Antrag vom 08/16/2001
Nr. 371/2001

Antrag
Stadträtinnen / Stadträte - Fraktionen

SPD-Gemeinderatsfraktion
Betreff

"Ölscheichklinik" am Katharinenhospital

Wie wir der Presse entnehmen konnten, wird die Krankenhaus-Verwaltung den Plan von OB Dr. Schuster und BM Murawski, eine Privatklinik für vermögende ausländische Patienten am Katharinenhospital zu erstellen, sowohl nach bedarfs- als auch nach betriebswirtschaftlichen Kriterien prüfen lassen.

Wir beantragen dazu folgendes:

1. Im Zuge der Generalsanierung des HNO-Baues am Katharinenhospital, die im Frühjahr 2002 beginnen wird, wird die HNO-Klinik um ein Stockwerk aufgestockt. In diesem Stockwerk werden 5 - 10 größere komfortable Ein-Bett-Zimmer erstellt für Patienten, die aus persönlichen oder geschäftlichen Gründen auch während eines Krankenhausaufenthaltes ein größeres privates Refugium benötigen.
Die Patienten, ob in- oder ausländisch, werden innerhalb des Krankenhausbetriebes wie normale Privatpatienten behandelt. Für die größeren Räumlichkeiten und Betreuungsaufwendungen werden gesonderte finanzielle Vereinbarungen getroffen. Der Mehrerlös fließt dem Krankenhausträger in voller Höhe zur Finanzierung der zusätzlichen Investition zu.

2. Wir halten eine Privatklinik innerhalb unseres Klinikums mit 25 Betten und ca. 1500 Patienten, die auf 5 Chefärzte verteilt werden sollen, aus verschiedenen Gründen nicht für zuträglich und vertretbar. Deshalb bitten wir im Rahmen des vorgesehenen Gutachtens zu den von uns nachstehend aufgeworfenen Bedenken Stellung zu nehmen.
a) Eine Privatklinik sollte eine Privatklinik bleiben, auch und vor allem, was das unternehmerische Risiko anlangt.
b) Eine solch exklusive Privatklinik unter städtischem Dach, betreut von bei der Stadt beschäftigten Chefärzten, zieht zwangsläufig eine erhebliche Mehrbelastung dieser Chefärzte nach sich, mit gravierenden Einschnitten für den Normalbetrieb des Krankenhauses. Zu den Aufgaben eines Chefarztes gehört nicht nur die Behandlung von Privatpatienten, sondern die Verantwortung für die gesamte ihm unterstellte Klinik, was auch die Sorge um Kassenpatienten einschließt. Als akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Tübingen ist er verantwortlich für die Aus- und Weiterbildung von Ärzten - alles Aufgaben, die bei der heutigen Größe der einzelnen Kliniken schon "den ganzen Mann/Frau" erfordern.
c) Die ins Auge gefasste Privatklinik mit 25 Betten soll auf 5 Chefärzte zugeschnitten sein, die aufgrund ihrer herausragenden Fähigkeiten nationales und internationales Renommée genießen. Übersehen wird dabei, dass das Gros dieser Chefärzte auch bei schnellstmöglicher Fertigstellung dieser Privatklinik bereits die Altersgrenze zum Ruhestand überschritten hat, bzw. deren Ruhestand absehbar ist.
Hält man es für vertretbar, die Verträge dieser Chefärzte dann auf unbegrenzte Zeit zu verlängern, mit der Folge, dass sie spätestens mit Vollendung des 68. Lebensjahres nicht mehr für die Betreuung von Kassenpatienten und für die Aus- und Weiterbildung einsetzbar sind oder ist daran gedacht, dann für den städtischen Teil neue Chefärzte zu berufen, während die bisherigen Chefärzte unter Inanspruchnahme der klinischen Einrichtungen des Katharinenhospitals weiterhin die Privatklinik betreiben?
d) Von welchen Rendite-Erwartungen geht der offenbar vorhandene Investor aus? Von welcher Rendite geht die Stadtverwaltung für das zur Verfügung gestellte Grundstück aus, welcher Art sind die Nutzungsgebühren für die Inanspruchnahme der klinischen Einrichtung und des Personals?

Begründung:

Eine Privatklinik dieses Ausmaßes im städtischen Verbund halten wir für einen Einstieg in die Drei-Klassen-Medizin, die wir uns als Träger der öffentlichen Gesundsheitsfürsorge nicht leisten sollten. Unsere Ansicht dazu haben wir bereits in unserer Presseerklärung vom 23. Juli 2001 ausgeführt, die wir in der Anlage beifügen.

Wir sehen jedoch sehr wohl den Bedarf an einigen größeren und komfortableren Einzelzimmern, z. B. für Vorstände von Unternehmen oder hochrangige vermögende ausländische Patienten. Da wir Wert darauf legen, weiterhin renommierte Chefärzte zu haben, die den guten Ruf unserer städtischen Kliniken im In- und Ausland befördern, sind wir in vertretbarem Rahmen bereit, dafür auch die notwendigen räumlichen Voraussetzungen zu schaffen.





Dr. Rainer Kußmaul Edeltraud Hollay Manfred Kanzleiter
Fraktionsvorsitzender Stv. Fraktionsvors. Stv. Fraktionsvors.




Helga Ulmer