Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
535/2005
GZ:
WFB
Sitzungstermin: 07.07.2005
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Dr. Schuster
Berichterstattung:-
Protokollführung: Frau Huber-Erdtmann
Betreff: Hauptversammlung der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) sowie Gesellschafterversammlung der Stuttgarter Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft (SVV)

Vorgang: Verwaltungsausschuss vom 06.07.2005, nichtöffentlich, Nr. 259

Ergebnis: einmütige Zustimmung


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Wirtschaft, Finanzen und Beteiligungen vom 21.06.2005, GRDrs 535/2005, mit folgendem

Beschlussantrag:

Der Vertreter der Stadt wird beauftragt, in der Hauptversammlung der SSB sowie in der Gesellschafterversammlung der SVV den nachstehenden Beschlussanträgen zuzustimmen:

Für die SSB

1. den Vorstand und den Aufsichtsrat für das Geschäftsjahr 2004 zu entlasten,

2. als Abschlussprüfer für das Geschäftsjahr 2005 die N. N. (Name wurde aus Datenschutzgründen gelöscht), Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Stuttgart zu wählen.



Für die SVV

1. den Jahresabschluss und den Konzernjahresabschluss 2004 in der vorgelegten Fassung festzustellen,

2. die Geschäftsführung und den Aufsichtrat für das Geschäftsjahr 2004 zu entlasten,

3. den ausgewiesenen Bilanzgewinn in Höhe von 3.493.601,98 € auf neue Rechnung vorzutragen,

4. als Abschlussprüfer für das Geschäftsjahr 2005 die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft N. N. (Name wurde aus Datenschutzgründen gelöscht) zu wählen.


Wie jeder wisse, so StR Schmid (CDU), sei die SSB kein gewinnorientiertes Unternehmen, sondern sie erbringe eine Dienstleistung als Teil der Daseinsfürsorge. Daher sei es bemerkenswert, dass der Ausgleichsanspruch an die Stadt in den letzten Jahren deutlich gesunken ist und die SSB gegenwärtig - auch im Vergleich zu anderen bundesdeutschen öffentlichen Nahverkehrsunternehmen - sehr gut dastehe. Es sei nicht einfach gewesen, eine Kostensenkung bei gleichzeitigem Ausbau der Angebote und Dienstleistungen zu erreichen. Die SSB müsse aber für den anstehenden Wettbewerb gerüstet werden.

In gleicher Weise sei bemerkenswert, dass bei der SSB alle an einem Strang ziehen. Für die Mitarbeiter sei es sicher nicht einfach gewesen, Abstriche am Gehalt hinzunehmen. Für diesen Verzicht wolle er ihnen danken und sich gleichzeitig auch als Gemeinderat zur SSB und ihrer Leistung bekennen.

Für StR Prof. Dr. Kußmaul (SPD) legt der Geschäftsbericht 2004 beeindruckend dar, dass die SSB "auf stürmischer See" eine ausgezeichnete Arbeit für die Einwohner der Region erbracht hat. Seine Fraktion spreche der SSB hierfür ihren herzlichen Dank aus, insbesondere dem Personal, das durch große persönliche Opfer - er nenne hier nur den Haustarifvertrag von vor zwei Jahren - es der SSB ermöglicht habe, den schwierigen Weg in die Wettbewerbsfähigkeit gehen. Dabei habe sich auch die Mitbestimmung bei der SSB sehr bewährt. Die Stuttgarter Bürgerinnen und Bürger hätten in der letzten Bürgerumfrage ihren ÖPNV ausgezeichnet bewertet.

Nun würden sich aber die Rahmenbedingungen von Monat zu Monat so drastisch verändern, dass die Restrukturierungserfolge und die Zukunftsplanungen der SSB völlig wegzubrechen drohen. Es gebe Kürzungen der Zuschüsse bei der Infrastruktur und bei den Fahrzeugen - z. B. bei Bussen, sodass die SSB weniger neue Fahrzeuge mit besseren Abgasleistungen anschaffen könne -, Kürzungen bei Schülern und Schwerbehinderten, eine geringere Erstattung der Ökosteuer, Kürzungen des Landes bei der Verbundförderung und weitere mehr. Während mittlerweile beim VdV Fahrpreiserhöhungen von 7 % als nötig angesehen würden, werde beim VVS mit einer Erhöhung von 3,5 % ein noch tragbarer Weg beschritten.

Nun sei die Frage, wie es mit der Mobilität insgesamt weitergeht. Er wolle einige Meldungen - ausschließlich von diesem Tage - aus der Zeitung und dem Radio wiedergeben: 1. Umweltministerin Gönner spricht von einer deutlichen Klimaveränderung in Baden-Württemberg in den kommenden Jahrzehnten, 2. die CDU im Amtsblatt zum Wetterinfosystem beim Katastrophenschutz, Zitat: "Diese Thematik ist in Anbetracht einer zunehmenden Anzahl gefahrenträchtiger Naturereignisse sehr aktuell", 3. Meldung vom G-8-Gipfel: "Präsident Bush wischt Klimaabkommen vom Tisch", 4. Ölpreis auf neuem Rekordhoch, 5. Einzelhandelsstudie zum Käuferverhalten in Stuttgart: Von 2000 bis 2004 hat sich der Anteil der Käufer, die mit dem Auto kommen, von 27 % auf 37 % erhöht, die Fußgängeranteile haben sich halbiert.

Auch in Anbetracht der Feinstaubdebatte halte seine Fraktion es aus all diesen Gründen für unverzichtbar, dass man sich im Sinne des Entwurfs der Stadtentwicklungskonzeption auf eine neue Mobilitätskultur verständigt. Dem Radfahren und dem Zu-Fuß-Gehen müsse ganz sicher mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden.

Beim ÖPNV werde die Stadt sich in den kommenden Jahren aller Voraussicht nach selbst helfen müssen. Seine Fraktion habe einen Mobilitätsbonus vorgeschlagen; damit würden alle Menschen in der Region zumindest einige Male pro Jahr ihren ÖPNV benutzen und ihr Spritgeld hier investieren. Er bitte Gemeinderat und Verwaltung, diesen Vorschlag unvoreingenommen zu prüfen oder andere, bessere Vorschläge zu machen. Eine SSB mit schlechteren statt noch besseren Angeboten wolle und könne man sich in dieser Stadt nicht leisten.

StR Dr. Kienzle (90/GRÜNE) dankt ebenfalls der SSB, denn sie trage dazu bei, dass die Mobilität in Stuttgart auf eine umweltfreundliche Art und Weise ermöglicht wird. Seine Fraktion unterstütze deshalb die SSB in ihren Bemühungen um ihre Restrukturierung und lehne es ab, das Problem Feinstaub z. B. dadurch zu lösen, dass man der SSB zusätzliche Lasten auferlegt. Die Bedingungen, unter denen die SSB wirtschaften kann, müssten auch auf Seiten des Individualverkehrs so gestaltet werden, dass noch mehr Menschen den ÖPNV nutzen.

StRin Küstler (PDS) stimmt in vielen Punkten den Ausführungen von StR Prof. Dr. Kußmaul zu, ebenso dem Dank an die SSB. Sie wolle aber noch zu den geplanten Fahrpreiserhöhungen Stellung nehmen. Mit 3,5 % halte sie diese für zu hoch. Das sei nicht die Schuld der Verkehrsbetriebe, sondern in erster Linie die des Landes und des Bundes, die ihre Zuschüsse kürzen. Sie sehe aber die Stadt in der Verantwortung, der SSB und dem VVS über die Region zu Hilfe zu kommen. Weiter sei sie der Meinung, dass die Struktur der Preiserhöhungen unsozial ist. Die stärksten Erhöhungen würden auf die Schüler und die Auszubildenden zukommen; ein Sozialpass oder ein stark ermäßigtes Ticket für Alg-II-Empfänger und andere Bedürftige in der Stadt fehle. Auch hier müsste die Stadt Unterstützung leisten.

OB Dr. Schuster schließt sich dem Dank an die SSB-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an, die ganz wesentlich zu diesem guten Ergebnis beigetragen hätten, und stellt fest:

Der Gemeinderat beschließt einstimmig wie beantragt.