Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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gemeinsame BesichtigungDrucksache:
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GZ:
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Sitzungstermin: 03/01/2002
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Dr. Schuster
Berichterstattung:-
Protokollführung: Frau Haasis
Betreff: Begehung des Gottlieb-Daimler-Stadions
Dieser Niederschrift angeheftet sind der Antrag Nr. 699/2001 der FDP/DVP-Gemeinderatsfraktion vom 19.12.2001 und die Stellungnahme von EBM Dr. Lang vom 20.02.2002 sowie der Ablaufplan für die Begehung.


OB Dr. Schuster begrüßt die Anwesenden. In die Gesamtabwägung einbezogen werden müsse neben den Sanierungsnotwendigkeiten auch die Frage des qualitativen und quantitativen Ausbaus. Eine Grundsanierung entsprechend den Erfordernissen des Baurechts stelle eine klassische städtische Aufgabe dar, bei der weder zusätzliche Einnahmen zu erwarten seien noch der Landeszuschuss gewährt werde.

Für den VfB Stuttgart 1893 e. V. als Hauptnutzer des Gottlieb-Daimler-Stadions heißt Herr Präsident Haas die Anwesenden willkommen. Er bedankt sich für die Möglichkeit, die offenen Fragen heute ansprechen zu dürfen.

Unter der Leitung von Herrn Kuhnigk (SportA) und Herrn Haas (SportA) wird die Begehung entsprechend dem beiligendem Ablaufplan durchgeführt. Zu den einzelnen Stationen nimmt OB Dr. Schuster ergänzend Stellung. Abschließend finden sich die Teilnehmer der Begehung im Pressekonferenzraum EG ein. Pläne des Architekturbüros Arat, Siegel & Partner sind in diesem Raum ausgehängt.

Der Rundgang habe - so OB Dr. Schuster - deutlich gemacht, dass die bisherigen Sanierungen in guter Qualität durchgeführt wurden. Über das in der nächsten Ausbaustufe Anstehende sei zu entscheiden, wenn Klarheit über die Fußball-WM 2006 bestehe. Auch müsse bekannt sein, was die einzelnen Module kosteten und bedacht werden, wie sich das Ganze evtl. in eine Olympiakonzeption einfüge. In der kommenden Woche werde er erste Überlegungen im Ausschuss für Umwelt und Technik vorstellen.

Herr Präsident Haas informiert über die beim VfB eingeleitete Neuausrichtung. Man habe in der Zwischenzeit das Leitbild und einen strategischen Stil einschließlich des Führungsgrundsatzes formuliert.

Die Frage, was der VfB für die Stadt und die Region bedeutet, beantwortet Herr Präsident Haas mit dem Hinweis darauf, dass der VfB in die erste Reihe der deutschen Sportvereine gehört mit einer ständigen Medienpräsenz. Eine Erhebung bei Werder Bremen bspw. habe einen Werbewert von 49 Mio. ■/Jahr ergeben. Der VfB betrachte sich zudem als weichen Standortfaktor und Imageträger. Auch sei er der größte Freizeitanbieter in Stuttgart. OB Dr. Schuster bestätigt die große Bedeutung eines Fußballclubs für die Imagebildung einer Stadt und ihrer Region. EBM Dr. Lang unterstreicht, die Verwaltung habe dem Gemeinderat gegenüber stets auf den Werbewert des VfB hingewiesen. Zum Ärger vieler Mitglieder sei - so Herr Präsident Haas -, im Wappen des VfB die Jahreszahl "1893" durch "Stuttgart" ersetzt worden. Damit werde bewusst auf Stuttgart hingewiesen.

Eingehend auf die wirtschaftlichen Faktoren berichtet Herr Präsident Haas über Ermittlungen, wonach davon ausgegangen werden kann, dass die Kaufkraft pro auswärtigem Besucher pro Spiel bei 15 ■ liegt. Nachdem 75 % der durchschnittlich 375.000 Besucher nicht aus dem städtischen Raum kämen, bedeute dies einen Kaufkraftzufluss von rund 5,8 Mio. ■. Außerdem sei der VfB ganzjähriger Großveranstalter und der große Finanzier des Gottlieb-Daimler-Stadions. Abschließend verweist Herr Präsident Haas auf den weitgehend unbekannten sozialen Faktor des VfB als Steuerzahler und Arbeitgeber.

Zum bisherigen Stadionausbau teilt Herr Präsident Haas mit, nach einigen Anfangsschwierigkeiten würden die Angebote immer stärker angenommen. Man habe Vorzügliches geschaffen, und die VIP-Räume seien gut gelungen. Nachdem man interessanterweise mit dem als Provisorium erstellten Zelt großen Erfolg gehabt habe, arbeite der VfB nun an einer Logistik für "Marktplätze", um die Menschen noch besser zusammenführen zu können. Dankbar sei er dafür, dass das Recht an der Vermarktung auf den VfB übergegangen sei. Der Businessbereich komme allerdings erst in die schwarzen Zahlen, wenn 85 % vermarktet seien. Dieses Ziel habe man noch nicht erreicht.

Herr Präsident Haas führt weiter aus, es müssten nun die Versäumnisse bei den Räumlichkeiten für die Normalverbraucher ausgeräumt werden, die nach der Einweihung der Haupttribüne zu einer bestimmten Stimmungslage geführt hätten. Herr Schüle (Sportkreis Stuttgart) erklärt, der Rundgang habe die Zwei-Klassen-Gesellschaft deutlich gemacht. Dies rasch zu ändern, habe für ihn höchste Priorität. Nachdem es gelungen sei, bestimmte Zielgruppen an den VfB zu binden, bezeichnet es auch OB Dr. Schuster als vordringliche Aufgabe der öffentlichen Hand, für den Jedermann-Besucher etwas zu tun hinsichtlich der sanitären Einrichtungen, der gastronomischen Versorgung und der Aufenthaltsräume, wobei eine maßgebliche Mitfinanzierung des VfB am 3. Bauabschnitt nicht erwartet werden könne. Auch wenn man - im Gegensatz zu anderen Städten, die viel Geld in ihre Stadien steckten und die Clubs unterstützten - im Schwabenland vorsichtiger sei, gebe es keine Alternative zum 3. Bauabschnitt. Der Gemeinderat habe den klaren Auftrag definiert, verschiedene Planungskomponenten und Alternativen zu entwickeln und diese im Mai/Juni zur Entscheidung vorzulegen.

Herr Präsident Haas geht auf den kritischen Umgang in der Öffentlichkeit mit dem Stadion ein. Er halte dies für falsch. Der VfB habe erklärt, er stehe grundsätzlich hinter der Erweiterung des Stadions, könne sich an einem weiteren Ausbau finanziell jedoch nicht beteiligen. Die Vereinsführung stehe vor dem Spagat einer anspruchsvollen wirtschaftlichen Ausgangslage einerseits und dem von seinen Anhängern erwarteten sportlichen Erfolg andererseits. Die Ansprüche der Anhänger, die dem VfB in den Jahren 2001 und 2002 den Klassenerhalt zugestanden hätten, seien gestiegen. Der VfB habe deshalb formuliert, international spielen zu wollen, und er sei dabei, Partner zu suchen. Die sportliche Entwicklung werde nur eintreten, wenn die entsprechenden Spielerpersönlichkeiten zur Verfügung stünden. Er sei dankbar für offene Gespräche zu diesem Thema.

Die öffentliche Diskussion wird von EBM Dr. Lang ebenfalls als kontraproduktiv bezeichnet. Wie von Herrn Präsident Haas ausgeführt, gehe der Anspruch über einen Verbleib im Mittelfeld hinaus. Seiner Ansicht nach müsse die Stadt letztlich bereit sein, einen Beitrag zu leisten. Für das Musical habe der Gemeinderat ebenfalls Mittel eingesetzt, weil es sich um eine nachhaltige Werbemaßnahme handle. Im gemeinsamen Interesse VfB/Stadt Stuttgart sollte zumindest auf Verwaltungsebene die Bereitschaft bestehen, Gespräche zu führen. Auch wenn nicht Millionen in die Hand genommen würden, müsse man fair miteinander umgehen. Herr Präsident Haas verweist auf die Möglichkeit, dass sich die Stadt in die Beteiligungs-GmbH einbringt. Aufmerksam machen müsse er allerdings auf das bei einem Abstieg bestehende Risiko.

OB Dr. Schuster dankt abschließend Herrn Präsident Haas, Herrn Rüssmann, Herrn Ruf und Herrn Godenrath, den Mitgliedern des Gemeinderates und des Sportausschusses sowie den Vertretern des Sportamts und des Hochbauamts für die Teilnahme an der heutigen Begehung.