Antrag und Anfrage vom 05/31/2000
Nr. 426/2000

Antrag und Anfrage
Stadträtinnen / Stadträte - Fraktionen

DIE REPUBLIKANER im Stuttgarter Gemeinderat
Betreff

FLÄCHENNUTZUNGSPLAN 2010 - Ortstermin im Käppeleshau in Uhlbach

Um das Dauerproblem Käppeleshau einer endgültigen und sachgerechten Lösung zuführen zu können, haben sich die Republikaner in einen Ortstermin mit Betroffenen zusätzlich und umfassend über die dortige Lage informiert.

Daraus ergaben sich folgende Gesichtspunkte:

Im gesamten Natur- und Landschaftsschutzbereich zwischen Rotenberg bis über die Gaststätte Sieben Linden hinaus werden bis zum heutigen Tage von den Grundstücks- eigentümern bzw. Grundstückspächtern Baumaßnahmen durchgeführt, die von der Stadt- verwaltung entweder nicht bemerkt, offen geduldet oder auch genehmigt werden. Dieser Zustand hält bereits über einen derart langen Zeitraum an, daß dieses ausgewiesene Naturschutzgebiet zersiedelt wurde und sich nachhaltig naturfeindlich entwickelt hat.

Hierzu möchten wir einige Punkte exemplarisch ansprechen:
  1. Villa Münchinger: Die Villa Münchinger, an einem der schönsten Aussichtspunkte gelegen, wurde vor ca.zwei Jahren baulich erheblich erweitert und geradezu mit festungsähnlichen Außenanlagen versehen. Gleich mehrere hohe Zäune, darunter auch Sichtschutzzäune, wurden neu erstellt sowie Videoüberwachungskameras und Lichtbewegungsstrahler an einem mastähnlichen Gebilde installiert.
  2. Waldrandbebauung und Zugänge zum Wald für Erholungssuchende und Wildtiere: Die zahlreichen Einfriedungen reichen gerade im Käppleshau oftmals direkt an den Waldrand, die dortige Bachklinge wird als Grüngut- und Müllkippe mißbraucht und selbst ein Hochsitz wurde durch einen Zaun abgeriegelt. Für Wanderer sowie für das Wild bestehen nur ganz wenige unzusammenhängende Verbindungen zwischen Wald- und Freifläche
  3. Hohe Zierbäume, Hecken, Einzäunung von Wiesen: In vielen genutzten Bereichen besteht ein hoher Pflanzenbewuchs, teils mit fremden Gewächsen, der neben den vielen Gartenhäusern im Widerspruch zum Grabelandcharakter steht. Dies gilt auch für eine Vielzahl hoher und durchgängiger Hecken und Baumkulturen
  4. Bauzustand der Einfriedungen: Oftmals stehen großflächige und ausgebaute Gartenhäuser und Geschirrhütten in den Einfriedungen, teils mehrere auf einem Stück; massive Metallgartentore, verbunden mit betonierten bzw. asphaltierten Wegen und Flächen sowie diverse bauliche Anlagen (z.B. gemauerte Grillstätten, Toilettenhäus- chen) wurden erstellt. Selbst Weinberge werden als Gartenhausgelände genutzt.
  5. Ständig aktuelle Maßnahmen: Durch verschiedene Maßnahmen der Grundstücksbe- sitzer bis zum heutigen Tage sowie durch eine undurchsichtige Politik der Stadtverwal- tung bei eigenen Grundstücken wird die Gesamtlage weiter erschwert.


Zuerst muß gesagt werden, daß es sich beim genannten Bereich um ein Landschafts- und Naturschutzgebiet handelt, für das verbindliche gesetzliche Regelungen bestehen, die für eine Gemeindeverwaltung verbindlich sind. Danach sind gem. §4 der Änderungsverord- nung 1995 LSGVO im Landschaftsschutzgebiet alle Handlungen verboten, die den Charakter des Gebietes verändern oder dem Schutzzweck zuwiderlaufen, insbesondere wenn dadurch
  1. den Naturhaushalt schädigen
  2. die Nutzungsfähigkeit der Naturgüter nachhaltig stören
  3. eine geschützte Flächennutzung auf Dauer ändern
  4. das Landschaftsbild nachhaltig verändern
  5. den Naturgenuß und Erholungswert der Landschaft beeinträchtigen

Wir fragen deshalb an:
  1. Welche positiven Auswirkungen und Vorteile für den Landschafts- und Naturschutz verspricht sich die Stadtverwaltung von der Einrichtung der neuen Sondernutzungs- fläche gem. GRDrs 122/2000 und von den offenbar genehmigten Baumaßnahmen der "Villa Münchinger"?
  2. Wie werden diese beiden Angelegenheiten exemplarisch unter den Aspekten des Landschafts- und Naturschutzes rechtlich begründet?

In der Sitzung des Bezirksbeirats Obertürkheim vom 22.03.2000 ist gem. Protokoll aus Sicht der Stadtverwaltung folgendes mitgeteilt worden:
  1. Auf Anregung des Amtes für Umweltschutz wird es zur "Stärkung der rechtlichen Position der Stadt für erforderlich gehalten, die direkt neben dem Waldrand be- findliche Fläche ..... im Flächennutzungsplan als entsprechende Sonderbaufläche darzustellen."
  2. Auf Anfrage erklärt die Stadtverwaltung, die "bisherigen Baugenehmigungen hätten Bestandsschutz."
  3. Daß vom Amt für Umweltschutz bereits mehrere Prozesse geführt wurden, bei dem "die Richter auf die ungleiche Bahandlung von Grundstückseigentümern durch die Stadtverwaltung in diesem Bereich" hingewiesen hätten.
  4. Daß "innerhalb der im Flächennutzungsplan als Sondergebietsfläche Gartenhaus- nutzung dargestellten Zone" ein Bebauungsplan mit detaillierten Regelungen aufgestellt werden könnte

Dies zeigt, daß die Stadt zu einer dauerhaften rechtsfehlerfreien Regelung kommen muß, die die Belange des Natur- und Landschaftsschutzes sowie die schutzwürdigen Interessen der Grundstücksbesitzer berücksichtigt.
Vor diesem Hintergrund der Ausweisung einer großen Sondernutzungsfläche sind die restriktiven Maßnahmen gegen einen winzigen Teil von Gartenbesitzern, deren Flurstücke neben der geplanten Sondernutzungsfläche liegen, nicht bürger- freundlich und praktisch kaum zweckmäßig. In dieser Frage ist nicht nur ein weiterer Verwaltungsrechtsstreit anhängig, es wurden von den Betroffenen auch etliche fristgemäße Einwendungen gegen die Eränzung des FN 2001 erhoben.





Das geplante Vorhaben, die schwerwiegenden und zahlenmaßig weit überwiegenden Ein- griffe in die Natur nachträglich durch Ausweisung als Gartenhausgebiet zu heilen, ist in diesem Naturschutzgebiet vor allem in umweltpolitischer Hinsicht nicht schlüssig, da es den Grundsätzen der Gleichbehandlung, der Zweckmäßigkeit, des Vertrauensschutzes und des Willkürverbotes nicht ausreichend Rechnung trägt.



Wir fragen ferner an:

Wir beantragen:
  1. Der Ausschuß für Umwelt und Technik verschafft sich vor Ort in seiner Gesamtheit oder durch Vertreter ein eigenes Bild über die dortige Situation
  2. Über die bisher bestehende und die nun geplante Sondergebietsfläche wird von der Stadt eine Gestaltungssatzung z.B. in Form eines Bebauungsplanes erlassen, in der detailierte Regeln zu allen relevanten Fragen (bauliche Anlagen, Ausstattung, Nutzung etc.) enthalten sind und in der die Frage der Behandlung der "Altfälle" abschließend geregelt ist
  3. Bis zu dieser abschließenden Klärung wird allen Betroffenen Bestandsschutz gewährt

Wegen der Dringlichkeit der Angelegenheit bitten wir die Stadtverwaltung im Interesse aller Beteiligten um eine rechtzeitige Bearbeitung der Anträge und Anfragen.






Dieter Lieberwirth Sabine Johnson Erwin Joos
Gruppensprecher