Antrag vom 02/23/2006
Nr. 66/2006

Antrag
Stadträtinnen / Stadträte - Fraktionen

Dr. Löffler Reinhard (CDU), Heinz Elisabeth (CDU), Schmid Roland (CDU), Haug Marion (CDU), Prof. Dr. Loos Dorit (CDU), Pfau Ursula (CDU)
Betreff

Alternative Finanzierung eines Tunnelsystems entlang der B 10 / B 27

In einem industriellen Ballungsraum wie der Region Stuttgart ist die Sicherung von Mobilität eine entscheidende Voraussetzung für die wirtschaftliche Leistungskraft. Eine gute und effiziente Ausstattung mit Verkehrswegen begünstigt den nationalen und internationalen Standortwettbewerb und führt zu mehr wirtschaftlichem Wachstum und Beschäftigung. Zu einer effizienten Infrastruktur gehören alle Verkehrsträger, vornehmlich jedoch ein qualitatives Straßennetz. Durch die topographische Lage der LHS ist die Verkehrsführung eine städtebauliche Herausforderung. Überlastungen des Straßennetzes führen zu Kostensteigerung, verursachen Verkehrsunfälle, mindern die Lebensqualität und führen nicht zuletzt wegen der Feinstaubemissionen zu Belastungen für den menschlichen Organismus.

Eine besonders neuralgische Strecke ist die B 10 / B 27, die durch die Stadtteile Zuffenhausen, Stammheim, Feuerbach bis zur Wilhelma führt. Mit dem vierspurigen Ausbau der Heilbronner Straße, dem Pragtunnel und dem projektierten Rosensteintunnel sind wichtige Voraussetzungen für eine flüssige und verbesserte Verkehrsführung geschaffen. Dem ungeachtet stellt nach wie vor der Übergang der B10 (Friedrichswahl) in die Heilbronner Strasse, insbesondere die O-förmige Trassenführung ein Engpass dar, der in Spitzenzeiten zu kilometerlangen Rückstaus auf der B 10 in Richtung Zuffenhausen führt. Hinzu kommt, dass die mehrspurige B 10 eine erhebliche Umweltbelastung für die Bürger in Zuffenhausen mit sich bringt.

Eine befriedigende Lösung könnte nur dadurch erreicht werden, dass die B 10 von der Zabergäubrücke bis Friedrichswahl vollständig untertunnelt würde. Allein dieses Projekt würde nach Vorlage eines Gutachtens ca. 200 Millionen Euro verschlingen. Weder im kommunalen Haushalt der LHS noch im Bundesverkehrswegeplan sind die Mittel vorhanden, die Finanzierung eines solchen Tunnelprojekts in absehbarer Zeit zu realisieren. So enthält der Bundesverkehrswegeplan für die Jahre bis 2015 nur noch so viele Projekte, wie in der vorgesehenen Laufzeit finanziert werden sollen. Sowohl dieser Tunnel wie auch der Rosensteintunnel fallen nicht in die Liste des Bundesverkehrswegeplans. Die Finanzierung mit öffentlichen Mittel ist somit nicht gesichert, eine Realisierung der Tunnelprojekte daher unwahrscheinlich.

Am 30.06.2005 hat der Bundestag das PPP-Beschleunigungsgesetz beschlossen (BT-Drs. 15/5859). Dieses Artikelgesetz änderte sieben Gesetze und Verordnungen unter ihnen auch das Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz. Betreiben Private eine Verkehrsinfrastruktur haben sie die Wahlmöglichkeit zwischen einem privatrechtlichen Entgelt oder einer öffentlichrechtlichen Gebühr (Maut). Erklärt oder beantragt der Private die Mautgebühr als privatrechtliches Entgelt zu erheben, so bedarf die Mautgebühr der Genehmigung durch die oberste Landesstrassenbaubehörde und der Zustimmung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Wohnungswesen. Will der Private die Mautgebühr als öffentlichrechtliche Gebühr erheben, ist die Landesregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Höhe der Mautgebühr zu bestimmen.

Diese Wahlmöglichkeit erhöht die Attraktivität für private Betreiber Verkehrsinfrastruktur zu errichten und zu betreiben. Unterstellt, man könnte eine Mautgebühr von EUR 1,- fordern und das tägliche Verkehrsaufkommen bewegt sich zwischen 60.000 und 80.000 Fahrzeugen – was der augenblicklichen Verkehrszählung entspricht - könnten sich die jährlichen Bruttoeinnahmen zwischen ca. 22 Mill. und 30 Mill. Euro belaufen. Infrastruktur- und Betriebskosten amortisieren sich nach ca. 10 Jahren. Die angenommen Höhe der Mautgebühr von EUR 1,- stellt auch für den privaten Autoverkehr unter Berücksichtigung des Zeit- und Energieaufwands einen Vorteil dar.

Die Mauterfassung müsste vergleichbar dem Modell der City Maut in London durch computergesteuerte Kameraüberwachung erfolgen. Die Bezahlung erfolgt durch Vignette oder elektronisch. Die Erfahrungen in London lassen sich übertragen.

Mit der Realisierung eines privat erstellten und privat betriebenen Tunnelsystems (einschließlich des Rosensteintunnels) erhöht sich nicht nur die Wohn- und Lebensqualität in den betroffenen Stadtteilen, es verbessern sich die Verkehrsflüsse und Umweltbelastung. Standortnachteile wandeln sich in Standortvorteile. Mittelbar gewinnt auch die Region, zumal das Güterverkehrszentrum in Kornwestheim – mit einem zu erwarteten Mehrverkehr - verbesserte Anschlüsse an die Bundesfernstraßen erhält. Die frei werdende oberirdische Straßenflächen - insbesondere im Bereich Friedrichswahl - könnten für Gewerbeansiedlung nutzbar gemacht werden.

Wir fragen an:

1. Ist die Errichtung und der Betrieb eines privaten Tunnelsystems “Zabergäubrücke – Friedrichswahl” und “Rosenstein” eine Alternative zu einer öffentlichen (ungesicherten) Finanzierung?

2. Könnte die LHS, die Region oder das Land als Mitgesellschafter einer Privat Public Partnership (PPP) – ggfls. auch mittels eines offenen Immobilienfonds (siehe Art. 7 des PPP-Beschleunigungsgesetzes) – durchführen?

3. Ist die Finanzierung beider Tunnelprojekte ausschließlich mit öffentlichen Mitteln überhaupt mittel- und langfristig realisierbar?

4. Könnte sich die Verwaltung bei einem PPP-Projekt ein Wirtschaftlichkeitsmodell vorstellen, das eine vernünftige Rendite über einen Zeitraum von 30 Jahren gewährleistet?



Dr. Reinhard Löffler Elisabeth Heinz Marion Haug



Prof. Dr. Dorit Loos Roland Schmid Ursula Pfau