Durch den Abbruch des Messezentrums B sowie der Sporthalle Böblingen mit einem Platzangebot von insgesamt 9.000 Sitzplätzen (Böblingen: 6.000; Messezentrum B: 3.200) zeichnet sich in Stuttgart und der Region ein Mangel an Veranstaltungsräumlichkeiten für Konzerte und musikalische Ereignisse unterschiedlicher Art ab.
Die Situation ist ferner durch folgende Entwicklungen und Tatsachen gekennzeichnet:
Die derzeitige Auslastungsquote des Beethovensaals (1.953 Sitzplätze) in der Liederhalle liegt bei knapp 95 % oder 326 Veranstaltungstagen. Der Anteil an Klassischen Konzerten liegt dabei bei rund zwei Dritteln. Ausweichmöglichkeiten innerhalb der Liederhalle etwa im Hegelsaal oder im Mozartsaal sind aufgrund der bestehenden Nutzungskonzeption bzw. der Saalgröße nicht erkennbar.
Die Nachfrage nach Konzert- und Probemöglichkeiten in der Liederhalle, während gleichzeitig eine höhere Auslastung nicht möglich ist. Für die Konzertsaison 2011/12 sind im Beethovensaal bereits heute 250 Veranstaltungstage fest gebucht. SWR und Radiosinfonieorchester Stuttgart verhandeln seit geraumer Zeit über künftig 90 (statt derzeit 30) Belegungstage. Darüber hinaus können bereits heute und in Zukunft verstärkt Anfragen privater Veranstalter (Laienorchester, Tourneetheater etc) nicht bedient werden.
In dem Konzertbesuchersegment zwischen 1.500 und 4.000 Besuchern können Konzerte in Stuttgart nur bedingt realisiert werden (unter 1.500 Besuchern im Theaterhaus, über 4.000 in der Porsche-Arena). Große musikalische Veranstaltungen im Pop- wie Klassikbereich gehen zunehmend an Stuttgart vorbei (SAP-Arena Mannheim, Festspielhaus Baden-Baden etc.).Die Konzertsaal- Situation in Stuttgart ist mit der Situation in Hamburg vergleichbar. Man hat sich in HH für den Bau eines auch im internationalen Kontext herausragenden Konzerthauses (Elb-Philharmonie) entschieden. Hochwertige neue Konzerthäuser werden in Deutschland derzeit in Saarbrücken und München diskutiert. Die Liederhalle aus den 50’er Jahren ist -obwohl in vielerlei Hinsicht in die Jahre gekommen- zwar noch immer eine sehr schöne Konzerthalle; sie kann in ihrer Kapazität und ihren Nutzungsmöglichkeiten jedoch nur noch bedingt mit Häusern wie der Philharmonie Köln, der Philharmonie Essen, dem Gewandhaus Leipzig, dem Gasteig München, der Tonhalle Zürich etc. etc. konkurrieren.
Die Raumsituation in der Liederhalle ist zunehmend auch für Veranstalter, Dirigenten und Musiker nicht unproblematisch, insbesondere im backstage- Bereich: keine Sozialräume incl. entsprechenden Bewirtungsmöglichkeiten (vgl. dagegen die optimalen backstage- Möglichkeiten in der Philharmonie Köln), keine akustisch saubere Dämmung, fehlende Kommunikationsmöglichkeiten zw. Parkhaus, Kasse, Veranstaltern, Inspizienten, Dirigenten und Musikern, unzureichende bzw. unpraktische Empfangsmöglichkeiten vor oder nach Konzerten, zu kleine Künstlergarderoben, Verteilung von Instrumentenkästen in Depots über 5 Stockwerke, enge Umkleideräumlichkeiten.
Wir fragen die Verwaltung:
Teilt die Verwaltung die Ansicht, dass die Bedeutung Stuttgarts als national wie international renommierte „Musikstadt“ mittelfristig ernsthaft gefährdet ist, wenn einer steigenden Nachfrage nach Konzert- und Probemöglichkeiten nicht entsprochen werden kann?
Welche Chancen sieht die Verwaltung für den Bau einer neuen Konzerthalle mit bis zu 3.000 Sitzplätzen?
Wie realistisch stellt sich unter städtebaulichen Aspekten eine Konzerthallen-Planung im Bereich Heilbronnerstaße dar?
Welche Vorstellungen bestehen ggf. hinsichtlich erforderlicher Finanzierungskonzepte?
Günther Willmann Rose von Stein
Stv. Fraktionsvorsitzender