Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Wirtschaft/Finanzen und Beteiligungen
Gz: WFB
GRDrs 1358/2007
Stuttgart,
12/07/2007



Rad-WM 2007



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Vorberatung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
19.12.2007
20.12.2007



Beschlußantrag:

1. Vom Bericht über die UCI Straßenrad-Weltmeisterschaften 2007 wird Kenntnis genommen.

2.1 Zur Sicherstellung ihrer Aufgabenerfüllung erhält die Objektgesellschaft Veranstaltungen und Märkte Stuttgart mbH & Co. KG eine Kapitaleinlage von 780.000 €.

2.2 Der Aufwand von 780.000 € wird im Vermögenshaushalt 2007 bei Finanzposition 2.8440.9300000/0020, VMS KG, Kapitaleinlage, gedeckt.

2.3 Bei der genannten Finanzposition wird im Vermögenshaushalt 2007 eine überplanmäßige Ausgabe von 780.000 € zugelassen, die durch Mehreinnahmen bei Finanzposition 1.0340.2610.000, Stundungs-, Nachforderungszinsen u.ä., gedeckt wird.

3.1 Der Beteiligung der Landeshauptstadt an dem Anti-Doping-Projekt der UCI mit einem Aufwand von 265.000 € wird zugestimmt.

3.2 Der Aufwand von 265.000 € wird in den Verwaltungshaushalten 2008 bis 2010 bei Finanzposition 1.5500.7081000, Förderung des Sports, Anti-Doping-Projekt UCI, wie folgt gedeckt.

200888.400 €
200988.300 €
201088.300 €



Begründung:



Vorbereitung und Durchführung der Veranstaltung

Im Jahr 2003 hat die Stadt Stuttgart den Zuschlag für die UCI Straßenrad - Weltmeisterschaften 2007 erhalten. Nach einer ersten Vorbereitungsphase durch das Sportamt ging die Verantwortung für die Durchführung der WM auf die in.Stuttgart über. Mit GRDrs 741/2005 wurde der Gemeinderat über die Vorbereitung und das voraussichtliche Budget der Veranstaltung informiert.

Der Vertrag mit dem Weltradsportverband (UCI) war zu diesem Zeitpunkt mit Ausnahme einiger steuerrelevanter Punkte bereits endverhandelt. Auf einen von in.Stuttgart angestrebten Rückkauf der Vermarktungsrechte durch die UCI wollte sich diese nicht einlassen, da sie ihrerseits keine geeignete Agentur fand. Im Sommer 2006 gelang es, den Teil der Vermarktungsrechte, die an Stuttgart vergeben waren, zu einem Preis von 1.500.000 € an die Agentur Infront Deutschland zu verkaufen.

Da zu diesem Zeitpunkt durch den Fall Ullrich die Doping-Diskussion stark zugenommen hatte, verlangte die Infront die Aufnahme einer Doping-Klausel in den Vertrag. Ab Mai 2007 entwickelte die Dopingthematik eine Eigendynamik, die in den Vorkommnissen im Vorfeld und während der Tour de France gipfelten. Die Fragestellung, ob Stuttgart die WM tatsächlich durchführen soll, wurde in den politischen Gremien und in der Öffentlichkeit intensiv diskutiert, bis unter bestimmten Auflagen (Vereinbarung Bund, Land, Stadt, UCI, BDR) die Durchführung sichergestellt wurde.

Die Dopingvorfälle und die öffentliche Diskussion wirkten sich insbesondere im Bereich der Vermarktung und dem Verkauf der Hospitality-Pakete nachteilig aus. Auch die Akzeptanz in der Bevölkerung – besonders in den vom Rennverlauf tangierten Wohn- und Gewerbegebieten – war zeitweise nur noch schwer zu vermitteln. Letztendlich konnte durch die umfangreiche Aufklärungsarbeit über Sperrungen und Rennverlauf und durch Informationen der Polizei, der SSB und durch in.Stuttgart bis auf wenige Ausnahmen eine große Toleranz bei den Anwohnern erreicht werden.

Die Wohnmobile entlang der Strecke und auf den zusätzlich geschaffenen Campingplätzen schafften das besondere Flair einer Rad-Weltmeisterschaft mit zahlreichen Besuchern aus ganz Europa. Insbesondere die Radsportfans aus Belgien, Italien, den Niederlanden und Frankreich brachten echte WM-Stimmung auf das Messegelände am Killesberg, in die Stresemannstraße und am Herdweg. Große Anziehungspunkte am Wochenende waren der Birkenkopf und das Botnanger WM-Fest jeweils mit Video-Leinwänden, die die Besucher den WM-Verlauf hautnah erleben ließen. Die von BDR und in.Stuttgart initiierten Fan-Boxen erwiesen sich als wegweisendes Angebot und werden sicherlich bei großen Rundstreckenrennen weiterhin angeboten.

Die Kooperation mit Polizei, den Rettungsdiensten, SSB und VVS sowie den eingebundenen städtischen Ämtern verlief im Vorfeld und während der Veranstaltung auf hohem professionellem Niveau und mit der notwendigen Ruhe und Gelassenheit. Über 500 ehrenamtliche Helfer der Vereine des Württembergischen Radsportverbandes an der Strecke und in den Veranstaltungsressorts trugen zu einer reibungslosen Organisation bei.

Trotz der äußerst schwierigen Rahmenbedingungen gab es eine nationale TV-Präsenz in den öffentlich-rechtlichen und bundesweit empfangbaren Fernsehsendern (inkl. EUROSPORT) von über 18 Std. (ohne Dopingberichterstattung) sowie von über 300 Stunden weltweit. Es wurden 431.600 Zuschauer (kumuliert) weltweit erreicht.
273 TV-Kanäle erreichten einen durchschnittlichen Marktanteil von 10,6%.


Wirtschaftliches Ergebnis

Das ursprüngliche Budget (GRDrs 741/2005) sah Erlöse von 2.828.000 € und Aufwendungen von 5.128.000 € vor. Nach der Abrechnung belaufen sich die Einnahmen auf 1.709.403 € (- 1.118.597 €), die Aufwendungen auf 4.788.698 €, einschließlich des
Anti-Doping-Projekts auf 5.053.698 (- 74.302 €).

Bei den Kosten wurde das Gesamtbudget eingehalten. Die Abweichungen liegen im Wesentlichen im Einnahmebereich und hier schwerpunktmäßig beim Sponsoring
(- 625.000 € ) und bei den Ticketeinnahmen( - 404.000 €). Im Einzelnen sind die Abweichungen wie folgt zu begründen:

Eintrittsgelder

Es konnten für Fan-Boxen, Tribünen-Tickets und Business-Seats nur 369.603 € erzielt werden. Insbesondere entsprach der Verkauf der Tribünentickets nicht den Erwartungen. Dies wurde aber in Teilen durch die gute Akzeptanz der Fan-Boxen kompensiert. Der Verkauf der Business-Seats an Firmen blieb wegen der Doping-Diskussion und der damit verbundenen Imageproblematik deutlich hinter den Erwartungen zurück.

Umsatzpacht Gastronomie

Die Vermietung der Gastrostände und insbesondere der Messestände der Biker’s World erfolgte deutlich über Plan. (159.712 €, geplant waren 90.000 €). Während der gesamten WM-Woche erfuhr die Biker’s World eine hohe Besucherresonanz. Insbesondere das Wochenende zeigte das gesamte Messeareal gut besucht.

Merchandising

Die Gewinnung von Merchandising-Partnern gestaltete sich wegen der Dopingproblematik schwierig, ein Partner sprang ab, der zweite konnte nur unter Androhung massiver rechtlicher Konsequenzen zur Zahlung bewegt werden.

Sponsoren

Auf Grund der sich verschärfenden Dopingdiskussion und des damit unter bestimmten Voraussetzungen bestehenden Rechts von Infront, den Vertrag nach zu verhandeln, ergaben sich harte Auseinandersetzungen mit Infront, die bis zu einer Vertragskündigung und den Aufbau von Rechtspositionen führte. Im Vorfeld der WM gelang es trotz mehrerer Versuche nicht auf dem Verhandlungswege eine Einigung zu erzielen. Die Zielsetzung, mindestens 1,1 Mio. € zu erzielen, konnte nicht realisiert werden. Der Ausstieg des ZDF während der laufenden Veranstaltung verschlechterte die Verhandlungsposition der in.Stuttgart weiter, so dass erst im letzten Schritt – kurz vor der gerichtlichen Auseinandersetzung – mit Infront ein Vergleich erzielt werden konnte, der letztendlich mit 875.000 € (statt 1,5 Mio. €) zu Buche schlägt.

Zuschüsse Dritter

Es wird davon ausgegangen, dass die zwischenzeitlich eingefrorenen Zuschüsse des Bundes und des Landes nun ausbezahlt werden. Der vom Bund bereits an den BDR geleistete Teilbetrag von 54.000 € des Bundeszuschusses (insgesamt 204.000 €) wird gegen die Zahlungsverpflichtungen an den BDR aufgerechnet. Den Empfang zur Eröffnung der WM fördert das Land mit ca. 20.000 €.

Organisation und Durchführung

Wegen der umfangreichen Vertragsverhandlungen mit der UCI (§ 50a-EStG-Proble-matik) und Infront im Vorfeld und der juristischen Begleitung während und nach der Veranstaltung entstanden zusätzliche Aufwendungen von ca. 100.000 €.

UCI-Lizenzgebühr

Mit der UCI wurden kurz vor Beginn der Rad-WM Verhandlungen zur Reduzierung der Lizenzsumme aufgenommen. Einer seitens der UCI bereits avisierten möglichen Reduktion der Lizenzsumme standen in der Abfolge der WM-Woche gerichtliche Schritte der Landeshauptstadt entgegen. Bei den Folgegesprächen zwischen in.Stuttgart und der UCI nach der WM, bot die UCI lediglich noch ein Splitting des offenen Betrages von 530.000 € an:

- 265.000 € sollten von in.Stuttgart direkt bezahlt werden.

- Die weiteren 265.000 € - so das Angebot der UCI - sollten in ein Anti-Doping-Projekt investiert werden; die Landeshauptstadt hätte hierzu den genannten Betrag in drei Jahresraten zu leisten.

Referat KBS hat der Vorlage zugestimmt.


Finanzielle Auswirkungen




Beteiligte Stellen






Michael Föll
Erster Bürgermeister

Anlagen



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