Landeshauptstadt Stuttgart
Finanz- und Beteiligungsreferat
Gz: F
GRDrs 527/2002
Stuttgart,
06/07/2002



Restrukturierung der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB)



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Verwaltungsausschuß
Gemeinderat
Vorberatung
Beschlußfassung
nichtöffentlich
öffentlich
19.06.2002
20.06.2002



Beschlußantrag:

1. Vom Bericht des SSB-Vorstands (Anlage 1) bezüglich der geplanten Restrukturierungsmaßnahmen und des Spartentarifvertrags wird Kenntnis genommen.

2. Der Gemeinderat geht davon aus, dass die vorgesehenen und noch festzulegenden Restrukturierungsmaßnahmen zügig und zeitnah umgesetzt werden.

3. Der Gemeinderat stimmt der beigefügten Erklärung der Landeshauptstadt Stuttgart (LHS) zur Einführung des neuen Tarifvertrages für kommunale Nahverkehrsbetriebe in Baden-Württemberg bei der SSB (Anlage 2) zu.


Begründung:


Im Zusammenhang mit der Behandlung des Schwerpunktthemas "Stuttgarter Straßenbahnen AG", GRDrs 421/2001 am 20.06.2001 im Verwaltungsausschuss haben die CDU / FDP/DVP / Freie Wähler-GR-Franktionen einen gemeinsamen Antrag (Nr. 265/2001) vorgelegt, der vom Ausschuss im Wesentlichen beschlossen wurde.

Zu den Ziffern 2 und 3 des Antrags (Restrukturierungsmaßnahmen und Spartentarifvertrag) hat der SSB-Vorstand eine Stellungnahme erarbeitet, die als Anlage 1 beiliegt. Bei entsprechender Umsetzung der dargestellten Maßnahmen sind erhebliche finanzielle Auswirkungen und in Folge Verbesserungen beim Verlustausgleichsanspruch der SSB gegenüber der SVV zu erwarten. Darüber hinaus ergeben sich, wie im Vorstandsbericht angesprochen, künftig noch weitere Potentiale in bisher nicht oder nur teilweise einbezogenen Bereichen, die sich ebenfalls auf den Verlustausgleichsanspruch auswirken werden.

Zu den Ziffern 4 und 5 des gemeinsamen Antrags bezüglich der strategischen Grundsatzentscheidungen der LHS ist beabsichtigt, den Gemeinderat im Herbst 2002 zu befassen.

Ein wesentliches Element der Restrukturierungsmaßnahmen ist der geplante Spartentarifvertrag. Als Voraussetzung für dessen Einführung erwarten die Tarifvertragsparteien ein positives Signal vom Eigentümer an die Mitarbeiter in Form einer Erklärung der LHS zur Einführung des neuen Tarifvertrages. Nach Auffassung der Verwaltung bringt diese Erklärung für beide Seiten Vorteile und lässt dennoch genügend Gestaltungsspielraum für die künftigen Herausforderungen im ÖPNV.

Beteiligte Stellen








Dr. Klaus Lang
Erster Bürgermeister


Anlagen


ANLAGE 1





ANLAGE 2
SSB AG Stand: 12.03.2002

Entwurf




Bekenntnis des Eigentümers

Erklärung der Landeshauptstadt Stuttgart zur Einführung des neuen Tarifvertrages für kommunale Nahverkehrsbetriebe in Baden-Württemberg (TV N BW) bei der Stuttgarter Straßenbahnen AG

Der öffentliche Personennahverkehr steht vor grundlegenden Umwälzungen.

Die europäische Union plant grundsätzlich die Einführung des kontrollierten Wettbewerbs im Nahverkehr. Die Vergabe öffentlicher Verkehrsleistungen kann künftig im Wettbewerb verschiedener Anbieter erfolgen.

Hinzu kommt, dass die Landeshauptstadt mittelfristig nicht bereit und in der Lage ist, für den Nahverkehr der SSB mehr Mittel bereitzustellen als dies unter gleichen Bedingungen bei einer Vergabe im Wettbewerb erforderlich wäre. Deshalb hält die Landeshauptstadt weitere nachhaltige kostensenkende Maßnahmen für erforderlich und unabdingbar.

Diese absehbaren Entwicklungen stellen die SSB vor die Herausforderung, wettbewerbsfähig zu werden. Nur dann kann die Existenz des Unternehmens und damit die Voraussetzungen für einen gut funktionierenden ÖPNV nachhaltig gewährleistet werden.

Die SSB hat bereits seit Beginn der Haushaltskonsolidierung der Stadt 1992 erhebliche Einsparungen realisiert. Die Abläufe und Organisationsstrukturen wur-den verbessert. Durch ein qualitativ und quantitativ besseres Angebot wurden neue Fahr-gäste gewonnen und zusätzliche Einnahmen erzielt. Außerdem fanden kontinuierliche Fahrpreisanpassungen statt. Der Finanzbedarf der SSB wurde auf diese Weise bei gestiegenen Verkehrsleistungen deutlich reduziert.

Auch die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes haben auf die Anfang der 90er Jahre extrem angespannte öffentliche Haushaltssituation reagiert. 1996 wurde bei der SSB mit dem Abschluss eines Tarif-vertrages zur Herbeiführung eines abgesenkten Tarifniveaus für neue Fahrer der Eingangslohn um ca. 15 % ( 300 ■/Monat) reduziert sowie die bezahlten Vorbereitungs- und Abschluss-zeiten gekürzt und dadurch ein erster Schritt zur Senkung der Lohnkosten und zur Steigerung der Produktivität getan.

Aber noch immer sind die öffentlichen Verkehrsunternehmen im Wettbewerb zur Zeit dadurch beeinträchtigt, dass sie im Vergleich zu privaten Busunternehmen un-günstigere Lohn- und Gehaltstarife haben. Durch den Abschluss des “Tarifver-trages Nahverkehr Baden-Württemberg” (Spartentarifvertrag) zwischen dem kommunalen Arbeitgeberverband Baden-Württemberg und der Gewerkschaft ver.di sollen deshalb die Arbeitsbedingungen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im öffentlichen Personennahverkehr völlig neu geregelt werden.

Der neue Tarifvertrag beinhaltet die Ablösung des BAT/BMT-G durch ein gemeinsames, leistungsorientiertes Vertragswerk für alle, auch die bereits vorhandenen Arbeitnehmer. Durch die Überleitung aller Arbeitnehmer, durch gerin-gere Einkommen sowie durch die Verlängerung und Flexibilisierung der Arbeitszeit für alle Mitarbeiter sollen die bestehenden Entgelt- und die tariflich bedingten Produktivitätsdifferenzen ausgeglichen werden. Damit leisten die Beschäftigten der SSB einen bedeutenden Beitrag zur Restrukturierung des Unternehmens. Deshalb erwarten die Tarifvertragsparteien vom Eigentümer zur Unterstützung dieser Entwicklung und als positives Signal an die Mitarbeiter der SSB folgendes Bekenntnis:

1. Die SSB soll weiter als leistungsfähiges öffentliches Verkehrsunternehmen der Landeshauptstadt Stuttgart zu marktüblichen Preisen die Verkehrsleistungen in Stuttgart und im Umland im bisherigen Umfang und der bisherigen guten Qualität erbringen. Zusätzlich soll sie den Nahverkehr im Rahmen des finanziell Machbaren weiter verbessern, sich bietende Marktchancen wahrnehmen und die Infrastruktur für den ÖPNV er-halten und ausbauen.

2. Die Stadt erwartet von der SSB, dass sie wettbewerbsfähig wird und unter-stützt sie dabei. Die SSB verpflichtet sich, ihre Wettbewerbsfähigkeit durch entsprechende Benchmarks und Vergleichsdaten zu belegen. Die Stadt geht davon aus, dass die SSB den Ausgleichsan-spruch auch in den nächsten fünf Jahren nachhaltig senkt.

3. Die Stadt erwartet, dass im Rahmen der Restrukturierung bei der SSB der TV N BW eingeführt wird.

4. Während der Laufzeit des Spartentarifvertrages bis zum 31.12.2009 werden die Verkehrs-leistungen der SSB nicht ausgeschrieben, u.a. um Remanenz-kosten und damit Zusatzaufwendungen für die Landeshauptstadt Stuttgart zu vermeiden. Falls in dieser Zeit durch geändertes Recht zwingend Aus-schreibungen vorzunehmen sind, wird der TV N BW der Ausschreibung zugrunde gelegt.

5. Die bisherige Bindung der SSB an das Verbandstarifrecht des kommunalen Arbeitgeberver-bandes Baden-Württemberg wird mindestens für die Laufzeit des neuen TV N BW bis zum 31.12.2009 beibehalten.

6. Bis mindestens 31.12.2009 wird die Stadt Stuttgart bzw. die SVV GmbH keine Anteile an der SSB, mit dem Ziel, die Bindung an das Verbandstarifrecht des KAV BW zu lösen, veräußern. Änderungen der Aufgabenwahrnehmung im Sinne einer Verlagerung auf die Landeshauptstadt Stuttgart bleiben vorbehalten.

Stuttgart, den

Landeshauptstadt Stuttgart
Der Oberbürgermeister




Dr. W. Schuster