Antrag vom 07/17/2009
Nr. 278/2009

Antrag
Stadträtinnen / Stadträte - Fraktionen

Bündnis 90/DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion, SÖS im Stuttgarter Gemeinderat
Betreff

Kostenfalle „Stuttgart 21“
Finanzhoheit zurück zur Stadt
Ausstiegstermin aufheben

Im April unterschrieben Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee, Bahn-Vorstand Garber und Ministerpräsident Oettinger die Finanzierungsverträge zu „Stuttgart 21“. Die Landeshauptstadt bzw. der Gemeinderat war weder an der Aushandlung des Finanzierungsvertrages noch an dessen Abschluss beteiligt. Dies widerspricht in hohem Maß dem Grundsatz der kommunalen Selbstverwaltung. Weit reichende Verpflichtungen der Stadt dürfen nicht ohne deren Beteiligung durch das Land verhandelt und abgeschlossen werden. Im Hinblick auf die weiteren und steigenden Kosten von „Stuttgart 21“ und deren Finanzierung ist diese unwiderrufliche Ermächtigung zurückzuziehen.
Wenn es um das Geld der Stadt geht, muss der Gemeinderat mitreden können.




In die Finanzierungsverträge zu Stuttgart 21 wurde eine Ausstiegsklausel aufgenommen, die sich in sich widerspricht:
Bei bis zum 31.12.2009 erkennbaren Kostensteigerungen, die auch den Risikozuschlag von 1,45 Milliarden Euro überschreiten – Risikozuschläge werden hier stillschweigend zu Baukosten gemacht –, kommt das Projekt auf den Prüfstand und kann gegebenenfalls beendet werden.

Diese Ausstiegsklausel ist nicht hinreichend. Der in ihr genannte Termin widerlegt die Ernsthaftigkeit: Bis zum Jahresende ist die Entwurfsplanung nicht abgeschlossen. Der Termin muss daher gestrichen werden, da unwahrscheinlich und nicht gesichert ist, dass bis zu diesem Zeitpunkt alle Kosten auf dem Tisch liegen. Nach diesem Vertragstext käme nach dem 31.12.2009 keiner der Partner mehr aus den Verträgen, auch wenn im neuen Jahr erhebliche Kostenüberschreitungen plausibel würden.

Wir sind der Auffassung, dass bei einem Projekt dieser Größenordnung erst alle Zahlen auf den Tisch gelegt und geprüft werden müssen. Erst dann kann über Fortführung oder Ausstieg entscheiden werden. Derzeit lassen sich unzählige Beispiele finden, wie sich Großprojekte zu Sprengsätzen für die öffentlichen Kassen entwickeln.




Die Auseinandersetzung zwischen DB und SSB über die Kostenannahmen für vorbereitende Arbeiten lässt Böses ahnen. Nach Zeitungsberichten seien der SSB von der Bahn AG neue Kostenannahmen für die neue Stadtbahnröhre unter der Heilbronner Straße und den Tunnel zur Willy-Brandt-Straße genannt worden. Für den ersten Tunnel wurde eine Kostensteigerung um 88 Prozent, für den zweiten um 25 Prozent mitgeteilt. Damit würden die Kosten in einer Größenordnung liegen, wie sie VIEREGG + RÖSSLER in ihrem Gutachten prognostiziert hatten – was die Plausibilität des Gutachtens unterstreicht.


Werner Wölfle Hannes Rockenbauch
Bündnis 90/Die Grünen SÖS