Antrag vom 09/30/2009
Nr. 340/2009

Antrag
Stadträtinnen / Stadträte - Fraktionen

Bündnis 90/DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion
Betreff

Retten, was zu retten ist
Preiswerten Wohnungsbestand in und für Stuttgart sichern

Presseberichten zufolge drohen der LBBW weitere schwere Verluste. Ein „Spitzenbeamter aus dem Umfeld von Ministerpräsident Oettinger“ bringt bereits eine weitere notwendig werdende Kapitalerhöhung ins Gespräch.
Damit rücken die bei dem Beschluss zur Kapitalerhöhung im Frühjahr 2009 versprochenen Einnahmen in weite Ferne: „Im Ergebnis bedeutet dies, dass nach Kapitalerhöhung jährlich rund 105 Mio. EUR netto an Ausschüttungen und Verzinsung der stillen Einlage als Einnahmen den Stadthaushalten ab 2010 zufließen können“. (Zitat aus der GRDrs 48/2009).
Ein Geschäftsplan, der darlegt, wie bei einer jetzt beabsichtigten Halbierung des Bilanzvolumens wieder schwarze Zahlen erwirtschaftet werden sollen, wurde von der Bank bisher nicht vorgelegt. Zudem macht EU-Kommissarin Neelie Kroes harte Auflagen: Damit die Europäische Union die von ihren Gesellschaftern Stadt, Land und Sparkassenorganisation gewährte Beihilfe für die Bank genehmigt, wird sich die LBBW auf ihr Kerngeschäft reduzieren und sich von der Immobiliensparte trennen müssen.
Es wird somit für die Bank zunehmend schwerer, allein die Zinsen und Gebühren zu erwirtschaften, die sie nach den Vorgaben der EU ihren Eigentümern für die Rettungsmaßnahme zahlen muss. Mit den neuerlichen Verlusten scheint die bisherige – nur vorläufig genehmigte Eigenkapitalstütze – bereits zu großen Teilen „verbrannt“.
Mit dem angekündigten Verkauf der Immobiliensparte verliert die Beteiligung der Stadt Stuttgart an der LBBW nachhaltig an Wert. Hinzu kommt die Gewissheit, dass die Landesbanken auf Bundesebene völlig neu aufgestellt werden.
Die Stadt als Gesellschafterin der Bank hat die Kapitalerhöhung in Höhe von
946 Mio. EUR – und damit fast ihre kompletten Rücklagen – ohne Absicherung in realen Werten getätigt. Das macht keine Bank.


Wir beantragen daher:

1. Die Verwaltung prüft, wie eine nachträgliche Absicherung des städtischen Anteils an der Kapitalerhöhung erfolgen kann, wenn durch die EU-Vorgaben der sogenannte Rettungsschirm des Bundes doch in Anspruch genommen werden muss.


Um die Genehmigung durch die EU zu erreichen, wird und muss die Bank sich von ihrer ohnehin angeschlagenen Immobiliensparte trennen und sich auf ihr Kerngeschäft reduzieren.
Auch dann ist aber die LBBW derzeit ohne das von ihren Eigentümern zusätzlich eingebrachte Kapital nicht überlebensfähig, daher wäre eine Reduzierung des städtischen Anteils an der LBBW durch einen Abzug der für eine Kapitalerhöhung festgelegten Summe in Höhe von 946 Mio. EUR zum jetzigen Zeitpunkt falsch.
Fahrlässig und unverantwortlich wäre es aber auch, wenn wir als Miteigentümer der Bank zulassen würden, die Immobiliensparte der LBBW, insbesondere die öffentlich geförderten Wohnungen (Sozialwohnungen) an Spekulanten zu verkaufen.
Ein Weg, der Bank zu helfen, kann seitens der Stadt darin liegen, Wohnungen aus dem Wohnungsbestand der LBBW-Immobilien und deren Tochterunternehmen zu ermittelnden Marktpreisen zu übernehmen. Da der Wohnungsbestand voraussichtlich zu einem niedrigeren Buchwert in den Büchern aufgeführt ist, könnte die Bank durch den Verkauf an die Stadt stille Reserven heben, gebundene Mittel liquide machen und dem Eigenkapital zuführen. Steuerliche Fragen sind zu klären.
Gerade in einer Stadt wie Stuttgart, in der Wohnraum knapp und teuer ist, muss im Interesse des Gemeinwohls, im Sinne einer nachhaltigen Daseinsvorsorge und einer sozialen Wohnungspolitik darauf geachtet werden, dass auch mit öffentlichen Zuschüssen errichteter Wohnraum nicht in die Hände von Renditejägern fällt.


Wir beantragen daher weiter:

2. Die Stadt als Gesellschafterin fordert die Bank auf, ihr für alle die städtischen Interessen berührenden Verkaufsfälle im Bereich der wohnwirtschaftlichen wie gewerblichen Immobilien ein Vorkaufsrecht einzuräumen. Ersatzweise muss zumindest der Stadt ein Vetorecht eingeräumt werden, mit dem Ziel, dass die Stadt selbst erwirbt oder der Erwerb durch einen von der Stadt zu benennenden Dritten erfolgen kann. 3. Die Stadt fordert die Bank auf, darzulegen, welcher Wohnungs- und Gewerbeimmobilienbestand sich auf Stuttgarter Gemarkung im Eigentum der LBBW oder einer ihrer Tochtergesellschaften befindet, damit die städtische Verwaltung prüfen kann, welche Wohnungen und gewerbliche Immobilien sich ggf. zur Absicherung des städtischen Kapitals eignen würden.
4. Eine weitere Möglichkeit der Absicherung unserer städtischen Beteiligung an der LBBW wäre die komplette Übernahme der Eisenbahn-Siedlungsgesellschaft samt deren ca. 5.500 Wohnungen. Der weit überwiegende Teil der Wohnungen befindet sich in gutem Zustand und auf Stuttgarter Gemarkung. Diese Investition wäre wertbeständig, würde eine gute Absicherung der Kapitaleinlage darstellen, wäre selbst bei moderaten Miethöhen mit einer geringen, aber sicheren Langzeitrendite ausgestattet und wäre vor allem die Rettung bezahlbaren Wohnungsbestandes in und für Stuttgart.
5. Falls die Bank ihren Eigentümern diese Absicherung und das Vorkaufsrecht nicht gestattet, muss der Gemeinderat seine Beteiligung an der LBBW überdenken und erneut darüber entscheiden.


Muhterem Aras Werner Wölfle