Antrag vom 12/07/2009
Nr. 712/2009

Antrag
Stadträtinnen / Stadträte - Fraktionen

Bündnis 90/DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion, SPD-Gemeinderatsfraktion, SÖS und LINKE Fraktionsgemeinschaft
Betreff

Neuorganisation SGB II
Erfolgreiche Integrationsarbeit des JobCenters kommunal fortsetzen

Das JobCenter hat die arbeitsmarkpolitische Kompetenz der Agentur für Arbeit und die Erfahrungen der Stadt aus der Fürsorgetradition zusammengeführt und daraus eine eigene Fachlichkeit im Umgang mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und der Ausgestaltung von wirksamen Angeboten entwickelt. Diese leistungsfähige Organisationseinheit ist durch die geplante getrennte Aufgabenwahrnehmung zur SGB II Umsetzung in ihrem Bestand bedroht. Das tragende Element, eine stringente Angebots- und Fallsteuerung, die sich an den individuellen Erfordernissen der Arbeitsuchenden und ihrer Lebenswelt orientiert, wird aufgegeben. Der Einfluss der Kommunen auf die Arbeitsmarkt- und Integrationsprogramme wird geradezu bedeutungslos. Sie werden künftig nur noch beratend ohne Bindungswirkung beteiligt werden.

In zentralen Fragestellungen des Leistungsrechts – wie der Feststellung der Erwerbsfähigkeit und der Einkommens- und Vermögensbetrachtung – sind rechtlich hoch umstrittene und für die Kommunen nicht hinnehmbare Vorfestlegungen durch die Agentur für Arbeit vorgesehen. Hierdurch sind auch Verwerfungen im Bereich der Kosten der Unterkunft und dem sensiblen Bereich der Wohnungssicherung nicht ausgeschlossen.

Das JobCenter Stuttgart erbringt heute in einem schwierigen Umfeld eine anspruchvolle soziale Dienstleistung für Menschen mit geringen Integrationschancen. Die Vermittlung, Qualifizierung und Beratung hat ein hohes Niveau erreicht und entspricht den konkreten Anforderungen der Menschen vor Ort, in ihren Lebensbezügen. Die Zusammenarbeit des JobCenters mit den Trägern der sozial-integrativen Leistungen der Stadt und der Wohlfahrtspflege ist auf das Beste geregelt. Die Abläufe sind abgestimmt, die Unterstützung fügt sich zu einem effektiven Hilfeprozess zusammen.

Eine getrennte Aufgabenwahrnehmung wird komplizierter, aufwändiger und für beide Träger deutlich teurer. Doppelstrukturen mit komplizierten, fehlerträchtigen Abstimmungsprozessen sind unvermeidbar. Sie sind in den bisher vorgelegten Entwürfen zur Ausgestaltung der Zusammenarbeit bereits in aller Deutlichkeit beschrieben. Das Geld und die Energie, die hierfür gebraucht werden, fehlen für die kundenfreundliche Gestaltung der Geschäftsabläufe.
Die steigende Arbeitslosigkeit in Stuttgart und der Region wird die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des JobCenters in den nächsten beiden Jahren in besonderem Maß fordern. Die getrennte Trägerschaft ist für viele motivierte JobCenter-Fachkräfte keine persönliche Perspektive. Es ist zu befürchten, dass sie sich neu orientieren und mit ihrem Weggang eine ausgezeichnete Fachlichkeit verloren geht. Dies auszugleichen, wird auch für die Agentur ein ausgesprochen ernstes Problem.

Das JobCenter hat unter kommunaler Federführung in der Trägerversammlung seine Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt. Es ist als Organisationseinheit weitgehend geschlossen und kann ohne größere Probleme in die kommunale Trägerschaft überführt werden.


Wir beantragen daher:

1. Die Landeshauptstadt Stuttgart lehnt die geplante getrennte Aufgabenwahrnehmung zur SGB II Umsetzung ab und fordert den Städtetag und die Landesregierung auf, sich eindeutig für die Erweiterung der Optionsmöglichkeit einzusetzen.

2. Sie erklärt bereits jetzt ihre Absicht, die Möglichkeit der Option zu nutzen, sofern dies auf der Grundlage der bisherigen Regelungen möglich ist, und beantragt bereits jetzt vorsorglich die Zulassung als Optionskommune beim Land.


Werner Wölfle Dr. Roswitha Blind Hannes Rockenbauch
Bündnis 90 / DIE GRÜNEN- SPD-Gemeinderatsfraktion SÖS und LINKE
Gemeinderatsfraktion Fraktionsgemeinschaft