Antrag vom 10/02/2003
Nr. 273/2003

Antrag
Stadträtinnen / Stadträte - Fraktionen

SPD-Gemeinderatsfraktion
Betreff

Neues angehen – und Bewährtes erhalten!
Zur beruflichen Integration chancenarmer junger Menschen (GRDrs 713/2003)

Neues angehen – und Bewährtes erhalten!
Zur beruflichen Integration chancenarmer junger Menschen (GRDrs 713/2003)


Die Verwaltungsvorlage “Berufliche Integration chancenarmer junger Menschen” (GRDrs 713/2003) führt die verschlechterte Situation für junge Leute beim Übergang ins Erwerbsleben deutlich vor Augen. Aufgrund des Anstiegs an Schulabgängern und arbeitslos gemeldeten Jugendlichen, des Rückgangs an Ausbildungsstellen sowie des höheren Andrangs an weiterführenden Schulen gibt es auch in Stuttgart im Vergleich zu den vergangenen Jahren mehr junge Frauen und Männer, die ohne konkrete Perspektiven sind.

Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, schlägt die Verwaltung nun umfangreiche konzeptionelle und strukturelle Veränderungen der bestehenden Angebote zur beruflichen Integration junger Menschen vor. Wir unterstützen dabei ausdrücklich das neue Kernkonzept “400 plus Zukunft”; eröffnet es doch neue Potentiale für mehr Passgenauigkeit und Zielgerichtetheit durch eine optimierte Abstimmung zwischen Berufsberatung bzw. Arbeitsamt einerseits und Jugendamt andererseits unter Einbezug bestehender Träger.

Davon abgesehen stellt sich allerdings die Frage, ob bestehende, in der Vorlage auf den Prüfstand gestellte Angebote im Zuge der Umstrukturierungen tatsächlich eingeschränkt werden bzw. gar wegfallen sollten; schließlich leisten sie seit vielen Jahren bewährte und effiziente Arbeit bei der beruflichen Integration von jungen Menschen. Ein Abbau der Angebote “unterm Strich” kommt für die SPD jedenfalls nicht in Frage.

Unter dem Leitgedanken “Neues angehen – und Bewährtes erhalten!” stellen wir nachfolgende Fragen – und einige von der Vorlage abweichende Positionen im Jugendhilfeausschuss am
13. Oktober 2003 zur Abstimmung.

Schulungs- und Medienservice-Center (ZORA)

Es ist richtig, dass 80 Prozent der Nutzerinnen über 27 Jahre alt sind und damit das Jugendamt nicht die richtige Förderadresse ist. Gleichwohl ist dieses in Stuttgart einzigartige niederschwellige Angebot für Frauen zum Erlernen des Umgangs mit Bürokommunikationsmitteln nach wie vor sinnvoll und wichtig. Dennoch hat sich die Wirtschafts- und Arbeitsförderung (OB/82) offenkundig gegen eine Förderung ausgesprochen.

Wir fragen:

Sieht die Stadtverwaltung andere Wege der Förderung als über das Jugendamt, um dieses Angebot aufrechtzuerhalten?

Anna-Haag-Haus (Servicezentrum für hauswirtschaftliche Hilfen)

Das Anna-Haag-Haus hat sich zum Bildungsträger für Hauswirtschaft und Pflege für schwervermittelbare Mädchen und Frauen in Stuttgart entwickelt. Ein Part dabei ist das 1995 eingerichtete hauswirtschaftliche Servicezentrum mit Dienstleistungen für Privathaushalte und Firmen. Es arbeitet so erfolgreich, dass sogar eine Ausweitung denkbar wäre. Inzwischen werden die Dauerarbeitsplätze allerdings von Frauen über 27 Jahren belegt, so dass eine Förderung über das Jugendamt nicht mehr zu rechtfertigen ist.

Wir beantragen:

Die Förderung für das Anna-Haag-Haus (Servicezentrum für hauswirtschaftliche Hilfen) wird beibehalten. Entweder geschieht dies, wie bereits früher, durch das Sozialamt (Rückgabe und alleinige Verwaltung der seitherigen Finanzmittel dort), oder es ist ein anderes Programm – evtl. von der Wirtschafts- und Arbeitsförderung – aufzulegen.

Mädchenwerkstatt

Der geschlechtsspezifische Ansatz, das Berufswahlspektrum für Mädchen mit verschiedenen kulturellen Hintergründen zu erweitern, ist und bleibt richtig. Die Mädchenwerkstatt leistet hier wertvolle praxisbezogene Arbeit. Die Vorlage erwähnt zwar auf S. 12 zurecht auch die bisherigen Schwachstellen; aus der halben Seite geht aber überhaupt nicht hervor, wie dies ein Etikett namens “Fit for life” besser machen würde.

Wir beantragen:

Die Verwaltung legt bis zur bevorstehen Sitzung des Jugendhilfeausschusses – nicht erst im Frühjahr 2004 – ein aussagekräftiges Konzept zur Fortentwicklung der Mädchenwerkstatt vor. Entscheidend ist dabei die Feststellung, den bisherigen Ansatz nicht einzuschränken, sondern – im Gegenteil – auszuweiten. Dabei soll die Zusammenarbeit mit den Schulen erweitert und, quasi als Zielvorgabe, mindestens ein derartiges Angebot in jeder Region des Stuttgarter Jugendhaus e.V. eingerichtet werden.

Falls ein aussagekräftiges Konzept nicht vorgelegt wird, ist der Beschlusspunkt 6 zurückzustellen oder ggf. abzulehnen.

Jugendbüro Hallschlag:

Beschlusspunkt 2 sieht unter anderem die Beendigung der Förderung des Jugendbüros Hallschlag vor; hauptsächlich mit dem Argument, dies sei eine Doppelstruktur zu JobConnections und zu den Einrichtungen vor Ort (siehe Vorlage S. 16). Nun kommt aber nicht zuletzt der aktuelle Bericht “Wohnen in der Großstadt/Stadtbezirk Bad Cannstatt” zu dem Schluss, dass “die vorhandene 50-Prozent-Stelle ... nicht aus[reicht], um den großen Bedarf abzudecken. Da gerade im Hallschlag der Anteil der Jugendarbeitslosigkeit sehr hoch ist, sollte dieses Angebot unbedingt erweitert (!) werden, um bereits an den Schulen diesem Problem entgegenzuwirken”. (S. 43). Es besteht also unzweifelhaft ein außerordentlicher Bedarf an Integrationsmaßnahmen zur Berufsvorbereitung im Stadtteil Hallschlag.

Wir beantragen:

Der Schaffung einer zusätzlichen Beraterstelle (Beschlusspunkt 4) wird unter der Voraussetzung zugestimmt, dass ein veritables, regelmäßiges Beratungsangebot im Hallschlag erhalten bleibt. Die Verwaltung klärt, ob durch verbindliche Zusammenarbeitsregelungen, z.B. mit den örtlichen Schulen und Angeboten der Arbeitshilfe, diese Beratungsstelle organisatorisch als Außenstelle von JobConnections geführt werden kann. Ggf. werden andere Zuordnungsvorschläge gemacht. Als Räumlicheit kann das schon eingeführte bisherige Beratungsbüro im Jugendhaus weiter genutzt werden.




Gisela Abt Marita Gröger



Annette Sawade Monika Wüst