Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
1010/2002
GZ:
OB
Sitzungstermin: 11/28/2002
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Dr. Schuster
Berichterstattung:-
Protokollführung: Frau Haasis kr
Betreff: Umbau, Instandsetzung und Modernisierung des
Rathauses der Landeshauptstadt Stuttgart
- Baubeschluss -

Vorgang: Ausschuss für Umwelt und Technik vom 26.11.2002,

Beratungsunterlage ist die Vorlage des Herrn Oberbürgermeisters vom 15.11.2002, GRDrs 1010/2002.

Pläne zu der im Betreff genannten Angelegenheit sind im Sitzungssaal ausgehängt.

OB Dr. Schuster erinnert an die bald 50-jährige Lebens- und Nutzungsdauer des Rathauses. Weder die Anfang der 50er-Jahre gewählten Baumaterialien noch die technische Ausstattung entsprächen den derzeitigen Anforderungen. Hinzu komme, dass die veränderten baurechtlichen und feuerpolizeilichen Vorschriften zu einer Generalsanierung zwängen. Auch wenn dies seinen ursprünglichen Plänen, nur die Foyers zu sanieren, die Wärmedämmung zu verbessern und den Großen Sitzungssaal in einen Bürgersaal umzugestalten, entgegenstehe, halte er heute eine Generalsanierung für sinnvoll, um die Nutzung des Hauses auch für die nächsten Jahrzehnte sicherzustellen.

Er wolle nicht darüber spekulieren - so OB Dr. Schuster -, ob die Verwaltung den Vorschlag zu diesem Baubeschluss gemacht hätte, wenn die dramatischen Steuereinbrüche bekannt gewesen wären. Die planerischen Vorarbeiten und die erfolgte Anmietung des Gebäudes der Deutschen Bahn AG sprächen jedoch dafür, den Beschluss zu fassen.

StR Barg (CDU) hebt zu Beginn seiner Ausführungen hervor, die CDU-Gemeinderatsfraktion habe sich nie gegen Umbau, Modernisierung und Instandsetzung des Rathauses ausgesprochen. Sie habe jedoch für eine Durchführung in anderen Schritten und mit einer anderen Finanzierung plädiert.

Eingehend auf die Beauftragung von Herrn Veyhle im Juli dieses Jahres weist StR Barg darauf hin, dass Herr Veyhle nicht als Generalunternehmer tätig ist, sondern als Bevollmächtigter und Berater. Bauherr bleibe die Stadt, und der Architekt sei in seinem Bereich eigenverantwortlich tätig. Hinsichtlich seiner im Verwaltungsausschuss ausgesprochenen Kritik wolle er klarstellen, dass diese nicht an die Hochbauverwaltung, sondern an die Verwaltung allgemein gerichtet gewesen sei. Die Kosten seien gestiegen, weil die an die Hochbauverwaltung herangetragenen Wünsche nicht begrenzt worden seien. Er sei Herrn Veyhle deshalb außerordentlich dankbar für seine Aussage, dass der Kostenrahmen - wie im Raumbuch dargestellt - eingehalten werde und er Veränderungen durch die Verwaltung nicht hinnehme.

Der CDU-Gemeinderatsfraktion falle es heute nicht leicht, der Vorlage zuzustimmen. Einige Mitglieder stimmten deshalb dagegen.

StR Kanzleiter (SPD) teilt die Zustimmung der SPD-Gemeinderatsfraktion zum Beschlussantrag mit. Er sehe keine andere Alternative, als dieses marode Gebäude wieder in einen Zustand zu versetzen, der es zulasse, dass darin auch in den nächsten Jahrzehnten gearbeitet werde. Die Stadt sei für ihre Gebäude verantwortlich. Verantwortung trage die Stadt auch für den Arbeitsmarkt und die örtliche Wirtschaft. In dem Bewusstsein, dass gerade die Handwerksbetriebe und die kleinteiligen Gewerbe auf diese Aufträge angewiesen seien, falle es leichter, dem Projekt zuzustimmen.

Großes Vertrauen setze er in die Tätigkeit von Herrn Veyhle; dieser habe bereits bewiesen, dass Projektsteuerung dazu diene, die Kosten im Griff zu behalten.

Einerseits sei mit den Finanzen sorgfältig umzugehen, andererseits sollte man aber auch den Mut haben, vorhandenes Vermögen zur Finanzierung unumgänglich notwendiger Projekte zu nutzen. Es bestehe jedoch die Pflicht und Schuldigkeit, heute ausgeliehenes Geld in den nächsten Jahren zurückzuführen. Bei entsprechendem Willen des Gemeinderats halte er dies für umsetzbar.

StR Dr. Kienzle (90/GRÜNE) unterstreicht die große Bedeutung des denkmalgeschützten Stuttgarter Rathauses für die Stadtmitte. Das Gebäude sei diese Erhaltungsinvestition wert. Die Unsicherheit hinsichtlich des Brandschutzes und die energiepolitisch abschreckende Situation könnten nicht länger hingenommen werden. Nach Ansicht seiner Fraktion seien es nicht Wünsche und Standardverbesserungen gewesen, die die Kosten nach oben getrieben hätten. Die Gemeinderatsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN stimme der Vorlage zu.

Auch die Freie Wähler-Gemeinderatsfraktion stimme dem Baubeschluss "aus einem Stück" zu, so StR J. Zeeb (FW). Eine Umsetzung in Bauabschnitten würde zu einer jahrelangen Baustelle führen und käme sicher nicht billiger. Seine Fraktion stimme dem Baubeschluss aber auch deshalb zu, weil sie in ihm angesichts der derzeitigen Situation im Baugewerbe ein wichtiges Zeichen sehe. Er hoffe, dass viele Stuttgarter Handwerker hier ihr Können zeigten. Von den Bürgerinnen und Bürgern werde diese Maßnahme, die vielen Menschen Arbeit bringe, verstanden.

StR J. Zeeb bekräftigt, es handle sich nicht um eine Luxussanierung, sondern um die Wiederbelebung eines desolaten, mit Asbestteilen verbauten Gebäudes mit einer maroden Haustechnik und einer schlimmen Energiebilanz. Die brandschutztechnischen Auflagen seien dringend zu erfüllen. Auch hoffe er, dass sich die Bürgerfreundlichkeit in der Umgestaltung der Sitzungssäle ausdrücke. Es sei höchste Zeit, dass Oberbürgermeister und Gemeinderat ihre Aufgabe wie jeder Hausbesitzer wahrnähmen und für ein würdiges Erscheinungsbild dieser für die Stadt wichtigen Immobilie sorgten.

StR J. Zeeb wünscht Herrn Veyhle eine glückliche Hand bei diesem schwierigen Unternehmen.

StR R. Zeeb (FDP/DVP) schließt sich den Ausführungen seines Vorredners an. Die FDP/DVP-Gemeinderatsfraktion habe schon vor Jahren auf die erforderliche Sanierung hingewiesen. Der Gemeinderat sei aufgerufen, die Missstände zu beheben und diesen Beschluss zu fassen.

StR Lieberwirth (REP) begründet die Ablehnung der Vorlage durch die Gruppe DIE REPUBLIKANER wie folgt:
- Eine Ausgabe von 26 Mio. € sei den Bürgerinnen und Bürgern nicht vermittelbar. Die bereits investierten Planungskosten seien nicht verloren; diese Planungen gälten auch in fünf bis sechs Jahren, wenn wieder mehr Mittel zur Verfügung stünden.
- Die Notwendigkeit einer Sanierung werde gesehen. Es genüge jedoch ein Betrag von 10 Mio. €, um die Heizung, die sanitären Einrichtungen u. ä. auf den neuesten Stand zu bringen. Zudem halte er - da es in Stuttgart bereits eine Reihe von Bürgersälen gebe - einen entsprechenden Umbau des Großen Saales nicht für vorrangig.

OB Dr. Schuster nimmt nochmals zur Kostenentwicklung Stellung: Beim Raumprogrammbeschluss im März 2000 sei man von rd. 20 Mio. € (rd. 40 Mio. DM) ausgegangen. Beim Grundsatzbeschluss im Oktober 2001 sei der Betrag auf 25,3 Mio. € erhöht worden. In den Doppelhaushalt eingestellt worden seien zudem 25 Mio. € als Rücklage. Die Verwaltung habe sich selbstverständlich bemüht, die jetzt genannten Kosten von 26,8 Mio. € zu senken. Herr Veyhle habe jedoch erklärt, er sehe keine Möglichkeit zur Kostenreduktion, und er sei auch nicht bereit, die Summe von 25,3 Mio. € zu akzeptieren, es sei denn, im Laufe des Verfahrens ergäben sich im Rahmen des Raumbuches entsprechende Möglichkeiten. Dies könne jedoch nicht zugesichert werden.


OB Dr. Schuster stellt abschließend fest:


Der Gemeinderat beschließt bei 13 Gegenstimmen mehrheitlich wie im nachfolgend aufgeführten Beschlussantrag beantragt:

1. Baubeschluss
2. Finanzierung

Der Aufwand ist im Vermögenshaushalt wie folgt zu decken:
bis2001AHSt. 2.0200.9420.000-0400 - Bau
1.675.402
2002AHSt. 2.0200.9420.000-0400 - Bau
1.000.000
2003AHSt. 2.0200.9420.000-0400 - Bau
15.000.000
2004AHSt. 2.0200.9420.000-0400 - Bau
9.124.598
3. Die Mehrkosten von 1.517.000 € werden anlässlich der Fortschreibung der Finanzplanung 2004 berücksichtigt.