Protokoll:
Gemeinderat
der Landeshauptstadt Stuttgart
Niederschrift Nr.
TOP:
215
2
Verhandlung
Drucksache:
760/2002
GZ:
F
Sitzungstermin:
10/10/2002
Sitzungsart:
öffentlich
Vorsitz:
OB Dr. Schuster
Berichterstattung:
EBM Dr. Lang
Protokollführung:
Frau Haasis
kr
Betreff:
Beteiligungsbericht der Landeshauptstadt Stuttgart
Vorgang: Gemeinsame Verhandlung des Verwaltungsausschusses und
des Ausschusses für Wirtschaft und Wohnen vom 09.10.2002,
nichtöffentlich, Nr. 424
Ergebnis: Kenntnisnahme
Beratungsunterlage ist die Mitteilungsvorlage des Finanz- und Beteiligungsreferats vom 24.09.2002, GRDrs 760/2002.
Die Ausführungen von EBM
Dr. Lang
werden nachfolgend im gekürzten Wortlaut wiedergegeben:
"Wir legen Ihnen heute den neunten Beteiligungsbericht vor. Unser Bestreben in den letzten Jahren war es, immer zeitnäher den jeweiligen Bericht vorzulegen, denn auch hier gilt: die Information ist umso besser, je aktueller sie erfolgt. Dies ist uns in den zurückliegenden Jahren gelungen. Wurde der Beteiligungsbericht 1998 noch im März 2000 vorgelegt, haben wir uns in den Folgejahren kontinuierlich verbessert: 1999 war es der Dezember, 2000 der Oktober und dieses Jahr der September. Ich denke allerdings, dass wir an die Grenze der aktuellen Vorlage des Beteiligungsberichts gekommen sind.
Der Bericht knüpft an die Vorgänger an. Das Bestreben ist, dem Gemeinderat - und natürlich auch interessierten Dritten - einen umfassenden Überblick über das Beteiligungsgeschehen der Landeshauptstadt im jeweils abgelaufenen Jahr zu vermitteln.
Das Jahr 2001 war gekennzeichnet einmal durch die vorbereitenden Aktivitäten, die erheblich Zeit in Anspruch genommen haben, was den Verkauf der Energiebeteiligungen angeht, der dann im Januar vom Gemeinderat beschlossen wurde. Insoweit beschleicht einen ein gewisses Gefühl der Nostalgie; klar ist, die NWS und die TWS werden zum letzten Mal im Beteiligungsbericht 2001 erscheinen. Im Beteiligungsbericht für das Jahr 2002 tauchen sie nicht mehr auf.
Das vergangene Jahr war ebenfalls geprägt, was die Sonderaktivitäten angeht, von der strategischen Neuausrichtung bzw. Restrukturierung einmal im Bereich unserer Wohnungswirtschaft und zum anderen im Bereich ÖPNV. Wir haben gestern im Verwaltungsausschuss - entsprechend der Handhabung in den vergangenen Jahren - als Schwerpunktthema die SWSG behandelt im Zusammenhang mit dem Unternehmensgutachten. Was den Bereich der SSB anbetrifft, haben wir die Frage der Restrukturierung begleitet in verschiedenen Sitzungen, sei es im Verwaltungsausschuss, sei es hier in der Vollversammlung. Dieser Prozess ist weiter im Gange. Ich denke, wir sind gemeinsam auf einem guten Weg, und es wird im Laufe dieses Jahres noch einmal Gelegenheit sein, im Verwaltungsausschuss, möglicherweise auch hier in der Vollversammlung, über weitere wichtige strategische Fragen der SSB zu diskutieren.
Ich habe bereits darauf hingewiesen: wir hatten in der Vergangenheit jeweils ein Schwerpunktthema herausgegriffen, mit dem sich der Gemeinderat bzw. der zuständige Finanzausschuss entweder allein oder in Verbindung mit dem Wirtschaftsausschuss befasst hat. Wir haben jetzt alle wesentlichen Bereiche in einem ersten Durchgang aufgearbeitet (Stichworte - nicht chronologisch -: Energie, Flughafen, Bahnhofsplatzgesellschaften, SSB, SWSG, SMK). Gestern habe ich im Ausschuss vorgeschlagen, - und das bietet sich eigentlich zwingend an, die Diskussion ist in vollem Gange, es liegen Anträge aus der Mitte des Gemeinderats vor, und wir als Verwaltung haben auch schon eine erste Stellungnahme abgegeben –, dass wir uns im neuen Jahr über den Veranstaltungsbereich vertieft unterhalten, auch im Zusammenhang mit der neuen Messe und der notwendigen Neuordnung im Veranstaltungsbereich. Insoweit denke ich, dass das Thema für das nächste Jahr quasi vorgegeben ist.
Ich hoffe, dass der Bericht Ihnen als Gemeinderäte nützlich ist, dass Sie in die Lage versetzt werden, auf die Schnelle Informationen zu entnehmen, und ich denke, dass wir mit diesem Bericht uns im Vergleich mit dem, was andernorts gemacht wird, sehr gut sehen lassen können."
StR
Dr. Löffler
(CDU) dankt für diesen Beteiligungsbericht. Er würdigt EBM Dr. Lang als Manager, der in einem komplexen Konzern erfolgreich agiere und zudem den Spagat schaffe zwischen Daseinsvorsorge und Wettbewerbsstrukturen. StR
Kanzleiter
(SPD) bestätigt, selbstverständlich sei dem Kämmerer und seiner "Mannschaft" zu danken; es sei eine gewaltige Arbeit, die Daten für diesen Bericht zusammenzutragen. StR
Wölfle
(90/GRÜNE) bezieht in seinen Dank ausdrücklich die Herren Stradinger (Stkäm) und Vaas (Stkäm) ein. StR
R. Zeeb
(FDP/DVP) spricht ebenfalls seinen Dank aus.
Es folgen die Stellungnahmen der Sprecher der Gemeinderatsfraktionen und -gruppen (Wortlaut jeweils leicht gekürzt):
StR
Dr. Löffler
:
"Das Warten auf den Beteiligungsbericht der Stadt Stuttgart gehört zu den ganz besonderen Spannungs-Highlights im Leben eines Stadtrats, und das Warten hat sich gelohnt. Der Finanzbürgermeister hat bei gleichbleibenden betrieblichen Aufwendungen die Ertragslage im Vergleich zum Jahr 2000 deutlich verbessert und die Eigenkapitalquote auf hohem Niveau stabilisiert. Dieser Erfolg ist nicht selbstverständlich. Die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben sich für Unternehmen und insbesondere für Kommunen deutlich verschlechtert. Die Zahlungsfähigkeit zahlreicher Kommunen steht auf der Kippe, nicht in Stuttgart. Der Finanzbürgermeister hat dieser Entwicklung getrotzt und ein erfreuliches Ergebnis präsentiert. Das ist nicht selbstverständlich, sondern das Ergebnis unternehmerisch weitsichtiger Entscheidungen, die nicht immer populär, aber notwendig waren. Ich erinnere dabei an die Restrukturierungsprozesse, die konsequent weiterverfolgt werden müssen.
Herr Finanzbürgermeister, Sie haben es sich im Vorwort zu diesem Beteiligungsbericht zur Aufgabe gemacht, darauf einzuwirken, den öffentlichen Zweck städtischer Beteiligungen zu wahren und zu erfüllen. Das ist richtig. Dies sollte insbesondere bei den Töchtern unserer Beteiligungsunternehmen gelten, deren öffentliche Zweckbestimmung nach den Vorgaben der Gemeindeordnung kritisch auf den Prüfstand gestellt werden muss. Die Betrachtung der Beteiligungsunternehmen ist besonders wichtig, weil sie ganz leicht dem Gesichtskreis der kommunalen Aufsichtsräte und der Gemeinderäte entgehen. Hierbei sollten wir jetzt auch die Möglichkeiten und Chancen nutzen, die uns seit Juli dieses Jahres mit dem Corporate Governance Kodex und dem Transparenz- und Publizitätsgesetz zur Verfügung stehen."
StR
Kanzleiter
:
"Wir als Stadt sind kein Konzern im rechtlichen Sinne, wir sind keine Aktiengesellschaft, und deshalb ist die Konsolidierung, wie sie im Beteiligungsbericht vorgenommen wird, nur eine Hilfsgröße, um Transparenz herzustellen darüber, wo wir eigentlich mit unserer Vermögenslage stehen, wie wir insgesamt uns entwickeln, wenn man unser Vermögen betrachtet. Insoweit ist dieser Bericht eine wichtige Hilfe für die täglichen Entscheidungen, auch für die Entscheidungen der Aufsichtsräte und der Eigenbetriebsausschüsse, die das eigentliche Geschäft machen und den Erfolg der Einzelgesellschaften sicherstellen müssen. Das soll natürlich nicht schmälern die Funktion desjenigen, der im Hintergrund steuert, denn ihm steht als Kontrollorgan nur der Gemeinderat gegenüber und kein Konzernaufsichtsrat. Wenn das der Fall wäre, wäre vielleicht noch das eine oder andere zusätzlich zu ermöglichen, was die Steuerungsgrößen angeht.
Mir geht es heute darum, nochmals darauf hinzuweisen, dass wir uns in diesem Jahr schwerpunktmäßig mit der SWSG beschäftigten. Ich denke, als Ergebnis gestern im Verwaltungsausschuss kam heraus,
- dass wir die SWSG als Wohnungsbauunternehmen der Stadt mit einem weiterhin sozialen Auftrag begreifen, das die Wohnungsversorgung in Stuttgart für breite Schichten der Bevölkerung sicherzustellen hat, und das wir wirtschaftlich stärken müssen, da es sonst seine Aufgaben nicht erfüllen kann, und
- dass wir uns im Laufe dieses Jahres, spätestens Anfang nächsten Jahres, nochmals mit der strategischen Ausrichtung dieser Gesellschaft insoweit beschäftigen müssen, als wir uns z. B. auch das Thema Bauträgergeschäft vorzunehmen haben."
StR
Wölfle
:
"Für die Öffentlichkeit ist dieses Werk von Interesse vor allen Dingen deshalb, weil wir in der Zwischenzeit viele wesentliche öffentliche Aufgaben ausgegliedert haben. Politisch tragen letztendlich die gewählten Vertreter, das sind auch wir, die Verantwortung, und deswegen sollten wir in Zukunft verstärkt das Augenmerk auf die weiteren Verwandtschaftsverhältnisse dieser Töchter richten, denn hier gibt es mehr oder minder notwendige und mehr oder minder erfolgreiche Nachwuchszeugungen. Der Vorschlag, den Veranstaltungsbereich, d.h. SMK, VMS und SM im Zusammenhang zu sehen bei der nächsten Betrachtung, ist richtig."
StR
Kauderer
(FW):
"Der Beteiligungsbericht 2001 bringt eine erfreuliche Ergebnissteigerung um 150 Mio. €. Fast haben wir das Ergebnis von '97 wieder erreicht. Die Bilanzsumme von 3,5 Mrd. € entspricht fast dem Haushalt der Landeshauptstadt. Das bedeutet, wir sind eigentlich doppelt so stark, wie wir immer annehmen. Die Eigenkapitalquote von 37,1 % ist für die freie Wirtschaft ein absoluter Traumwert. Die neue Messe wird wohl kaum eine Stärkung des Überschusses bringen. Der Verkauf der TWS-Anteile hat Geld in unsere Kasse gebracht. Es geht uns daher noch einigermaßen gut, und wir konnten uns einige Wünsche erfüllen, die sonst nicht möglich gewesen wären. Gewisse Beteiligungen müssen sicher noch eingestellt werden, die in der Euphorie über das Internet gebildet wurden und seither nur Verluste gebracht haben. Aber unser Finanzbürgermeister hat dies erkannt und ist bereits dabei, entgegenzurudern. Gut ist, dass der Beteiligungsbericht gegen den wirtschaftlichen Trend in der Bundesrepublik läuft, so kann ein Teil des Gewerbesteuerrückganges aufgefangen werden. Wir hoffen, dass dies so bleibt."
StR
R. Zeeb
:
"Wenn man das Titelblatt des Beteiligungsberichtes für die Jahresabschlüsse 2001 anschaut und viele von uns nicht wissen, was die einzelnen Abkürzungen überhaupt bedeuten, dann spricht das doch ganz klar dafür, dass wir uns beteiligen an Bereichen, nicht weil sie Pflichtaufgaben von uns sind, sondern weil das eben so Usus ist.
Unsere Fraktion sieht sich nach wie vor bestärkt in der Ansicht, dass wir viel mehr weggeben müssten, privatisieren müssten; es muss nicht sein, dass unsere Stadt überall die Finger drin hat und dass wir uns fast jeden Tag neu überlegen: 'Wo können wir Neues aufmachen, wo können wir uns neu beteiligen, wo können wir eine neue Organisation einrichten?' - nur, damit wir überall präsent sind, auch bei den neuen Medien. So kann es nicht weitergehen, das kann nicht bezahlt werden. Wir müssen schauen, dass wir von den Kosten herunterkommen. Und deshalb, so sachlich richtig der Beteiligungsbericht ist, es ist vom Inhalt her für die Stadt zuviel, woran wir uns beteiligen."
StR
Lieberwirth
(REP):
"Mit diesem Beteiligungsbericht nehmen wir Abschied von der TWS und von der NWS. Wir waren damals gegen den Verkauf der NWS-Aktien, weil wir damit als Stadt einen wesentlichen Einfluss auf die Energieversorgung, auf die Versorgung der Stuttgarter Bevölkerung, abgegeben haben. Die Gewinnabführung von der NWS zum Ausgleich des SSB-Defizites ist weggefallen, dafür sind Rücklagen gebildet worden, mit denen dieser Ausgleich dann durchgeführt wird. Auch mit den Zinsen können diese Defizite der SSB ausgeglichen werden. Das ist immerhin eine Chance, um zumindest zu erreichen, dass für das, was wir mit der NWS oder der TWS früher hatten, in gewisser Weise ein Ausgleich geschaffen wird. Natürlich ist das Kapital, das wir heute haben, stillgelegt. Es hat als Kapital bei der NWS gut gearbeitet - und was wir aufgegeben haben, das sind unsere Einflussmöglichkeiten.
Ein anderer Punkt sind die Veranstaltungen, die von der VMS, der SM und von der SMK in Form der Hanns-Martin-Schleyer-Halle durchgeführt werden. Hier wäre eine Konzentration nach unserer Ansicht unbedingt erforderlich, um möglichst ein städtisches Marketing zu betreiben und städtische Veranstaltungen durchzuführen, die in ihrer Effektivität noch verbessert werden können. Eine gemeinsame Organisation mit VMS, SM und SMK ist unbedingt erforderlich.
Als dritten Punkt möchte ich anführen die defizitären Töchter und Nebentöchter der SSB, wie z. B. die S'IT und die Switch. Diese Töchter müssten unbedingt auf den Prüfstand gestellt werden, um die Defizite auszugleichen."
Die Frage von StR
Lieberwirth
, wann mit der Abrechnung der Baukosten für das KKL zu rechnen sei, beantwortet EBM
Dr. Lang
dahin gehend, dass das Rechnungsprüfungsamt sich noch mitten in der Prüfung befinde. Dies nehme noch einige Zeit in Anspruch. Über das Ergebnis werde der Gemeinderat zu gegebener Zeit unterrichtet.
OB
Dr. Schuster
stellt abschließend fest:
Der Gemeinderat hat von der GRDrs 760/2002
Kenntnis genommen
.