Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
214
1
VerhandlungDrucksache:
478/2003
GZ:
OB
Sitzungstermin: 07/23/2003
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Dr. Schuster
Berichterstattung:der Vorsitzende
Protokollführung: Frau Huber-Erdtmann
Betreff: Neubau Robert-Bosch-Halle
Investoren- und Betreibersuche

Vorgang: Ausschuss für Umwelt und Technik vom 22.07.2003,
Beratungsunterlage ist die Vorlage des Herrn Oberbürgermeisters vom 07.07.2003, GRDrs 478/2003, mit folgendem in Ziffer 2 ergänzten (Ergänzung fett)

Beschlussantrag:

Die in Ziffer 2 genannte Anlage 2 ist dieser Niederschrift angeheftet.


OB Dr. Schuster verweist auf die Vorberatungen in den Ausschüssen und merkt an, dass die Suche nach einem Investor für die Robert-Bosch-Arena abgeschlossen sei, wenn der Gemeinderat die Vorlage ablehnt. Es gebe dann keine Möglichkeit, das Verfahren irgendwann später wieder zu eröffnen, es sei denn, die Stadt würde die Halle selbst bauen. Er sehe hierfür allerdings in absehbarer Zeit keinerlei Finanzierungsmöglichkeit. Ohnehin werde es angesichts der Haushaltslage schwierig sein, den Investitionszuschuss aufzubringen. Dieser Zuschuss sollte auf jeden Fall unter 12,5 Mio. € liegen. Da eine neue Halle mittel- und langfristig benötigt werde, sollten auf jeden Fall die Chancen der Realisierung durch einen Investor ausgelotet werden.

Zu diesem Ausloten würden natürlich - und das sei durch die Diskussionen deutlich geworden - mehr als die wenigen Stichworte gehören, die in der Ziffer 2 des Beschlussantrags aufgeführt sind. Deshalb sei entsprechend den Anregungen und Vorschlägen aus den Ausschüssen eine Ergänzung zur Ziffer 2 ausgearbeitet worden. Er wäre dankbar, wenn der Gemeinderat der Vorlage einschließlich der Ergänzung zustimmen könnte.

StR Föll (CDU) betont, dass seine Fraktion in der Vergangenheit immer die Notwendigkeit dieser Robert-Bosch-Halle unterstrichen habe, damit Stuttgart im Veranstaltungssektor - seien es Sport, Kultur und Unterhaltung oder auch andere Veranstaltungen - mittel- und langfristig zukunftsfähig und vor allem wettbewerbsfähig bleibt. Mit der Hanns-Martin-Schleyer-Halle alleine sei diese Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit nicht zu erzielen. Da sich die städtische Finanzlage drastisch verschlechtert hat, habe der Gemeinderat beschlossen, dem Vorschlag Folge zu leisten, dass Bau und Betrieb einer neuen Großhalle ausgeschrieben werden.

Zunächst sei das Ausschreibungsergebnis zur Kenntnis zu nehmen. Daraus habe nun ein Verhandlungsauftrag zu erfolgen, womit allerdings noch nicht gesagt sei, dass man dem Verhandlungsergebnis zustimmen müsse. Es werde sicherlich noch manche Hürde in den Verhandlungen zu nehmen sein, nicht zuletzt in finanzieller Hinsicht.

Eines müsse aber klar konstatiert werden: Wer wirklich die Robert-Bosch-Halle in naher Zukunft wolle, habe keine Alternative zum Verhandlungsauftrag. Weder die Stadt noch die Messegesellschaft seien in der Lage, die Kosten der Halle in einer Größenordnung von 85,90 Mio. € zu finanzieren. Offensichtlich sei von den eingegangenen Angeboten dasjenige der Harkimo-Gruppe mit Abstand als das beste zu bezeichnen. Er sei der Harkimo-Gruppe sehr verbunden, dass sie sich an der Ausschreibung beteiligt hat. Das sei eine Anerkennung der Qualität des Standorts Stuttgart.

Die Stadt sollte verhandeln, und dann werde man sehen, ob man den Ergebnissen zustimmen kann oder nicht. Für seine Fraktion wäre eine Zustimmung umso leichter, je geringer der Investitionszuschuss ist, den die Harkimo-Gruppe für den Bau und den Betrieb der Robert-Bosch-Halle verlangt. Darauf sei in den Verhandlungen zu achten, aber auch auf die anderen Punkte, die in der Anlage 2 genannt sind. Er wünsche OB Dr. Schuster bei den Verhandlungen eine glückliche Hand.

StRin Hollay (SPD) sieht ebenfalls die Notwendigkeit, die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes zu erhalten, aber der Neubau einer Robert-Bosch-Arena habe für ihre Fraktion nicht oberste Priorität. Sie werde daher der Ziffer 2 des Beschlussantrags nicht zustimmen. Es gebe derzeit in Stuttgart Vordringlicheres, als Millionen für eine solche Halle aufzubringen. Man werde sie nicht zum Nulltarif bekommen. Anders als OB Dr. Schuster gehe sie davon aus, dass auch in Zukunft über eine solche große Halle nachgedacht werden könne. Die Entwicklung gehe weiter, und man könnte zu einem späteren Zeitpunkt eine Halle nach den neuesten Erkenntnissen bauen.

Die Erweiterung des Fragenkatalogs in Ziffer 2 sei zu begrüßen; man hätte diese Fragen allerdings schon seit dem Ende des Wettbewerbs im letzten Herbst stellen können. Man könne nun den Fragenkatalog in Ruhe abarbeiten, mit den Angeboten vergleichen und dann immer noch entscheiden. Möglicherweise tue sich in der Zwischenzeit etwas ganz anderes auf.

Ihre Fraktion halte in jedem Fall wenig davon, dass jetzt die Hanns-Martin-Schleyer-Halle schlecht geredet wird. Für Verhandlungen mit einem Investor sei das eine denkbar schlechte Ausgangslage, denn die Stadt sei darauf angewiesen, diese Halle positiv mit einzubringen. Die beiden Hallen sollten zusammen betrieben werden.

Es stehe außer Zweifel, so StR Wölfle (90/GRÜNE), dass in Stuttgart eine funktionsfähige Veranstaltungshalle gebraucht wird, denn sonst gäbe es die Hanns-Martin-Schleyer-Halle nicht. OB Dr. Schuster habe nun dem Gemeinderat ein interessantes Modell vorgestellt und erklärt, dass der Bau einer neuen Halle dann ohne große städtische Beteiligung möglich wäre. Seine Fraktion nehme zur Kenntnis, dass die Verwaltung das Ziel verfolgen will, in Stuttgart mit möglichst wenig städtischer Beteiligung eine "Harkimo-Halle" zu platzieren, die auf den gesamten Veranstaltungsbereich in Stuttgart abgestimmt ist. Die Frage, ob der Bieter JHC Arena Holding in diesen Gesamtrahmen passt, lasse sich erst abschließend beantworten, wenn die Konzepte auf dem Tisch liegen.

Seiner Fraktion sei klar, dass der Auslobung des Wettbewerbs eine Beauftragung folgen müsse. Sie wolle mit ihrem Abstimmungsverhalten aber ihre eigene differenzierte Position deutlich machen. Eine Entscheidung für eine neue Halle stehe jetzt nicht an, sondern erst, wenn die noch offenen Fragen beantwortet sind und im Rahmen der Gesamtsicht in den Haushaltsplanberatungen eingeschätzt werden kann, ob die Stadt sich eine Beteiligung leisten kann.

StR J. Zeeb (FW) betont, dass für seine Fraktion eine neue, moderne und zukunftsorientierte Halle eine wichtige Angelegenheit sei. Gleichzeitig müsse man aber auch über die Zukunft der Hanns-Martin-Schleyer-Halle diskutieren.

Er begrüße den im Verwaltungsausschuss übereinstimmend formulierten Fragenkatalog. Hierzu habe seine Fraktion noch zwei kleine Ergänzungen: Zum einen werde sie in den nächsten Tagen einen neuartigen Finanzierungsvorschlag vorlegen, der einbezogen werden sollte. Außerdem sollte aufgrund von Erfahrungen bei anderen Projekten auch die Bonität von Herrn Harkimo für dieses Hallenprojekt geprüft werden. Er sehe den Verhandlungsergebnissen mit großer Erwartung entgegen.

Nach Ansicht von StR R. Zeeb (FDP/DVP) ist es höchste Zeit, dass endlich ernsthaft geprüft wird, wie Großveranstaltungen auf Stuttgarter Markung auch künftig so betrieben werden können, dass sie von den Veranstaltern angenommen werden. Seit mehr als zehn Jahren sei klar, dass die als Kombihalle erstellte Hanns-Martin-Schleyer-Halle langfristig nicht den Anforderungen entsprechen würde. Leider habe sich zwischenzeitlich die finanzielle Situation verändert. Man sei sich immer einig gewesen, dass außer einer zeitgerechten modernsten Großhalle auch die Martin-Schleyer-Halle weiterhin zu nutzen sein müsse. Deshalb sei der Standort einer neuen Halle in ihrer Nachbarschaft sinnvoll.

Er hoffe, dass es der Verwaltung gelingt, rechtzeitig zu den kommenden Haushaltsplanberatungen eine Vorlage zur neuen Halle zu erstellen, über die dann sachgerecht und in Ruhe in den Fraktionen diskutiert werden kann.

Er lege Wert auf die Feststellung, dass jetzt noch nicht über eine "Harkimo-Halle" diskutiert wird, sondern bislang gehe es um einen Neubau, der als Robert-Bosch-Arena zu bezeichnen sei. Wer sie finanziert und wie sie finanziert wird, sei noch offen. Er hoffe auf eine Finanzierung mit möglichst wenig Eigenkapital der Stadt und mit einer sicheren und langfristigen Betreiberkonzeption, damit für Süddeutschland ein Symbol gesetzt wird, das zum Nutzen der ganzen Region ist.

Auch StR Lieberwirth (REP) spricht sich für eine größere Veranstaltungshalle für Stuttgart und gerade auch für die Region aus. Seine Fraktion werde der Vorlage zustimmen. Man sehe allerdings ein Kostenrisiko, da auch eine solche Halle mit erheblichen Folgekosten belastet sein werde. Die Region und die umliegenden Kreise sollten daher ebenfalls einen Beitrag zur Finanzierung leisten.

Zum Thema Zukunft der Schleyer-Halle werde seine Fraktion in den nächsten Wochen eine Anfrage und einen Antrag stellen, denn die Schleyer-Halle müsste eigentlich in zweistelliger Größenordnung saniert werden. Für die neue Halle sollte aber ein anderer Standort gesucht werden, da ihm der Platz zwischen Schleyer-Halle und Daimler-Stadion unzureichend scheine und die neue Halle an Wirkung verlieren würde.


StRin Küstler (PDS) hält bei dem Vorhaben vor allem die langfristigen weiteren hohen jährlichen Kosten für die Stadt Stuttgart für bedenklich und angesichts der gegenwärtigen finanziellen Entwicklung nicht für tragbar. Gegen eine neue Halle spreche auch, dass sich in der Konkurrenz der Städte bereits jetzt Anzeichen für eine Sättigung an Event-Kultur und Event-Orten zeigen. Sie bezweifle daher, dass in mittlerer Zukunft der Betrieb mehrerer Hallen in Stuttgart sinnvoll und rentabel ist, und werde gegen den Verhandlungsauftrag stimmen.

Es sei zwar richtig, dass die Hanns-Martin-Schleyer-Halle für manche Veranstaltungen nicht optimal ist; es sollten aber Verbesserungen möglich sein, die nicht zu einer dauerhaften hohen Belastung des Stadthaushaltes führen würden.

Auf die Beiträge der oben genannten Gemeinderatsmitglieder eingehend führt OB Dr. Schuster aus:

- Er gebe StRin Hollay Recht, dass man die Hanns-Martin-Schleyer-Halle nicht schlecht reden sollte, schon weil man nicht wisse, ob man eine neue Halle erhalten werde. Allerdings habe auch die SPD-Gemeinderatsfraktion in einem Antrag festgestellt, dass die Schleyer-Halle Schwächen hat und man daher Kapazitätserhöhungen und Standardverbesserungen planen sollte, und zwar in einer Größenordnung von 25 bis 30 Mio. €. Damit läge man aber um mehr als das Doppelte über dem, was die Stadt im Falle eines Neubaus bereit wäre einzusetzen, und man hätte mit diesem Betrag nur die alte Halle saniert und keine neue gebaut. Wie mehrfach vorgetragen, wisse man derzeit noch nicht, wie die Beteiligung an einer neuen Halle finanziert werden kann. Ganz sicher werde man aber keine 25 bis 30 Mio. € für die Verbesserung der Schleyer-Halle bereitstellen.

- Für ihn sei selbstverständlich, dass - wie von StR J. Zeeb beantragt - das Thema Bonität geklärt werden muss. Der Finanzierungsidee der Freien Wähler sehe er mit Spannung entgegen.

- Mit dem Investorenmodell werde man entgegen der Vermutung von StRin Küstler nicht zusätzliche hohe Kosten übernehmen, sondern es würden im Gegenteil die laufenden pauschalierten Kosten, z. B. für den Trainingsbetrieb und für die Instandhaltungsaufwendungen, weitergegeben. Es würden also keine weiteren Kosten entstehen, sondern zusätzliche Einnahmen generiert.

- Im Herbst werde man dem Gemeinderat eine Gesamtbetrachtung und Abwägung vorlegen können, wobei er hoffe, zu einem Ergebnis zu gelangen, das die Stadt sich auch leisten kann.

Abschließend stellt der Vorsitzende die drei Ziffern des Beschlussantrags der GRDrs 478/2003 einschließlich der Ergänzung von Ziffer 2 einzeln zur Abstimmung und hält fest:


Mit dem Dank an TechnRef Prof. Beiche, der in das Projekt sehr viel Arbeit investiert habe, schließt OB Dr. Schuster den Tagesordnungspunkt ab.