Antrag vom 12/14/2007
Nr. 834/2007

Antrag
Stadträtinnen / Stadträte - Fraktionen

SPD-Gemeinderatsfraktion
Betreff

Beteiligung der Stadt an Stuttgart 21: Ja zu einem Bürgerentscheid – aber ohne Vorspiegelung falscher Tatsachen!

Die gestern veröffentlichte Beurteilung aller befassten Juristen innerhalb wie außerhalb Stuttgarts ist eindeutig: Das von den Grünen initiierte Bürgerbegehren zum Ausstieg aus Stuttgart 21ist rechtlich nicht zulässig. Damit bestätigen diese Gutachten die auch von Verwaltungsbürgermeister Murawski (Die GRÜNEN!) vertretene Ablehnung des Begehrens. Der Vorwurf angeblicher „juristischer Winkelzüge“ ist als reine populistische Stimmungsmache entlarvt worden. Die Grünen haben damit enorm an politischer Glaubwürdigkeit eingebüßt.

Eine Gemeinderatsfraktion, die politisch ernst genommen werden will, kann sich über die jetzt vorliegenden rechtlichen Feststellungen nicht hinwegsetzen. Die SPD wird daher das vorliegende Bürgerbegehren ablehnen.

Dessen ungeachtet ist in den letzten Wochen klar geworden: Das Zukunftsprojekt Stuttgart 21 ist bei vielen Bürgerinnen und Bürgern noch nicht angekommen bzw. wieder abgefahren - zu lang war die Hängepartie, zu verschlafen waren alle Projektbeteiligten. Die über 60 000 Unterschriften für das Bürgerbegehren haben dies massiv bestätigt. Schlimm genug, dass sich diese Bürgerinnen und Bürger nun vor den Kopf gestoßen fühlen. Dafür sind die Grünen als maßgeblich Beteiligte verantwortlich.

Aber auch Oberbürgermeister Schuster trägt ein gerütteltes Maß Verantwortung. Durch seine Abmachung im OB-Wahlkampf 2004 mit dem Grünen-Kandidaten Palmer, bei „erheblichen Mehrkosten“ für die Stadt Stuttgart den Entscheid selbst in die Wege zu leiten, hat er hohe Erwartungen geweckt. Bei vielen Menschen wurde bewusst der Anschein erzeugt, ein Bürgerentscheid über Stuttgart 21 sei grundsätzlich möglich gewesen. Die SPD hatte daran schon immer große Zweifel, weil Stuttgart 21 in erster Linie ein Projekt der Bahn und des Bundes ist.

Oberbürgermeister Schuster erklärt jetzt - erstmals im Interview mit der Stuttgarter Zeitung vom
7. Dezember 2007 -, dass es „[...] auch rechtlich keine Möglichkeit [gibt], aus dem Projekt auszusteigen“. Diese Aussage bedeutet eine grundsätzliche Absage an einen Bürgerentscheid im Zusammenhang mit
Stuttgart 21. Mindestens von Außen betrachtet steht diese Auffassung im Widerspruch zur damaligen Wahlkampfvereinbarung, die aus Gründen der Glaubwürdigkeit eine Erklärung erfordert.

Die SPD nimmt die Befürchtungen und Ängste in der Bürgerschaft sehr ernst und führt deshalb derzeit zahlreiche Diskussionsveranstaltungen durch, um über die einzigartigen Chancen des Jahrhundertprojekts zu informieren. Dies werden wir auch im Rahmen der breiten, parteiübergreifenden Initiative ProStuttgart21 tun. Wir sind nach wie vor von Stuttgart 21 (besser gesagt: Baden-Württemberg 21) überzeugt – verkehrspolitisch, stadtentwicklungspolitisch, ökonomisch und ökologisch.

Da sich das laufende Bürgerbegehren von Intention und Wortwahl her klar gegen das Zukunftsprojekt Stuttgart 21 wendet, konnten wir dieses im Übrigen auch aus diesem Grund nicht unterstützen.

Dessen ungeachtet stehen wir ausdrücklich – voll und ganz – zu unseren Überzeugungen zu mehr direkter Demokratie in der Landeshauptstadt. Mit zahlreichen Vorstößen im Rathaus und im Landtag haben wir dies in den letzten Jahren immer wieder unter Beweis gestellt. Die über 60 000 Unterschriften im Hinblick auf Stuttgart 21 haben nun eindrucksvoll deutlich gemacht, dass der Wunsch auf mehr Mitwirkung und Mitentscheidung hoch ist.

Angesichts der eingetretenen Fakten stellt sich die Frage, welche rechtliche Handlungsspielräume heute überhaupt bestehen.

Vor diesem Hintergrund beantragen wir:

Der Oberbürgermeister legt im Rahmen der Sitzung des Gemeinderats am 20. Dezember 2007 dar, ob er einen rechtlichen Spielraum sieht, unabhängig vom laufenden Bürgerbegehren einen zulässigen, echten Bürgerentscheid über die Beteiligung der Stadt Stuttgart am Projekt Stuttgart 21 durchzuführen.

Wenn es eine solche Möglichkeit gibt, legt der Oberbürgermeister dem Gemeinderat eine entsprechende Formulierung für einen Bürgerentscheid vor. Die SPD wird diesem zustimmen.



Manfred Kanzleiter Annette Sawade Monika Wüst
Fraktionsvorsitzender Stv. Fraktionsvorsitzende Stv. Fraktionsvorsitzende



Andreas Reißig Dr. Rainer Kußmaul