Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Soziales/Jugend und Gesundheit
Gz: SJG
GRDrs 511/2005
Stuttgart,
06/28/2005


Umbau der Erziehungshilfen
Evaluation zu Wirkungen des Reformprozesses




Mitteilungsvorlage


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
Jugendhilfeausschuss
Verwaltungsausschuss
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
öffentlich
öffentlich
18.07.2005
21.09.2005

Bericht:


Seit 2002 wird die Reform der Erziehungshilfen in 9 von 10 Steuerungsbereichen der Jugendhilfe umgesetzt. Anlaß für das umfangreiche, im Jahr 1997 begonnene Reformvorhaben war eine grundlegende fachliche Neuorientierung der Erziehungshilfen. Hierfür wurde das Hilfesystem komplett umgebaut. Mit dem Ablauf des Jahres 2005 wird die Implementierungsphase der neuen Arbeitsweisen und Strukturen weitgehend abgeschlossen sein. Über den Sachstand des Umbaus wird in der GRDrs.553/2005 berichtet, das Erreichen der finanziellen Ziele ist Inhalt der GRDrs.571/2005.

Gegenstand dieser Vorlage ist die Bilanzierung des bisher Erreichten unter fachlichen Gesichtspunkten. Die Bilanz bezieht sich zum einen auf die Frage, inwieweit die Reformziele im fachlichen Handeln der sozialpädagogischen Fachkräfte sowie in den beteiligten Organisationen einen Niederschlag gefunden haben. Zum andern wurde der Frage nachgegangen, inwiefern das mit den Reformbemühungen verbundene Versprechen, adressatenorientierte und an den Bedürfnissen der jungen Menschen und ihrer Familien ausgerichtete Hilfen zu gewähren, tatsächlich eingelöst wurde.

Die jetzt vorliegenden Ergebnisse wurden von der projektbegleitenden Evaluation erarbeitet, die bei der Jugendhilfeplanung angesiedelt ist. Dazu wurden im 1. Halbjahr 2005 u.a. eine Telefonbefragung und eine schriftliche Befragung bei Eltern und jungen Menchen, die Erziehungshilfe bezogen hatten, durchgeführt sowie eine Aktenanalyse. Das Vorgehen im Einzelnen sowie die ausführlichen Ergebnisse befinden sich in Anlage 1. Für einen Überblick über die wichtigsten Erkenntnisse und die Schlußfolgerungen für künftige Entwicklungsaufgaben wird empfohlen, zunächst das Kapitel 3 zu lesen.

Insgesamt kann man sagen, dass die mit dem Reformprozess verbundenen fachlichen Ziele stadtweit in hohem Maß erreicht werden konnten. Außerdem belegen die Untersuchungen eine sehr hohe Zufriedenheit der Nutzer und Nutzerinnen mit der erhaltenen Unterstützung. Auch das Verhältnis von ambulanten und stationären Hilfen, das deutlich und abweichend zu bundesdeutschen Zahlen sich zugunsten der ambulanten Hilfen entwickelt hat, ist ein erwünschter Effekt der Reformbemühungen. In enger Kooperation zwischen Jugendamt und den Trägern der Erziehungshilfen konnte damit eine konsequente Umorientierung von eher eingriffsorientierten, selbsthilfekräfte vernachlässigenden Erziehungshilfen hin zu wohnortnahen, niedrigschwelligen und aktivierenden Hilfen bewerkstelligt werden.

Gleichwohl heißt das nicht, das Optimierungspotential sei bereits vollständig ausgeschöpft und die Reformbemühungen sollten nach 2005 nicht noch weiter gehen.

Einerseits zeigt sich trotz der vielfältigen positiven Effekte, dass in allen Zielbereichen noch weitere Anstrengungen von Nöten sind. Der Evaluationsbericht verweist auf die künftigen Entwicklungsaufgaben. Bezogen auf die Mitwirkung der Nutzer und Nutzerinnen geht es vor allem darum, diesen einen noch aktiveren Part zu geben. Bezogen auf Flexibilisierung von Hilfen sind vor allem die stationären Hilfen noch weiter auf die Reformphilosophie auszurichten. Bezogen auf Sozialraumorientierung der Hilfen geht es darum, noch häufiger aus dem engeren Feld der Erziehungshilfe herauszutreten und nichtprofessionelle Ressourcen aus dem Sozialraum einzubinden und auch die ressortübergreifende Kooperation mit anderen sozialen Diensten auszudehnen.

Zum andern förderten die Untersuchungen Befunde bezüglich einzelner Zielgruppen zutage, die einer vertieften Analyse und ggf. auch konzeptioneller Entwicklungen bedürfen. Zum Beispiel ist laut Aktenanalyse der Anteil von Familien bzw. jungen Menschen mit Migrationshintergrund, die Erziehungshilfe nach dem neuen Hilfeplanverfahren erhalten, mit 55% weit überproportional hoch. Hier ist es einerseits nötig, den Ursachen auf die Spur zu kommen und dann entsprechende präventive Schritte zu überlegen, die den Erziehungshilfebedarf verringern könnten. Andererseits ist es dringend, sich im Kontext von HzE mit migrationsspezifischen Anforderungen auseinanderzusetzen.

Als weitere Zielgruppe sind Mädchen zu nennen. Sie erhalten im Vergleich zu Jungen erst später Erziehungshilfen und dann häufiger mit stationäre Unterbringung. Wirkungsorientierte Steuerung mit dem Ziel, den präventiven Anspruch von Erziehungshilfen bei Mädchen besser einlösen zu können, setzt auch hier zunächst vertiefende Untersuchungen voraus. Über weitere fachliche Entwicklungsaufgaben informiert auch die Vorlage 553/2005 im Rahmen des Sachstandsberichtes.

Die jetzt vorliegenden Auswertungen zur Stuttgarter Reform der Erziehungshilfen verdeutlichen, dass wirkungsorientierte Steuerung in einem Feld, das lange Zeit als fachlich nicht steuerbar galt, erfolgreich realisiert werden kann. Was noch aussteht, ist ein auf den Erfahrungen der projektbegleitenden Evaluation gegründetes Konzept, mit dem Erkenntnisse über erwünschte und nicht erwünschte Wirkungen fachlichen Handelns im Regelsteuerbetrieb zur Verfügung gestellt werden können. Das Thema wirkungsorientierte Steuerung steht auf der Agenda der in den Jahren 2006 – 2007 noch weiter zu bearbeitenden Themen.


Beteiligte Stellen








Gabriele-Müller Trimbusch
Bürgermeisterin





Anlage 1: Bericht zum Umbau der Erziehungshilfen / Evaluation zu Wirkungen des Reformprozesses und
Anhang zu Anlage 1