Landeshauptstadt Stuttgart
Oberbürgermeister
Gz: OB
GRDrs 871/2006
Neufassung
Stuttgart,
12/18/2006



Luftreinhalte-/Aktionsplan für die Landeshauptstadt Stuttgart
Umsetzung der Maßnahme Nr. 2; künftiges Fahrverbot für Kfz der Schadstoffgruppe 1 im gesamten Stadtgebiet




Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Ausschuss für Umwelt und Technik
Gemeinderat
Vorberatung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
19.12.2006
21.12.2006



Beschlußantrag:

1. Die Bundesregierung will mit Zustimmung der Länder erheblich mehr Fahrzeuge mit Fahrverboten in Umweltzonen ausschließen. Dies betrifft bundesweit nach ersten Schätzungen ca. jedes fünfte Fahrzeug, in Stuttgart ca. jedes siebte Fahrzeug, das heißt 53.700 Pkw/Lkw. Vor dem Hintergrund der jetzt vorliegenden Größenordnung der von der Maßnahme Nr. 2 des Luftreinhalte-/Aktionsplans betroffenen Fahrzeuge wird die Verwaltung beauftragt, eine Umsetzungskonzeption zu entwickeln und mit dem Regierungspräsidium sowie den obersten Landesbehörden (UM und IM) abzustimmen, die einerseits den Zielen des Luftreinhalte-/Aktionsplans entspricht, andererseits für die betroffenen Fahrzeughalter zumutbar und verhältnismäßig ist. 2. Die Verwaltung wird beauftragt, insbesondere folgende Gesichtspunkte in die Umsetzungskonzeption aufzunehmen:
3. Die Verwaltung wird beauftragt, gegenüber dem Land folgende fünf Forderungen zu erheben:
4. Die Fristen müssen so gesetzt werden, dass alle Bürgerinnen und Bürger sowie alle Unternehmen ausreichend Zeit haben, sich auf ein mögliches Fahrverbot einzustellen. Wer sein Auto oder seinen LKW nachrüsten möchte, muss dazu auch Gelegenheit haben.


5. Sollte die kommunale Ebene mit der Umsetzung beauftragt werden, muss das Land einen finanziellen Ausgleich zahlen. Es kann nicht sein, dass erneut ein Gesetz durch Bund und Länder erlassen wird und dann die Städte und Gemeinden sowie die Landkreise die Umsetzung zahlen sollen.


Begründung:


zu Ziffer 1

Zur Gewährleistung einer für die menschliche Gesundheit und die Umwelt insgesamt unbedenklichen lufthygienischen Situation und zur Einhaltung der von der EU vorgegebenen Grenzwerte hat das Regierungspräsidium Stuttgart einen Luftreinhalte-/Aktions-plan erstellt. Dieser trat am 01.01.2006 in Kraft. Nach den Bestimmungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sind die Straßenverkehrsbehörden an dessen Maßgaben hinsichtlich Verkehrsverboten und Verkehrsbeschränkungen gebunden.

Die Umsetzung der Maßnahme Nr. 2 des Luftreinhalte-/Aktionsplans ist derzeit auf den 01.07.2007 terminiert. Sie beinhaltet im Wesentlichen ein Fahrverbot für Kfz der Schad-stoffgruppe 1 im gesamten Stadtgebiet. Nach der Formulierung im Luftreinhalte-/ Aktionsplan waren in Stuttgart bisher ca. 18.000 Kfz betroffen: nämlich alle benzinbetriebenen Kfz ohne geregelten Katalysator und alle Dieselfahrzeuge, die nicht den Euro-Normen 2, 3, 4 oder 5 entsprechen, soweit sie nicht wirkungsvoll nachgerüstet werden.

Die endgültige und verbindliche Zuordnung der Kfz zu den Schadstoffgruppen liegt seit 15.12.2006 (Veröffentlichung im Verkehrsblatt) vor. Sie erfolgt anhand der in den Kfz-Papieren eingetragenen Emissionsschlüsselnummern. Die erste vorläufige Auswertung der Schlüsselnummern ergab, dass statt der bisher angenommenen 18.000 Kfz über 50.000 Kfz allein in Stuttgart betroffen sind. Grund für diese Zunahme ist die Entscheidung des Bundes, auch Fahrzeuge mit G-Kat der ersten Generation in die Schadstoffgruppe 1 aufzunehmen. Dies sind allein in Stuttgart über 30.000 Kfz.

Diese unerwartete Zunahme der Anzahl der Betroffenen wirft die Frage auf, ob die Umsetzung der Maßnahme Nr. 2 zum 01.07.2007 überhaupt verhältnismäßig ist. Nach Auffassung der Verwaltung ist es den Betroffenen nicht zuzumuten, innerhalb der kurzen zur Verfügung stehenden Vorlaufzeit zu entscheiden, ob sie ihr Fahrzeug nachrüsten, verkaufen oder verschrotten. Zudem scheint ausgeschlossen, dass das Kfz-Gewerbe innerhalb des kurzen Zeitraums so viele Nachrüstungen durchführen kann: Weder wird die Personalkapazität vorhanden sein, noch werden ausreichend Nachrüstsätze geliefert werden können. Auf Grund der besonderen überregionalen Stellung Stuttgarts hinsichtlich der Wirtschaftskraft sowie der politischen und touristischen Bedeutung ist bei der Abwägung zu berücksichtigen, dass nicht nur über 50.000 Kfz in Stuttgart, sondern weitere ca. 250.000 Kfz allein in der Region von dieser Regelung betroffen sind.

Weiter ist noch völlig unklar, in welchem Umfang und unter welchen Voraussetzungen Ausnahmegenehmigungen möglich sind. Dazu haben sich bisher weder das Regierungspräsidium Stuttgart noch die obersten Landesbehörden geäußert.

Im Luftreinreinhalt-/Aktionsplan (Seite 55) schreibt das Regierungspräsidium hinsichtlich einer möglichen zeitlichen Verzögerung: „Sollte die Bundesregierung die Kennzeichnungsverordnung nicht – wie vorgesehen – bis Mitte 2006 verabschieden, kann es zu einer zeitlichen Verzögerung bei der Umsetzung der Maßnahme M 2 kommen. Ab dem Inkrafttreten der Kennzeichnungsverordnung ist ein Vorlauf von etwa 12 Monaten für die Beschaffung und Aufstellung der Verkehrsschilder sowie für die Herstellung und Verteilung der Plaketten erforderlich. Auch inhaltlich könnte sich die Kennzeichnungsverordnung noch ändern. Zu einem späteren Zeitpunkt wird zu prüfen sein, ob das Fahrverbot-Stufenkonzept M 2 und M 3 im gesamten Großraum Stuttgart eingeführt wird, da auch Nachbarkommunen Stuttgarts von Immissionsgrenzwertüberschreitungen betroffen sind.“


zu Ziffer 2

Vor diesem Hintergrund ist es unerlässlich, eine Umsetzungskonzeption zu entwickeln, die dem Luftreinhalte-/Aktionsplan Geltung verschafft, Härten berücksichtigt, sowie den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern hinreichend Zeit lässt, sich auf ein mögliches Fahrverbot einzustellen.

Zuständig für den Luftreinhalte-/Aktionsplan ist das Land. Deshalb ist die Umsetzungskonzeption mit dem Regierungspräsidium und den obersten Landesbehörden (IM und UM) insoweit abzustimmen, als sie sich inhaltlich auf die Umsetzung des Luftreinhalte-/Aktionsplans auswirkt. Dazu gehört auch die notwendige Abstimmung im Großraum Stuttgart, vor allem mit geplanten anderen Umweltzonen.

Beim Erstellen der Umsetzungskonzeption ist auch zu berücksichtigen und darzulegen, welche zusätzlichen Aufgaben, Kosten und zusätzliches Personal durch die Umsetzung von Maßnahme Nr. 2 auf die Stadt, vor allem auf das Amt für öffentliche Ordnung zukommen.

Folgende Aufgaben müssen zusätzlich von der Stadtverwaltung, insbesondere vom Amt für öffentliche Ordnung, wahrgenommen werden:

1. Qualifizierte Information der Öffentlichkeit, insbesondere über Umfang und Abgrenzung des Kreises der betroffenen Kfz, über die Möglichkeit zur Beantragung und Erteilung von Ausnahmegenehmigungen, über Fragen zur Um- und Nachrüstung von Fahrzeugen und über die entsprechenden Anlaufstellen.

2. Kennzeichnung der emissionsarmen Kraftfahrzeuge der Schadstoffklassen 2, 3, und 4 mit dafür vorgesehenen Plaketten. Dies erfordert u. a. Schulung des Personals und Organisation der Plakettenausgabe durch Zulassungsstelle und Bürgerbüros. Ferner Schulung und Abstimmung mit den gleichermaßen zur Ausgabe berechtigten Stellen TÜV und DEKRA.

3. Anordnung und Umsetzung der Beschilderung des Stadtgebiets als „Umweltzone“ mit Verkehrsverboten für Kfz der Schadstoffgruppe 1. Dabei entsteht wegen der Vorankündigungen der Umweltzone und Umleitungen ein hoher Abstimmungsbedarf mit den umliegenden Städten und Landkreisen.

4. Prüfung von Anträgen auf Ausnahmegenehmigungen. Deren Art und Umfang bedarf der einvernehmlichen Regelung mit dem Regierungspräsidium. Danach wird sich letzten Endes der absehbare Personalbedarf für telefonische und schriftliche Auskünfte, zur Prüfung, Erteilung und Ablehnung der zu erwartenden Anträge und auch zur Führung der zu erwartenden zahlreichen Rechtsmittelverfahren richten.


zu Ziffer 3

Um möglichst bald zu mehr Klarheit und zu einem umsetzbaren Maßnahmenkatalog zu kommen, werden dem Land gegenüber die fünf Forderungen wie in Ziffer 3 Beschlussantrag erhoben.


Finanzielle Auswirkungen

Personal und Sachaufwand ist derzeit noch nicht abzuschätzen.


Beteiligte Stellen



Vorliegende Anträge/Anfragen

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Erledigte Anträge/Anfragen

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Dr. Wolfgang Schuster

Anlagen

keine