Antrag vom 01/10/2008
Nr. 5/2008

Antrag
Stadträtinnen / Stadträte - Fraktionen

FDP-Gemeinderatsfraktion
Betreff

NeckarPark - Bauherrengemeinschaften

In Stuttgart werden auf städtischen Grundstücken für die maßgeblichen Wohnbauprojekte neben der freihändigen Vergabe ausschließlich Investorenwettbewerbe durchgeführt, bei denen zwar verschiedene Marktangebote entstehen, die Bürger als selbst bestimmter Bauherr jedoch nicht mehr auftreten.

Das mehrgeschossige Stadthaus in der Reihe oder das freistehende Mehrwohnungshaus zur Eigentumsbildung wird zunehmend nachgefragt. Wenn diese interessierte Nachfrage befriedigt werden soll, dann bestimmt das auch das Ansiedlungsmodell und die Trägerschaft für Investitionen. Von anderen süddeutschen Städten (siehe München, Karlsruhe, Tübingen, Freiburg) werden auf Konversionsflächen bereits neue Modellansätze erprobt und innovative Verfahren zu Standortentwicklungen praktiziert. Hier entstehen, in enger Zusammenarbeit zwischen Liegenschafts- und Planungsverwaltungen, Angebote im Quartierzusammenhang.

Gemeinschaftlich geplante Bau- und Wohnprojekte können einen eigenen Beitrag zur bedarfsorientierten, preiswerten Wohnraumbeschaffung leisten und sind eine sinnvolle Ergänzung zu den Angeboten der klassischen Wohnbauträger. So kann neben dem schlüsselfertigen Bauen auch das selbst geplante Bauen und die Entwicklung verschiedener Formen des individuellen Wohnens im Großstadtquartier sowie die Mitwirkung von Nachfragegruppen an der Planung ermöglicht werden. Auch der handwerkliche Mittelstand wird durch die Vielzahl an Einzelaufträgen gefördert. Die Vergabe von Parzellen an Baugruppen oder Bauherren kann durch ein zweistufiges Ausschreibungsverfahren auf Optionsbasis unmittelbar durch die Stadt erfolgen.

Den selbst geplanten Projekten fehlt die Renditevorgabe, dadurch sind sie preisgünstiger. Eine Eigentumsbildung ist somit einfacher. Meist handelt es sich um eine Klientel mit überdurchschnittlicher Kapitalausstattung, die dazu beitragen kann, auch benachteiligt liegende Standorte in den Wohnungsmarkt zu integrieren. Eine soziale Ausrichtung ist ebenso möglich, um mittleren und unteren Einkommensbeziehern die Eigentumsbildung zu erleichtern.

Die Stadt München z.B. hat bei einem größeren Bauprojekt nahe des Olympiaparks („Ackermannbogen“, München-Nord) mehrere Baufelder an Investoren ausgeschrieben; den Kern der Stadtteilentwicklung bilden jedoch baugenossenschaftliche Träger oder Baugruppen, die das Zusammenleben gestalten und dauerhaft zu einer sozialen Stabilisierung beitragen sollen. Nachbarschaft, Nahversorgung und Selbsthilfenetze, die angesichts des demografischen Wandels wichtiger werden, werden hier aus der Mitte heraus entwickelt. Besonders profitieren junge Familien und junge Haushalte von der Familiengründung, aber auch integrative und barrierefreie Wohnkonzepte oder das generationenübergreifende Wohnen kommen zum Zuge.




Wir beantragen:

  1. Bei der Entwicklung der neuen Bebauung des ehemaligen Cannstatter Güterbahnhofs sollen Bauherrengemeinschaften in besonderer Weise berücksichtigt werden, um einerseits das individuelle Bauen in der Stadt zu fördern und andererseits eine hohe bauliche Vielfalt und lebendige Stadtstruktur zu entwickeln. In den Erdgeschossen sollen Mischnutzungen für kleinere Läden, Versorgungseinrichtungen, Praxen oder Büros ermöglicht werden.
  2. Bauherren und Architekten sollen möglichst frühzeitig in den Planungsprozess eingebunden werden, um eine hohe Identifikation und Nachbarschaftswirkung mit dem Baugebiet zu bekommen. Als Auftaktveranstaltung für die Vergabe der Baugrundstücke könnte nach dem Tübinger Modell eine sogenannte „Stadthausbörse“ durchgeführt werden. Bei der Vergabe soll auf eine breite Mischung (junge Familien, mittlere Einkommensschichten, Selbständige, Generationenwohnen) Wert gelegt werden.
  3. Im Kernbereich des Neckarparks, nahe am Stadtarchiv sollen ein oder zwei parzellierbare Baufelder mit einer Fläche für 80 - 100 WE (= 15 - 20% der Wohnbaukapazität), entspr. ca. 15 - 20 Wohngebäuden, reserviert werden. Die Grundstücksgrößen sind offen oder als Parzellierungsraster durch den Bebauungsplan zu definieren, die exakte Parzellierung erfolgt im Aufsiedlungsprozess. Die Vergabe soll in einem zweistufigen Verfahren auf Optionsbasis an Baugruppen (je 4 - 8 Eigentümer) und kleine Projektentwickler/Architekturbüros mit einem ausreichenden Zeitraum für die Entwicklung der Konzepte durchgeführt werden.





Rolf Zeeb Günther Willmann
Fraktionsvorsitzender Stv. Fraktionsvorsitzender




Rose von Stein Dr. Matthias Werwigk