Landeshauptstadt Stuttgart
Oberbürgermeister
Gz: OB 7613
GRDrs 52/2007
Stuttgart,
03/30/2007


Arbeitsprogramm der Wirtschaftsförderung für die Jahre 2007 bis 2009



Mitteilungsvorlage


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen
Gemeinderat
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
öffentlich
öffentlich
27.04.2007
10.05.2007

Bericht:


Bei der Diskussion um den Finanzkraftvergleich der Städte und Gemeinden im Verwaltungsausschuss im Herbst 2006 wurde vom Gemeinderat eine noch offensiver ausgerichtete Wirtschaftsförderung gewünscht. Grundlage für das beiliegende Arbeitsprogramm des städtischen Wirtschaftsförderers ist eine Analyse über Herausforderungen und Chancen für den Wirtschaftsstandort Stuttgart.


Herausforderungen und Chancen für den Wirtschaftsstandort Stuttgart
Der technologische Fortschritt ermöglicht eine immer höhere Produktivität dank immer „intelligenterer“ Maschinen und Computersysteme. Diese ersetzen die menschliche Arbeitskraft, soweit dies für die Fertigung von Produkten und standardisierten Dienstleistungen wirtschaftlicher ist. In der Konsequenz werden Arbeitsplätze durch Maschinen und Computer ersetzt, einfache Arbeitsvorgänge in Niedriglohnländer verlegt.

Für den Produktionsstandort Stuttgart bedeutet dies seit Jahren den Verlust vieler Arbeitsplätze. Mittel- und langfristig können wir dieser Tendenz nur entgegensteuern, wenn wir unseren technologischen Vorsprung behalten. Grundlage hierfür ist die Förderung der Wissensgesellschaft. Wir brauchen lebenslanges Lernen auf hohem Niveau, verbunden mit qualifizierten Bildungsangeboten im Einklang mit Wissenschaft, Forschung, Entwicklung und Produktion. Dabei liegt unsere Stärke in einigen herausragenden Clustern und Wachstumsfeldern, die es weiter zu entwickeln gilt. Vor allem sind hier zu nennen der Sektor Mobilität vom Automobil bis hin zur Luft- und Raumfahrttechnik, der IT- und Kommunikationsbereich, der Ausbau von Bildungseinrichtungen, Gesundheits- und Medizindienstleistungen und der Tourismus. Um dies zu erreichen, müssen die wirtschaftsfördernden Aktivitäten, die im Arbeitsprogramm der städtischen Wirtschaftsförderung beschrieben sind, unterstützt und ausgebaut werden.


Wirtschaftsförderung als Aufgabe der gesamten Kommune
Ein vorrangiges Ziel der Landeshauptstadt Stuttgart muss sein, die ansässigen und ansiedlungswilligen Unternehmen mit allen Kräften zu unterstützen. Der Wettbewerb von Kommunen und Wirtschaftsräumen um Ansiedlungspotentiale und Arbeitsplätze hat sich auf regionaler, nationaler und auch auf internationaler Ebene sehr verschärft. In der Beurteilung der Attraktivität von Standorten spielen unterschiedliche Faktoren eine Rolle, die teilweise von der Kommune nicht beeinflusst werden können. Nach den neuen „Wachstumstheorien“ sind für eine positive Entwicklung in einer zunehmend wissensgeprägten Gesellschaft neben den harten Standortfaktoren von entscheidender Bedeutung das Zusammenkommen von drei „T’s“: Technologien, Talente und Toleranz. Wissen und Kreativität werden zu den relevantesten Wachstumsressourcen und Produktivkräften der Zukunft. Dazu notwendig ist ein Klima der Offenheit für neue Ideen in einem Milieu der Vielfalt unterschiedlicher ethnischer Kulturen sowie Lebens- und Arbeitsformen. Stuttgart hat deshalb mit seiner politischen Strategie der sozialen Integration verbunden mit kultureller Vielfalt, seinen Bildungsanstrengungen zur Förderung von Talenten und seinen Technologieclustern gute Voraussetzungen im nationalen und internationalen Wettbewerb.

Die kommunale Wirtschaftsförderung kann dabei das Wachstum und die Beschäftigung vor allem durch Maßnahmen fördern, welche die Investitionsbereitschaft erhöhen. Dazu kommen originäre Aufgaben der Wirtschaftsförderung wie Ansiedlung, Bestandspflege und die Unterstützung von Existenzgründern. Eine entschiedene Rolle spielen aber auch die Wirtschaftsfreundlichkeit und Serviceorientierung der einzelnen Verwaltungsebenen. Es liegt demnach im Interesse der Kommune, Verwaltungshandeln so zu organisieren, dass es sich am Erhalt von Arbeitsplätzen und Wirtschaftskraft orientiert. Die gesamte Stadtverwaltung ist gefordert, in ihren jeweiligen Aufgabenstellungen möglichst wirtschaftsfreundlich und kundenorientiert zu agieren.


Die Ziele im Einzelnen
Im Bereich Ansiedlung wird es zukünftig die wichtigste Aufgabe sein, die Verfügbarkeit von Flächen zu gewährleisten und zu sichern. Aufgrund der geringen Verfügbarkeit von Entwicklungsflächen ist dies eine große Herausforderung. Die Wirtschaftsförderung hat deshalb begonnen, verstärkte Anstrengungen zur Identifizierung freier Flächen und bei der Nachverdichtung und Reaktivierung zu unternehmen. Neben der Beteiligung an dem Verbundprojekt Refina führt sie verschiedene Studien und Analysen zur Ermittlung freier Flächen durch, um dann neue Nutzungsmöglichkeiten zu finden.

Eine wichtige Bedeutung kommt im Bereich Ansiedlung auch der Neugestaltung künftiger Arbeitsstätten zu. Der Lebensraum, vor allem von Menschen aus dem kreativen Bereich, wird zunehmend in allen Lebensbereichen vernetzt. Die Wirtschaftsförderung hat sich zum Ziel gesetzt, neue Wohn- und Arbeitsplätze zu schaffen, die sowohl Orte des Wohnens wie auch Orte des Arbeitens sind.

Ein wichtiges Ziel ist die Etablierung einer Ansiedlungsstrategie. Um im internationalen Bereich sich entwickelnden Volkswirtschaften eine Plattform zu geben, sind Maßnahmen im Bereich Marketing, Flächen und „Service aus einer Hand“ geplant. Die Aktivitäten mit Indien sollen ausgebaut werden. Kooperationspartner vor Ort sollen in Zukunft Akquise und Beratung betreiben.

Ein Zukunftsfeld des Standorts Stuttgart ist der Bereich Bildung und Wissenschaft. Neben dem geplanten Aufbau eines Hauses für Luft- und Raumfahrt wird die Wirtschaftsförderung Veranstaltungen für ausländische Studenten zur Identifikation mit dem Standort Stuttgart unterstützen. Unter anderem möchte sie auch die Hochschulen und Forschungseinrichtungen am Standort, die international agieren und einen sehr guten Ruf haben, in ihre branchenspezifischen Akquisitionsmaßnahmen einbeziehen.

OB/82 hat in den letzten Jahren für zahlreiche Investitionsprojekte Impulse gesetzt und diese begleitet. Dies wird auch in den nächsten Jahren fortgeführt. Durch umfangreiche, teilweise neue Marketingmaßnahmen, will die Wirtschaftsförderung den Standort Stuttgart bei potentiellen Investoren noch bekannter machen.

Auch auf dem Gebiet der Bestandspflege will die Stabsabteilung eine einheitliche Strategie aufbauen und etablieren. Dazu werden verschiedene Maßnahmen zur Verbesserung der Kontaktpflege eingeführt und verdichtet. Den Unternehmen soll zukünftig ein Service aus einer Hand – eine One Stop Agency – angeboten werden. Die Betreuung der Gewerbegebiete wird weiterhin ein Hauptaugenmerk der Bestandspflege sein. Vor allem im Gewerbegebiet Weilimdorf wurden bereits einige Projekte zur Verbesserung und Aufwertung des Gebietes initiiert, die 2007 erste Ergebnisse bringen werden. Die Weiterentwicklung des Kreativstandortes Stuttgart wird insbesondere mit dem Projekt Kreativzentrum Killesberg vorangetrieben.

OB/82 wird die bereits erfolgreich begonnenen Projekte im Bereich der Existenzgründung fortführen und in 2007 mit neuen Projekten starten, um den unterschiedlichen Gründern ein noch besseres, auf ihre besonderen Bedürfnisse zugeschnittenes Betreuungsangebot zu geben: Die neu eingeführte Gründerstatistik schafft dafür die notwendige Transparenz. Neben den bereits für 2007 geplanten Gründerberatungen möchte die Stadt Stuttgart ein Gründerbüro im Rathaus aufbauen und damit das Beratungsangebot komplettieren. Die Unterstützung der bestehenden Gründerzentren, auch aus dem internationalen Bereich, ist eine weitere Aufgabe der Wirtschaftsförderung. In den nächsten Jahren sind außerdem „niederschwellige“ Gründerzentren und der Ausbau der Finanzierungsmöglichkeiten für Existenzgründer geplant.

2007 wird die Kampagne: „Stuttgart – der Motor Deutschlands“ weiter ausgebaut und die Leistungen der Wirtschaftsförderung stärker nach außen kommuniziert. Dazu wird die Standortkampagne durch den Art Directors Club Stuttgart weiterentwickelt und die Pressearbeit erweitert. Mit verstärkten zielgruppenspezifischen Präsentationen stellt die Wirtschaftsförderung ihre Angebote gezielt vor. Die Auslandsaufenthalte der Stuttgarter Unternehmen und Kultureinrichtungen wird die Wirtschaftsförderung zunehmend nutzen, um den Standort Stuttgart zu präsentieren.

Die Koordination von wirtschaftsfördernden Aktivitäten sowohl innerhalb der Stadtverwaltung als auch außerhalb ist eine weitere wichtige Aufgabe. Der Koordination innerhalb der Stadtverwaltung kommt eine besondere Bedeutung zu, um den Unternehmen möglichst alles „aus einer Hand“ anbieten zu können. Außerhalb der Stadtverwaltung soll durch unterschiedliche Maßnahmen die Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart (WRS) und der Baden-Württemberg International (Bw-i) verbessert werden, um Redundanzen zu vermeiden und gemeinsame Ziele der Wirtschaftsförderung voranzubringen.


Controlling als eine neue Aufgabe
Die Rahmenbedingungen für Wirtschaftsförderung haben sich in den letzten Jahren sehr verändert. Die kommunale Wirtschaftsförderung wird als eines der Innovationsfelder angesehen, in dem die Qualität der angebotenen Leistungen gesteigert und der Leistungsumfang ausgebaut werden soll. Das bedeutet aber auch, dass die Wirkungen der Leistungen und damit der Erfolg der Förderung immer stärker hinterfragt werden. Die Wirtschaftsförderung der Stadt Stuttgart wird deshalb für ihre definierten Ziele zukünftig auch Kennziffern festlegen, anhand derer die Zielerreichung überprüft werden kann. Sie definiert damit Controlling als eine neue Aufgabe der Wirtschaftsförderung. Gemessen werden die Projekte, an denen die Wirtschaftsförderung direkt beteiligt ist. Ebenso soll die Wirksamkeit von wirtschaftsfördernden Einrichtungen, welche die Landeshauptstadt direkt fördert, wie N. N. (Namen wurden aus Datenschutzgründen gelöscht), gemessen werden. Die Einführung eines Balanced Scorecard Systems ist geplant. In 2007 startet ein konkretes Umsetzungsprojekt zum neuen Thema „Controlling in der Wirtschaftsförderung“.


Personelle und finanzielle Ressourcen
Die Ausstattung mit qualifiziertem Personal gehört zur Grundvoraussetzung einer guten Wirtschaftsförderarbeit. Die personelle Ausstattung der Wirtschaftsförderungsdienststellen der Städte in Deutschland fällt sehr unterschiedlich aus. Eine Erhebung von N. N. (Name wurde aus Datenschutzgründen gelöscht) aus dem Jahr 2003 zeigt, dass die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei den Wirtschaftsförderungen in den letzten Jahren insgesamt zugenommen hat. Folgender Zusammenhang zwischen der Anzahl der Mitarbeiter und der Größe der Stadt konnte festgestellt werden: Der durchschnittliche Wert liegt bei etwas mehr als einer halben Stelle pro 10.000 Einwohner. Die Zahl sinkt geringfügig bei wachsender Stadtgröße. Bei Städten über 500.000 Einwohner kommen 0,31 Mitarbeiter auf 10.000 Einwohner.

Die Stadt Stuttgart hat ca. 600.000 Einwohner. Nach dem oben genannten Schlüssel käme der Bereich Wirtschaftsförderung also auf 18,6 Stellen, er ist derzeit aber nur mit insgesamt 8,5 Stellen ausgestattet. Im Jahr 2006 hat OB/82 die bestehenden Aufgaben hinsichtlich des Aufgabenspektrums einer kommunalen Wirtschaftsförderung reflektiert. Dadurch wurden Optimierungspotentiale erkannt und durch Umschichtungen bzw. Wegfall von Aufgaben Kapazitäten gewonnen. Dennoch kann der vorliegende Aufgabenkatalog nicht vollständig mit den bestehenden personellen und finanziellen Ressourcen realisiert werden. Zum einen müssen Prioritäten gesetzt werden, zum anderen wird OB/82 in den kommenden Haushaltsberatungen für die Jahre 2008 und 2009 eine Aufstockung seines Etats bzw. die Schaffung einer zusätzlichen Stelle beantragen. Um weitere Defizite aufzufangen, wird außerdem an einer engeren Verzahnung mit anderen wirtschaftsfördernden Einheiten wie der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart, der Cityinitiative Stuttgart und der Stuttgart Marketing gearbeitet.


Beteiligte Stellen

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Vorliegende Anträge/Anfragen

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Dr. Wolfgang Schuster




Herausforderungen und Chancen für den Wirtschaftsstandort Stuttgart
Arbeitsprogramm OB/82 2007-2009




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