Landeshauptstadt Stuttgart
Oberbürgermeister
Gz:
GRDrs
952/2001
Stuttgart,
10/11/2001
"Bündnis für Integration": Grundlagen einer Integrationspolitik in der Landeshauptstadt Stuttgart
Beschlußvorlage
Vorlage an
zur
Sitzungsart
Sitzungstermin
Internationaler Ausschuss
Internationaler Ausschuss
Verwaltungsausschuß
Gemeinderat
Einbringung
Vorberatung
Vorberatung
Beschlußfassung
öffentlich
nichtöffentlich
nichtöffentlich
öffentlich
17.10.2001
14.11.2001
28.11.2001
29.11.2001
Beschlußantrag:
Der Gemeinderat der Landeshauptstadt nimmt von der Konzeption “Bündnis für Integration” Kenntnis und stimmt ihm im Grundsatz zu.
Im Interesse einer breit angelegten Vorberatung sollen im Rahmen der Sitzung des Internationalen Ausschusses vom 14. November 2001 ein öffentliches Hearing unter Hinzuziehung von Experten aus Stuttgart sowie im Frühjahr 2002 ein weiteres öffentliches Hearing zur künftigen Stuttgarter Integrationspolitik mit Experten aus Wissenschaft und aus der kommunalen Integrationsarbeit anderer Städte durchgeführt werden.
Der Gemeinderat nimmt ferner zustimmend davon Kenntnis, dass Frau Dr. Caroline Robertson (Interfakultatives Institut für Angewandte Kulturwissenschaft der Universität Karlsruhe (TH)) die Entwicklung der Konzeption sowie die erste Phase ihrer Umsetzung wissenschaftlich begleitet. Hierfür werden der Verwaltung im Rahmen der Haushaltsberatungen für das Jahr 2002 Mittel in Höhe von 75.400 DM (38.551,41 ■) zur Verfügung gestellt. Die Mittel werden bei AHSt. 1.0551.6200.000 – Sonstige Betriebsausgaben – etatisiert.
Der in der Begründung Ziffer 4 als notwendig dargestellte Stellenmehrbedarf wird anerkannt. Über die Schaffung wird im Rahmen der Stellenplanberatungen des Doppelhaushalts 2002/3 entschieden.
Begründung:
1. Zur Konzeption:
Im Hinblick auf die wachsende Internationalität der Stuttgarter Bevölkerung müssen die bestehenden Formen des Zusammenlebens neu reflektiert und bewusster auf gemeinsame Ziele hin ausgerichtet werden. Stuttgart wird im 21. Jahrhundert immer stärker zu einer internationalen Stadt werden. Diese Entwicklung gilt es weiterhin positiv für die deutschen wie für die zugewanderten Bürgerinnen und Bürger zu gestalten.
Veränderte gesellschaftliche Rahmenbedingungen und die veränderte Einwanderungsrealität in unserer Stadt erfordern eine veränderte kommunale Migrations- und Integrationspolitik. Die sozialen und kulturellen Lebenswelten unserer Zuwandererinnen und Zuwanderer differenzieren sich – genau wie bei der einheimischen Mehrheitsbevölkerung. Stereotype Einteilungen der Zuwanderer in nationale oder religiöse Kategorien spiegeln die tatsächliche plurale Zuwanderungsrealität in Deutschland nicht wider.
Dies bedeutet nicht einen Bruch mit der bisherigen “Ausländerpolitik” der Landeshauptstadt, sondern deren organische und kontinuierliche Fortentwicklung und Anpassung an wesentlich veränderte Lebenslagen.
Eine herkömmliche
“Ausländerpolitik”
, die Zuwanderung einseitig unter dem Aspekt der Benachteiligung von Minderheiten oder der Belastung der Aufnahmegesellschaft betrachtet, übersieht die bereichernden Potenziale, die sich durch die interkulturelle Öffnung unserer Gesellschaft ergeben. Eine nur defizitorientierte oder gar abwehrende Ausländerpolitik kann die gegenwärtigen und zukünftigen Integrationsaufgaben nicht meistern.
Mit dem vorliegenden Positionspapier weisen wir auf die
zentralen Handlungsfelder
der künftigen Integrationspolitik in der Landeshauptstadt Stuttgart hin und zeigen auf, welche
Umsetzungsschritte
notwendig sind, damit die Integrationsziele in diesen Handlungsfeldern realisiert werden können.
Die Ergebnisse der Arbeit der neu geschaffenen Stabsabteilung für Integrationspolitik sollen in einem regelmäßig erscheinenden
Integrationsbericht
der Stadt Stuttgart dokumentiert und der Öffentlichkeit präsentiert werden.
In Fortentwicklung der bislang vorgelegten Tätigkeitsberichte soll künftig
weniger dokumentiert werden, was
getan
wurde, sondern vor allem, was
bewirkt
wurde.
Die Ergebnisse der Bürgerumfrage sind dabei mit einzubeziehen.
2. Zum weiteren Procedere:
Das vorliegende Integrationskonzept kann als Positionspapier nur der erste Schritt und eine notwendige Gesprächsgrundlage unserer neu ausgerichteten Integrationspolitik sein. Integration ist eine kommunale Querschnittsaufgabe und liegt als solche in der Verantwortung aller: Politik, Stadtverwaltung, Organisationen der freien Träger, deutsche und nichtdeutsche Bevölkerung und ihre selbstorganisierten Vereinigungen. Alle diese Gruppen müssen aktiv beteiligt werden, damit das Gesamtziel Integration in allen Bereichen des öffentlichen Lebens gelingt.
Dieser Beteiligungsprozess soll mit einem
öffentlichen Hearing
nach der Einbringung dieses Grundlagenpapiers in den Gemeinderat zeitnah vertieft werden
(Vorschlag: 14. November 2001).
Grundgedanke dabei ist, nicht
über
die Bürgerinnen und Bürger Stuttgarts ohne deutschen Pass zu reden, sondern
mit
ihnen.
In einem zweiten Schritt soll die Möglichkeit der Reflexion der Stuttgarter Integrationspolitik mit Experten aus Wissenschaft und aus der kommunalen Integrationsarbeit anderer Städte geschaffen werden. Dieser
interkommunale Austausch
wird mit einem
zweiten öffentlichen Hearing im Frühjahr 2002
beginnen.
Sowohl die Ergebnisse aus dem innerstädtischen Austausch (1. Hearing) als auch aus der Reflexion mit externen Experten fließen in die Weiterentwicklung der Konzeption ein.
Auf dieser Grundlage soll in gemeinsamen Arbeitskreisen mit den beteiligten Dienststellen, freien Trägern, selbstorganisierten Vereinigungen und Selbsthilfeorganisationen der Ausländer sowie allen anderen Teilnehmern des
“Bündnisses für Integration”
in Stuttgart ein
Maßnahmenpapier
erarbeitet werden, das die Umsetzung der vorliegenden Konzeption weiter und detaillierter ausfächert und dem Gemeinderat bis zur Sommerpause 2002 zur Beschlussfassung vorgelegt wird.
Zu diesem Zeitpunkt wird auch geklärt sein, inwieweit die künftigen Lokale-Agenda-Maßnahmen der Carl Duisberg Gesellschaft für die Einbindung in die Integrationspolitik geeignet sind. Ebenso wird dann eine Entscheidung des Gemeinderats über die parallel vorgelegte Gesamtsprachkonzeption vorliegen.
3. Zur wissenschaftlichen Begleitung:
Das vorliegende Konzept ist entstanden mit wissenschaftlicher Beratung und unter Mitwirkung von Frau Dr. Caroline Robertson. Sie soll zudem mit der Vorbereitung und Moderation der unter Ziffer 2 dargestellten öffentlichen Hearings, deren Auswertung, sowie mit der Anpassung des Positionspapiers und der weiteren Konkretisierung der ersten Umsetzungsschritte beauftragt werden.
Frau Dr. Robertson hat sich seit Jahren in Forschung und Lehre mit Fragen der Globalisierung, der Zuwanderung und der Integration von Migranten befasst. Seit 1990 ist sie Geschäftsführerin des Interfakultativen Instituts für Angewandte Kulturwissenschaft der Universität Karlsruhe.
Für ihre in einem Werkvertrag zu regelnden Leistungen in der Zeit vom 1. Januar 2002 bis zum 31. Dezember 2002, insbesondere
die kontinuierliche wissenschaftliche Beratung, Begleitung und Mitwirkung bei der Umsetzung der Konzeption “Bündnis für Integration” der Landeshauptstadt Stuttgart,
die Vorbereitung, Durchführung und Auswertung eines öffentlichen Hearings mit Experten aus der Wissenschaft und der kommunalen Praxis im Frühjahr 2002 (vgl. Ziff. 2 / 2. Spiegelstrich),
die Evaluierung von Maßnahmen des Integrationskonzepts und von Strukturentwicklungen in den betroffenen Dienststellen der Landeshauptstadt,
die Begleitung und Evaluierung der Arbeitsgruppen gemeinsam mit den freien Trägern, selbstorganisierten Vereinigungen und Selbsthilfeorganisationen der Zuwanderinnen und Zuwanderer in Stuttgart mit dem Ziel eines Maßnahmenpapiers (vgl. Ziff. 2 / 4. Spiegelstrich),
die Antragstellung zum Einwerben von Drittmitteln,
die Mitwirkung am Integrationsbericht 2002 (vgl. Ziff. 1),
sowie die in diesem Zusammenhang anfallenden Sachkosten, einschließlich der Sekretariatsarbeiten und der Mitwirkung von Hilfskräften
wird ein Honorar in Höhe von
75.400 DM
(38.551,41 ■; incl. MWSt.) für angemessen gehalten. Für ihre bisherige Tätigkeit im Rahmen eines Werkvertrags bis zum 31. Dezember 2001 erhält Frau Dr. Robertson aus dem Budget 2001 der Stabsabteilung für Integrationspolitik ein Honorar von 28.420 DM (14.530,92 ■; incl. MWSt.).
4. Zu den notwendigen Personalressourcen:
Entsprechend den inhaltlichen Vorstellungen des Positionspapiers wird folgende Mindestausstattung zusätzlich zum vorhandenen Personalbestand von
1 Integrationsbeauftragter mit Leitungsfunktion
1 Integrationsbeauftragte mit stellvertretender Leitungsfunktion
1 Mitarbeiterin für Sachbearbeitung und Büromanagement
für notwendig gehalten:
1 Sachbearbeiter/in BAT IV a
zur Koordinierung der dezentralen Aktivitäten und Maßnahmen in den Stadtbezirken; zur Koordination der Sprach- und Integrationskurse (siehe Erläuterung in Kapitel 3.2.1 des Positionspapiers); zur Koordination der Mediationsangebote (3.2.3) und zur fachlichen Unterstützung der Haupt- und Ehrenamtlichen bei der Entwicklung von Integrationsprojekten und Initiativen in den Stadtteilen (3.2.3).
1 Sachbearbeiter/in BAT IV a
zur Unterstützung der beiden Integrationsbeauftragten beim Projektmanagement und in administrativer Hinsicht; zur fachlichen Unterstützung der Ämter bei der interkulturellen Weiterentwicklung ihrer Arbeit (3.2.6); zur Bearbeitung von Einzelanfragen; zur Erfassung und Auswertung von “best practice”-Beispielen aus der Integrationsarbeit anderer Organisationen und anderer Kommunen insbesondere für die Bereiche Schule/Ausbildung (3.2.2), interkulturelle Initiativen (3.2.4) und Medien (3.2.8).
1 Sachbearbeiter/in BAT IV a
zur Unterstützung des Internationalen Ausschusses und der Integrationsbeauftragten; zur Stärkung der Arbeit des Internationalen Ausschusses als Fachausschuss (siehe Kap. 3.2.7); Geschäftsstelle für die Mitglieder des Internationalen Ausschusses; für Planungs- und Umsetzungsaufgaben in Zusammenhang mit dem Integrationsbericht (sieh Kap. 3.3): Entwicklung von Steuerungsinstrumenten für Berichtswesen und Evaluation, Redaktion des Integrationsberichts; Entlastung der Integrationsbeauftragten bei fortlaufenden Routineaufgaben
Finanzieller Aufwand: jeweils 127.544 DM/Jahr
.
Das vorliegende Positionspapier ist eine gute Grundlage und weiterführende Orientierung unserer künftigen Arbeit. Integration bleibt aber ein “work in progress”, eine Entwicklungsarbeit, die flexibel auf gesellschaftliche Veränderungen und die daraus resultierenden fachlichen Anforderungen eingehen muss. Insoweit kann die geplante wissenschaftliche Unterstützung der Stabsabteilung für Integrationspolitik hier wertvolle Impulse geben.
Beteiligte Stellen
S-IP
Dr. Wolfgang Schuster
Anlagen