Antrag
vom
11/28/2000
Nr.
717/2000
Antrag
Stadträtinnen / Stadträte - Fraktionen
SPD-Gemeinderatsfraktion
Betreff
Revitalisierung der Stadtteile der 50er bis 70er Jahre - "Die soziale Stadt" -
Weiteres Vorgehen
1. Ein wichtiger politischer Schwerpunkt:
Revitalisierung der Stadtteile der 50er und 70er Jahre
"Die Neubaugebiete der 50er bis 70er Jahre waren bei ihrem Erstbezug gefragte Adressen, insbesondere für junge Familien. Die Stadtteile waren attraktiv, weil die Neubauwohnungen eine gute Qualität aufwiesen, relativ schnell alle notwendigen Infrastruktureinrichtungen zur Verfügung standen und die Einwohnerschaft i.d.R. durch bürgerschaftliche Aktivitäten eine eigene Identität entwickeln konnte.
In der Zwischenzeit ist jedoch zu spüren, dass Anstrengungen aller Beteiligten erforderlich sind, damit problematische Entwicklungen nicht überhand nehmen. Dies betrifft sowohl die bauliche Seite, als auch die sonstigen Voraussetzungen für ein spannungsfreies Zusammenleben. Nicht zuletzt muss bei notwendigen Überlegungen auch das Image der Stadtteile ins Auge gefasst werden."
Der Inhalt dieses Zitats aus dem Antrag der SPD-Fraktion vom 19.11.1998 wurde inzwischen vielfach bestätigt. Alle Fachleute und eine große Zahl betroffener Einwohnerinnen und Einwohner sind der Auffassung, dass ein wesentlicher Handlungsbedarf gegeben ist. Die durch unseren Antrag initiierten Untersuchungen und die eingeleiteten Maßnahmen zeigen, dass die Stadt Stuttgart den richtigen Weg eingeschlagen hat. Noch ist jedoch nicht allen Beteiligten klar, dass es sich bei der Revitalisierung der betroffenen Wohngebiete um eine der großen Herausforderungen der Stadtentwicklung in Stuttgart handelt. Vom Erfolg hängt viel ab. Angesichts der demografischen Entwicklung und der veränderten Anforderungen des Arbeitsmarktes unter den Bedingungen der Globalisierung geht es nicht zuletzt um das friedliche Zusammenleben in unserer Stadt und um ihre Zukunftsfähigkeit.
Notwendig sind zweifellos auch erhebliche eigene finanzielle Anstrengungen, die in ihrer Wichtigkeit zentralen Infrasrukturinvestitionen nicht nachstehen. Die Handlungsmöglichkeiten der Stadt dürfen sich deshalb nicht auf jene Maßnahmen beschränken, die mit Mitteln des Bund-Länder-Programms "Die soziale Stadt" finanzierbar sind.
Die SPD-Fraktion hält es für notwendig, und beantragt deshalb
Die Revitalisierung der Stadtteile der 50er bis 70er Jahre wird für die nächsten Jahre zu einem politischen Schwerpunkt der Kommunalpolitik erklärt.
In ein zu entwickelndes Programm werden in rasch aufeinander folgenden Schritten alle in Frage kommenden Stadtteile einbezogen.
(Die in der GRDrs. 951/2000 enthaltenen Vorschläge werden entsprechend ergänzt)
2. Die notwendigen organisatorischen Voraussetzungen schaffen und die
erforderlichen Mittel zur Verfügung stellen
Seit zwei Jahren befasst sich die Verwaltung mit dem Programm "Die soziale Stadt", das in Freiberg und Mönchfeld unter wesentlicher Beteiligung der Bevölkerung als Pilotprojekt durchgeführt wird.
Es ist an der Zeit, zu bewerten, wie sich beim Projekt "Die soziale Stadt" die einzelnen Verfahrensschritte von denen in üblichen Sanierungsverfahren abheben ( z.B. bei der vorbereitenden Untersuchung mit Anfertigung einer Sozialstudie, bei der Erhebung aller bereits im Gebiet aktiven Gruppen, bei der Bürgerbefragung und offenen Bürgerbeteiligung, der Einrichtung eines Stadtteilmanagements) und welche positiven und negativen Erfahrungen bei der Umsetzung innerhalb der Verwaltung gemacht wurden.
Diese Schwerpunktaufgabe erfordert neben den finanziellen Mitteln auch entsprechende arbeitsorganisatorische Maßnahmen und personelle Ressourcen.
Zur effektiven Bearbeitung des von uns vorgeschlagenen politischen Schwerpunktes bedarf es klarer Projektstrukturen, in die neben den zuständigen Referaten ( insbesondere St, WK, SJG und F, sowie in geeigneter Weise das Stadtteilmanagement ) auch der Gemeinderat eingebunden ist. Es bietet sich an, ähnlich wie beim Projekt "Gesamtsteuerung" vorzugehen.
Notwendig ist natürlich auch die Bereitstellung der erforderlichen Personalkapazitäten.
Wir beantragen deshalb:
Die Verwaltung erstellt bis März 2001 den vorstehend beschriebenen Bericht zum Projekt "Die soziale Stadt".
Die notwendigen Entscheidungen zur künftigen Projektstruktur werden im Reform- und Strukturausschuss erörtert und dann im UTA, WA und VA beschlossen.
Eventuell notwendige zusätzliche Stellen sind im Vorgriff auf den Stellenplan 2002/2003 zu schaffen.
3. Mögliches schnell realisieren
In unserem Antrag Nr. 447/2000 zum Thema "Realisierung der Projekte aus der offenen Bürgerbeteiligung in Freiberg und Mönchfeld" haben wir um eine Darstellung der Realisierbarkeit der von den Projektgruppen vorgeschlagenen Maßnahmen gebeten.
(Wir wissen, dass sich einige der entwickelten Maßnahen bereits in der Vorbereitungsphase befinden, z.B. Sanierung des Jugendhauses.)
Wir beantragen:
Die Verwaltung stellt dar, wie sie die Realisierbarkeit der vorgeschlagenen Maßnahmen aus der offenen Bürgerbeteiligung unter folgenden Kriterien einschätzt:
-Grad der Realisierungschancen
-Zeitrahmen der Durchführung
-Finanzierungsmöglichkeit im Rahmen des Fördervolumens
-Beteiligungsmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger bei der Umsetzung
4. Bürgerschaftliche Initiativen stärken
Neben dem besonderen Sanierungsverfahren "Die soziale Stadt"
bestehen in weiteren Stadtteilen bürgerschaftliche Initiativen (z.B. Runde Tische Neugereut und Hallschlag, lokale Agenda Fasanenhof, u.a.). Diese werden eigenständig, bzw. teilweise durch die Verwaltung moderiert, um Verbesserungen in den Stadtteilen zu erreichen. Diese Aktivitäten bedürfen einer noch stärkeren Unterstützung durch die Verwaltung und den Gemeinderat.
(Wenn wegen mangelnder personeller Kapazitäten, unklarer, bzw. intransparenter Zuständigkeiten und fehlender Mittel zur Förderung bürgerschaftlichen Engagements bei der Bevölkerung der Eindruck entsteht, eher Störfaktor statt willkommen zu sein, ist dies kontraproduktiv.)
Wir beantragen deshalb:
Die Verwaltung wertet die Erfahrungen der bestehenden "Runden Tische" gemeinsam mit den Betroffenen aus und macht Vorschläge zu deren effektiveren Unterstützung in organisatorischer und finanzieller Hinsicht.
Dazu gehört u.E. auch die Organisation eines systematischen Erfahrungsaustauschs der relevanten Gruppen untereinander.
5. "Weiche" Faktoren besonders fördern
Ohne einer weiteren Analyse vorzugreifen, muss heute schon festgestellt werden:
Es ist ein Mangel, dass die Förderrichtlinien des Landes zur Umsetzung des Programms "Die soziale Stadt" die Förderung so genannter nicht-investiver Maßnahmen ("weiche" Faktoren) verbieten. Damit sind Aktivitäten zur sozialen Integration z.B. von ausländischen Jugendlichen, zur Sprachförderung, usw. nicht förderfähig.
Wir halten es deshalb für notwendig und beantragen:
Die Verwaltung wirkt beim Land auf eine Korrektur der Förderrichtlinien hin. Über die Ergebnisse entsprechender Bemühungen wird zusammen mit dem Erfahrungsbericht zur "sozialen Stadt" berichtet.
Sollte die Verwaltung dabei ohne Erfolg sein, wird dem Gemeinderat ein Vorschlag vorgelegt, der von einer Finanzierung durch die Stadt ausgeht.
6. Zentrales Ziel: Eine ausgewogene Bevölkerungsstruktur
Für die weitere Entwicklung der Stadtteile der 50er bis 70er Jahre ist es eine zentrale Frage, ob es gelingt, eine akzeptierte soziale Mischung der Stadtteile zu erhalten, bzw. im Einzelfall wiederherzustellen.
Hemmnisse sind hierbei die Fehlbelegungsabgabe und die früheren Finanzierungsgrundsätze im sozialen Wohnungsbau, die heute oftmals zu einer einseitigen Belegungsstruktur führen.
Wir sind bekanntlich der Auffassung, dass das Land seine Möglichkeiten voll ausschöpfen muss, um in Stuttgart die Erhebung der Fehlbelegungsabgabe beenden zu können.
Daneben ist zu prüfen, welche Anreize erforderlich sind, damit es für Bauträger leichter möglich wird, Investitionen zur Attraktivitätssteigerung ihrer Häuser ( z.B. Eingangsbereiche, Treppenanlagen, Fassadengestaltung, u.a.) vor Ablauf von Abschreibungszeiträumen vorzunehmen.
Wir halten es auch für notwendig, die Möglichkeiten zur noch flexibleren Handhabung städtischer Belegungsrechte zu überprüfen. Oberstes Ziel muss es sein, unerwünschte Belegungsstrukturen zu verhindern.
Wir beantragen deshalb:
Die Verwaltung erarbeitet unter Einbeziehung von repräsentativen Bauträgern ein Fördermodell, das die gewünschte Anreizwirkung entwickelt.
Im Frühjahr 2001 wird über die Ergebnisse in den zuständigen Ausschüssen des Gemeinderats berichtet.
Dr. Rainer Kußmaul Edeltraud Hollay Manfred Kanzleiter
Fraktionsvorsitzender Stellv. Fraktionsvorsitzende Stellv. Fraktionsvorsitzender
Gisela Abt Robert Baumstark Marita Gröger
Dr. Maria Hackl Robert Thurner