Landeshauptstadt Stuttgart
Oberbürgermeister
Gz:
5672-02/5673-05
GRDrs
972/2002
Stuttgart,
11/28/2002
I. Vertrag über den Ausbau und die Nutzung des Gottlieb-Daimler-Stadions zwischen der Landeshauptstadt Stuttgart und dem VfB Stuttgart
II. Vertrag über die Refinanzierung der Sanierung des Waldau-Stadions zwischen der Landeshauptstadt Stuttgart und dem SV Stuttgarter Kickers
Beschlußvorlage
Vorlage an
zur
Sitzungsart
Sitzungstermin
Verwaltungsausschuß
Gemeinderat
Vorberatung
Beschlußfassung
nichtöffentlich
öffentlich
13.11.2002
14.11.2002
Beschlußantrag:
1. Dem Abschluss einer Zusatzvereinbarung zwischen dem VfB Stuttgart und der Landeshauptstadt Stuttgart insbesondere über die Neufestsetzung des Beginns der Refinanzierungsverpflichtung für den VfB Stuttgart in dem Vertrag über den Ausbau und die Nutzung des Gottlieb-Daimler-Stadions zwischen der Landeshauptstadt Stuttgart und dem VfB Stuttgart ab Beginn der Saison 2003/2004 wird zugestimmt.
2. Es wird zugestimmt, dass der SV Stuttgarter Kickers in der Saison 2001/2002 sowie in der Saison 2002/2003 keinen Refinanzierungsbeitrag zur Sanierung des Waldau-Stadions zu leisten hat.
Begründung:
I. Vertrag über den Ausbau und die Nutzung des Gottlieb-Daimler-Stadions zwischen der Landeshauptstadt Stuttgart und dem VfB Stuttgart
1. Bisherige Beschlusslage
Der Gemeinderat hat am 20.05.1999 (GRDrs Nr. 191/1999) den wesentlichen Bestimmungen des Vertrags zwischen Stadt und VfB Stuttgart über den Ausbau und die Nutzung des Gottlieb-Daimler-Stadion zugestimmt. Entsprechend diesem Vertrag beläuft sich die Refinanzierungsrate des VfB Stuttgart auf maximal 2,684 Mio. € (5,250 Mio. DM) pro Spielzeit.
Ein Anteil von 2,556 Mio. € (5,0 Mio. DM) errechnet sich ausschließlich aus dem jährlichen Netto-Erlös aus der Nutzung und Vermarktung der Logen und Business-Seats für alle VfB-Veranstaltungen.
Für die Zahlung dieses Betrages gelten folgende Vereinbarungen:
Netto-Erlöse des VfB
aus Vermarktung Logen und
Business-Seats pro Spielzeit
Zahlung an die Stadt
bis 2,5 Mio. DM (1,278 Mio. €)
Basisbetrag des VfB Stuttgart in Höhe der
bisherigen Vermarktungserlöse
keine Zahlung
ab 2,5 Mio. DM bis max. 7,5 Mio. DM (3,834 Mio. €)
bis maximal 5,0 Mio. DM (2,556 Mio. €)
ab 7,5 Mio. DM
keine Zahlung
Den verbleibenden Anteil von 0,128 Mio. € (0,250 Mio. DM) finanziert der VfB Stuttgart durch zusätzliche Einnahmen aus Akquisition und Vermarktung von zusätzlichen Veranstaltungen im Logen-/Loungebereich.
Die Refinanzierungsverpflichtung für den VfB Stuttgart beginnt entsprechend den bisherigen Bestimmungen des Vertrages ab Beginn der Saison 2001/2002.
2. Finanzsituation VfB Stuttgart
Der VfB Stuttgart befindet sich in einer sehr schwierigen finanziellen Situation, die nicht allein vom Verein zu verantworten ist. Durch die Insolvenz der Kirch-Gruppe entstehen in der Fußball-Bundesliga in der Saison 2002/2003 Mindereinnahmen aus TV-Rechten von insgesamt 70 Mio. €, in der Saison 2003/2004 Mindereinnahmen von insgesamt 170 Mio. €. Der VfB Stuttgart ist hiervon mit einem Ausfall von insgesamt 12,6 Mio. € (2002: 5,3 Mio. €, 2003: 7,3 Mio. €) betroffen.
Die Einnahmen aus dem Verkauf der Logen und Business-Seats blieben bisher, wie auch die Einnahmen aus den Zuschauer-Eintrittsgeldern, hinter den Erwartungen zurück. Die Logen und Business-Seats sind zu rd. 60 % bis 70 % verkauft. Der VfB Stuttgart führt den schleppenden Verkauf der Logen und Business-Seats auch auf die verspätete Fertigstellung der Bauarbeiten im Bereich des Vorgebäudes zurück.
Der VfB Stuttgart schöpft selbst alle eigenen Möglichkeiten zur Verbesserung seiner Finanzsituation aus. Dies gilt insbesondere auch für alle Marketing-Möglichkeiten. Für die Bundesligamannschaft wurden die Siegprämien gestrichen. Die Gespräche mit dem Mannschaftsrat über Gehaltskürzungen werden fortgesetzt. Durch Erfolge in den Pokalwettbewerben erhofft man sich zusätzliche Einnahmen. Der Verein hat darüber hinaus alle Einsparmöglichkeiten bei seinen laufenden Betriebsausgaben realisiert.
3. Beginn Refinanzierungsverpflichtung ab Saison 2003/2004
Die vorläufige Abrechnung des VfB Stuttgart über die Berechnung der Refinanzierungsrate in der Saison 2001/2002 ergibt, dass der VfB Stuttgart unter Berücksichtigung der vorstehenden Berechnungsgrundlagen einen Refinanzierungsbetrag für diesen Zeitraum von ca. 1,2 Mio. € an die Stadt zu leisten hätte. Die Vorausrechnung für die Saison 2002/2003 sieht einen Refinanzierungsbetrag von 1,4 bis 1,5 Mio. € vor.
Bei Festlegung der Refinanzierungsverpflichtung ab der Saison 2003/2004 könnte der VfB Stuttgart diese beiden Beträge zur Verbesserung seiner laufenden Jahresergebnisse und seiner Liquidität einsetzen. Die Zahlungsverpflichtung des VfB Stuttgart würde in vollem Umfang bestehen bleiben, sie würde jedoch nur zu einem späteren Zeitpunkt als ursprünglich im Vertrag vereinbart beginnen. Ansonsten bliebe der Vertrag unverändert.
Der VfB Stuttgart ist die einzige Mannschaft der 1. Fußball-Bundesliga in Baden-Württemberg. Er ist der Hauptnutzer des Gottlieb-Daimler-Stadions. Sollte der Verein die 1. Bundesliga nicht erhalten können, würde dies zu hohen Einnahmeausfällen bei der Stadt aus der Vermietung des Gottlieb-Daimler-Stadions führen, bei im wesentlichen nicht reduzierbaren Kapitalkosten und Unterhaltungsaufwendungen. Der VfB Stuttgart ist auch ein beträchtlicher Wirtschaftsfaktor. Der Verein generiert jährlich ein Steueraufkommen von ca. 13 Mio. € in Form von Lohn- und Einkommensteuern seiner Spieler und in Form von Umsatzsteuerzahlungen. Zu seinen Spielen kommen jährlich über 500.000 Besucher, die einen erheblichen Kaufkraftzuwachs verursachen. Außerdem trägt er zum Ruf der Sportstadt Stuttgart bei. Er ist täglich bundesweit in den Medien präsent. Seine TV-Endkontakte belaufen sich pro Saison weltweit auf rd. 1 Milliarde.
Der VfB Stuttgart ist somit ein bedeutender und wichtiger Werbe- und Imageträger sowie Standortfaktor, der für Stuttgart und die gesamte Region unverzichtbar ist. Die Landeshauptstadt Stuttgart hat deshalb großes Interesse daran, dass der Verein auch zukünftig erfolgreich in der 1. Bundesliga spielt. Durch die Neufestsetzung des Beginns der Refinanzierungsverpflichtung können, zusammen mit Maßnahmen, die der VfB Stuttgart ergriffen hat, die drängendsten finanziellen Probleme des Vereins gelöst werden.
4. Weitere Regelungen mit dem VfB Stuttgart
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Neue Namensgebung Gegentribüne
Die Stadt und die EnBW Energie Baden-Württemberg AG stehen in aussichtsreichen Verhandlungen, nach Fertigstellung der Sanierung der Gegentribüne im 3. Bauabschnitt der Modernisierung des Gottlieb-Daimler-Stadions zur Fußball-WM 2006, die Gegentribüne für einen noch abschließend festzulegenden Zeitraum, “EnBW-Tribüne” oder ähnlich zu benennen. Die EnBW wäre als Gegenleistung bereit, für diese Namensgebung der Stadt einen Finanzierungsbeitrag in Höhe von 4 Mio. € für die Investitionen im Bereich der Gegentribüne zu leisten.
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Schadensersatzansprüche des VfB Stuttgart
Der VfB Stuttgart hat im Zusammenhang mit der nicht termingerechten Fertigstellung des 2. Bauabschnitts der Modernisierung des Gottlieb-Daimler-Stadions gegenüber der Stadt Schadensersatzansprüche für entgangene Gewinne und zusätzlich bei ihm entstandene Aufwendungen in Höhe von rd. 497.000 € geltend gemacht. Im Rahmen der Verhandlungen mit dem VfB Stuttgart wurde bezüglich der Schadensersatzansprüche eine Regelung getroffen, nach der die Stadt Stuttgart Schadensersatz bis zu einem Betrag von 125.000 € leistet, sofern dieser im Einzelnen nachgewiesen wird. Mit der Neufestsetzung des Refinanzierungsbeginns wären weitere Ansprüche des VfB Stuttgart abgegolten.
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Zusatzvereinbarung Stadt und VfB Stuttgart
Stadt und VfB Stuttgart werden eine Zusatzvereinbarung zu dem Vertrag über den Ausbau und die Nutzung des Gottlieb-Daimler-Stadions abschließen, in dem der spätere Beginn der Refinanzierung sowie die beiden vorgenannten Punkte entsprechend geregelt werden. In dieser Zusatzvereinbarung werden außerdem auch einige aus dem Vertrag sich ergebende abrechnungstechnische Punkte geregelt.
II. Vertrag über die Refinanzierung der Sanierung des Waldau-Stadions zwischen der Landeshauptstadt Stuttgart und dem SV Stuttgarter Kickers
1. Bisherige Beschluss- und Vertragsgrundlagen
Der Gemeinderat hat am 23.06.1997 (GRDrs Nr. 275/1997) der Sanierung des Waldau-Stadions zugestimmt und festgelegt, dass die Gesamtkosten in Höhe von zwei Drittel des Aufwands durch höhere Einnahmen aus dem Betrieb des Waldau-Stadions refinanziert werden. Die Verwaltung wurde ermächtigt, mit den Stuttgarter Kickers eine entsprechende Vereinbarung abzuschließen.
Stadt und Stuttgarter Kickers haben am 23.07.1998 einen Vertrag über die Refinanzierung der Sanierung des Waldau-Stadions abgeschlossen. Die Stuttgarter Kickers haben damals in der 2. Bundesliga gespielt. Der Vertrag sah vor, dass die Stuttgarter Kickers ab der Saison 1998/1999 jährlich – auf die Dauer von 17 Jahren – einen Pauschalbetrag von 300.000 DM (153.387 €) als Refinanzierungsbeitrag leisten. Die Stuttgarter Kickers haben ihre Refinanzierungsverpflichtung dann auch vertragsgemäß erfüllt und bisher einen Refinanzierungsbeitrag von 750.000 DM (383.468 €) geleistet.
Der SV Stuttgarter Kickers ist nach Ablauf der Saison 2000/2001 aus der 2. Fußball-Bundesliga in die Regionalliga abgestiegen. Die hierdurch entstandenen finanziellen Auswirkungen für den Verein durch die deutlich reduzierten Einnahmen aus Fernsehgeldern bzw. Vermarktungseinnahmen haben bewirkt, dass die Stadt und Stuttgarter Kickers am 01.06.2001 vereinbart haben, dass ab der Saison 2001/2002 während der Zugehörigkeit zur Regionalliga die Refinanzierungsrate auf 100.000 DM (51.129 €)/Jahr festgesetzt wird und sich der bei einer Refinanzierungsrate von 300.000 DM (153.387 €) auf 17 Jahre festgelegte Refinanzierungszeitraum entsprechend verlängert.
2. Keine Refinanzierungsverpflichtung in der Saison 2001/2002 und 2002/2003
Die finanzielle Entwicklung der Stuttgarter Kickers in der Regionalliga, insbesondere durch die Reduzierung der Fernsehgelder von rd. 6 Mio. DM (3,067 Mio. €)/Saison in der 2. Bundesliga auf rd. 780.000 DM (398.807 €)/Jahr in der Regionalliga, haben dazu geführt, dass die Stuttgarter Kickers die Stadt gebeten haben, grundsätzlich auf eine Refinanzierungsrate in der Regionalliga zu verzichten. Hinzu kommt, dass die Vereine seit einem Jahr erhebliche Beiträge zur Berufsgenossenschaft abzuführen haben.
Mit den Stuttgarter Kickers wurde Einvernehmen erzielt, dass die Refinanzierungsrate auch bei Zugehörigkeit zur Regionalliga nicht dauerhaft ausgesetzt wird, sondern nur für die Spielzeiten 2001/2002 und 2002/2003 keine Refinanzierungsrate geleistet werden muss und sich die Refinanzierungsdauer entsprechend verlängert. Der Verein will diese Spielzeiten zu seiner finanziellen Konsolidierung nutzen, damit er ab der Saison 2003/2004 wieder die Refinanzierungsrate leisten kann.
Finanzielle Auswirkungen
Beteiligte Stellen
Dr. Wolfgang Schuster