Antrag vom 10/26/2001
Nr. 445/2001

Antrag
Stadträtinnen / Stadträte - Fraktionen

SPD-Gemeinderatsfraktion
Betreff

Höherschwellig statt niederschwellig? Wider die “Fusionitis”!
Ablehnung der Zusammenlegung von Erziehungsberatungsstellen und Allgemeinen Sozialen Diensten

Wir beantragen:
  1. Die Verwaltung stellt die laufenden Überlegungen zu einer Fusion von Erziehungsberatungsstelle und Allgemeinen Sozialen Diensten ein. Andere Möglichkeiten und Modelle zur Optimierung der Kooperation der beiden Institutionen, wie sie in Weilimdorf/Feuerbach und Zuffenhausen/Stammheim/Mühlhausen praktiziert und weiterentwickelt werden, sind wünschenswert und werden bis zum Sommer 2002 im Jugendhilfeausschuss vorgestellt.
  2. Was die Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche in Zuffenhausen betrifft, wird in einem ersten Schritt die vakante Stelle der Diplom-Psychologin sofort neu besetzt. In einem zweiten Schritt soll eine weitere Diplom-Psychologen-Stelle bzw. entsprechend der Bedarfslage und der Richtlinien für Feuerbach/Weilimdorf ein weiteres Team mit drei Planstellen für Fachkräfte und einer für Sekretariat eingerichtet werden.

    Diese Beratungsstelle konnte im letzten Jahr bei 105 Familien die fachlich vertretbare Obergrenze von vier Wochen Wartezeit zwischen Anmeldung und Erstgespräch nicht mehr einhalten. Zusätzlich wurde zum Jahresende 2000 eine durch Pensionierung einer Diplom-Psychologin freiwerdende Stelle (80 %) nicht neu besetzt.
  3. Darüber hinaus stellt die Verwaltung dar, wie sie den Umfang des muttersprachlichen Schwerpunkts (Stichwort: Deutscher Jugendhilfepreis 2000!) in der Erziehungsberatungsstelle Wangen wieder auf den bisherigen Stand bringen will. Bisher wurde die Leitungsstelle (bis Juli besetzt durch den neuen Integrationsbeauftragten Gari Pavkovic) weder wiederbesetzt noch ausgeschrieben. Die Beratungskapazität für die Familien in Stuttgart-Ost und in den Oberen Neckarvororten und die muttersprachliche Kompetenz der Beratungsstelle ist zu sichern.

Begründung:

Bekanntermaßen laufen im Jugendamt seit geraumer Zeit Überlegungen zu einer Fusion von Allgemeinen Sozialen Diensten (ASD) und Psychologischen Erziehungsberatungsstellen (EB) in Stuttgart.

Eine Fusion von ASD und EB ist aus Sicht der SPD klar abzulehnen. Begründet ist unsere Abweisung in den unterschiedlichen Aufgaben bzw. Zielsetzungen der beiden Institutionen: Leistungserbringung der Beratungsstellen einerseits und Leistungsgewährung des ASD andererseits. Die Profile der beiden Einrichtungen sind wie folgt gekennzeichnet:

Zweifellos haben Beratungsstellen und ASD damit als Beratungs- und Hilfeangebote in der psychosozialen Grundversorgung von Eltern, Kindern und Jugendlichen rein grundsätzlich einige Schnittstellen zu verzeichnen. Bei einer Fusion fände jedoch eine Verquickung von unterschiedlichen Zuständigkeiten statt, die Anonymität und Vertraulichkeit weniger gewährleisten könnte als die zwei getrennten Dienste. So müssten zum Beispiel Familien, die unbürokratisch nur ein oder zwei Beratungsgespräche wegen Erziehungsfragen haben wollen, in dieselbe Einrichtung kommen, die für sie auch für andere, “heiklere” Fragestellungen zuständig ist (zum Beispiel beim Nachgehen von Hinweisen auf eine Kindeswohlgefährdung im Rahmen des Kinderschutzes, etc.).

Das Vorhandensein von Schnittstellen bedeutet also nicht, dass es keine Unterschiede in den Arbeitsschwerpunkten der verschiedenen Dienste gibt. Das besondere Leistungsprofil der EB, nämlich freiwilliges Angebot mit therapeutischem Setting, ginge bei einer Zusammenlegung verloren. Außerdem sind die Hauptnutzer des ASD nachweislich Alleinerziehende; bei den EB besteht die Klientel aber zu über der Hälfte aus Familien. Eine Vermischung der Arbeitsprofile von ASB und EB würde hier mehr zu Verwirrung, als zu Transparenz bei Nutzern und Multiplikatoren beitragen. Bei der Kinder- und Jugendpsychiatrie, den problem- und zielgruppenspezifischen Beratungsstellen (zum Beispiel Kinderschutzzentrum, Kobra), dem Elternseminar, der Jugend- und Drogenberatung und der psychologischen Ehe- und Lebensberatung kommt eine Fusion trotz inhaltlicher Überschneidungen doch auch nicht in Betracht!





Dr. Rainer Kußmaul Edeltraud Hollay Manfred Kanzleiter
Fraktionsvorsitzender Stv. Fraktionsvorsitzende Stellv. Fraktionsvorsitzender




Andreas Reißig Gisela Abt Marita Gröger




Annette Sawade