Protokoll:
Gemeinderat
der Landeshauptstadt Stuttgart
Niederschrift Nr.
TOP:
127
1
Verhandlung
Drucksache:
498/2001
GZ:
OB 0300-06
Sitzungstermin:
06/21/2001
Sitzungsart:
öffentlich
Vorsitz:
OB Dr. Schuster
Berichterstattung:
-
Protokollführung:
Frau Haasis
wu
Betreff:
Ausscheiden von Frau Stadträtin Inge Utzt (SPD) aus dem Gemeinderat der Landeshauptstadt Stuttgart
Vorgang: Verwaltungsausschuss vom 20.06.2001,
nichtöffentlich, Nr. 275
Ergebnis: einmütige Zustimmung
Beratungsunterlage ist die Vorlage des Herrn Oberbürgermeister vom 21.05.2001, GRDrs 498/2001, mit folgendem
Beschlussantrag:
Der Gemeinderat stellt fest, dass ein wichtiger Grund für das Ausscheiden der Stadträtin Inge Utzt aus dem Gemeinderat vorliegt.
OB
Dr. Schuster
stellt fest:
Der Gemeinderat
beschließt einstimmig wie beantragt.
OB Dr. Schuster gratuliert Frau Utzt zur Wahl in den Landtag von Baden-Württemberg und wünscht ihr viel Erfolg in dieser neuen Funktion. Dank sagen wolle er für die mit viel Energie und persönlichem Engagement geleistete Arbeit im Gemeinderat. Vor allem in den Bereichen Wirtschaftsstandort Stuttgart, Kultur und Ausländerpolitik habe sich Frau Utzt mit ihrer Persönlichkeit und mit Sachverstand qualifiziert eingebracht. Darüber hinaus sei Frau Utzt ehrenamtlich tätig im Sport, z. B. als Vorsitzende des Turnerbundes Bad Cannstatt, als Sprecherin der Mütter in Bad Cannstatt und beim Aktionskreis für Arbeitsplätze. Nicht zuletzt habe sie ein parteipolitisches Amt inne: sie sei Vorsitzende der SPD in Bad Cannstatt. Ausdrücklich danken wolle er nochmals für dieses große persönliche Engagement ehrenamtlicher Art.
OB Dr. Schuster verleiht Frau Utzt für ihre siebenjährige Zugehörigkeit zum Gemeinderat der Landeshauptstadt Stuttgart die Erinnerungsmedaille in Silber mit Urkunde und überreicht ihr einen Blumenstrauß.
Die Ausführungen von Frau
Utzt
werden nachfolgend im Wortlaut (leicht gekürzt) wiedergegeben:
"Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren,
wenn man Tagesordnungspunkt 1 ist, dann nutzt man das vielleicht auch einmal aus und geht ans Mikrofon. Es vermischt sich der Abschied bei mir so ein wenig: da ist die Freude an der neuen Aufgabe, nach sieben Jahren Zusammenarbeit hier im Gemeinderat spielt aber auch eine gewisse Wehmut natürlich mit hinein. Es haben sich freundschaftliche Beziehungen entwickelt, teilweise über die Parteigrenzen hinaus. Deshalb ist also, wie gesagt, ein bisschen Wehmut durchaus angebracht. Freude empfinde ich natürlich, dass mit Hella Probst eine erfahrene Stadträtin nachrückt und dadurch auch der Frauenanteil in meiner Fraktion erhalten bleibt.
Ich möchte mich ganz herzlich bedanken: in erster Linie natürlich bei meiner Fraktion. Wir haben in guten und auch manchmal schlechten Tagen zusammengestanden, und es war in der Regel eine sehr erfreuliche Zusammenarbeit. Ich möchte mich aber auch bedanken bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Rathauses, die unsere Arbeit immer tatkräftig unterstützt haben.
Wehmut ist immer dann gewesen in den letzten Wochen, wenn ich mir klar darüber war: 'An diesem Ausschuss hast du heute das letzte Mal teilgenommen.' Und es war schon konsequent, dass der letzte Ausschuss, den ich besuchen durfte, der Internationale Ausschuss war, der dann auch mit einer Rundfahrt zu den Asylbewerberunterkünften im Grunde genommen zu den Anfängen meiner aktiven politischen Tätigkeit geführt hat. Ich habe da Ehrenamtliche getroffen, die ich zum Teil seit Jahrzehnten kenne, und es ist für mich eine ganz besondere Freude, dass wir unter dem Tagesordnungspunkt 4 hoffentlich verabschieden werden, dass gerade Menschen aus diesem Bereich mit einer Ehrenplakette gewürdigt werden.
Bilanz nach sieben Jahren: Ich denke, darüber, ob und was ich erreicht habe, steht es mir nicht zu zu urteilen, das haben andere zu tun. Vielleicht stellt sich manches heraus, das man irgendwo einmal 'angeschuggt' hat, dass dann doch etwas draus geworden ist. Deshalb will ich das lieber nicht erwähnen, es gibt stille Freude über einiges, was ich erreicht habe. Ich möchte heute das erwähnen, was unvollendet geblieben ist, und ich möchte es Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, anhand geben, das eventuell weiterzuführen:
- Ich möchte zum Thema Interkultur sagen, wir haben uns auf den kleinsten gemeinsamen Nenner geeinigt, auf die finanzielle Förderung. Das, was eigentlich spannend ist, das Inhaltliche, steht nach meinem Erachten nach wie vor aus. Ich meine, die Stadt sollte da etwas tun.
- Interreligiöser Dialog: ich meine, der Schaden, den die Integrationspolitik dieser Stadt genommen hat durch das Gerangel um diese Dialogreihe, ist noch nicht behoben. Da müssen wir noch einiges tun. Es hat mich schon berührt, als vor wenigen Wochen Herr Prof. Kuschel hier im Rathaus bei einem Vortrag über die monotheistischen Weltreligionen den Verein für christlich-islamische Zusammenarbeit positiv hervorgehoben hat. Dieser Verein hatte in diesem Prozess um den Dialog mahnende Worte an den Gemeinderat gerichtet, die leider nicht gehört worden sind.
Ich meine, auch die Stadt hat eine Aufgabe, in einem innerislamischen Dialog eine Moderatorenrolle zu übernehmen. Das steht nach wie vor aus wie auch die Frage (ich habe einmal versucht, einen runden Tisch zu initiieren) des Standorts für Gebetsräume oder eine Moschee für unsere muslimischen Menschen hier in dieser Stadt. Es sollte im Dialog passieren zwischen Muslimen und den Verantwortlichen dieser Stadt.
- Ich freue mich, dass Stuttgart eines der vier Modellprojekte des Landes zur Integration geworden ist. Ich hoffe, dieses Projekt wird auf Landesebene weitergeführt, und ich werde mich dafür einsetzen, dass es so weitergeführt wird. Wie gesagt, eines von vier Modellprojekten ist hier in Stuttgart.
- Das ist aber nicht alles, was man so liegen gelassen hat. Ein Antrag, den ich initiieren durfte, fand hier keinen Widerhall. Das war der Antrag auf die Einrichtung eines Frühwarnsystems bei drohendem Arbeitsplatzverlust. Das ist leider nicht gekommen, vielleicht kommt das noch.
- Weitere Stichpunkte von Sachen, die im Schweben sind: z. B. die Ausstellung, die ich gerne sehen würde in der Stadt Stuttgart, und zwar 'Das Buch in der bildenden Kunst'.
- Was ich mir nach wie vor wünsche, ist eine Straße für Therese Huber, damit diese Frau, die die erste deutsche Redakteurin war, endlich auch in dieser Stadt, in der sie vieles geleistet hat, gewürdigt wird.
- Jetzt kann man sich fragen: Was hat die Nibelungenhandschrift C, die nach Karlsruhe gegangen ist, mit Stuttgarter Kommunalpolitik zu tun? 1995 hat die SPD einen Antrag gestellt, Stuttgart möge sich darum bewerben, Kulturhauptstadt zu werden. Dieses wurde nicht weiterverfolgt, und dass die Nibelungenhandschrift C nun nach Karlsruhe kommt, wurde auch in Zusammenhang gebracht mit der Bewerbung Karlsruhes zur Kulturhauptstadt, übrigens gemeinsam mit unserer Partnerstadt Straßburg. Also, ich würde sagen, eine Chance vertan.
- Damit komme ich zum letzten Punkt, der mir sehr am Herzen liegt, die Frage des Schwimmsports. Der DLRG beklagte kürzlich, dass immer weniger Menschen schwimmen können. Dass die Situation des Schulschwimmens hier in dieser Stadt unbefriedigend ist, das wissen wir alle. Die Antwort der Verwaltung hat uns da auch nicht sehr ermutigt. Also, es sieht nicht so aus, als ob sich die Situation bessern würde. Was uns fehlt, ist nach wie vor ein wettkampffähiges Hallenbad. Ich denke da auch an die Olympiabewerbung. Ich meine, das ist ein Projekt, das weiterbetrieben werden muss. Wir waren gestern mit einigen Fraktionsmitgliedern im Hallenbad in Untertürkheim und haben uns da die Situation angesehen, auch das ist nach wie vor unbefriedigend.
Die Tagesordnung der heutigen Vollversammlung hat einige Punkte, die den Stadtbezirk betreffen, aus dem ich komme, und sie zeigen das Hoch und Tief der Kommunalpolitik. Hoch: Baubeschluss Sporthalle Kepler-Gymnasium, Tief: Schulstandort Liebenzeller Straße. Ich kann das aus Sicht der SPD-Fraktion wohl so sagen.
Ich habe immer versucht, nach dem Motto von Montaigne zu leben. Ich hoffe, es ist mir gelungen. Das Motto lautet: 'Die Rede des weisen Mannes sei kurz.' Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit."
OB
Dr. Schuster
dankt Frau Utzt für ihre Ausführungen. Für die SPD-Gemeinderatsfraktion übergibt StR
Prof. Dr. Kußmaul
(SPD) zum Abschied einen Blumenstrauß.