Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
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VerhandlungDrucksache:
968/2005
GZ:
OB 9318
Sitzungstermin: 24.11.2005
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Dr. Schuster
Berichterstattung:Herr N.N. (Name wurde aus Datenschutzgründen gelöscht) (RPA)
Protokollführung: Frau Huber-Erdtmann sp
Betreff: 1. Rechenschaftsbericht der Stadtkämmerei für das
Haushaltsjahr 2004
2. Schlussbericht 2004 des Rechnungsprüfungsamts
3. Feststellung der Jahresrechnung für das
Haushaltsjahr 2004

Vorgang: Verwaltungsausschuss vom 23.11.2005, nichtöffentlich, Nr. 516

Ergebnis: einmütige Zustimmung


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Herrn Oberbürgermeisters vom 07.11.2005, GRDrs 968/2005, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Vom Rechenschaftsbericht der Stadtkämmerei zum Abschluss der Jahresrechnung der Landeshauptstadt Stuttgart für das Haushaltsjahr 2004 wird Kenntnis genommen (§ 95 Abs. 1 GemO).

2. Vom Schlussbericht des Rechnungsprüfungsamts (RPA) über die Prüfung der Jahresrechnung der Landeshauptstat Stuttgart für das Haushaltsjahr 2004 wird Kenntnis genommen (§ 110 Abs. 2 GemO).

3. Die Jahresrechnung der Landeshauptstadt Stuttgart für das Haushaltsjahr 2004 wird wie folgt festgestellt (§ 95 Abs. 2 GemO):

Herrn N.N. (Name wurde aus Datenschutzgründen gelöscht) (RPA) berichtet (Wortlaut):

"Verehrter Herr Oberbürgermeister, verehrte Damen und Herren, nach § 110 Abs. 1 GemO hat das Rechnungsprüfungsamt die Jahresrechnung vor der Feststellung durch den Gemeinderat zu prüfen. Abs. 2 dieses Paragraphen verpflichtet das RPA, seine Bemerkungen in einem Schlussbericht zusammenzufassen, der dem Gemeinderat vorzulegen und vom Leiter des RPA, im Verhinderungsfalle von seinem Stellvertreter - und damit von mir -, zu erläutern ist. Dieser Pflicht komme ich hiermit gerne nach.

Der Schlussbericht über die örtliche Prüfung der Jahresrechnung 2004 der Landeshauptstadt Stuttgart liegt Ihnen termingerecht vor. Die Prüfung der Eigenbetriebe ist bekanntermaßen nicht im Schlussbericht enthalten. In der Anlage - das sind die blauen Seiten 91 ff - sehen Sie, welche Eigenbetriebe wann von uns geprüft wurden. Die Anlage vermittelt übrigens einen guten Überblick über unsere Prüfungsaktivitäten.

Im Folgenden gehe ich jetzt auf die wesentlichen Punkte des Schlussberichts ein.


Zum Allgemeinen Teil:

· Insgesamt war die Einnahmesituation der LHS im Jahr 2004 durch die stark gestiegenen Steuereinnahmen und Zuweisungen geprägt, am meisten durch die Gewerbesteuereinnah­men in Höhe von 629,2 Mio. € (Seite 36).

· Der Verwaltungshaushalt erwirtschaftete eine Zuführung an den Vermögenshaushalt in Höhe von 248,5 Mio. €; geplant waren 25,4 Mio. € (Seite 31).

· Der allgemeinen Rücklage wurden per saldo 29,9 Mio. € zugeführt, geplant war eine Entnahme von 49,2 Mio. € (Seite 45).

· Die Schulden der Stadt einschließlich der inneren Darlehen verringerten sich um 62,5 Mio. €, die der Eigenbetriebe inkl. der Trägerdarlehen stiegen um 5,3 Mio. €; saldiert sind dies 57,2 Mio. € weniger an Schulden als 2003. Somit steht die Stadt Stuttgart in einem Schulden-Ranking der zehn von der Größe vergleichbaren deutschen Großstädte mit am günstigsten da (Seite 50).

Sie sehen also, die Landeshauptstadt Stuttgart war 2004 gut aufgestellt!

Kritisch gilt es jedoch Folgendes anzumerken:

· Die Haushaltsausgabereste (Seite 34) haben 2004 die Rekordhöhe von 207,8 Mio. € erreicht. Hiervon fallen allein 174,7 Mio. € auf den Vermögenshaushalt, was 44 % dieses HH-Volumens entspricht. Dies zeigt, dass die Stadt Defizite bei der Umsetzung Ihrer Planungen hat oder von unrealistischen Haushaltsansätzen ausgegangen ist. Wir erkennen hier einen Verstoß gegen den Grundsatz der Haushaltswahrheit und -klarheit.

· Die Kassenreste, speziell die Kasseneinnahmereste (Seite 42), sind auf 97 Mio. € im Verwaltungshaushalt und 9,4 Mio. € im Vermögenshaushalt gestiegen. Hierdurch entstehen der Stadt erhebliche Zinsverluste. Als Grund für den verspäteten Einzug der Einnahmen wurde von den geprüften Ämtern häufig Personalmangel genannt. Hier erinnern wir an § 25 der Gemeindehaushaltsverordnung, wonach durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen ist, dass die der Gemeinde zustehenden Einnahmen vollständig erfasst und rechtzeitig eingezogen werden.

· Unter Nr. 2.1.2 (Seite 26) monieren wir schließlich die Unzulässigkeit von pauschalen Veranschlagungen, z. B. beim Ausbau der Betreuungsangebote.


Ich komme zum Besonderen Teil:

Zunächst eine Bemerkung vorab. Wir werden immer wieder gefragt: 'Was bringt eigentlich eure Prüfung?' An Hand des vorliegenden Berichts werden Sie unschwer feststellen können: finanzielle Verbesserungen in Höhe von rd. 1,9 Mio. €. Die tatsächlichen Verbesserungen sind sogar höher, da unsere Hinweise teilweise auch wiederkehrende Mehreinnahmen betreffen.

Die geldwerten Erfolge sollten aber nicht das alleinige Maß einer erfolgreichen Prüfung sein. Eine effiziente Finanzkontrolle wirkt präventiv. Zudem führen unsere Vorschläge und Empfehlungen zu strukturellen Verbesserungen, die helfen, das Verwaltungshandeln zu optimieren und Fehler zu vermeiden.


Hier nun die wichtigsten Punkte der Einzelpläne:


Einzelplan 0 - Allgemeine Verwaltung

Kritisch mussten wir uns mit dem automatisierten Stellenplan auseinandersetzen. Dieser zeigt teilweise falsche Ergebnisse, wenn Stellen im Rahmen des flexiblen Stellenplans getauscht werden, teilweise ist er nicht nachvollziehbar, wenn sich Wochenarbeitsstunden von Vollbeschäftigten auf mehrere Planstellen verteilen (Seite 59).

Die Budgetmittel der Bezirksämter zur Förderung bürgerschaftlicher Initiativen aller Art halten wir für zu hoch bemessen. Die geplanten Mittel werden, wie die Ausgabereste zeigen, überhaupt nicht ausgeschöpft, sondern fast komplett auf das nächste Haushaltsjahr übertragen (Seite 60).


Einzelplan 1 - Öffentliche Sicherheit und Ordnung

Bei den Sondernutzungsgebühren für die Erlaubnis zur Benutzung öffentlicher Straßen über den Gemeingebrauch hinaus weisen wir auf einen organisatorischen Mangel hin. 327.000 € wurden allein 2004 vom Amt für öffentliche Ordnung nicht an das Tiefbauamt abgeführt (Seite 63).

Weil für das Aufstellen von Werbereitern von der Stadt keine Sondernutzungserlaubnis erteilt wird, können hierfür auch keine Sondernutzungsgebühren erhoben werden. Gleichwohl wird in der Praxis die Aufstellung dieser Werbereiter toleriert. Würden diese Gebühren erhoben, was natürlich die Erteilung der entsprechenden Erlaubnis voraussetzt, wären nach unseren Berechnungen allein auf der Königstraße Einnahmen in Höhe von 186.000 €/Jahr zu erzielen. (Seite 64).

Welche finanziellen Folgen ein falsch eingegebenes Datum haben kann, machen wir am Beispiel der Gebühren für Maßnahmen im Straßenraum deutlich (Seite 64). Durch einen Eingabefehler bei der Software-Installation wurden nachträgliche Genehmigungen seit 1999 nicht mehr bei der Gebührenberechnung berücksichtigt, was zunächst mit 65.000 € zu Buche schlug.

Bei der Branddirektion hapert es beim rechtzeitigen Einzug des Kostenersatzes für die technischen Leistungen der Feuerwehr (Seite 65). Hier bestehen Kasseneinnahmereste in Höhe von 478.000 €. Auch bei der Arbeitszeit der Angehörigen der Berufsfeuerwehr sehen wir Handlungsbedarf (Seite 65). Diese liegt mit 50 Std. pro Woche über der EU-Richtlinie von 48 Stunden.


Einzelplan 2 - Schulen

Seit das Schulgerätelager personell nicht mehr besetzt ist, weist dieses erhebliche Fehlbestände auf (Seite 67). Dies zeigt, dass eine organisatorische Änderung wie das Zusammenlegen der Transportkolonne des Schulverwaltungsamts mit der des Haupt- und Personalamts unliebsame Folgen haben kann, wenn sie nicht gleichzeitig durch entsprechende ablauforganisatorische Maßnahmen, hier konkret bei der Lagerbuchführung, begleitet wird.


Einzelplan 4 - Soziale Sicherheit

Anlässlich einer größeren Unterschlagung im Bereich der Gebäudereinigung setzten wir uns mit den Konsequenzen, die das Amt aus diesem Vorfall gezogen hat, auseinander (Seite 70). Zwar hat das Amt prompt reagiert und sofort die entsprechenden internen Kontrollen eingeleitet, nach unserer Ansicht sind jedoch weitere Maßnahmen notwendig, wozu wir Vorschläge gemacht haben.

Durch unsere Hinweise ist die zweckentsprechende Verwendung von zwei Investitionszuschüssen des Jugendamts geprüft worden. Als Ergebnis sind Rückforderungen von 56.500 € festzuhalten (Seite 70).

Im Zuge der Auflösung des Landeswohlfahrtsverbands Württemberg-Hohenzollern rechnet jetzt die Stadt mit Einrichtungen der stationären und teilstationären Eingliederungshilfe ab. Um die Liquidität von 14 großen Einrichtungen zu gewährleisten, erhielten diese Dauervorschüsse in Höhe von 7,3 Mio. €. Wir sehen beim Abrechnungsverfahren Verbesserungsmöglichkeiten, die bei (im Idealfall) monatlicher Abrechnung zum Verzicht auf die Vorschüsse und damit zu einer Liquiditätsverbesserung bei der Stadt mit dem entsprechenden Zinsgewinn führen könnten (Seite 71).

Ich komme nun zum 'ertragreichsten' Prüfungsbereich, dem


Einzelplan 6 - Bau- und Wohnungswesen, Verkehr

Die Prüfungserfolge der Bauprüfung betrugen im Jahr 2004 insgesamt rd. 1,6 Mio. €. Hierzu vier Beispiele:

· Bei der Vergabeprüfung von Honorar- und sonstigen Verträgen stellten wir fest, dass diverse Änderungen und Umplanungen eines bestimmten Bauvorhabens zu einer deutlich höheren Honorarforderung der Architekten geführt hatten. Zusammen mit dem Hochbauamt gelang es uns aber, diese Forderung um 390.000 € zu reduzieren (Seiten 78 und 79).

· Die Abrechnungsprüfung eines Neubaus einer Seniorenwohnanlage erbrachte erhebliche Rechtsverstöße. Unsere weiteren Feststellungen führten letztlich zu Rückforderungen und Einsparungen in Höhe von 274.000 € (Seite 80).

· Bei der Modernisierung einer Sportstätte führte die Insolvenz der Planungsgemeinschaft zur Kündigung der Objektplanung. Damit war eine Reduzierung der Honorarforderung verbunden. Durch die gute Zusammenarbeit mit dem Hochbauamt konnten wir für die Stadt 273.000 € einsparen (Seite 21).

· Die Prüfung der Abrechnung der biologischen Reinigungsstufe eines Klärwerks erbrachte Defizite hinsichtlich der VOB-konformen Abrechnung und den Entsorgungsnachweisen für belastete Böden. Bisher wurden Rückforderungen von 166.000 € bestätigt (Seite 82).


Einzelplan 8 - Wirtschaftliche Unternehmen, allgemeine Grund- und Sondervermögen

Bei den Miet- und Pachteinnahmen haben wir Zahlungsrückstände in Höhe von ca. 2 Mio. € festgestellt. Hier haben wir Vorschläge zum Abbau der Rückstände gemacht (Seite 86).


Einzelplan 9 - Allgemeine Finanzwirtschaft

Abschließend zeigen wir an Hand von zwei Beispielen, wie durch nicht erfüllte Mel­depflichten in einem Wohnheim bzw. bei der Hotelunterbringung von Sozialhilfeempfängern der Stadt finanzielle Nachteile in Form von entgangenen Schlüsselzuweisungen nach dem Finanzausgleichsgesetz in Höhe von 48.000 € entstanden sind (Seite 88).


Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren, wie Sie sehen, enthält der Schlussbericht eine Reihe von Feststellungen. Es sind jedoch keine schwerwiegenden Sachverhalte zutage getreten, die der Feststellung der Jahresrechnung entgegenstünden. Ich kann dem Gemeinderat deshalb empfehlen, die Jahresrechnung 2004 der Landeshauptstadt Stuttgart nach § 95 Abs. 2 GemO entsprechend dem Beschlussantrag in der GRDrs 968/2005 festzustellen.

Ich danke allen, die zum Erstellen des Schlussberichts beigetragen haben, vor allem den geprüften Stellen und Ämtern, die uns nicht nur als Kontrolleure, sondern auch als Berater gesehen und unsere Arbeit konstruktiv unterstützt haben.

Ihnen, Herr Oberbürgermeister, und Ihnen meine Damen und Herren des Gemeinderats, danke ich für die Unterstützung, die das Rechnungsprüfungsamt in der Vergangenheit immer erfahren hat. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit."


OB Dr. Schuster dankt Herrn N.N. (Name wurde aus Datenschutzgründen gelöscht) für den Bericht sowie ihm und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die sorgsame Recherche und Rechnungsprüfung.

Der Vorsitzende stellt fest:

Der Gemeinderat beschließt einstimmig wie beantragt.