Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Soziales/Jugend und Gesundheit
Gz: SJG
GRDrs 76/2007
Stuttgart,
02/07/2007


Stuttgarter Schulabsolventen-Längsschnitt -
Untersuchung durch das Deutsche Jugendinstitut




Mitteilungsvorlage


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
VerwaltungsausschussKenntnisnahmeöffentlich14.02.2007

Bericht:


Die Verwaltung hat entsprechend des Auftrages des Verwaltungsausschusses vom 20.12.2006 (s.a. GRDrs 882/2006) – erste Schritt der Untersuchung - mit dem Deutschen Jugendinstitut (DJI) die Formalien für eine Stuttgarter Schulabsolventen-Längsschnittuntersuchung weiter verhandelt.

Das DJI kann diese Untersuchung im Jahr 2007 wie folgt durchführen:

Schritt 1
Anpassung des Basisfragebogens des DJI auf Stuttgarter Verhältnisse

Schritt 2
Vorbereitung und Durchführung der Basiserhebung im März 2007 bei allen Absolventen der Stuttgarter Haupt- und Förderschulen

Schritt 3
Vorbereitung und Durchführung der Follow-Up-Befragung im Oktober 2007 mit dem gleichen Personenkreis

Im Dezember 2009 wird der Abschlussbericht über das Projekt vorliegen, der im Verwaltungsausschuss vorgestellt wird.

Die o.g. Leistungen einschließlich Auswertung, Berichte und Vorstellung im Gemeinderat verursachen Kosten in Höhe von 67.378,95 € für das Jahr 2007.

Der vom DJI entwickelte Basisfragebogen wurde gemeinsam mit Mitarbeitern des DJI von der Steuerungsgruppe u25, von den Stuttgarter Jugendhilfeträgern, vom Integrationsbeauftragten Herrn N. N. (Name wurde aus Datenschutzgründen gelöscht) und den Stuttgarter Schulen an die Stuttgarter Verhältnisse angepasst.

Die Ergebnisse der Untersuchungen werden zeitnah nach Auswertung der Daten den gemeinderätlichen Ausschüssen vorgestellt.

Beteiligte Stellen

Referat KBS hat von der Vorlage Kenntnis genommen.


Vorliegende Anträge/Anfragen

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Gabriele Müller-Trimbusch
Bürgermeisterin





Anlage 1: Konzept "Stuttgarter Schulabsolventen-Längsschnitt"
Anlage 1 zur GRDrs 76/2007


Konzept für eine Untersuchung zu den Übergängen von der Schule in die Berufsausbildung von Haupt- und Förderschülern in Stuttgart („Stuttgarter Schulabsolventen-Längsschnitt“)
Dr. Frank Braun, Forschungsschwerpunkt “Übergänge in Arbeit“ am DJI


Das Deutsche Jugendinstitut (DJI) untersucht derzeit bundesweit die Bildungs- und Ausbildungswege von Jugendlichen mit Hauptschulbildung, die diese nach Ende der Pflichtschulzeit durchlaufen. Ein zentrales Ergebnis ist, dass die Mehrzahl der Hauptschulabsolventinnen und -absolventen nach der Schule eine Reihe von Zwischenschritten absolviert, bevor ihnen der Einstieg in eine betriebliche Berufsausbildung oder in eine schulische Ausbildung, die zu vergleichbaren Abschlüssen führt, gelingt. Ein Teil der Jugendlichen „verabschiedet“ sich schon vor Ende der Berufsschulpflicht aus dem Ausbildungssystem, ein weiterer Teil zieht sich zurück, wenn im Anschluss an solche Zwischenschritte der Einstieg in Ausbildung misslingt.

Stuttgarter Expertinnen und Experten vermuten, dass sich in Stuttgart die Situation ähnlich darstellt. Allerdings fehlen Daten über die Wege, auf denen die Übergänge von der Schule in Ausbildung verlaufen, u.a. auch deshalb, weil die Jugendlichen nicht nur Einrichtungen des Bildungssystems besuchen, sondern auch an Förderangeboten der Jugendhilfe, der kommunalen Beschäftigungsförderung, der Arbeitsagenturen und der ARGE teilnehmen. Das bedeutet, dass derzeit die Wege Stuttgarter Schulabsolventinnen und -absolventen von der Schule in Ausbildung (und danach Erwerbsarbeit) nur mit individuellen Längsschnittdaten nachgezeichnet werden können.

Anknüpfend an die Initiativen des „Fördersystems U25“ der Stadt Stuttgart (Jugendamt, Jobcenter, Agentur für Arbeit) hat das DJI eine Konzeption für eine Untersuchung entwickelt, die folgende Funktionen erfüllen soll:

- Die Untersuchung soll Daten über die Pläne und Wege von Förder- und Hauptschülern im Übergang von der Schule in die Berufsausbildung liefern: damit sollen zeitnah Planungsdaten bereitgestellt werden.

- Die Untersuchung soll Informationen über die Muster liefern, in denen diese Übergänge der Jugendlichen verlaufen: Es soll geklärt werden, welche Wege erfolgreich sind, welche Wege sich als Umwege oder Sackgassen erweisen, auf welchen Wegen (und für welche Jugendlichen) ein erhöhtes Risiko des Ausstiegs aus dem Bildungssystem besteht, an welchen Stellen (und für welche Jugendlichen) ein besonderer Unterstützungs- und Förderbedarf besteht.

- Die Untersuchung soll schließlich Informationen über die Wirksamkeit von Bildungsgängen, Angeboten und Maßnahmen liefern: indem die Wege der Jugendlichen durch die verschiedenen Bildungseinrichtungen und Förderangebote verfolgt werden, werden Informationen über die Effekte gewonnen, die diese für das Gelingen der Integration der Jugendlichen in Ausbildung und Erwerbsarbeit haben.

Das Deutsche Jugendinstitut hat ein Untersuchungsdesign entwickelt und erprobt, das solche Informationen systematisch erhebt und zeitnah für politische Entscheidungen bereitstellt. Der Kern dieses Untersuchungsdesigns ist, dass auf dem Weg von der Schule in die Berufsausbildung alle Schulabgänger (bzw. eine repräsentative Stichprobe von Schulabgängern) in regelmäßigen zeitlichen Abständen nach ihrem Bildungsverlauf, nach einer Einschätzung ihrer Situation und ihren weiteren Plänen befragt werden.

Auf diese Weise werden Informationen darüber gewonnen, ob die Jugendlichen (subjektiv und objektiv) vorankommen, wie sie ihre Situation bewerten und welche Pläne sie daraus ableiten. Auf dieser Basis können z.B. Stationen, in denen Jugendliche effektiv gefördert werden von Warteschleifen unterschieden werden, in denen nur Zeit überbrückt wird oder die Jugendlichen gar in ihren Bildungs- und Ausbildungsanstrengungen behindert werden. Dies ermöglicht, Konstellationen von objektiven Lebenssituationen der Jugendlichen und deren subjektiver Interpretation zu identifizieren, die für Bildungs- und Ausbildungsentscheidungen der Jugendlichen (Entscheidungen über weitere Bildungsanstrengungen aber auch über Ausstiege aus dem Bildungs- und Ausbildungssystem) relevant sind.

Zeitnah sind Informationen aus einer solchen Untersuchung dadurch verfügbar, dass die periodischen Folgebefragungen als Computer gestützte Telefoninterviews („CATI-Interviews“) durchgeführt werden. Telefoninterviews sind ein effektives und kostengünstiges Erhebungsverfahren, wenn die Untersuchungspersonen nicht mehr in der Gruppe befragt werden können (was bei Schulabgängern nach Ende der Pflichtschulzeit der Fall ist). Computer gestützte Telefoninterviews liefern deshalb zeitnahe Informationen, weil durch die Programmierung des Befragungsinstruments bereits während des Interviews Informationen auf Plausibilität überprüft und unmittelbar abgespeichert werden und somit kurzfristig ausgewertet werden können. Die Durchführung der CATI-Interviews ist in Berlin in Zusammenarbeit mit der Humboldt Universität geplant.

Wir schlagen vor, die Untersuchung im März 2007 mit einer ersten Befragung aller Jugendlichen in den Abgangsklassen von Haupt- und Förderschulen zu beginnen, eine erste Folgebefragung im November 2007 und zwei weitere Befragungen im jährlichen Abstand (November 2008 und Oktober 2009) durchzuführen.


Rahmenbedingungen der Umsetzung
Die vorgeschlagene Untersuchung knüpft an das Anliegen des „Fördersystems U25“ der Stadt Stuttgart (bestehend aus Jugendamt, Jobcenter und Agentur für Arbeit) an, die Informationsbasis über die Wege von Jugendlichen nach der Pflichtschulzeit zu verbessern. Durch die Kooperation mit dem DJI soll das in diesem Institut vorhandene Know How für eine professionelle Datenerhebung und -analyse genutzt werden. Geplant ist ein Zusammenwirken mit allen Ämtern und Stellen, die diese Daten für ihre Arbeit nutzen können, um bei der Konstruktion der Erhebungsinstrumente die spezifischen Bedingungen der Stadt Stuttgart angemessen zu berücksichtigen. Das DJI wird die Daten der Erhebungen laufend auswerten und den Stuttgarter Akteuren die Ergebnisse der Auswertungen laufend zugänglich machen.


Qualifikationen des Deutschen Jugendinstituts
Das Deutsche Jugendinstitut (DJI) hat in seinem Forschungsschwerpunkt „Übergänge in Arbeit“ bereits eine Reihe von Studien zu den Wegen von Jugendlichen durch das Bildungs-, Ausbildungs- und Erwerbssystem durchgeführt. Das DJI hat dafür Methoden und Instrumente entwickelt und erprobt, die geeignet sind, auch Jugendliche mit geringen Bildungsabschlüssen und -voraussetzungen, Jugendliche, die nicht in Deutschland geboren sind, oder Jugendliche, die sich aus den Bildungs- und Ausbildungssystem zurückgezogen haben, systematisch zu untersuchen.


Arbeitsplan

Anlage des Längsschnittes
Die Gesamtanlage der vorgeschlagenen Untersuchung ist der folgenden Grafik zu entnehmen:

Vorschlagen wird eine Untersuchung mit folgenden Erhebungszeitpunkten:

- Basiserhebung im März 2007 mit der Befragung aller Jugendlichen in den Abgangsklassen von Haupt- und Förderschulen,
- erste Folgebefragung im November 2007,
- zweite Folgebefragung im November 2008,
- dritte Folgebefragung im Oktober 2009.
In der Basiserhebung werden folgende Inhalte erhoben:
- Schule (z.B. Schulleistung, Einstellungen zur Schule, Klassenwiederholungen)
- Familie (z.B. Beziehung zu den Eltern, berufliche Situation der Eltern)
- Freizeit & Peers (z.B. Freundschaften, Freizeitbeschäftigungen)
- Pläne für Ausbildung und Arbeit ( z.B. Berufswünsche, Berufsvorbereitung, Bewerbungsaktivitäten)
- Personmerkmale (z.B. Selbstwert, Belastungen, Zukunftserwartungen)
- Soziodemografische Angaben (z.B. Alter, Geschlecht, ethnische Herkunft, Staatsangehörigkeit)

In den drei Follow-Up Erhebungen stehen dann die Bildungsbiographien der Jugendlichen im Mittelpunkt. Hierzu werden die Abfolgen der Stationen des Bildungs- und Ausbildungsweges der Jugendlichen erfragt.


Stichprobe
Es ist eine Vollerhebung der Absolventenjahrgänge aller Stuttgarter Haupt- und Förderschulen geplant. Daraus ergibt sich folgende Kalkulation der ungefähren Fallzahlen (basierend auf Informationen über Schülerzahlen des Schuljahres 2006/2007).

35 Hauptschulen mit ca. 1300 Schülerinnen/Schülern der 9. Jahrgangsstufe
15 Förderschulen mit ca. 250 Schülerinnen/Schülern in Abschlussklassen
Gesamt N=1550

Daraus ergibt sich geschätzt für die Basiserhebung eine Gesamtanzahl von ca. N=1550. Aufgrund der Erfahrungen im DJI-Übergangspanel gehen wir von einer Quote von ca. 80% an Schülerinnen und Schülern aus, die sich zur weiteren Teilnahme an den telefonischen Folgebefragungen bereit erklären. Für die erste Folgebefragung kann damit von ca. N=1240 Schülerinnen und Schülern ausgegangen werden.


Arbeitsschritte

Zeitraum
Arbeitsschritte
vonbis
12/200602/2007Vorlaufphase
- Entwicklung des Erhebungsinstruments für die Klassenzimmerbefragung auf Basis der bisherigen Erfahrungen des DJI mit der Zielgruppe
- Pretest
- Revision des Erhebungsinstruments anhand der Ergebnisse des Pretests
- Herstellung der Bereitschaft der Schulen zur Mitwirkung an der Basiserhebung
03/200704/2007Feldphase – Basiserhebung März 2007
- Schulung der Interviewer
- Durchführung der Basiserhebung
- Aufbereitung der Daten der Basiserhebung
- Erfassung von Kontextdaten der Stadt Stuttgart
05/200707/2007Auswertungsphase – Basiserhebung März 2007
- erste Querschnittsauswertung der Daten aus der Basiserhebung
- Erstellung eines Berichts zur Basiserhebung für die Kommune
08/200710/2007
    Vorbereitungsphase – 1. Follow-Up November 2007
- Weitere Auswertungen zur Basiserhebung
- Rückmeldung erster Ergebnisse an Schulen und Jugendliche als Maßnahme der Panelpflege

- Entwicklung des Erhebungsinstruments für 1. Follow-Up-Befragung der Jugendlichen
- Programmierung des Erhebungsinstruments als CATI-Instrument
- Pretest und Revision des CATI-Instruments
11/200712/2007Feldphase – 1. Follow-Up November 2007
- Schulung der Interviewer
- Durchführung der 1. Follow-Up-Befragung (CATI) mit den Jugendlichen
- Aufbereitung der Daten der 1. Follow-Up-Befragung
- Zusammenführung der Daten der Basiserhebung und der 1. Follow-Up-Befragung
01/200805/2008Auswertungsphase – 1. Follow-Up November 2007
- erste Auswertung der Daten der 1. Follow-Up-Befragung
- Erstellung eines Berichts zu den Ergebnissen der 1. Follow-Up-Befragung für die Kommune
06/200810/2008Vorbereitungsphase – 2. Follow-Up November 2008
- Weitere Auswertungen zur 1. Follow-Up-Befragung
- Rückmeldung erster Ergebnisse an Schulen und Jugendliche als Maßnahme der Panelpflege

- Entwicklung des Erhebungsinstruments für die 2. Follow-Up-Befragung der Jugendlichen
- Programmierung des Erhebungsinstruments als CATI-Instrument
- Pretest und Revision des CATI-Instruments
11/200812/2008
    Feldphase – 2. Follow-Up November 2008
- Schulung der Interviewer
- Durchführung der 2. Follow-Up-Befragung (CATI) mit den Jugendlichen
- Aufbereitung der Daten der 2. Follow-Up-Befragung
- Zusammenführung der Daten der drei Befragungen
01/200905/2009Auswertungsphase – 2. Follow-Up November 2008
- erste Auswertung der Daten der 2. Follow-Up-Befragung
- Erstellung eines Berichts zu den Ergebnissen der 2. Follow-Up-Befragung für die Kommune
06/200909/2009
    Vorbereitungsphase – 3. Follow-Up Oktober 2009
- Weitere Querschnittsauswertungen zur 2. Follow-Up-Befragung
- Rückmeldung erster Ergebnisse an Schulen und Jugendliche als Maßnahme der Panelpflege

- Entwicklung des Erhebungsinstruments für die 3. Follow-Up-Befragung der Jugendlichen
- Programmierung des Erhebungsinstruments als CATI-Instrument
- Pretest und Revision des CATI-Instruments
10/200911/2009Feldphase – 3. Follow-Up Oktober 2009
- Schulung der Interviewer
- Durchführung der 3. Follow-Up-Befragung (CATI) mit den Jugendlichen
- Aufbereitung der Daten der 3. Follow-Up-Befragung
- Zusammenführung der Daten der vier Befragungen
12/2009Auswertungsphase – 3. Follow-Up Oktober 2009
- Erstellung eines Berichts zu den Ergebnissen der 3. Follow-Up-Befragung für die Kommune
- Erstellen eines Gesamtberichts über das Projekt „Stuttgarter Schulabsolventen Längsschnitt“


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