Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
1017/2006
GZ:
OB
Sitzungstermin: 15.02.2007
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Dr. Schuster
Berichterstattung:der Vorsitzende
Protokollführung: Frau Huber-Erdtmann
Betreff: Klinikum Stuttgart - Künftige bauliche Struktur
Neubau Olgahospital und Frauenklinik
- Baubeschluss -

Vorgang: Krankenhausausschuss vom 09.02.2007, öffentlich, Nr. 3

Verwaltungsausschuss vom 14.02.2007, öffentlich, Nr. 46

jeweiliges Ergebnis: einmütige Zustimmung


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Herrn Oberbürgermeisters vom 29.01.2007, GRDrs 1017/2006.


Der Baubeschluss für den Neubau des Olgahospitals und der Frauenklinik, so OB Dr. Schuster, sei eine zentrale Weichenstellung für die Neuordnung des Klinikums Stuttgart insgesamt, das mit einem Gesamtvolumen von rd. 700 Mio. € die größte städtische Einzelinvestition in den Jahren 2005 bis 2015 ist. Er hoffe, dass diese Investitionen den Bürgerinnen und Bürgern, die die Dienstleistungen des Klinikums in Anspruch nehmen, zugutekommen. Zudem verbinde sich mit den Klinikum auch eine hohe Zahl von Arbeitsplätzen. Zwar werde künftig die Zahl der Betten reduziert, andererseits aber wachse manches der gesamten Wertschöpfungskette von medizinischen Leistungen außerhalb des Klinikums zu, sodass man dies auch unter dem Aspekt des Wirtschaftsstandorts sehen müsse. Er würde sich freuen, wenn das Projekt vom ganzen Gemeinderat mitgetragen würde.

Die Stellungnahmen der Mitglieder des Gemeinderats folgen nachstehend im leicht gekürzten und redigierten Wortlaut.

StRin Vetter (CDU):

"Zwei Flaggschiffe des Klinikums Stuttgart bekommen einen neuen Ankerplatz: das 'Olgäle' und die Frauenklinik, zwei hoch renommierte Kliniken, deren Ruf weit über die Grenzen von Stuttgart hinausgeht. Die Finanzierung steht, wobei wir nicht nur dem Land, das dieses Projekt mit 149,25 Mio. € fördert, danken, sondern auch der Stadt, die überplanmäßig für das Jahr 2007 Mittel zur Verfügung stellt und zudem die restlichen Kosten für die Bauzeitzinsen sowie die Zwischen- und Vorfinanzierungskosten der Landeszuschüsse übernimmt.

Wir danken aber auch allen Beteiligten an diesem Verfahren, denn wenn auch oft Abstriche vom Wünschenswerten gemacht werden mussten, so hat doch keiner das Ziel aus den Augen verloren. Auch das Hochbauamt hat bei dem Projekt einen strengen Zeitplan verfolgt und eingehalten. Wir sind jetzt - nach vielen Umwegen, versehen mit Irrungen und Wirrungen - auf dem geraden Weg zum Ziel. Auch heute stimmen wir der GRDrs 1017/2006 mit großer Freude zu."

StRin Sawade (SPD):

"Nun wächst wieder zusammen, was zusammengehört. Olgahospital und Frauenklinik werden unter einem neuen gemeinsamen Dach am Standort Mitte angesiedelt. Mit dem heutigen Baubeschluss wird endlich die seinerzeit ausschließlich aus finanziellen Gesichtspunkten getroffene Entscheidung des Gemeinderats vom Dezember 1988 revidiert. Sie ging damals mit 32 : 29 Stimmen denkbar knapp aus.

Die Geschichte des Olgahospitals und der Frauenklinik ist wahrlich eine sehr wechselvolle. Ein paar Daten zur Erinnerung: 1842 als erstes Kinderkrankenhaus Stuttgarts von den Ärzten Dr. Georg von Cleß und Dr. Otto Elben eröffnet, 1849 in 'Olga-Heilanstalt für Kinder' nach der württembergischen Kronprinzessin und späteren Königin Olga umbenannt, die bereits 1847 die Schutzherrschaft über das Haus übernommen hatte, 1974 an der Bismarckstraße neu gebaut und 1979 mit der städtischen Kinderklinik vereinigt - seitdem heißt es 'Olgahospital, pädiatrisches Zentrum der Landeshauptstadt Stuttgart' -, 1988 die Vereinigung mit der Landesfrauenklinik Berg, dann Wegzug der Frauenklinik von der Bismarckstraße nach Berg und damit Verzicht auf die medizinisch sinnvolle Wand-an-Wand-Lösung von Entbindungsstation und Neonatologie mit erheblichen Folgen für die Attraktivität der Frauenklinik, im Juli 1999 Vereinigung der vier städtischen Häuser zum Klinikum Stuttgart, April 2004 Auflösung des Standortes Berg, interimsweiser Umzug nach Bad Cannstatt mit Einrichtung einer neonatologischen Station. Die wachsende Beliebtheit am neuen Ort und mit neuer Leitung zeigt sich an den steigenden Entbindungszahlen.

Seit dieser Zeit liefen bereits die Überlegungen für einen Neubau. Der Wettbewerbssieger für den Standort Mitte stand im Mai 2004 fest, dessen Ergebnis wurde gemeinsam mit Ärzteschaft, Planern und Personalvertretung überarbeitet. Mit der Beschlussfassung über den strukturellen Rahmenplan im Februar 2005 fiel dann die Entscheidung für einen Neubau des 'Olgäles' mit der Frauenklinik am Standort Mitte auf dem Gelände des Katharinenhospitals. Heute nun beschließen wir den 268 Mio. € teuren Neubau. Es ist wahrlich ein Riesenprojekt und das größte Bauprojekt, das die Landeshauptstadt in eigener Regie stemmen wird.

Die SPD-Fraktion sieht die heutige Entscheidung als ein erneutes Bekenntnis des Gemeinderats zu seinem Klinikum und natürlich auch zu seinem 'Olgäle'. Wir hoffen während der langen Bauphase auf Verständnis, Nachsicht und Geduld der Anwohner, der Patientinnen und Patienten sowie der Beschäftigten des Klinikums. Die Zusage einer zeitnahen aktuellen Berichterstattung zur Information über den Baufortschritt und die Ankündigung von Baustellenführungen begrüßen wir.

Zuletzt möchte ich im Namen meiner Fraktion den Zuschussgebern, Entwicklern, Ideengebern, Beratern - innerhalb und außerhalb der Stadtverwaltung und des Klinikums - für ihre Geduld und Beharrlichkeit danken. Wir freuen uns auf den ersten Spatenstich bzw. Baggerbiss und auf die hoffentlich termingerechte Fertigstellung zum 170. Geburtstag des 'Olgäles' im Jahr 2012."

StRin Marx (90/GRÜNE):

"Nach dem ausführlichen historischen Überblick möchte ich den sehr produktiven Prozess ansprechen, den wir heute mit der Beschlussfassung abschließen. Wir hatten einen städtebaulichen Wettbewerb, der dann nochmals modifiziert wurde, und haben jetzt städtebaulich eine sehr elegante Lösung, die auch betriebswirtschaftlich noch verbessert werden konnte. Nach der katastrophalen Fehlentscheidung einer Mehrheit des Gemeinderates seinerzeit, die beiden Kliniken Olgahospital und Frauenklinik auseinanderzureißen, war die dauerhafte Wand-an-Wand-Lösung von Neonatologie und Frauenklinik sehr wichtig. Ich hoffe nur, dass auch nach dem Umzug aus Bad Cannstatt - die Frauenklinik dort ist eine Perle von Krankenhaus und wird von vielen Frauen bewusst gewählt - die Frauenklinik auch im Stadtkern die positiven Belegzahlen halten kann.

Wir möchten uns bei all denen bedanken, die in zähen Verhandlungen die Zuschüsse des Landes akquiriert haben, und freuen uns, dass diese Seite gesichert ist. Damit kann das bundesweit herausragende Angebot des Olgahospitals, alles unter einem Dach zu bieten, fortgesetzt werden.

Als Grüne freuen wird uns natürlich sehr über die angestrebte Art der Energieversorgung. Es ist ein idealer Standort für ein Blockheizkraftwerk. Da dieses auch mit Erdgas - einschließlich einer Option auf Biogas - betrieben werden kann, sind wir auch in dieser Hinsicht innovativ. Wir freuen uns auf die Eröffnung 2012."

StR J. Zeeb (FW):

"Auch wir bedanken uns bei allen, die an diesem schwierigen Prozess beteiligt waren. Es geht hier nicht um 'Peanuts', sondern um eines der größten Bauvorhaben der Stadt Stuttgart. Wir freuen uns, dass mit dieser Vorlage jetzt der Startschuss gegeben wird, und wir hoffen, dass das Ganze auch das erwartete Ergebnis bringen wird."

StR R. Zeeb (FDP):

"Auch die FDP-Fraktion unterstützt das Gesamtprojekt als solches und hofft, dass die Beschwerlichkeiten der Neugestaltung des Klinikums nicht zu groß werden und den Patienten zumutbar sind und dass dieser City-Standort die richtige Entscheidung des Gemeinderats war, damit wir im Jahr 2012 dann ein allzeit begehrtes Klinikum betreiben können."

StR Dr. Schlierer (REP):

"Wir werden der Beschlussvorlage gerne zustimmen. Die Dimension dieses Krankenhausbauprojektes kann man sich auch daran verdeutlichen, dass die Fördermittel, die das Land bereitstellen wird, einen nicht unerheblichen Teil der Mittel beansprucht, die das Land überhaupt für die Gesamtkrankenhausfinanzierung in Baden-Württemberg zur Verfügung hat. Die Trennung von Neonatologie und Geburtshilfe war auch uns immer ein Problem. Ich darf daran erinnern, dass das ja nicht zuletzt bis in den haftungsrechtlichen Bereich hinein Auswirkungen hatte. Umso erfreulicher ist es, dass beides nun zusammengefasst werden kann.

Wir freuen uns, dass die Förderquote des Landes relativ hoch ausgefallen ist. Ich möchte aber anmerken, dass die Länder vom Gesetzgeber ja eigentlich gehalten sind, die Vollfinanzierung der notwendigen Krankenhausbauten vorzunehmen. Wir hoffen, dass diese 80,2 Mio. €, die das Klinikum selber aufbringen muss, sich über die Effizienzrendite finanzieren lassen. Hier liegen Unwägbarkeiten, weil wir nicht wissen, ob sich für das Klinikum tatsächlich die jetzt berechneten Einsparungen ergeben."

StR Rockenbauch (SÖS):

"Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich gegen das Großklinikum bin. Deshalb - und nicht, weil ich gegen die Zusammenlegung von Frauenklinik und 'Olgäle' stimme - lehne ich die Vorlage ab. Am Anfang stand nicht der Wunsch, das Klinikum zu stärken, sondern die Effizienzrendite - und ich bin gespannt, ob diese Rechnung aufgeht oder ob nicht doch wieder Mehrkosten entstehen, die dann das Personal tragen muss."

StRin Küstler (DIE LINKE.PDS):

"Ich habe zunächst die Zusammenlegung der Kliniken nicht unterstützt und habe nach wie vor Zweifel, ob das der richtige Weg ist, weil es sich erst noch zeigen muss, ob ein Großklinikum von den Patientinnen und Patienten akzeptiert wird; auch ist noch nicht klar, was das Projekt für den Verkehr im Stadtkessel bedeutet. Ich stimme heute trotzdem zu, weil das aufgrund der Kompromissfindung mit der Belegschaft jetzt wohl der einzige gangbare Weg ist. Nach wie vor bin ich aber nicht einverstanden mit der Finanzierung aus der Effizienzrendite und aus dem Geld, das im Klinikum selbst erwirtschaftet werden muss."

Abschließend stellt OB Dr. Schuster fest:

Der Gemeinderat beschließt bei 1 Nein-Stimme mehrheitlich den nachfolgend aufgeführten

Beschlussantrag:

1. Dem Neubau des Olgahospitals und der Frauenklinik (OH/FK) auf dem Areal des Katharinenhospitals auf Grundlage der vom Hochbauamt und der N. N. (Namen wurden aus Datenschutzgründen gelöscht) geprüften Genehmigungs- und Ausführungsplanung, der Baubeschreibung und dem Kostenanschlag der Architektengemeinschaft N. N. (Name wurde aus Datenschutzgründen gelöscht) vom Januar 2007

wird zugestimmt.

2. Der Gesamtaufwand in Höhe von 268.400.000 EUR
Jahr
Bis 2007
EUR
2008
EUR
2009
EUR
2010
EUR
2011
EUR
2012
EUR
Gesamt
EUR
Aufwand
50.760.000
41.620.000
36.565.000
79.220.000
54.930.000
5.305.000
268.400.000

3.1 Die Kosten für die Bauzeitzinsen und die Zwischen-/Vorfinanzierungskosten der Landeszuschüsse in der Größenordnung von ca. 13,80 Mio. EUR bis Ende des Jahres 2012 werden entsprechend der GRDrs 1302/2005 von der Stadt im Wege eines Ertragszuschusses finanziert.

3.2 Im Verwaltungshaushalt 2007 wird hierfür bei der
AFipo 1.5100.7257.000 - Zinszuschuss Klinikum -
eine außerplanmäßige Ausgabe von

zugelassen. Der Mehraufwand wird im Verwaltungshaushalt 2007 durch Sperrung bei der AFipo 1.9140.8500.000 - Deckungsreserve - gedeckt.

4. Für die Inbetriebnahme des Krankenhauses wird es unumgänglich sein, Neubeschaffungen im medizinischen Bereich in Höhe von ca. 10,20 Mio. EUR vorzunehmen (vgl. Anlage 8). Die Beschlussfassung über diese zusätzliche Ausstattung/Neubeschaffung wird jedoch so lange zurückgestellt, bis im Rahmen der Umsetzung der Baumaßnahme hinlänglich gesichert ist, dass die Kosten (einschl. Baupreissteigerungen) innerhalb des Budgets bleiben und die Kreditfinanzierungsobergrenze von max. 95 Mio. EUR nicht überschritten wird. Die für den späteren Einbau notwendigen planerischen und bauseitigen Vorbereitungen sind zu treffen. Die Beschaffung soll zeitnah vor der Inbetriebnahme erfolgen.