettbewerb von der Realisierung des Projekts zu trennen. Es sollte kein Zusammenhang zwischen Investor und Architektur hergestellt werden, weil dabei in der Regel die Architektur leide.

Der zweite Grund für ein getrenntes Verfahren sei, dass man es auf diese Weise eher schaffen könne, auf den Baustellen Sozialdumping, Schwarzarbeit und Ähnliches zu vermeiden. Die Kommune sei verpflichtet, bei ihren großen Bauvorhaben darauf zu achten, dass saubere Verhältnisse herrschen.

Weiter spreche er die Ziffer 4 der Vorlage an, in der die Verwaltung beauftragt werden soll, zu prüfen, ob bei dem Raumprogramm noch weitere 440 m² eingespart werden können. Durch die Zusammenfassung von drei Schulen habe man aber ohnehin schon wo immer möglich Flächenabstriche gemacht. Es sei nicht richtig, noch einmal nach weiteren Synergien zu suchen, denn im pädagogischen Bereich - auch bei Berufsschulen - gehe die Entwicklung weiter, und es würden eher zusätzliche Flächen für die Ausbildung benötigt. Seine Fraktion beantrage, auf diesen Prüfauftrag zu verzichten, und bitte deshalb, auch über eine entsprechende Änderung der Ziffer 4 abzustimmen.

Er wolle noch darauf verweisen, dass auch einige Mitglieder des Städtebauausschusses die Bedenken seiner Fraktion hinsichtlich der wirtschaftlichen Seite teilen und deshalb vorgeschlagen haben, in das Preisgericht Personen aufzunehmen, die bei der Beurteilung des Wettbewerbsergebnisses besonderen Wert auf dessen wirtschaftliche Planung und Realisierungsmöglichkeit legen.

Wie seine Vorredner hält es auch StR Pätzold (90/GRÜNE) für höchste Zeit, dass das Projekt in die Gänge kommt. Seine Fraktion stimme der vorgeschlagenen Lösung der Verwaltung zu, weil diese auch eine wirtschaftliche Lösung sei. Es sei nichts anderes als ein schlüsselfertiges Bauen. Entscheidend sei dabei, dass die Qualität in Funktion und Gestaltung stimmt. Durch den kombinierten Investoren-Architektenwettbewerb könne der Gemeinderat sowohl über die Wirtschaftlichkeit als auch über die Gestaltung entscheiden. Oft werde nur eine dieser Seiten beachtet, mit entsprechend negativen Folgen für den Bau.

Die geforderten sauberen Verhältnisse auf den Baustellen erreiche man nur durch Kontrollen. Die Annahme, derartige Probleme gebe es vor allem bei Großbaustellen, sei falsch. Man müsse bei allen Firmen und Bauausführungen darauf achten, dass die Vorschriften eingehalten werden. Wichtig sei, dass vor der Planfeststellung die Vorgaben detailliert auf dem Tisch liegen, da jede Änderung während der Bauphase Geld koste.

StR Fahrion (FW) unterstreicht, dass er sich bei einem Wohnungsbau einen Investoren- und Architektenwettbewerb vorstellen könne, nicht jedoch bei einem Gebäude, das wie hier immer in der öffentlichen Hand bleiben werde. Auch die Tatsache, dass es sich vermutlich um das erste größere Gebäude auf dem Stuttgart-21-Gelände handeln werde, spreche nach Ansicht seiner Fraktion gegen einen Investoren-Architektenwett-bewerb. Das Preisgericht werde dann entscheiden müssen zwischen dem anspruchsvollsten Gebäude und demjenigen, der das meiste Geld für das Grundstück bietet. Jeder Investor, der sich an einer solchen Ausschreibung beteiligt, müsse ja erst einmal einen Architekten engagieren und dann das Glück haben, dass der Entwurf ansprechend ist und auch preislich im Rahmen liegt.

Seine Fraktion sehe dieses Vorgehen als falsch an, auch wenn man unter dem "Deckmäntelchen" einer Einzelgewerksausschreibung hier noch etwas korrigieren will. Ein Investor mache immer eine Einzelgewerksausschreibung, da es keine Firma gebe, die vom Rohbau bis zum Ausbaubereich alles selber ausführen kann. Und jeder Investor werde seine Ausschreibungen in Ost- oder Südeuropa verteilen, da dort die Löhne nur halb so hoch sind wie in Deutschland. So komme man zwar zu günstigen Baukosten, es stelle sich aber die Frage, ob man das aus sozialpolitischen Gesichtspunkten so wirklich wolle. Die Kontrolle des Zolls halte er für wenig ergiebig, denn meist sei es schwierig, die Strafgelder einzutreiben.

Seine Fraktion werde auf jeden Fall gegen die Ausschreibung als Investoren-Architektenwettbewerb stimmen. Sie würde es begrüßen, wenn man sich auf einen reinen Architektenwettbewerb mit gewissen Vorgaben für den Architekten einigen würde. Wenn man dann weiß, was man bauen will, könne man einen Generalunternehmer suchen oder die Einzelgewerke über das Hochbauamt ausschreiben.

StR R. Zeeb (FDP) hält den Vorschlag der SPD im Grunde nicht für falsch, und einiges sei ja auch aufgrund der Diskussion im Ausschuss für Umwelt und Technik von der Verwaltung mit aufgenommen worden. Mittlerweile sei man aber in der Betreuung, Organisation und Abwicklung von Bauobjekten weitergekommen. Man wolle eine Kontrolle der Qualität; dass jedoch eine Firma insolvent wird, könne sowohl bei der Einzelvergabe als auch beim Generalunternehmer vorkommen. Über einen Projektsteuerer könne man dafür Sorge tragen, dass das Projekt am Ende so wird, wie man es gewollt habe. Seine Fraktion stimme daher dem Vorschlag der Verwaltung einschließlich der Änderungen durch den Ausschuss für Umwelt und Technik zu.

Auch seine Gruppe, so StR Lieberwirth (REP), lege bei diesem Projekt großen Wert auf architektonische Qualität und hohe Baukultur. Für die beste Lösung halte sie - wie von der SPD beantragt - einen beschränkt offenen Realisierungswettbewerb nach einem Auswahlverfahren, der auch Architekten außerhalb Baden-Württembergs, die Erfahrung mit dem Bau von Berufsschulen haben, in die Ausschreibung einbezieht. Die Gefahr von Schwarzarbeit und Dumpinglöhnen wäre bei einem Investoren-Architektenwett-bewerb größer. Dies müsste in jedem Fall durch entsprechende Kontrollen verhindert werden.

StRin Küstler (DIE LINKE.PDS) dankt der SPD für ihren Antrag, der zu einer Verbesserung der Vorlage in wesentlichen Punkten geführt habe. Werde aber die Ziffer 7 in der Fassung der Vorlage beschlossen, würde es sich im Grunde genommen weiterhin um eine Abart von öffentlich-privater Partnerschaft handeln. Es wäre für die Stadt hinsichtlich der Qualitätssicherung des Gebäudes besser, wenn sie das Bauvorhaben in eigener Regie durchführen würde. Durch die Übernahme des Investitionsrisikos sei ein Investor ja immer bestrebt, möglichst billig zu bauen, was zur Beauftragung von Sub-Unternehmen führe mit dem Ergebnis, dass häufig die fachlichen sowie die arbeitsrechtlichen und tariflichen Standards unterlaufen werden.

Aber auch für die städtischen Finanzen wäre der Verzicht auf einen Investor besser. Bei dem in der Vorlage angestrebten Modell seien erhebliche Leistungen der Bauverwaltung und des Fachreferates - hier der Schulverwaltung - erforderlich, obwohl behauptet werde, es laufe alles beim Investor.

Dem Bau des Berufsschulzentrums stimme sie generell zu. Sollte der Antrag Nr. 154/2007 der SPD abgelehnt werden, bitte sie, die Ziffern 4 und 7 einzeln zur Abstimmung zu bringen, damit sie diese beiden Punkte ablehnen könne.

StR Rockenbauch (SÖS) erklärt, er schließe sich der Meinung der Experten aus dem Städtebauausschuss an und unterstütze den Antrag der SPD. Für die Zukunft sollte man Lehren aus der Prüfung einer möglichen öffentlich-privaten Partnerschaft ziehen. Mit der Öffnung gegenüber Großinvestoren verschenke man demokratischen Handlungsspielraum. Es wolle noch darauf hinweisen, dass die städtebauliche Qualität auch für den Fall, dass Stuttgart 21 nicht realisiert wird, gewahrt werden müsse.

StR Fahrion legt Wert auf die Feststellung, dass man eine Qualitätskontrolle am Bau nur dann durchführen könne, wenn man als Bauherr die Ausschreibung zusammenstellt und weiß, was die beauftragte Firma eigentlich bauen soll.


OB Dr. Schuster stellt zunächst den Änderungsantrag Nr. 154/2007 der SPD-Gemeinderatsfraktion hinsichtlich der Ziffern 7, 8 und 9 der Vorlage zur Abstimmung und hält fest:

Der Änderungsantrag wird bei 24 Ja-Stimmen mehrheitlich abgelehnt.


Danach wird über den um die Ziffer 17 laut Antrag Nr. 154/2007 der SPD-Gemeinderatsfraktion ergänzten Beschlussantrag der GRDrs 873/2006 einschließlich der eingangs von OB Dr. Schuster dargestellten Ergänzungen zur Vorlage abgestimmt wie folgt:

Ziffern 1, 2 und 3: einstimmig beschlossen


Ziffer 4:

- ohne den 2. Satz entsprechend dem mündlichem Antrag von StR Kanzleiter:

bei 19 Ja-Stimmen mehrheitlich abgelehnt

- in der Fassung der Vorlage: einstimmig beschlossen


Ziffern 5 und 6: einstimmig beschlossen

Ziffer 7: bei 8 Nein-Stimmen mehrheitlich beschlossen

Ziffern 8 bis 17:

bei 1 Enthaltung mehrheitlich beschlossen


Abschließend bemerkt OB Dr. Schuster, er hoffe, dass mit diesem Beschluss die von allen angestrebte Qualität erreicht wird. Da es in Stuttgart bereits einige sehr gelungene Investoren-Architektenwettbewerbe gegeben habe, sei er zuversichtlich, dass ein solcher Wettbewerb auch bei diesem großen und wichtigen Bildungsprojekt zu dem gewünschten Ergebnis führt.
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