Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
23
2
VerhandlungDrucksache:
147/2004
GZ:
OB 0025-02
Sitzungstermin: 04.03.2004
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Dr. Schuster
Berichterstattung:-
Protokollführung: Frau Huber-Erdtmann
Betreff: Verwaltungsreform Land / Kommunen
- Anhörung der Landeshauptstadt Stuttgart

Vorgang: Verwaltungsausschuss vom 03.03.2004, öffentlich, Nr. 60

Ergebnis: ohne Beschlussfassung in den Gemeinderat verwiesen


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Herrn Oberbürgermeisters vom 18.02.2004, GRDrs 147/2004, mit folgendem

Beschlussantrag:

1) Der Stellungnahme der Landeshauptstadt (Anlage 1) zum Verwaltungsstruktur-Reformgesetz wird zugestimmt.
2) Vom Bericht (Anlage 2) zu den Auswirkungen des Verwaltungsstruktur-Reform-gesetzes des Landes auf die Landeshauptstadt wird Kenntnis genommen.
3) Der räumlichen und personellen Angliederung des Staatlichen Schulamts an den Stadtkreis Stuttgart wird zugestimmt.
4) Der Vereinbarung mit dem Landkreis Böblingen (Anlage 3) über den Standort und die künftige Finanzierung des Versorgungsamts wird zugestimmt.
5) Die Verwaltung wird beauftragt, im Rahmen der Aufgaben- und Budgetplanung die vom Land für die Jahre 2005 bis 2011 vorgegebene Effizienzrendite von 20% (2005: 2%, ab 2006 jeweils 3%) sukzessive umzusetzen.
6) Die Verwaltung wird beauftragt, im Herbst 2004 einen Bericht zur organisatorischen und räumlichen Umsetzung des Verwaltungsstruktur-Reformgesetzes sowie zur künftigen Darstellung der übernommenen Aufgaben im Stadthaushalt (einschl. Berichtspflicht zur Umsetzung der Effizienzrendite) vorzulegen.


Zu diesem Tagesordnungspunkt liegen der Antrag Nr. 74/2004 der Gemeinderatsfrak-tion Bündnis 90/DIE GRÜNEN vom 03.03.2004 sowie der gemeinsame Antrag Nr. 76/ 2004 der Gemeinderatsfraktionen von SPD, FDP/DVP und den Freien Wählern vor. Die Anträge sind der Niederschrift angeheftet.


OB Dr. Schuster dankt EBM Föll, Herrn N.N. (Name wurde aus Datenschutzgründen gelöscht) und dem Team der Stadtkämmerei für die Erstellung der umfangreichen Vorlage, die sehr viel Detailarbeit erfordert habe.

Das Ziel der Verwaltungsreform sei im Grunde richtig, nämlich Aufgaben zu bündeln, statt sie in Sonderbehörden einzeln zu behandeln, und den Kommunen zu übertragen, um den Städten die Chance der Politikgestaltung aus einer Hand zu ermöglichen. Allerdings habe das Land hierbei auch das Interesse verfolgt, sich nicht nur von Aufgaben, sondern auch von Ausgaben zu entlasten. In den letzten Monaten sei darum gerungen worden - auch im Hinblick auf frühere Übertragungen -, in welchem Umfang hier das Konnexitätsprinzip gelten müsse, ob also das, was vom Land an Finanzen angeboten wird, auch reicht, um die übertragenen Aufgaben dauerhaft angemessen zu finanzieren. Er verstehe daher die Bedenken, die seitens der Fraktionen zu diesem Punkt geäußert wurden.

Im Rahmen der Verwaltungsreform werde nun auch der Landeswohlfahrtsverband faktisch aufgelöst und in einer neuen, sehr reduzierten Form fortgeführt. Darüber werde der Gemeinderat am 28.04.2004 noch gesondert beraten und beschließen. Auch hier gehe es darum, dass Lasten nicht zusätzlich auf die Städte und Landkreise übertragen werden.

Ein weiterer Aspekt, der eigentlich nur am Rande mit der Aufgabenübertragung zu tun habe, sei die Zukunft der Oberfinanzdirektion (OFD) in Stuttgart. Geplant sei eine einzigen OFD Baden-Württemberg mit Sitz in Karlsruhe. Nicht einsichtig sei, dass damit wesentliche Teile der Mitarbeiterschaft nach Karlsruhe versetzt werden sollen. Die Fusionierung der OFD sei durchaus sinnvoll, es sollten aber die operative Ebene mit den Steuerfachabteilungen und allem, was sich damit verbindet, sowie die Geschäftsstelle in Stuttgart bleiben. Dieses Votum werde in der Vorlage klar zum Ausdruck gebracht. Er würde sich nach einem positiven Beschluss der Vorlage noch einmal an den Herrn Ministerpräsidenten und den Herrn Finanzminister wenden mit dem Ziel, eine OFD-Außenstelle mit den Steuerfachabteilungen langfristig in Stuttgart zu belassen, zumal die Mitarbeitervertreter ihm erklärt hätten, dass sich die geforderten Personaleinsparungen durch Rationalisierung auch an zwei Standorten verwirklichen ließen.

EBM Föll verweist auf die Diskussion am vorangegangenen Tag im Verwaltungsausschuss. Dort sei es hauptsächlich um zwei Aspekte gegangen, nämlich welche Vorteile das Verwaltungsstruktur-Reformgesetz für die Landeshauptstadt hat und wie die Auskömmlichkeit bei der Finanzierung ist. EBM Föll erläutert diese Aspekte im Sinne der Vorlage. Weiter teilt er mit, dass OB Dr. Schuster in Bezug auf den oben genannten Antrag Nr. 76/2004 geäußert habe, er sei damit einverstanden, die dort enthaltenen Formulierungsvorschläge zu übernehmen, da es letztlich nur semantische und weniger inhaltliche Änderungen seien.

StRin Dr. Eisenmann (CDU) schließt sich dem Änderungsvorschlag ebenfalls an und betont, auch ihrer Fraktion gehe es primär um den Inhalt und weniger um die Semantik. Der Großteil der Verwaltungsreform sei unter dem Überbegriff "Stärkung der Subsidiarität, Stärkung der kommunalen Selbstverantwortung" zu sehen. Die Vorlage der Verwaltung habe sehr differenziert dargelegt, welche Punkte aus Sicht der Stadt Stuttgart akzeptabel sind und welche definitiv nicht; ihre Fraktion trage diese Vorlage mit.

StR Kanzleiter (SPD) dankt für die Übernahme der Änderungsvorschläge laut Antrag Nr. 76/2004. Es gehe hierbei aber nicht nur um sprachliche Feinheiten, sondern um eine deutliche Positionierung seitens der Stadt.

Einigkeit bestehe darüber zuzustimmen, dass bestimme Aufgaben auf die Kommunen übertragen werden, die von diesen besser und effizienter erledigt werden können. Allerdings sei dies nur ein Teilaspekt des Landes gewesen, denn die wahre Motivation zur Verwaltungsreform sei gewesen, Geld zugunsten des Landes und zulasten der Kommunen zu sparen.

Ein großes Problem sei die Effizienzrendite; sie könne nicht als schon gegeben angesehen werden. Wenn das Land keine volle Kostenerstattung gewährt, würden in Stuttgart ungefähr 34 Mio. € fehlen. Über Ziffer 5 des Beschlussantrag sollte nicht abgestimmt werden, denn wenn die Effizienzrendite erwirtschaftet werden müsse, brauche die Verwaltung damit nicht eigens beauftragt zu werden.

Nach Ansicht von StR Kugler (90/GRÜNE) gibt es zwei grundsätzliche Haltungen, an eine Verwaltungsreform heranzugehen: Entweder man betreibt eine Aufgabenkritik und entscheidet sich dann für eine Form der Reform. Die andere Haltung bemühe sich im Wesentlichen darum, wie man sich von den Kosten befreit; diese werde vom Land vertreten. Daher würde auch die Bitte, das Land möge noch einmal die Kostenverlagerung überdenken, nichts fruchten. Umso wichtiger sei es für die Stadt, eine klare Position zu beziehen. Daher bitte er, wie im Antrag Nr. 74/2004 seiner Fraktion gefordert, die Kritik an der Vorgehensweise des Landes der geänderten Präambel voranzustellen. Sollte hierüber kein Einvernehmen zu erzielen sein, bitte er, über diesen Punkt getrennt abzustimmen. Auf eine Abstimmung über den Antrag zu Ziffer 3.1 der Stellungnahme könne verzichtet werden, da dieser Aspekt auch im Antrag Nr. 76/2004 enthalten sei.

StR J. Zeeb (FW) erklärt, dass seine Fraktion den gemeinsamen Antrag Nr. 76/2004 unterschrieben habe, da die beantragten Punkte die Stadt finanziell nicht belasten und die Verwaltungsreform, sofern sie kommt, aber auch nicht behindern würden.

StR R. Zeeb (FDP/DVP) hält es für eine Zumutung, dass die Landeshauptstadt Stuttgart nun innerhalb von kürzester Zeit eine Stellungnahme zu einem so komplexen Thema abgeben muss. Er hoffe dennoch, dass die Stellungnahme Wirkung zeigt.

StR Lieberwirth (REP) begrüßt die Verwaltungsreform insofern als sinnvoll, als durch sie Doppelzuständigkeiten beseitigt werden, kritisiert aber die mögliche Abwälzung von Kosten auf die Stadt. Die Auflösung des Landeswohlfahrtsverbandes halte auch seine Gruppierung für zweckmäßig.

Gegenüber StR R. Zeeb merkt OB Dr. Schuster an, dass es sich bei der Verwaltungsreform um ein Gesetzgebungsverfahren des Landes handle, bei dem es bestimmte Fristen zur Anhörung gebe. Es sei wichtig, dass die Stadt selbst und nicht nur über den Städtetag ihre Chance wahrnehme, sich zu artikulieren. Er bedaure es ebenfalls, dass die Frist hierfür so knapp ist.


Über die einzelnen Ziffern der Stellungnahme der Landeshauptstadt (Anlage 1 der GRDrs 147/2004) wird wie folgt abgestimmt:

Ziffer 1 in der folgenden laut Antrag Nr. 74/2004 (90/GRÜNE) geänderten Fassung:

"Die Landeshauptstadt Stuttgart hält grundsätzlich die im Zuge des Verwaltungsstrukturgesetzes vorgesehene Übertragung staatlicher Aufgaben in den kommunalen Bereich nicht für sinnvoll, da sie lediglich zu einer Aufgabenverlagerung von der Landesebene auf die kommunale Ebene, jedoch nicht zu einer Verwaltungsreform mit dem Ziel einer effizienteren Aufgabenerledigung führt. Sie hält es vielmehr für sinnvoller, die vom Land angepeilte Effizienzrendite von 20% durch eigene Reformbestrebungen des Landes zu erreichen."

bei 6 Ja-Stimmen mehrheitlich abgelehnt

Ziffer 1 in der folgenden laut Antrag Nr. 76/2004 (SPD, FDP/DVP und FW) geänderten Fassung:

"Die Landeshauptstadt Stuttgart kann die im Zuge des Verwaltungsstruktur-Reformgesetzes vorgesehene Übertragung von Aufgaben des Landes an die LHS im Rahmen der Verwaltungsreform nur dann mittragen, wenn die dafür notwendigen finanziellen Mittel der Landeshauptstadt in voller Höhe zur Verfügung gestellt werden."

einstimmig beschlossen

Ziffer 2: einstimmig beschlossen

Ziffer 3: einstimmig beschlossen

Ziffer 4: einstimmig beschlossen

Ziffer 5.1 in der modifizierten Fassung laut Antrag Nr. 76/2004 (Änderung kursiv):

"Die Landeshauptstadt fordert, dass die Oberfinanzdirektion ..."

einstimmig beschlossen

Ziffer 5.2: einstimmig beschlossen

Ziffer 5.3: in der modifizierten Fassung laut Antrag Nr. 76/2004 (Änderung kursiv):


Über den Beschlussantrag der GRDrs 147/2004 wird wie folgt abgestimmt:

Ziffer 1: mit den oben aufgeführten Änderungen in Anlage 1 beschlossen

Ziffer 2: Kenntnisnahme

Ziffer 3: beschlossen

Ziffer 4: beschlossen

Ziffer 5: OB Dr. Schuster verdeutlicht, dass die Stadt einerseits Kritik daran übe, dass die vorgegebene Effizienzrendite tatsächlich zu erreichen ist, andererseits versuchen müsse, sie verwaltungsintern umzusetzen, wenn der Gesetzgeber sie dennoch beschließt. StR Kanzleiter hält einen solchen Beschluss zum gegenwärtigen Zeitpunkt für verfrüht. Es reiche aus, sich damit im Zuge der Umsetzung der Verwaltungsreform auseinanderzusetzen. StRin Dr. Eisenmann weist darauf hin, dass man ja unter dem Vorbehalt beschließe, dass das Gesetz so kommt. Es sei daher unschädlich, jetzt das Grundsätzliche festzulegen und sich zu gegebener Zeit in den zuständigen gemeinderätlichen Gremien damit zu befassen, wie die 20 % Effizienzrendite erreicht werden können. Ihre Fraktion wolle an der Zielbeschreibung festhalten. StR Wölfle (90/GRÜNE) schlägt als Kompromiss vor, die Ziffer 5 um den Satz zu ergänzen, "falls das Gesetz so kommt."

Ziffer 6: beschlossen


OB Dr. Schuster beendet den Tagesordnungspunkt mit dem Ausdruck der Hoffnung, dass die Beschlüsse etwas Sinnvolles zugunsten der Landeshauptstadt bewirken.